Mehr und mehr zeichnet sich ein globaler Wirtschaftskrieg ab. US-Präsident Trump hat für den Fall, dass ausländische Regierungen sich den amerikanischen Forderungen nicht beugen, dem Rest der Welt Zölle angedroht.
Nachdem er einen zehnprozentigen Zoll auf chinesische Importe verhängt hatte, reagierte Peking mit einer Reihe von Zöllen auf US-Waren im Wert von 14 Milliarden Dollar. Dies betrifft unter anderem Flüssigerdgas, Kohle und landwirtschaftliche Geräte. Trump kündigte daraufhin einen 25-prozentigen Zoll auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA an.
Die Ankündigung erfolgte am Sonntag, 9. Februar, vor der Presse, als Trump auf dem Weg zum Super Bowl war: „Jeder Stahlimport in die Vereinigten Staaten wird mit einem Zoll von 25 Prozent belegt. Auch Aluminium.“
Bei der Unterzeichnung des Dekrets am Montagabend erklärte Trump, der Zoll gelte auf alle Importe. Es gäbe keine Ausnahmen für bestimmte Produkte, da die Maßnahmen eine Reaktion auf „ausländische Akteure“ seien, die „US-Produzenten von Stahl und Aluminium schwächen“.
Vertreter der Trump-Regierung erklärten, dass das frühere Verfahren mit bestimmten Ausnahmen für Produkte ein „Schlupfloch“ gewesen sei, das jetzt geschlossen werde.
Stahlexporteure wie Australien, einer der engsten Verbündeten der USA, reagierten auf diese pauschale Vorgehensweise mit dem verzweifelten Versuch, eine Ausnahme zu erwirken. Wie erfolgreich sie damit sein werden, bleibt abzuwarten, allerdings wird es voraussichtlich nur wenige Ausnahmen geben, da sich die Zölle gegen Länder richten, die alle nominell Verbündete der USA sind.
Die wichtigsten und unmittelbaren Ziele der Stahlzölle sind Kanada, der größte externe Lieferant, gefolgt von Brasilien, Mexiko, Südkorea und Deutschland. Kanada ist außerdem die größte ausländische Bezugsquelle für Aluminium, und kanadische Schmelzhütten decken etwa 44 Prozent des US-Bedarfs.
Wie der China-Korrespondent der New York Times, Keith Bradsher, am Montag in einem Artikel darlegte, ist längerfristig das Hauptziel der Maßnahmen China, obwohl dieses Land nur relativ wenig Stahl und Aluminium in die USA exportiert.
Bradsher stellte fest, dass China „die globale Stahl- und Aluminiumindustrie dominiert. Seine riesigen modernen Werke produzieren jedes Jahr von beiden Metallen mindestens so viel, wenn nicht mehr, wie der Rest der Welt zusammen.“
In der Vergangenheit wurde ein Großteil dieser Produktion im eigenen Land in der industriellen Fertigung und im Baugewerbe verarbeitet. Doch durch den Abschwung der chinesischen Wirtschaft (das offizielle Wachstumsziel von fünf Prozent ist das niedrigste seit 30 Jahren) haben die Exportmärkte an Bedeutung gewonnen. Laut dem Artikel kauft Vietnam mittlerweile „enorme Mengen“ von halbverarbeitetem Stahl aus China, beendet den Produktionsprozess dann und exportiert ihn als vietnamesischen Stahl.
Die bisherigen Maßnahmen betreffen die ausgesetzte Verhängung 25-prozentiger Zölle gegen Kanada und Mexiko, die zusätzlichen zehnprozentigen Zölle auf alle chinesischen Waren und die 25-prozentigen Zölle auf Stahl und Aluminium. Doch diese Maßnahmen sind erst der Anfang.
Ein Artikel im Wall Street Journal (WSJ) erklärte dazu: Unabhängig vom Ergebnis der unmittelbaren Zollstreitigkeiten „behaupten derzeitige und ehemalige Vertreter der Trump-Regierung, sie seien nur ein kleiner Teil seiner Handelspolitik“.
Das nächste große Ziel ist Europa, das schon in dieser Woche betroffen sein könnte. Trump hat behauptet, die Art und Weise, wie die EU die USA behandle, sei eine „Gräueltat“. Ihm zufolge kaufen die Europäer „unsere Autos und unsere landwirtschaftlichen Produkte nicht, sie nehmen fast nichts von uns, und wir nehmen alles von ihnen“.
Aus der EU kommen etwa 15 Prozent der US-Importe, wobei Maschinen, Pharmazeutika und Chemikalien eine wichtige Rolle spielen. Auch die europäische Autoindustrie ist im Visier. Trump hat obendrein Vergeltungsmaßnahmen angedroht, falls die europäischen Staaten versuchen, amerikanischen Hightech- und Social-Media-Konzernen in Europa Vorschriften und Steuern aufzuerlegen.
Robert O’Brien, Trumps nationaler Sicherheitsberater während seiner ersten Amtszeit, erklärte gegenüber dem WSJ: „Ich glaube, Europa steht ein massiver Handelskrieg bevor. Ich glaube nicht, dass der Präsident diese Art von Maßnahmen gegen Amerikas größte Unternehmen hinnehmen wird.“
Die Europäische Kommission, das Exekutivorgan der EU, hat Berichten zufolge Pläne ausgearbeitet, um auf die US-Zollerhöhungen zu reagieren. EU-Vertreter erklärten, „alle Optionen“ lägen auf dem Tisch.
Allerdings bestehen innerhalb dieses Blocks unterschiedliche Positionen. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, ist mit anderen der Meinung, man müsse Beschwichtigungsversuche unternehmen, in dem man anbietet, mehr amerikanische Produkte wie Flüssiggas zu kaufen.
Andere denken, Beschwichtigungsversuche würden die USA nur zu weiteren Forderungen ermutigen. Die Europäische Kommission hat in ihren bisherigen Erklärungen die Notwendigkeit einer einheitlichen Reaktion betont, da sie sich der unterschiedlichen Positionen in ihren Reihen bewusst ist. Dies zeigte sich früher schon in der Uneinigkeit über die Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge, die auf Anregung der USA verhängt wurden. Mehrere Länder, darunter Deutschland, lehnten dies ab, andere enthielten sich.
Eines der Ziele des Trump-Regimes wird es sein, diese Uneinigkeit zur Durchsetzung seines „America First“-Kurses auszunutzen. Angesichts dieses Angriffs ist die EU mit einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte konfrontiert.
Alicia Garcia Herrero erklärte: „Europa wird sich aufspalten, zweifellos.“ Die Forschungsbeauftragte der Brüsseler Wirtschaftsdenkfabrik Bruegel ist auch Chefvolkswirtin für Asien bei der französischen Investmentbank Natixis.
Bei dem täglichen Blitzkrieg von Zöllen und Handelskriegsmaßnahmen der USA lassen sich drei generelle Tendenzen feststellen.
Das Ziel der angedrohten 25-prozentigen Zölle gegen Mexiko und Kanada, die zwar ausgesetzt wurden, aber möglicherweise trotzdem eingeführt werden, war es von Anfang an, die Regierungen der beiden Länder zum Handeln zu zwingen. Auf diese Weise wollte Trump einen zentralen Bestandteil seiner innenpolitischen Agenda durchsetzen: die Behauptung, er werde den Zustrom der Droge Fentanyl und die so genannte „Invasion“ illegaler Einwanderer aufhalten.
Eine zweite Stoßrichtung ist die betrügerische Behauptung, Zölle würden die Einnahmen der US-Regierung verbessern, die geplanten umfangreichen Steuersenkungen finanzieren und Geld von ausländischen Unternehmen einnehmen, um das ausufernde US-Staatsdefizit zu verringern.
Bei der Unterzeichnung der Zölle auf Stahl und Aluminium erklärte Trump: „Das ist ein großartiger Deal, der Amerika wieder reich macht.“
Zölle werden sicherlich für höhere Einnahmen sorgen. Diese kommen aber nicht von den ausländischen Unternehmen, sondern von den Importeuren, denn Zölle sind eine Steuer für amerikanische Warenimporte. Die Importeure werden die Abgaben zahlen, kaum das Unternehmen, das die Waren exportiert. Letzten Endes zahlt sie der amerikanische Verbraucher in Form höherer Preise.
Die dritte Säule der Zolloffensive steht eher in Verbindung mit geostrategischen als mit rein wirtschaftlichen Zielen.
Tatsächlich sind die wirtschaftlichen Ziele in sich widersprüchlich. Einerseits behauptet Trump, der Dollar sei überbewertet, was Amerikas Wettbewerbsfähigkeit auf den globalen Märkten beeinträchtigt habe. Doch andererseits wird dieses Problem durch die Einführung von Zöllen noch verschärft, weil sie den Wert des Dollars und damit die Preise für US-Waren erhöhen.
Zudem besteht Trump darauf, dass der Dollar seinen Status als globale Reservewährung behalten muss. Dieses „exorbitante Privileg“, wie es genannt wurde, ermöglicht es der US-Regierung, massive Defizite zu machen, die für kein anderes Land möglich wären. Trump hat erklärt, der Verlust dieser Position käme der Niederlage in einem Krieg gleich. Doch wenn der Wert des Dollars fällt (wofür Trump plädiert), dann wird auch die Rolle des Dollars als globale Reservewährung beeinträchtigt.
Diese Widersprüche verdeutlichen die zentralen Triebkräfte des globalen Wirtschaftskriegs. Sein Ziel ist es, durch die Verhängung oder die Androhung von Zöllen in einer Höhe, dass sie rivalisierende Volkswirtschaften zu beschädigen beginnen, deren Unterordnung unter die globalen Ziele des US-Imperialismus zu gewährleisten. Die Botschaft der Zölle lautet: Gehorcht unseren Diktaten, oder ihr werdet vernichtet.
Solche Methoden wurden bereits vor Trump entwickelt, etwa durch die Verhängung von Sanktionen, wofür der Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem und die Maßnahmen gegen den Iran zwei wichtige Beispiele sind. Jetzt werden diese Methoden massiv ausgeweitet.
Trump hat erklärt, er halte nichts von Sanktionen, weil sie zu Versuchen führen, eine Alternative zum Dollar als Zahlungsmittel zu finden, was dessen Stellung als globale Reservewährung schwächt. Daher bevorzuge er Zölle.
Einige scharfsinnigere bürgerliche Kommentatoren machten darauf aufmerksam, dass sich aus dem Chaos der Zollkriege eine neue globale Ordnung entwickeln werde.
Der Auslandskorrespondent der Financial Times, Gideon Rachman, schrieb am Montag: „Sie haben schon vom Neoliberalismus und Neokonservatismus gehört. Jetzt – willkommen im Zeitalter des Neoimperialismus.“
Rachman wies auf den seiner Meinung nach „auffälligsten Moment“ in Trumps Antrittsrede hin: sein Versprechen, die USA würden „sich wieder als wachsende Nation betrachten – eine, die ihren Wohlstand vergrößert und ihr Territorium ausweitet“.
Es war weder Zufall noch ein Versehen, dass Trump, als er ab dem ersten Tag Zölle verhängte, auch erklärte, Amerika werde „Grönland bekommen, notfalls mit Gewalt“, und Kanada solle der 51. Bundesstaat werden. Dann werde es keine Zölle mehr geben, und die USA würden den Panamakanal „zurückbekommen“.
Rachman warf die USA fälschlicherweise mit Russland in einen Topf, da dessen reaktionärer Krieg in der Ukraine - das Ergebnis von NATO-Provokationen - und Pekings Behauptung, Taiwan gehöre zu China (was zumindest offiziell in internationalen Kreisen, selbst von den USA, immer noch anerkannt wird), Ausdruck des Neoimperialismus seien.
Bezüglich der USA wies er jedoch auf einen wichtigen Punkt hin. Rachman stellte fest: „Trumps Ambitionen in Übersee gehen mit einem intensiven Fokus darauf einher, den ,Feind im eigenen Land‘ zu vernichten“.