15.000 demonstrieren in Mainz gegen Bush-Besuch

Am Mittwoch, den 23. Februar herrschte in der Stadt Mainz am Rhein Ausnahmezustand. Zum Bush-Besuch waren alle großen Einfallstraßen und Autobahnen gesperrt oder umgeleitet worden, in den Bahnhöfen patrouillierten schwerbewaffnete Polizisten, und viele Züge fielen aus. Die ganze Innenstadt war hermetisch abgeriegelt, und in Gebieten, durch die die Staatskarossen fuhren, wurden Scharfschützen auf den Dächern postiert. Die Anwohner durften ihre eigenen Balkone nicht betreten und ihre Häuser nicht verlassen. In den Straßen herrschte eine gespenstische Atmosphäre.

Tagelang hatten alle Medien davor gewarnt, dass an diesem Tag in der ganzen Region kein Durchkommen mehr sein würde. Trotz der massiven Einschüchterung - viele Teilnehmer wurden kontrolliert, durchsucht und personell erfasst - und trotz eisiger Kälte trafen etwa 15.000 Bush-Gegner in Mainz ein und demonstrierten stundenlang gegen den Staatsbesuch. Aus dem ganzen Bundesgebiet waren Menschen aller Altersklassen gekommen, Ausländer und Deutsche, viele junge Studenten und Schüler, wie auch ältere Menschen und Rentner, die sich noch an den Zweiten Weltkrieg erinnern konnten.

Die Demonstration war von einem losen Bündnis von Globalisierungskritikern, Kriegsdienstverweigerern, den Ärzten gegen Atomkrieg, PDS und ver.di-Jugend unter dem Motto "Not welcome, Mr. Bush!" organisiert worden.

Auf den zahlreichen, selbstgemachten Plakaten und Transparenten war zu lesen: "Bush go home!", "Bush hau ab!", Bush ist blöd!", "George Bush, Sie sind uns zu teuer" oder "Anti-Bushists of all countries: unite!". Viele wandten sich direkt gegen den Krieg im Irak oder die Drohung, den Iran anzugreifen: "Ihr Krieg ist der Terror, Mr. Bush", "Zwei Weltkriege sind genug", "Alle Besatzer raus aus dem Irak und anderen besetzten Gebieten", "Keine Gewalt gegen den Iran", "Bush vs. Weltfrieden", "Nein zu Krieg und Folter" und "Kein Krieg für falsche Freiheit - Welche Strafe steht auf Völkermord?".

Einige Transparente wiesen auf den Zusammenhang der Bush-Politik mit der Zunahme des Terrorismus in der Welt hin und besagten: "The world is safer without George", "50 years of arrogant U.S. foreign policy has created terrorism" oder "Bush- Terrorist Nr.1". Andere wandten sich gegen eine Kollaboration der Bundesregierung mit Bush: "Schröder: kein Handschlag mit Bush" oder "Stoppt Bush - no war - keine deutschen Truppen ins Ausland".

Ein Wagen vom Mainzer Karneval fuhr im Zug mit, auf dem Guantanamo Bay in Form eines Gefängnisses mit orange gekleideten Insassen und prügelnden Bewachern in US-Uniform zu sehen war.

Auf der Schlusskundgebung ginge einige Redner auf die völkerrechtswidrige Kriegspolitik der Bush-Regierung ein. Auch die rot-grüne Bundesregierung wurde angegriffen. Man hörte zwar viele offenen Fragen, aber keine klaren politischen Antworten. Bei den Vertretern von Parteien und Gewerkschaften herrschte unausgesprochen die Perspektive vor, dass eine diplomatische Offensive der EU unter Führung von Deutschland eine Alternative zur Kriegspolitik der Bush-Regierung sein könnte. Unter anderem sprachen Vertreter von Attac, IG Metall, PDS und der Friedensbewegung.

Einige Beiträge gingen konkret auf die Schrecken des Irakkriegs ein. John Catallinotto, ein Sprecher des amerikanischen International Action Center, sprach über die Krise der militärischen Rekrutierung in den USA. Zum erstenmal sei die Rekrutierungsquote nicht erreicht worden. Grund sei der Widerstand im Irak, der zu einem "militärischen Entgleisen" der USA führe. Er wandte sich auch an die US-Soldaten in Deutschland, zitierte Veteranen und erklärte diejenigen zu Helden, die den Dienst verweigerten. Zu Hartz IV sagte er, in den USA sei man bereits bei "Hartz 16" angekommen.

Es wurde auch eine Botschaft von Ärzten aus Falludscha verlesen, die über die Opfer der US-Bombardierung auf diese Stadt berichteten. Der Arzt Dr. Mahammad J. Haded schrieb: "Wir empfehlen der deutschen Bevölkerung, folgende Fragen an George W. Bush zu stellen: Warum mussten mehr als 2.500 Menschen in Falludscha durch US-Waffen sterben? Haben Sie sich jemals gefragt, wie viele Toten noch unter den Trümmern begraben sind? Wo sind die Terroristen, wegen derer sie unsere Stadt angegriffen haben, entgegen unseren Versicherungen, dass keine da sind? Wann werden Ihre Truppen den Irak wieder verlassen?"

Auf der Demonstration wurden tausend Handzettel mit der Erklärung der World Socialist Web Site, "Eine Antwort auf Militarismus und Krieg", verteilt. WSWS -Korrespondenten sprachen mit vielen Demonstrationsteilnehmern, die in ihrer Ablehnung der Kriegspolitik von Bush übereinstimmten, aber zum Teil etliche Illusionen in die Rolle der Regierung Schröder zum Ausdruck brachten.

Zwei Schüler, Christian und Sebastian aus Mainz sagten: "Wir wollen unsere Meinung in die Öffentlichkeit bringen und vor allem eins sagen: dass wir gegen Krieg sind. Es ist wichtig, dass nicht nur junge Leute, sondern auch ältere Menschen hier demonstrieren. Was die deutsche Regierung betrifft, so kann sie zwar mit den Amerikanern reden, aber Schröder muss auf seinem Standpunkt beharren. Schröder und die andern europäischen Regierungen sollten sich von der US-Regierung nicht einlullen lassen. Sie sollten versuchen, die US-Politik zu verändern. Es wären ja viel mehr Menschen hergekommen, wenn die ganzen Polizeiaktionen nicht gewesen wären. Ich finde es extrem, wie viele Polizisten hier unterwegs sind."

Mechthild P. aus Mainz, Sozialpädagogin: "Wir wollen klarmachen, dass Bush seine Version von Demokratie und Freiheit nicht mit Bomben auf der ganzen Welt verbreiten darf. Das ist nämlich keine Freiheit. Es ist genau so Terrorismus, wie es die Terroristen machen. Ich finde es gut, dass die deutsche Regierung sich geweigert hat, Soldaten in den Irak zu schicken, aber sie grenzt sich nicht klar genug ab. Es müsste noch klarer gemacht werden, dass das die falschen Methoden sind. Ich finde die ganze ‚Charme-Offensive’ der US-Regierung ziemlich unglaubwürdig. Man kann Bush einfach nichts mehr glauben. Die Art von Kapitalismus, die in Amerika herrscht, soll auch hier durchgesetzt werden. Aber Frieden und Freiheit gibt es nur, wenn es soziale Gerechtigkeit gibt."

Leonardin aus Chemnitz erklärte: "Es muss etwas gegen Bush getan werden. Dieser Mann darf nicht mehr frei herumlaufen. Er ist genau so ein Terrorist, wie er das von anderen behauptet, weil er so viele Menschenleben zu verschulden hat."

Jörg aus Hagen, der mit einem Freund gekommen war, sagte: "Wir sind hier, um dem amerikanischen Präsidenten zu zeigen, dass es auch Leute gibt, die gegen ihn sind, vor allen Dingen auch hier in Deutschland. Ich persönlich fand es gut, dass Schröder am Anfang gegen den Krieg war, obwohl diese Opposition jetzt nachlässt; schlimm, dass er Bush jetzt in den A... kriecht, nur weil wir wirtschaftlich von den Amerikanern abhängig sind."

Auf den Einwurf, dass auch die Schröder-Regierung letztendlich nichts gegen den Krieg unternommen habe, antwortete sein Freund: "Ja, das stimmt. Sie bilden ja die Polizisten im Irak aus. Auch deswegen sind wir hier und protestieren dagegen."

Ein älteres Ehepaar erklärte: "Wir sind hier, weil der größte Terrorist von allen hier auch noch groß geehrt wird. Aber wir protestieren auch gegen die Gastgeber. Bush ist einer der größten Imperialisten der Welt. Und was die hier gemacht haben, ist ein regelrechter Ausnahmezustand."

Siehe auch:
Bush in Mainz: Eine Antwort auf Militarismus und Krieg
(23. Februar 2005)
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