FAZ-Herausgeber Kaube denunziert Kriegsgegner als Antisemiten

Je offensichtlicher der völkermörderische und imperialistische Charakter des Kriegs im Nahen Osten in Erscheinung tritt, je mehr Männer, Frauen und Kinder durch israelische Bomben getötet und verstümmelt werden, desto hysterischer werden die Stimmen, die jede Kritik daran als Antisemitismus denunzieren.

Jürgen Kaube [Photo by Martin Kraft / CC BY-SA 4.0]

Jürgen Kaube, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen (FAZ), tut sich dabei besonders hervor. Unter der Überschrift „Hass tarnt sich als Kritik“ wetterte er am Jahrestag des Kriegsbeginns gegen das „Gejohle auf den propalästinensischen Demonstrationen“, gegen die „globale Linke“, gegen „Antizionismus“ und gegen „Israelkritik“.

Geht es nach Kaube, dann dürfen nicht die 12.000 Bomben kritisiert werden, die Israel auf Gaza – ein Gebiet weniger als halb so groß wie Berlin – geworfen hat und nun auch auf dichtbesiedelte Städte im Libanon wirft. Auch nicht die systematische Zerstörung von Krankenhäusern, Universitäten, Schulen, Strom- und Wasserversorgung und über 60 Prozent der Gebäude des Gazastreifens. Und schon gar nicht die offiziell 42.000 Toten und 97.000 teils grausam Verletzten oder die Vertreibung von 90 Prozent der Bevölkerung aus ihren Unterkünften.

Geht es nach Kaube, muss sich die Empörung gegen jene richten, die den Angriff der Hamas „als Akt des berechtigten politischen Widerstands“ deuten, Netanyahu mit Hitler vergleichen, eine Parallele zwischen der Vertreibung der Palästinenser und der Schoa ziehen oder für einen gemeinsamen Staat von Juden und Palästinensern eintreten.

Auch „die Korruption der UNRWA, des Palästinenser-Hilfswerks der Vereinten Nationen, die Verkommenheit ihres Gene­ralsekretärs Guterres und die noch viel größere der UN-Sonderberichterstatterin Albanese“ bleiben nicht von Kaubes Zorn verschont. Guterres und Albanese hatten es gewagt, verhaltene Kritik an israelischen Kriegsverbrechen zu äußern.

Kaube ist langjährigen Lesern der WSWS kein Unbekannter. 2014 hatte er sich in der FAZ hinter den rechtsradikalen Historiker Jörg Baberowski gestellt, der im Spiegel den Nazi-Apologeten Ernst Nolte unterstützt und Adolf Hitler bescheinigt hatte, er sei „nicht grausam“ gewesen. Unter der Überschrift „Mobbing trotzkistisch“ denunzierte Kaube damals die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und ihre Jugendorganisation IYSSE, weil sie Baberowskis Verharmlosung des Nazi-Diktators öffentlich kritisiert hatten.

Vor zwei Jahren hetzte Kaube gegen den Rockmusiker Roger Waters, bezichtigte ihn wegen seiner prinzipiellen Verteidigung der Palästinenser des Antisemitismus und forderte die Absage seiner Konzerte.

Unterstützung von Professoren, die Hitler verharmlosen, und Denunziation von Israelkritikern als Antisemiten – Kaubes Haltung ist durchaus folgerichtig. Sie bestätigt, dass das Abschlachten der Palästinenser denselben Zielen dient, die schon Hitler verfolgt hatte. Die Zerstörung Gazas dient nicht dem Schutz jüdischen Lebens, sondern der Unterwerfung der gesamten, rohstoffreichen Region unter imperialistische Kontrolle. Die Palästinenser sind dabei nur das erste Hindernis, das aus dem Weg geräumt werden soll. Ihnen folgen jetzt der Libanon und als nächstes der Iran.

Israel hat – wie David North in seinem Buch „Die Logik des Zionismus“ nachweist – den USA und den europäischen Großmächten seit seiner Gründung als imperialistisches Bollwerk im Nahen Osten gedient. Es wäre sofort pleite und kriegsunfähig, wenn die Milliardensummen und die Waffenlieferungen aus den USA und Deutschland ausblieben.

Für die Bevölkerung Israels kann dieser Krieg, der sich rasch zu einem Flächenbrand ausbreitet, nur in die Katastrophe führen. Der einzige Ausweg aus der Spirale von Krieg und Gewalt ist die Vereinigung der Arbeiterklasse der gesamten Region über alle nationalen und religiösen Schranken hinweg. Der gemeinsame Kampf muss sich gegen das israelische Regime, die bluttriefenden arabischen Herrscher – wie Mohammed bin Salman in Saudi-Arabien und Abdel Fattah al-Sisi in Ägypten – und ihre imperialistischen Herren richten.

Kaube ist nur eine von vielen Stimmen in Deutschland, die die israelischen Kriegsverbrechen unterstützen und gegen jeden hetzen, der die Palästinenser verteidigt. Während sie die geringste Empathie für die getöteten, verletzten, hungernden und verzweifelten Palästinenser vermissen lassen, denunzieren sie jeden Protest dagegen als antisemitische Bedrohung in Deutschland lebender Juden.

Außenministerin Annalena Baerbock wandte sich am Sonntag mit einem Beitrag im rechten Springer-Hetzblatt Bild am Sonntag an „unsere israelischen Freundinnen und Freunde“. Sie versicherte: „Wir stehen an Eurer Seite. Eure Sicherheit ist Teil unserer Staatsräson.“ Selbstverständlich habe Israel das Recht, sich gegen die Angriffe von Hamas und Hisbollah zur Wehr zu setzen.

Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte in seinem Podcast: „Antisemitismus und blinden Israel-Hass werden wir niemals hinnehmen.“

Die Medien, vor allem die öffentlich-rechtlichen, beschränken sich nicht darauf, die israelischen Kriegsverbrechen zu rechtfertigen, sie üben auch Selbstzensur und verschweigen oder beschönigen die Zustände in Gaza und im Libanon, wo schon jetzt 1,2 der 5,5 Millionen Einwohner und der 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien ihre Unterkunft verlassen mussten. Bilder der Zerstörung und Stimmen der Verzweiflung, wie man sie auf Al Jazeera oder selbst auf BBC täglich sieht und hört, werden in Deutschland systematisch unterdrückt.

Die Hysterie, mit der Regierung und Medien auf Kritik an Israel reagieren, ist Ausdruck von Angst und Panik. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie spüren, dass ihre Kriegspolitik zutiefst unpopulär ist und auf Ablehnung stößt. Bei den letzten Landtagswahlen trug die Opposition gegen die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten maßgeblich zum schlechten Abschneiden der etablierten Parteien bei.

Aber diese Opposition findet bisher keinen unabhängigen politischen Ausdruck. Vor allem rechte Parteien wie die AfD und das BSW, die selbst für eine militaristische Politik eintreten und Israel vehement verteidigen, konnten bisher die allgemeine Unzufriedenheit ausschlachten.

Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) tritt dafür ein, den Kampf gegen Krieg, gegen Entlassungen und Sozialabbau zu einer mächtigen Bewegung der internationalen Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus zu vereinen.

Loading