Die Verurteilung von zwei Führern einer rechten populistischen Partei in Australien aufgrund einer konstruierten Anklage schafft einen gefährlichen Präzedenzfall, der gegen jede politische Bewegung zur Anwendung kommen kann, die als Bedrohung der parlamentarischen Ordnung angesehen wird. Nach einer jahrelangen politischen und juristischen Hetzjagd, bei der höchste Regierungsvertreter insgeheim die Fäden zogen, wurde das Strafrecht manipuliert, die demokratischen Rechte einer Oppositionspartei mit Füßen getreten und ihre Gründer ins Gefängnis geworfen.
Die frühere Abgeordnete Pauline Hanson und der Mitbegründer ihrer Partei One Nation, David Ettridge, wurden Ende August nach dem queensländischen Strafrecht zu je drei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Als Folge davon können beide für den Rest ihres Lebens nicht mehr für das Parlament kandidieren. Ihr angebliches Verbrechen begingen sie im Dezember 1997, als sie Hansons Partei One Nation gemäß dem Wahlgesetz von Queensland registrieren ließen. Laut Anklage legten sie dabei die Namen und Adressen von 500 Mitgliedern vor, die ein Gericht später lediglich als Sympathisanten einstufte.
Die Vorsitzende Richterin am Distriktsgericht von Brisbane, Patsy Wolfe, gab zu, dass weder Hanson noch Ettridge persönliche finanzielle Vorteile aus der Registrierung der Partei gezogen hatten. Sie erwähnte ausdrücklich, dass Hanson einen öffentlichen Finanzaufruf gemacht hatte, um die Wahlkampfkostenzuschüsse zurückzuzahlen, die One Nation erhalten hatte. Trotzdem wurden die beiden aufgrund des äußerst vage formulierten Paragraphen 408C des Strafgesetzbuchs verurteilt, wonach sich strafbar macht, wer "auf unehrliche Weise eine Begünstigung oder einen Vorteil erwirbt".
Der einzige "Vorteil", den Hanson und Ettridge erwarben, war das Recht, unter dem eigenen Parteinamen an Parlamentswahlen teilzunehmen und die Erstattung der Wahlkampfkosten zu beanspruchen. Eine Partei zu gründen und mit ihr an Wahlen teilzunehmen sind demokratische Grundrechte, die eigentlich jedermann ungehindert zustehen sollten. Erst undemokratische Wahlgesetze, die Anfang der neunziger Jahre eigens verabschiedet wurden, um die Herausforderung der großen Parteien von unten zu verunmöglichen, haben sie zu "einer Begünstigung oder einem Vorteil" werden lassen. Doch nicht genug damit. Die Verurteilung von Hanson und Ettridge bedeutet, dass jetzt jeder formale Verstoß gegen diese undemokratischen Gesetze als Verbrechen gilt - das ist das Gegenteil von Demokratie.
Mit den drakonischen Urteilen hat Wolfe den hochpolitischen Charakter des gesamten Verfahrens enthüllt. Sie erklärte, die langen Gefängnisstrafen seien nötig, weil die beiden das politische System unterhöhlt hätten. "Die Verbrechen, die Sie begangen haben, unterhöhlen das Vertrauen der Wählerschaft in die Wahlen," erklärte Wolfe.
Das Urteil hat allgemein Unruhe ausgelöst und Schockwellen durch die Medien und das politische Establishment geschickt. Aber in dem ganzen Wirrwarr von Kritik und Versuchen führender Politiker, sich von den Gefängnisstrafen zu distanzieren, ist eine Untersuchung der Gründe und Umstände der Hetzjagd untergegangen.
Ein Angriff auf zwei Ebenen
Hanson, Ettridge und als Dritter David Oldfield gründeten Pauline Hansons Partei One Nation, nachdem Hanson 1996 unerwartet ins Bundesparlament gewählt worden war. In jenem Jahr erlitt die Labor-Regierung eine vernichtende Niederlage, nachdem sich der Zorn und die Verärgerung über ihre Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne und Lebensstandard dreizehn Jahre lang angestaut hatten. Hanson, eine von ihrer Partei fallen gelassene ex-Liberale, gewann einen bis dahin sicheren Labor-Wahlkreis, indem sie sich als Anti-Establishment-Kandidatin präsentierte und populistisch an den Rassismus gegen Asiaten und Aborigines appellierte. Sie wandte sich gegen Einwanderung, stachelte den australischen Nationalismus an und trat für Schutzzölle und drakonische "law-and-order"-Maßnahmen als Antwort auf den sinkenden Lebensstandard und die zunehmende soziale Ungleichheit ein.
Howards liberal-nationale Koalition gewann die Wahl, indem sie an die "hart arbeitenden" Leute appellierte, ging aber alsbald dazu über, die Angriffe von Labor zu verschärfen. Der erste Haushalt der Howard-Regierung kürzte massiv die Sozialausgaben, was zu heftigen Reaktionen führte. Darauf räumten sowohl Howard wie die Medien Hansons reaktionären Ansichten breiten Raum ein, die die Aborigines und Einwanderer für die soziale Krise verantwortlich machten und dazu dienten, die offizielle Politik nach rechts zu rücken. In den nächsten beiden Jahren wurde Hanson zu einem Medienstar aufgebaut.
In diesem Zusammenhang ließ Pauline Hanson, ermutigt durch ihren Bekanntheitsgrad und durch ihren Abgeordnetenstatus, die One-Nation-Partei bundesweit registrieren. Im Oktober 1997 legte sie die Namen von 1000 Mitgliedern vor - doppelt so viele, wie notwendig waren - und ließ die Partei auch im nordöstlichen Bundesstaat Queensland registrieren. Der Landeswahlleiter von Queensland, Des O’Shea, bestätigte einen großen Teil der Liste, überprüfte die Satzung der Partei und akzeptierte Anfang Dezember 1997 die Registrierung, ohne dass irgendwelche Einsprüche erhoben worden wären.
Nach den Wahlen im Bundesstaat Queensland im Juni 1998 änderte sich die offizielle Haltung zu Hanson abrupt. Bei der Wahl hatte One Nation fast 25 Prozent der Stimmen errungen und die australische Politik damit in ein Durcheinander gestürzt. Die Partei gewann elf Sitze im Staatsparlament, ließ damit die Liberalen und die Nationale Partei hinter sich und trug zum Sturz der Borbridge-Koalitionsregierung bei.
In den herrschenden Kreisen wurde befürchtet, dass eine Wiederholung dieses Ergebnisses bei den nationalen Wahlen, die Ende des Jahres anstanden, eine außerordentlich destabilisierende Wirkung haben würde. Eine neue Partei hätte möglicherweise den Senat kontrollieren und sogar Sitze im Abgeordnetenhaus erringen, und damit das Zwei-Parteien-System unterminieren können. Außerdem hatte die Howard-Regierung noch ihre eigenen Befürchtungen: One Nation drohte ihre Wählerbasis zu zerstören, wie sie schon im Fall der Borbridge-Regierung getan hatte.
Aus dem Stand hob eine umfassende Propagandakampagne in den Medien an. Journalisten, die eben noch jede Äußerung Hansons unkritisch wiedergegeben hatten, begannen nun, One Nations unappetitlichere Seiten zu entlarven: ihre Verbindungen zu Neonazi- und ultrarechten Gruppen, ihre diktatorische Organisationsstruktur und ihre schmuddeligen Streitereien über Wahlkampfausgaben und Finanzen. Sie orteten und engagierten Parteidissidenten und nutzten ihre Beschwerden propagandistisch aus.
Zu diesem Zeitpunkt, d.h. Anfang Juli 1998, begann Howards engster Gefolgsmann, Arbeitsminister Tony Abbot, für die Rücknahme der Registrierung von One Nation zu agitieren - nicht nur in Queensland, sondern bundesweit.
Die Howard-Regierung war unfähig und auch nicht bereit, Hanson politisch zu bekämpfen, weil sie mit deren Politik übereinstimmte. Aber sobald One Nation eine Bedrohung für die soziale Basis der Regierung und für die Stabilität des Zwei-Parteien-Systems wurde, starteten Howard und seine Hintermänner eine Kampagne auf zwei Ebenen, um sie zu vernichten.
Einerseits begann die Regierung, das Programm von One Nation umzusetzen. Damit wollte sie Anhänger zurückzugewinnen, die zu One Nation übergewechselt waren, besonders kleine Geschäftsleute und ländliche Schichten - die traditionellen Wähler der liberalen und der nationalen Partei -, die mit dem Programm der Regierung unzufrieden waren. Howard hat so gut wie das gesamte Programm Hansons übernommen: die Rechte von Flüchtlingen sind dem Reißwolf zum Opfer gefallen, demokratische Rechte wurden angegriffen, Sozialprogramme zusammengestrichen und Hilfsmittel für die Aborigines gekürzt.
Andererseits nutzten Howard und seine Minister geheime, von der Wirtschaft finanzierte schwarze Kassen, schmutzige Tricks, Polizei, Gerichte und schließlich ein Strafverfahren, um One Nation als politischen Rivalen auszuschalten. Unterstützt wurden sie dabei von der Labor-Regierung in Queensland.
Der unmittelbare Hebel für die juristische Hetzjagd war das Wahlgesetz von Queensland von 1992. Ähnliche Gesetze wurden seit den frühen neunziger Jahren bundesweit und in mehreren australischen Bundesstaaten verabschiedet, um das zerbröselnde Zwei-Parteien-System zu stützen. In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre waren die Stimmen für Unabhängige und kleinere Parteien unter Bedingungen einer wachsenden Unzufriedenheit mit beiden großen Parteien stetig angestiegen. 1987 konnte sich die Hawke-Labor-Regierung nur noch an der Regierung halten, weil sie auf Stimmzetteln für kleinere Parteien an zweiter Stelle genannt wurde. (Das australische Präferenz-Wahlsystem erlaubt es, für mehrere Kandidaten in einer bestimmten Reihenfolge zu stimmen.) Die Wahl von 1990 überlebte sie nur noch knapp mit gerade 40 Prozent der Erstpräferenz-Stimmen.
Die neuen Wahlgesetze päppelten die maroden Finanzen der alten Parteien auf - Labor und die liberal-nationale Koalition erhielten für die Parlamentswahl von 2001 32 Millionen australische Dollar (18,5 Mill. ) - und gaben den Behörden außerordentliche Vollmachten, sich in die Angelegenheiten neuer Parteien einzumischen.
Etablierte Parteien mit Abgeordneten in Parlamenten werden automatisch registriert und erhalten staatliche Wahlkampfgelder. Aber Parteien, die noch nicht in Parlamenten vertreten sind, müssen hohe Gebühren bezahlen und Listen mit Namen und Adressen von Hunderten Mitgliedern einreichen, wodurch sie ständiger staatlicher Überwachung ausgeliefert sind. Selbst wenn sie keine staatlichen Gelder beantragen, müssen neue Parteien umfangreiche Unterlagen über ihre Finanzen und andere von den Behörden verlangte Dokumente und Informationen einreichen, ihre Spendengeber nennen und intensive Kontrollen über sich ergehen lassen, oder mit der Aussicht auf Razzien und Strafverfolgung leben.
Tony Abbot verkündete seine Absicht, für die Rücknahme der Registrierung von One Nation zu kämpfen, am 2. Juli in einer Rede vor dem Parlament. One Nation sei "keine gültig registrierte politische Partei", erklärte er, sondern "ein Haufen politischer und finanzieller Banditen, die versuchen, anständige patriotische Australier hinters Licht zu führen".
Abbott begann, kreuz und quer durchs Land zu reisen und zahlreiche verärgerte Ex-Mitglieder von One Nation zu treffen, um sie zu überreden, gerichtliche Schritte gegen die Partei zu ergreifen. Auch der Landesvorsitzende der liberalen Partei, Paul Everingham, der Führer der nationalen Partei, Tim Fischer, der Führer der nationalen Partei im Senat, Ron Boswell, und Senator Bill O’Chee waren an der Kampagne beteiligt. Schließlich rekrutierte Abbott auch noch einen ehemaligen Kandidaten von One Nation, den Buchhalter Terry Sharples von der Goldküste, als Speerspitze für das Verfahren zur Deregistrierung, und garantierte persönlich, Sharples die Kosten dafür zu ersetzen.
Nach wiederholtem öffentlichem Leugnen gab Abbott Ende August zu, zusammen mit dem Ex-Landesvorsitzenden der Liberalen, Peter Coleman, der auch der Schwiegervater von Finanzminister Peter Costello ist, und einem ehemaligen Bundesminister von Labor, John Wheeldon, eine Schwarze Kasse von mindestens 100.000 Dollar eingerichtet zu haben, um die juristischen Verfahren zur Deregistrierung der Partei zu finanzieren. Abbott weigerte sich, die Geldgeber für den Fonds zu nennen, der den zynischen Namen "Australier für eine ehrliche Politik" trug; es ist bekannt, dass Harold Clough, einer der reichsten australischen Geschäftsleute, zu ihnen gehört.
Abbott erinnerte an die aufgeschreckte Stimmung, die sich angesichts des Störpotentials von One Nation in den herrschenden Kreisen breit machte. "Ein Bündnis mit einigen recht ungewöhnlichen Leuten war angezeigt, um eine ernste Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes abzuwenden," erklärte er. "Ich meine, wie sonst hätten wir One Nation damals stoppen können?" Das war nichts anderes als das direkte Eingeständnis, dass weder die Regierung noch die oppositionelle Labor Party bereit waren, Hanson politisch zu bekämpfen. Sie sahen sich gezwungen, zu anderen, weniger öffentlichen Mitteln zu greifen.
Am 28. August sprang Coleman Abbott zur Seite und erklärte in einer Kolumne in Murdochs Australian unmissverständlich, welche politischen Ziele die Howard-Regierung mit ihren Angriffen verfolgt. "Ich habe in One Nation nicht so sehr eine Bedrohung für die Zivilisation, als eine für die Koalition gesehen. Sie hatte die Borbidge-Regierung in Queensland gestürzt und besiegte überall im Land Abgeordnete und Kandidaten der Koalition.... Wir waren alle der Ansicht, öffentliche und aggressive Beschimpfungen von One Nation als Nazi-Partei würden deren Anhänger nur empören und mobilisieren. Sie wussten, dass das eine lächerliche Verleumdung war. Wir zogen ein weniger konfrontatives, indirekteres Vorgehen vor."
Abbott behauptete, Howard habe nichts von der Destabilisierungskampagne gewusst. Er übernahm die volle Verantwortung für die Undercover-Aktion gegen Hanson, um jede Kritik vom Premierminister abzulenken. Aber das ist völlig unglaubwürdig. Schließlich hatte Abbott seine Absichten am 2. Juli öffentlich vor dem Parlament verkündet. Wie hätte außerdem ein führendes Regierungsmitglied sich wochenlang ohne Wissen und Zustimmung des Regierungschefs mit solchen Aktivitäten beschäftigen können?
Vergangene Woche war Howard gezwungen zuzugeben, dass er tatsächlich von Abbotts Fond gewusst hatte, doch er versuchte, die Details zu verwirren. Ursprünglich hatte er betont, erst nach den Novemberwahlen von 1998 von dem Fond erfahren zu haben. Später machte er auf Nachfragen der Medien hin einen Rückzieher und sagte: "Ich kann Ihnen nicht genau sagen, seit wann."
Weil One Nation durch Spaltungen, Rücktritte und Ausschlüsse geschwächt war, konnte die Howard-Regierung diese Wahlen mit knapper Not überstehen, obwohl sie weniger Stimmen als Labor erhielt, während Hanson ihren Sitz verlor. One Nation erhielt immer noch eine Million Stimmen, aber von ihren Kandidaten gewann nur eine, Heather Hill, einen Senatssitz. Als Bestandteil der laufenden Destabilisierungskampagne fochten One-Nation-Abtrünnige die Wahl von Hill vor dem Obersten Gericht an. Das Gericht sprach im Juni 1999 Hill ihren Sitz mit der juristisch zweifelhafte Begründung ab, sie sei australisch-britische Doppelbürgerin.
Im Zentrum der Kampagne stand nach wie vor Sharples’ Verfahren zur Rücknahme der Registrierung. Im August 1999 betätigte die Richterin am Obersten Gericht von Queensland, Rosalyn Atkinson, Sharples Behauptung, dass One Nations Registrierung "mittels Betrugs und falscher Angaben erfolgt" sei. Es gab jedoch keine Zweifel, dass die tausend Menschen, die von Hanson und Ettridge angegeben worden waren, sich als Mitglieder von One Nation betrachtet und die Registrierung unterstützt hatten. In Wirklichkeit setzte sich Atkinson über deren demokratische Rechte hinweg, als sie erklärte, dass One Nation wegen ihrer autoritären Struktur eigentlich nur drei Mitglieder habe: Hanson, Ettridge und den Mitbegründer David Oldfield.
Unter dem Wahlgesetz des Bundesstaates kann eine falsche Parteiregistrierung mit sechs Monaten Gefängnis oder 1.500 Dollar Buße bestraft werden, aber die Verjährungsfrist für eine Verfolgung nach diesem Gesetz war schon abgelaufen. Anstatt das Verfahren nun fallen zu lassen, traf der Landeswahlleiter O’Shea die beispiellose Entscheidung, an den Generalstaatsanwalt von Queensland zu appellieren und ihn zu veranlassen, eine Polizeiuntersuchung nach den viel strengeren Betrugsparagrafen des Strafgesetzes durchzuführen.
Vier Monate später, im Januar 2000, wurden im großen Stil Polizeirazzien in den Büros von One Nation in Ipswich bei Brisbane und in Syndey durchgeführt. Die Polizei informierte die Medien im Voraus, um sicherzustellen, dass Bilder der Durchsuchungen die Seiten der Boulevardpresse füllten. Die Durchsuchungen fanden unter dem Vorwand statt, sie dienten der Ermittlung gegen die Führer von One Nation, und wurden zeitlich so gelegt, das sie unmittelbar vor der Urteilsverkündung des Obersten Gerichts über einen Einspruch gegen das Urteil von Atkinson erfolgten.
Nach weiteren Anhörungen im Februar 2000 entschied auch das Appellationsgericht gegen One Nation. Im gleichen Monat trieb O’Shea den juristischen Angriff auf die Spitze, als er Hanson und Ettridge vor Gericht zerrte, um sie persönlich zu verpflichten, fast 500.000 Dollar Wahlkampfkostenerstattung zurückzuzahlen, die One Nation erhalten hatte, obwohl das Geld bereits für Wahlkampfausgaben verbraucht worden war.
Die Strafprozesse
Der nächste Wendepunkt kam bei den Wahlen vom Februar 2001 in Westaustralien und Queensland. Nachdem die Medien sie bereits abgeschrieben hatten, schockierte Hanson die politischen Kreise, weil sie fast zehn Prozent der Stimmen und in ländlichen Gebieten sogar fast zwanzig Prozent erhielt, was zu einer vernichtenden Niederlage für Howards Koalitionsparteien beitrug. Sie hatte weder ein Programm noch eine Strategie und hatte kaum Wahlkampf gemacht. Aber ihr Appell, alle Kandidaten, die ein politisches Amt bekleideten, auf dem Wahlzettel zuunterst zu platzieren, fand Widerhall bei den enttäuschten Wählern und hatte verheerende Auswirkungen.
Die Entscheidung, Hanson und Ettridge gerichtlich zu verfolgen, ließ nicht lange auf sich warten. Die Polizei von Queensland ließ sie im Juli 2001 gerichtlich vorladen, volle 18 Monate nach den Razzien von Ipswich und Sydney, und nur vier Monate vor den nächsten Bundeswahlen, in denen Hanson für den Senat kandidierte.
Howards Regierung stand unter starkem Druck, weil die Einführung einer hochgradig regressiven Konsumsteuer und die Teilprivatisierung des Telekommunikationsriesen Telstra auf starken öffentlichen Widerstand gestoßen waren. In der Wahlkampagne versuchte Howard verzweifelt, in Hansons Wählerschaft Gehör zu finden, indem er noch stärker auf deren Linie einschwenkte. Mit der Unterstützung von Labor mobilisierte seine Regierung die Armee, um Flüchtlingsschiffe zu vertreiben, eine Politik, die Hanson als erste befürwortet hatte, und benutzte die Terroranschläge vom 11. September in den Vereinigten Staaten, um drakonische Einschnitte in die demokratischen Grundrechte zu rechtfertigen.
In dieser geladenen politischen Atmosphäre durchsuchte die Polizei von Queensland Ende November 2001 das Wahlbüro des einzig verbliebenen Bundessenators von One Nation, Len Harris, und beschlagnahmte angeblich als Bestandteil ihrer Ermittlungen gegen Hanson und Ettridge Dokumente und Computerfiles. Ein Bericht des Immunitätsausschusses des Senats, der erst letzte Woche, am Tag der Verurteilung der beiden, veröffentlicht wurde, kam zum Schluss, dass diese Beschlagnahmung illegal war, weil keine der 74.098 polizeilich konfiszierten Seiten für die Rückerstattung von Wahlgeldern relevant gewesen sei.
Im Mai 2002, nur zwei Tage, bevor ein Untersuchungsrichter in Brisbane Hanson und Ettridge unter Anklage stellte, verunglimpfte die Polizei ihre Namen noch weiter, indem sie Hanson vorwarf, sie habe 17.000 Dollar aus dem Kampffond veruntreut, der zur Rückerstattung der Gelder der Queensland-Wahlkommission bestimmt war. Die Behörden wussten genau, dass diese Beschuldigung nicht haltbar war, und ließen sie drei Tage nach der Inhaftierung von Hanson und Ettridge auch prompt wieder fallen. Die Staatsanwaltschaft gab zu, dass es dafür keine Beweise gab. Hansons Anwalt, Chris Nyst, warf den Behörden vor, sie hätten die Beschuldigung benutzt, um Hanson kurz vor Prozessbeginn öffentlich als Schummlerin, Lügnerin und Betrügerin zu denunzieren.
Hanson und Ettridge haben Beschwerde gegen ihre Verurteilung eingelegt und begründen das mit der "Einmischung politischer Persönlichkeiten von Macht und Einfluss". Ohne Frage muss die Inhaftierung aufgehoben und müssen die beiden unverzüglich freigelassen werden.
Aber die fünfjährige Offensive gegen One Nation wirft weitergehende politische Fragen auf. Beide großen Parteien haben sich zusammengetan und geheime Konzerngelder, Polizei, Gerichte, Wahlgesetze und die Medien eingesetzt, um eine politische Organisation zu eliminieren, die für sie und für die Stabilität der bestehenden politischen Ordnung zu einer Gefahr geworden war. Mit Hansons Politik hatten sie keine grundlegenden Differenzen, doch sie scheuten keine Mühe, ihre Partei zu zerstören.
Die World Socialist Web Site und die Socialist Equality Party haben tiefe und grundlegende politische Differenzen mit Hanson, Ettridge, One Nation und allem, was sie repräsentieren. Aber hier geht es um prinzipielle Fragen. Die gegen sie gerichtete Operation stellt eine Warnung dar, mit welch brutalen, hinterhältigen und anti-demokratischen Methoden in Zukunft gegen Parteien vorgegangen werden soll, die - anders als Hanson - eine wirkliche und progressive Alternative zum gesamten politischen Establishment und zum kapitalistischen Profitsystem selbst darstellen.