Die folgende Erklärung hat Daniel Berkley, ein führendes Mitglied des Postal Workers Rank-and-File Committee (Kanada), der World Socialist Web Site zugeschickt. Er antwortete damit auf eine Erklärung des Aktionskomitees Post in Deutschland, die am 6. März 2025 erschien.
In jener Erklärung wurden die Beschäftigten der Deutschen Post aufgefordert, einen von der Gewerkschaft Verdi unterstützten Vertragsvorschlag abzulehnen (die Mitgliederbefragung findet bis zum 28. März statt), der die Reallöhne der Beschäftigten kürzen und es der Unternehmensleitung ermöglichen würde, in diesem Jahr 8.000 Arbeitsplätze bei der Post zu streichen.
Um Kontakt zu den Aktionskomitees aufzunehmen, meldet euch per Whatsapp-Nachricht an die Mobilnummer +49 163-3378 340 oder registriert euch über das Formular unter diesem Brief.
Grüße aus Ontario, Kanada. Mein Name ist Daniel Berkley und ich bin Postangestellter auf dem Land. Ich und viele meiner Kollegen unterstützen das Post-Aktionskomitee. Die herrschende Klasse greift die Arbeiterklasse weltweit an, und die Postangestellten stehen in vorderster Front in der Schusslinie.
Ich habe die Erklärung Eures Aktionskomitees Anfang dieses Monats gelesen und hatte das Gefühl, dass die Angriffe, denen Ihr ausgesetzt seid, einschließlich des Abbaus von 8.000 Arbeitsplätzen und einer Kürzung der Reallöhne, genau so klingen wie das, was wir hier erleben.
Ich gehörte zu den 55.000 Beschäftigten der Canada Post, die bis Mitte Dezember einen ganzen Monat lang streikten. Die Kanadische Postgewerkschaft (CUPW) lehnte einen Streikauftrag von 95 Prozent ihrer Mitglieder ab und arbeitete mit der Regierung zusammen, um unseren Streik vorzeitig zu beenden. Die Gewerkschaft spielte eine Schlüsselrolle bei der Isolierung unseres Streiks von Arbeitern in anderen Branchen und ermöglichte es der Regierung, einzugreifen und unsern Streik zu illegalisieren.
Um zu verhindern, dass unser Kampf eine explizit politische oder internationale Form annimmt, erließ der Arbeitsminister der liberalen kanadischen Regierung, gestützt auf eine konstruierte Auslegung des Arbeitsgesetzes, einen autoritären Befehl, um uns zur Rückkehr an die Arbeit zu zwingen, ohne dass im Parlament auch nur darüber abgestimmt wurde.
Während all dies geschah, wurde der kanadische Premierminister Justin Trudeau aus dem Amt gedrängt, obwohl die Gewerkschaften ihn bei der Unterdrückung unseres Streiks unterstützt hatten. Das zeigt: Hätten wir der Bürokratie die Kontrolle über unseren Streik entrissen und dafür gekämpft, ihn auf Arbeiter in anderen Branchen auszudehnen – die alle ähnlichen Angriffen ausgesetzt sind –, hätten wir die Unternehmensleitung und ihre Unterstützer in der wackeligen liberalen Regierung im Kampf für unsere Forderungen in die Defensive drängen können. Wir streikten für Arbeitsplatzsicherheit und Lohnerhöhungen nach Jahren stagnierender Löhne. Diese Forderungen hätten in der gesamten Arbeiterklasse starke Unterstützung gefunden.
Trudeaus Nachfolger, der frühere Zentralbanker Mark Carney, wurde von gut 100.000 Mitgliedern der regierenden Liberalen Partei des Großkapitals ohne jede Volksabstimmung gewählt. Hier in Nordamerika übernimmt die kapitalistische Oligarchie ganz offen die Regierungen und diktiert die Politik, um ihr Vermögen weiter zu vergrößern. Der mächtigste Mann der Welt, US-Präsident Donald Trump, droht damit, Kanada zu annektieren, während er die Rechte von Einwanderern und allen arbeitenden Menschen in Amerika mit Füßen tritt.
Die Angriffe auf die Demokratie und unsere Arbeitsbedingungen kündigen große Angriffe auf die Arbeiter auf der ganzen Welt und in allen Branchen an. Die herrschenden Klassen in Europa und Nordamerika schöpfen ihre Profite ab, während die Wirtschaft auf eine totale Kriegswirtschaft umgestellt wird. Die Zölle, die Trump gegen Kanada und andere Länder verhängt hat, zielen darauf ab, die für die Kriegsproduktion wichtigen Fertigungsindustrien zurück in die USA zu holen und die Krise Amerikas auf seine Rivalen abzuwälzen. Solche Zölle haben nichts mit dem Schutz amerikanischer Arbeiter zu tun, die, wie die Arbeiter in ganz Nordamerika, am Ende mehr für ihren Lebensunterhalt bezahlen und ihre Arbeitsplätze aufgrund des Rückgangs der Exporte verlieren werden, wenn sich der Handelskrieg verschärft.
In Eurer Erklärung habt Ihr auf die Beteiligung der Gewerkschaft Verdi an der so genannten „konzertierten Aktion“ hingewiesen, bei der die Regierung, die Bosse und die Gewerkschaftschefs hinter verschlossenen Türen zusammenkommen, um festzulegen, um wie viel Eure Löhne gekürzt und welche anderen Angriffe durchgeführt werden sollen, um die deutsche Aufrüstung zu finanzieren. Die gleiche Zusammenarbeit zwischen den Bossen, Regierungsministern und Gewerkschaftsbürokraten findet auch hier statt.
Die CUPW ist vor kurzem dem Canada-US Trade Council beigetreten, einem Gremium, dem die Vertreter der wichtigsten Gewerkschaftsverbände und größten Unternehmergruppen angehören. Dieser Rat arbeitet Hand in Hand mit der Bundesregierung und ihrem eigenen korporatistischen, dreigliedrigen Beratungsgremium für die Handelsbeziehungen zwischen Kanada und den USA.
Bei einem dieser Treffen setzte sich CUPW-Präsident Jan Simpson sogar mit Arbeitsminister Steve MacKinnon zusammen, um eine „einheitliche“ Handelskriegspolitik zu erörtern – d.h. mit demselben Mann, der das Ende unseres Streiks angeordnet hatte! Der Ausschuss hilft bei der Planung einer Antwort des kanadischen Kapitalismus auf Trumps Flut von Zolldrohungen und -Maßnahmen.
Die Gewerkschaftsführer sagen uns, dass wir unsere Arbeitsplätze und Bedingungen verteidigen könnten, indem wir „unsere eigenen“ Kapitalisten im „Team Kanada“ unterstützen. Sie hindern uns daran, uns mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus der Arbeiterklasse in den USA zusammenzuschließen, die unter Trumps Diktatur-Bestrebungen und dem Handelskrieg genauso leiden wie wir. Und sie unterstützen die Konzerne und die Regierung und liefern ihnen als „Team Kanada“ die Argumente, um unsere Rechte zu beschneiden, unsere Löhne zu kürzen und unsere öffentlichen Dienste zu privatisieren. Ihnen zufolge sollen die Arbeiter, nicht die kanadischen Kapitalisten, für den Handelskrieg bezahlen.
Was auch immer von den Zugeständnissen übrig geblieben ist, die der Arbeiterklasse in einer früheren Periode gemacht wurden, steht nun auf der Streichliste. Die herrschende Elite will die kanadischen Postangestellten in „Gigworker“ verwandeln, bzw. auf das Niveau von Amazon herunterdrücken. Sie will alle profitablen Teile der Canada Post Corporation privatisieren.
Die CUPW hat letzte Woche bestätigt, dass der Ausschuss für Binnenhandel, ein Gremium zur Überwachung des kanadischen Freihandelsabkommens CFTA, das den Handel zwischen den kanadischen Provinzen regelt, jetzt versucht, „die föderale Ausnahme für das exklusive Privileg aus dem CFTA zu entfernen“. In der Praxis heißt dies, dass Canada Post das „exklusive Privileg“ verlieren würde, Briefpost im ganzen Land zuzustellen. Private Kurierdienste, die den Arbeitern weitaus weniger zahlen und ihnen nur wenige bis gar keine Rechte und Leistungen zugestehen, würden uns unterbieten, insbesondere in städtischen Gebieten, wo die Post billiger zugestellt werden kann.
Um dies zu erreichen, arbeitet die CUPW mit der Regierung und der Unternehmensleitung zusammen. Unsere Gewerkschaft versucht, diese Realität zu vertuschen, indem sie uns in einer Erklärung weismachen will: „Was in den letzten zwei Jahrzehnten mit der Deregulierung der Post in der ganzen Welt passiert ist, ist nicht unbedingt ein Hinweis darauf, was heute in Kanada passieren könnte.“ Als Gründe für diese wilde Behauptung werden u.a. schlechtes „Timing“, „Geographie, Klima“ und „die Umweltauswirkungen der Postzustellung“ genannt. Die Gewerkschaften haben die Arbeiterklasse so vollständig aufgegeben, dass sie uns alle für Schwachköpfe halten, die jede Lüge glauben, die sie verbreiten!
Der Vormarsch der Technologie darf nicht länger dazu missbraucht werden, Milliardäre reicher zu machen und zerstörerische Kriegsmaschinen zu bauen. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Technologie unter die Kontrolle der Arbeiterklasse gestellt wird, damit wir sie zum Wohle aller nutzen können! Die Automatisierung sortiert unsere Post, und die KI passt unsere Routen bei Canada Post tagtäglich dynamisch an. Diese beträchtlichen Effizienzsteigerungen könnten genutzt werden, um unsere Arbeitsbelastung ohne Lohneinbußen zu verringern, aber dafür ist die Kontrolle der Arbeiter erforderlich. Es wird sicher niemanden überraschen, dass diese erstaunlichen technologischen Fortschritte unter der Kontrolle der Unternehmensleitung von Canada Post zu längeren, schwierigeren und gefährlicheren Tätigkeiten bei gleichem oder geringerem Lohn führen.
Wir haben vor unserem Streik das Aktionskomitee der Postarbeiter gegründet, um dafür zu kämpfen, dass die Belegschaft die Kontrolle über unseren Tarifvertragskampf übernimmt. Wir Postangestellten stellen jeden Tag Briefe, Pakete und Werbesendungen zu, und wir Postangestellten entdecken unsere soziale Macht. Wenn wir mit dem Nationalismus und dem Korporatismus der Gewerkschaften brechen, haben wir eine echte Chance, uns mit anderen Aktionskomitees zusammenzuschließen. Wir werden den Kampf für bessere Arbeitsplätze und Lebensbedingungen in Kanada, Deutschland und darüber hinaus gemeinsam führen und einen internationalen Aufstand der Arbeiterklasse gegen kapitalistische Ausbeutung und Krieg einleiten.
Arbeiterinnen und Arbeiter der Welt vereinigt euch!
In Solidarität,
Daniel Berkley
Um Kontakt zu den Aktionskomitees aufzunehmen, meldet euch per Whatsapp-Nachricht an die Mobilnummer +49 163-3378 340 oder registriert euch über das Formular unter diesem Brief.