Das Massaker von Kana: Im Libanon werden völlig Unbeteiligte abgeschlachtet

Das israelische Massaker an libanesischen Zivilisten, hauptsächlich Kindern, im Dorf Kana ist ein ungeheures Kriegsverbrechen, für das die Regierung der Vereinigten Staaten die volle Verantwortung trägt.

In tiefer Nacht, als die Opfer schliefen, schlugen mehrere Raketen ein und verwandelten das vierstöckige Wohnhaus und benachbarte Gebäude in ein Trümmerfeld. Mindestens 57 Bewohner wurden getötet, darunter auch 37 Kinder.

Der libanesische Ministerpräsident Fouad Siniora nannte die Bombardierung Kanas ein "abscheuliches Kriegsverbrechen", für das "israelische Kriegsverbrecher" verantwortlich seien. In seiner auf Englisch gehaltenen Ansprache machte er deutlich, dass sich seine Botschaft an die Bush-Regierung richtete, und lud die amerikanische Außenministerin aus, die am nächsten Tag zu Gesprächen in Beirut erwartet wurde. Er sagte, er werde sie erst treffen, wenn eine Feuerpause in Kraft gesetzt sei.

Für Millionen Menschen in aller Welt drückt diese Gräueltat das Wesen des brutalen, unmenschlichen Kriegs im Libanon aus, den die USA unterstützen. Im Gegensatz zur großen Mehrheit der Weltbevölkerung, die mit Entsetzen auf den tragischen Verlust unschuldiger Menschenleben und mit Empörung auf die Regierungen der Vereinigten Staaten und Israels blickt, reagierte das offizielle Washington völlig kalt und formal.

Routinemäßig wurde "Bedauern" und "Trauer" bekundet, als ob solche leeren Phrasen die Politik rechtfertigen könnten, die dieses jüngste Verbrechen und die zahllosen vorangegangenen hervorgebracht haben.

Präsident Bush wiederholte die gängige amerikanische Sprachregelung nach einem "belastbaren Frieden" im Nahen Osten - eine beschönigende Formulierung, die nur dazu dient, Israel mehr Zeit zu geben, jeden Widerstand gegen die amerikanische und israelische Vorherrschaft im Libanon zu brechen. Die Leichen der 37 libanesischen Kinder waren noch nicht beerdigt, da sprach Bush schon von seiner "Hoffnung auf Frieden für Jungen und Mädchen überall... und besonders im Nahen Osten".

US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte auf einer Pressekonferenz in Jerusalem, sie sei "zutiefst betrübt" über die "schrecklichen Verluste an Menschenleben" und wiederholte die "Sorge" der USA über israelische Angriffe auf zivile Ziele.

Dann sagte sie: "Wir setzen uns dringend für ein baldiges Ende der gegenwärtigen Feindseligkeiten ein, aber die Parteien haben unterschiedliche Ansichten darüber, wie das erreicht werden kann." Der erste Teil des Satzes ist eine offensichtliche Lüge, und der zweite lässt die Tatsache aus, dass der wichtigste Handelnde auf dem Weltparkett, der einen Waffenstillstand mit seiner "abweichenden Ansicht" blockiert, die Vereinigten Staaten sind.

Andere amerikanische Sprecher äußerten kaltblütige Rechtfertigungen für Israels Vorgehen. Der stellvertretende Außenminister Nicolas Burns erklärte, die Hisbollah "positioniert ihre Milizen mitten unter Zivilisten", und wiederholte die falsche Behauptung, die Hisbollah habe den massiven israelischen Militärschlag am 12. Juli durch einen Grenzzwischenfall und die Entführung von zwei israelischen Soldaten provoziert.

Wie immer nach solchen Gräueltaten beschuldigten Vertreter Israels die Opfer. Ministerpräsident Ehud Olmert erklärte: "Aus dem Dorf und seiner Umgebung wurden hunderte Raketen abgeschossen."

Dan Gillerman, Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, machte die Hisbollah für die Toten von Kana verantwortlich, weil sie "Frauen und Kinder als menschliche Schutzschilde missbraucht". Er meinte, dass die libanesische Regierung und das libanesische Volk die Hisbollah beherberge und deswegen bekämen, was sie verdienten.

Das Thema der "menschlichen Schutzschilde" ist die Standardrechtfertigung aller imperialistischen Truppen, wenn sie zivile Ziele angreifen. In diesem Fall ist es eine allzeit verwendbare Rechtfertigung für die fortgesetzte Bombardierung der schiitischen Bevölkerung des Libanon, die in ihrer großen Mehrheit die Hisbollah unterstützt. Hisbollah ist eine politische Partei mit Masseneinfluss, Abgeordneten im Parlament und Ministern in der Regierung.

Mehrere israelische Sprecher wiederholten die offizielle Linie, dass Israel Flugblätter abgeworfen habe, in denen die Bewohner zum Verlassen der südlibanesischen Städte und Dörfer aufgefordert worden seien - als ob das eine Rechtfertigung für Israel wäre, ihre Häuser mit Bomben und Präzisionsraketen zu beschießen! Es ist zudem bekannt, dass Israel Straßen und Brücken zerstört und eine Flucht dadurch fast unmöglich macht, und dass es zivile Konvois beschießt, die versuchen, nach Norden zu fliehen.

Die offiziellen Reaktionen aus den USA und Israel auf das Massaker haben die Kluft, die diese Regierungen von der großen Mehrheit der Menschheit trennt, noch schärfer sichtbar gemacht.

Die Welle internationaler Empörung schlug so hoch, dass Washington sich veranlasst sah, von Israel eine 48-stündige Aussetzung seines Luftkriegs im Südlibanon zu verlangen. Aus Furcht, die Opposition gegen den amerikanisch-israelischen Krieg könne außer Kontrolle geraten, entschloss sich Washington zu einer Geste, um Zeit zu gewinnen und seine gemeinsame Kriegsstrategie mit Israel zu überdenken.

Adam Ereli, ein Sprecher des US-Außenministeriums, gab Sonntagnacht bekannt, Israel habe einer Aussetzung zugestimmt, um eine Untersuchung des Angriffs von Kana zu ermöglichen. Ereli fügte allerdings hinzu, dass Israel das Recht habe, "gegen Ziele vorzugehen, die Angriffe auf Israel vorbereiten", eine Einschränkung, die Israel genügend Spielraum gibt, seine Angriffe auf die libanesische Bevölkerung fortzusetzen.

In den Nachrichten wurden israelische Quellen zitiert, die betonten, dass die Aussetzung nur die Luftangriffe betreffe. Es sei kein Waffenstillstand und beziehe sich nicht auf Artilleriebeschuss oder Angriffe der Bodentruppen.

Das Kana-Massaker war kein Missgriff oder unglücklicher Zufall, sondern ein absichtlicher Massenmord. Es unterstreicht, dass sich der Krieg nicht gegen die Hisbollah richtet, sondern die gesamte libanesische Bevölkerung. Sein schon vor geraumer Zeit von der amerikanischen und israelischen Regierung ausgearbeitetes Ziel ist die Zerstörung der Infrastruktur und des größten Teils des Staatsgebiets südlich von Beirut.

Israel ist entschlossen mit der vollständigen und offenen Unterstützung Washingtons so viel Zerstörung und Tod anzurichten, dass die gesamte zivile Bevölkerung aus dem Südlibanon vertrieben wird und die ganze Region auf Jahre hinaus unbewohnbar wird.

Das ist die faschistische Strategie hinter der Rhetorik von Präsident Bush, Außenministerin Rice und Ministerpräsident Olmert über die Herstellung von "Sicherheit" für Israel und "Souveränität" des Libanon. Daher kommt es, dass Rice, noch als die Leichen aus den rauchenden Trümmern in Kana gezogen wurden, die verzweifelte Forderung der libanesischen Regierung nach einem Waffenstillstand zurückwies.

Washington und Tel Aviv wollen das Blutbad fortsetzen und eskalieren, bis das ganze Land auf den Status eines amerikanisch-israelischen Protektorats zurückgeworfen ist. Für die amerikanische herrschende Elite - und ihre beiden Parteien - ist dieses kriminelle Unternehmen nur Mittel zum Zweck: Und der Zweck ist die Beseitigung der syrischen und iranischen Regierung mittels diplomatischer und ökonomischer Erpressung, Subversion und Krieg.

Das wesentliche Ziel ist die Verwandlung des Nahen und Mittleren Ostens und Zentralasiens mit ihren riesigen Öl- und Gasvorkommen in eine Kolonie des US-Imperialismus. Israel ist dabei der Juniorpartner Washingtons, für das er die Kastanien aus dem Feuer holt.

Der israelische Schlag gegen hilflose Zivilisten - von denen die meisten nach Kana geflohen waren, um der Bombardierung von Tyros und anderen Städten der Umgebung zu entgehen - war nicht nur brutal, sondern auch durch und durch feige. Nur einen Tag davor musste Israel seine Truppen aus Bint Jbeil zurückziehen. Obwohl die Hisbollah-Truppen dort zahlenmäßig weit unterlegen sind, haben sie die israelische Armee durch ihren hartnäckigen und mutigen Widerstand so sehr schockierten, dass sie zurückweichen mußte. Die israelische Reaktion war die Ausweitung der Angriffe auf unbewaffnete Zivilisten.

Dass die Zerstörung von Wohnhäusern in Kana Teil einer geplanten Strategie ist, ergibt sich aus Israels Worten und Taten. Erst vergangenen Donnerstag zerstörte Israel einen Beobachtungsposten der UNO in Südlibanon, um den Abzug der UN-Beobachter aus der Gegend zu erzwingen. Und Ende vergangener Woche wurde ein Mitglied des israelischen Sicherheitskabinetts mit den Worten zitiert. "Wir sollten nötigenfalls Dörfer im Südlibanon dem Boden gleich machen. Die israelische Armee hat noch lange nicht gesiegt, und wir müssen die Spielregeln ändern..."

Der britische Observer brachte am Sonntag einen Bericht, in dem systematische Verletzungen des internationalen Kriegsrechts durch Israel dargestellt wurden. Die Zeitung mutmaßte, das Ziel dieser Politik sei es, den Südlibanon zu entvölkern.

Der Observer schrieb. "Libanesisches medizinisches Personal berichtete, dass ein israelischer Luftschlag eine Frau und ihre sechs Kinder in einem Haus in dem Dorf Nmeiriya im Süden getötet hatte, und westliche Diplomaten gaben in Beirut zu, ihnen sei die israelische Auswahl der Ziele ein Rätsel. Krankenwagen, Flüchtlingskolonnen, Wohnungen, Infrastruktur und UN-Posten wurden unter Feuer genommen - und es sind Hinweise aufgetaucht, dass Zivilisten Phosphor-Verbrennungen erlitten haben.

Auch ist Bildmaterial aufgetaucht, das den zunehmend verbreiteten Einsatz von Streubomben in Gebieten mit ziviler Bevölkerung belegt. Die Besorgnis ist noch gestiegen, als mindestens hundert amerikanische bunkerbrechende GBU-28 Bomben mit abgereicherten Uransprengköpfen für den Einsatz gegen Ziele im Libanon an Israel geliefert wurden...

Zu Berichten, Israel versuche gezielt einen breiten Gebietsstreifen im Süden zu entvölkern, sagte Mair [Lucy Mair, Vor-Ort Beobachterin von Human Rights Watch]: ‚Es ist für uns schwer, darüber zu sprechen. Aber angesichts dieser massiven Vertreibung ist es schwer vorstellbar, dass die Bevölkerung zurückkommen kann."

Massaker an Zivilisten sind für die herrschende Elite Israels nichts Neues. Vor zehn Jahren hat die israelische Artillerie bei dem letzten großen Einmarsch in den Libanon in Kana schon einmal ein Lager der Vereinten Nationen zerstört. Mehr als hundert Zivilisten, die in dem Lager Zuflucht gesucht hatten, wurden getötet.

Solche Methoden gehörten vom Anfang an zum Repertoire des zionistischen Staats. Schon mehrfach wurde Gewalt und Terror gegen Zivilisten angewandt, um Araber aus ihren Dörfern, Siedlungen und Höfen zu vertreiben, um das israelisch besetzte Gebiet zu vergrößern. Nach der Abstimmung der UN-Generalversammlung zur Teilung Palästinas im November 1947 massakrierte die israelische Führung mit ihrer Armee mehrmals ganze palästinensische Dörfer, um die Bewohner zu vertreiben und das Territorium Israels über die von der UN festgelegten Grenzen hinaus zu erweitern.

In kurzer Zeit wurden 700.000 Palästinenser in staatenlose Flüchtlinge verwandelt, und die israelische Politik verfolgte seither immer die Politik, ihre Rückkehr zu verhindern und Israels Grenzen noch mehr auszuweiten.

Die amerikanische herrschende Elite ist weit davon entfernt, ihren wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten an die Kandare zu nehmen. Sie ist zum Schluss gekommen, dass sein aggressiver regionaler Appetit gut in Washingtons eigene, imperialistische Weltherrschaftspläne passt. Der wichtigste Urheber solcher Verbrechen, wie es das Kana-Massaker vom Sonntag darstellt, ist der US-Imperialismus.

Alle Beteiligten an diesem barbarischen Akt sind Kriegsverbrecher und müssen vor Gericht gestellt werden. Das ist eine Aufgabe, die nur von der internationalen Arbeiterklasse erfüllt werden kann.

Siehe auch:
Appeasement 2006: Europa kapituliert vor amerikanisch-israelischer Aggression
(28. Juli 2006)
Die WSWS antwortet auf den Vorwurf des Antisemitismus in der Berichterstattung zum amerikanisch-israelischen Krieg im Libanon
( 29. Juli 2006)
Wachsender Unmut in Israel über den Krieg gegen den Libanon
( 29. Juli 2006)
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