Socialist Equality Party (Großbritannien)
Historische und internationale Grundlagen der Socialist Equality Party (Großbritannien)

Die verflixte Frage des Entrismus in die Labour Party

75. Gegner des Internationalen Komitees schreiben über diese Periode, dass die Auseinandersetzungen über die Frage, ob man innerhalb der Labour Party oder als offene Tendenz weiter arbeiten solle, die entscheidenden Differenzen zwischen den Fraktionen der RCP gewesen seien. Taktisch gesehen, war die Frage schon wichtig, war sie doch davon abhängig, ob Maßnahmen, die Trotzki in den 1930er Jahren ergriffen hatte, sich auf die Nachkriegssituation in Großbritannien anwenden ließen. Doch obwohl sich 1949 alle Fraktionen der RCP formell darüber einig waren, in die Labour Party einzutreten, gab es doch Differenzen über politische Prognosen und Orientierungen, die im Versteckten anwuchsen.

76. Healy führte eine halb-geheime Gruppe in der Labour Party, bekannt als The Club. Ihre Arbeit um die Zeitschrift Socialist Outlook gründete sich auf die Erkenntnis, dass es nicht genügte, der Reform abstrakt die Revolution gegenüberzustellen, weil die Mehrheit der sozialistisch orientierten Arbeiter Labour als ihre Partei und deren linken Flügel als ihre Führung betrachteten. Es war notwendig, am Kampf gegen den rechten Labour-Flügel und die Gewerkschaftsführer teilzunehmen und die Überlegenheit einer revolutionären Führung über die Unentschlossenheit und die Kompromisse der Linken zu demonstrieren.

77. Die Haston-Grant-Mehrheit hatte sich ursprünglich gegen den Entrismus ausgesprochen, war aber praktisch durch den Zusammenbruch ihrer externen Fraktion gezwungen gewesen, ihn zu akzeptieren. Hinter dieser Wende verbarg sich eine wachsende Demoralisierung über die Möglichkeit den Einfluss der Sozialdemokratie über die Arbeiterklasse zu brechen. Die Vierte Internationale warnte vor dem Inhalt ihrer politischen Position:

„Liquidatorische Tendenzen (…) Man kann nichts machen, da der Reformismus die Arbeiterklasse transformiert; man kann nichts machen, da der Stalinismus Siege für die Arbeiterklasse erzielt. Sie haben keine Hoffnung, eine trotzkistische Organisation aufzubauen; sie haben kein Vertrauen in die Entwicklung der Vierten Internationale.“ [19]

78. 1950 verließ Haston plötzlich die RCP; er gab die Vierte Internationale ausdrücklich auf und näherte sich der Labour Party an. In einem Brief vom 10. Juni erklärte er: „Die These, dass der Stalinismus und die Sozialdemokratie die Arbeiterklasse verraten hätten, führte uns zu der Schlussfolgerung, dass eine neue Internationale notwendig sei. Wir gingen weiter und erklärten uns – die wir uns als Vierte Internationale gegründet hatten – zur etablierten Führung der weltweiten Arbeiterklasse.“ Stattdessen aber, so erklärte Haston, habe die Labour Party „größere Reformen durchgeführt“, Indien habe „unter der Führung der indischen Bourgeoisie politische Freiheit erlangt“, und der Kapitalismus sei in Jugoslawien, Osteuropa und China gestürzt worden.

79. Er schloss daraus: „Aus dem Gesagten folgt, dass wir kein Recht haben, politische oder organisatorische Autorität als die internationale Führung des Weltproletariats für uns zu beanspruchen.“ Die Vierte Internationale müsse „durch eine Form eines internationalen Beraterzentrums“ ersetzt werden, das „alle linken Strömungen“ umfasse. Haston fuhr fort: „Ich lehne die These ab, dass die Labour Party unter keinen Umständen das Instrument sozialistischer Emanzipation sein kann, und eine Umwandlung der Gesellschaft in Großbritannien nur durch die Errichtung von Räten erfolgen kann.

Obwohl ich die Möglichkeit des parlamentarischen Sturzes des Kapitalismus in den fortgeschrittenen Ländern nie ausgeschlossen habe, besonders nicht in diesem Land, glaube ich jetzt, dass es unsere Aufgabe ist, uns für den Einsatz des Parlaments als dem wirtschaftlichsten Vehikel für die vollständige Umwandlung der britischen Gesellschaft einzusetzen.“ „Die Labour Party hat viele bürokratische Züge“, schrieb er. „Nichtsdestoweniger ist sie eine der demokratischsten Arbeiterorganisationen, die es gibt. (…) die Aufgabe besteht darin, sich der Massenpartei loyal anzuschließen und zu versuchen, sie auf den Weg der vollständigen Umwandlung des Systems zu führen.“ [20]

80. Auch andere in der RCP-Führung teilten Hastons Einstellung, und einige von ihnen traten ebenfalls aus. Grant weigerte sich, gegen Haston Stellung zu beziehen, und wurde ausgeschlossen. Zusammen mit einer kleinen Gruppe von Anhängern bildete er die International Socialist League, Vorgängerin der Militant Tendency (heute: Socialist Party).

Wird fortgesetzt


[19]

Zitiert in The History of British Trotskyism to 1949, Martin Upham (1980), Open letter from the IS to all members of the RCP, 8. February 1949, http://www.marxists.org/history/etol/revhist/upham/14upham.html [aus dem Englischen]

[20]

Zitiert in What Next?, Jock Haston (1950), Letter to the “Club”, http://www.whatnextjournal.co.uk/pages/healy/Haston.html [aus dem Englischen]