Israel beginnt mit Bodenoperationen im Libanon, Luftangriffe gehen weiter

Das israelische Militär ist am frühen Dienstagmorgen in den Südlibanon eingedrungen. Israelische Offizielle erklären zwar, dass die Bodenoperationen in Umfang, Ausmaß und Dauer begrenzt sein werden, doch diese Behauptungen sind im Fall des Libanon nicht glaubwürdiger als bezüglich des Gazastreifens.

Der Sprecher des US-Außenministeriums Matthew Miller unterstrich die zentrale Rolle des amerikanischen Imperialismus in dem eskalierenden Krieg in der Region. Er sagte, Washington stehe mit dem israelischen Militär in „ständigem Austausch“ über die Invasion. Im öffentlich-rechtlichen Sender Kan war von einer „intensiven Abstimmung“ zwischen Israel und den USA die Rede bezüglich der Frage, wie ein iranischer Angriff zu bewältigen sei. Nach den iranischen Raketenschlägen am Dienstagabend kündigte Israel weitere Luftschläge an.

Rauch steigt auf nach einem israelischen Luftangriff, der den südlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut getroffen hat, 1. Oktober 2024 [AP Photo/Hussein Malla]

Reuters berichtete am späten Montag, dass Einheiten der libanesischen Armee gesehen wurden, die ihre Stellungen an der libanesisch-israelischen Grenze verließen und sich 5 km in libanesisches Gebiet zurückzogen. Die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) kündigten eine „geschlossene Militärzone“ an, die mehrere nördliche Gemeinden entlang der Grenze umfasst, und betonten, dass das Betreten des Gebiets verboten sei. Ein Offizieller erklärte gegenüber der Times of Israel, Ziel der Operation sei die Ausschaltung von Hisbollah-Stellungen entlang der Grenze. In einer Sitzung des Sicherheitskabinetts von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am späteren Montag wurde beschlossen, die Operation durchzuführen.

Schwerer Beschuss und Luftangriffe zielten auf mehrere Orte entlang der Grenze. Die IDF sandte einen Aufruf an die Bewohner von Dahiyeh, dem südlichen Vorort von Beirut und einer traditionellen Hochburg der Hisbollah, ihre Häuser zu verlassen. Kurz darauf waren große Explosionen zu hören. Nach Angaben der libanesischen Nachrichtenagentur NNA erfolgten kurz nach Mitternacht am Dienstagmorgen mindestens acht Luftschläge, bei denen mehrere Wohngebäude zerstört wurden.

Die Invasion im Südlibanon folgt auf ein Wochenende hemmungsloser Gewalt durch das zionistische Regime, bei dem Hunderte von Zivilisten durch Luftangriffe im ganzen Land massakriert wurden. Die gezielte Ermordung von Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah am Freitag forderte rund 300 zivile Opfer, als sechs mehrstöckige Gebäude in den südlichen Vororten von Beirut dem Erdboden gleichgemacht wurden. In den 24 Stunden bis Montag wurden Berichten zufolge 136 Menschen durch israelische Angriffe getötet. Die intensiven Bombardierungen, zu denen auch der erste Angriff auf das Zentrum von Beirut am Sonntagabend gehörte, haben etwa 100.000 Menschen zur Flucht ins benachbarte Syrien gezwungen, wo ein vom US-Imperialismus seit über einem Jahrzehnt geschürter Bürgerkrieg andauert.

Israel griff am Sonntag auch die Häfen von Hodeidah und Ras Issa im Jemen an, die rund 2.000 Kilometer von der israelischen Grenze entfernt liegen. Bei den Angriffen, die sich gegen Kraftwerke und Einrichtungen richteten, die von den Huthis für den Ölimport genutzt werden, wurden sechs Menschen getötet und 57 verletzt.

Die Hisbollah hat zwar weiterhin Raketen auf den Norden Israels abgefeuert, doch die anhaltenden Angriffe der letzten zwei Wochen scheinen ihre Fähigkeiten ernsthaft zu schwächen. Der in Brüssel ansässige Militäranalyst Elijah Magnier sagte gegenüber Al Jazeera, dass Israel mindestens 3.000 bis 3.500 Raketeneinheiten der Hisbollah getroffen habe. „Es gibt Tausende von Hisbollah-Aktivisten, die ihre Hände oder ihr Augenlicht verloren haben und in Krankenhäuser in Syrien und Iran evakuiert worden sind. Daher sind diese Kämpfer aus dem Spiel und können nicht mehr an einem möglichen Krieg teilnehmen“, fügte er hinzu und bezog sich dabei auf die Folgen des israelischen Terroranschlags vom 17. September, bei dem Hunderte von Kommunikationsgeräten explodierten. Neben Nasrallah wurden Dutzende von hochrangigen Hisbollah-Kommandeuren ermordet.

Ein Indiz für den wahllosen Charakter des Angriffs, der mit dem anhaltenden Gemetzel an den Palästinensern im Gazastreifen vergleichbar ist, sind die 14 libanesischen Sanitäter, die in den zwei Tagen der Bombardierung bis Sonntag getötet wurden. Am Montag meldete das libanesische Gesundheitsministerium den Tod von sechs weiteren Sanitätern bei erneuten Luftangriffen.

Auf einer Pressekonferenz zu den Berichten über eine Bodeninvasion befragt, bestätigte US-Außenministeriumssprecher Miller die enge Beteiligung des US-Imperialismus an der großen Eskalation des Krieges. „Sie haben uns über eine Reihe von Operationen informiert“, sagte er und bezog sich dabei auf Israel. Miller weiter: „Sie haben uns bisher gesagt, dass es sich um begrenzte Operationen handelt, die sich auf die Infrastruktur der Hisbollah in der Nähe der Grenze konzentrieren, aber wir sind in ständigen Gesprächen darüber.“ Mit atemberaubendem Zynismus fügte er hinzu: „Militärischer Druck kann zuweilen Diplomatie ermöglichen.“

Zu Beginn des Tages war US-Außenminister Antony Blinken der jüngste Vertreter der Regierung Biden, der sich über das Massengemetzel freute und die Ermordung Nasrallahs begrüßte. Der Hisbollah-Führer sei ein „brutaler Terrorist“ gewesen und „die Region und die Welt sind ohne ihn sicherer“.

Hinter den falschen öffentlichen Erklärungen über eine „begrenzte“ Operation startet Israels rechtsextremes Regime eindeutig eine massive Offensive. Ziel ist auch Vergeltung für den Rückschlag, den Israel im einmonatigen Krieg gegen den Libanon 2006 erlitten hat, als die Hisbollah eine breite Unterstützung in der Bevölkerung gegen eine IDF-Invasion mobilisieren konnte. Die Vereinten Nationen bestätigten, dass ihre 10.000 Mann starke UN-Übergangstruppe im Libanon (UNIFIL), die mit der Überwachung des Waffenstillstandsabkommens beauftragt war, das den Krieg 2006 beendete, aufgrund der Intensität der Kämpfe nicht mehr in der Lage ist, Patrouillen durchzuführen.

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant, der zu Beginn des israelischen Völkermords an den Palästinensern die Bewohner des Gazastreifens als „menschliche Tiere“ bezeichnet hat, erklärte vor Truppen in Nordisrael: „Die Beseitigung Nasrallahs ist ein sehr wichtiger Schritt, aber nicht alles.“

„Wir werden alle Fähigkeiten nutzen, die wir haben. Wenn jemand auf der anderen Seite nicht verstanden hat, was die Fähigkeiten sind, so sind alles Fähigkeiten, und Sie sind Teil dieser Bemühungen.“

Netanjahus rechtsextremes Regime beabsichtigt, neben dem Gazastreifen und dem Westjordanland auch Teile des Libanon zu annektieren, um den gesamten Nahen Osten neu zu strukturieren, was von den USA unterstützt wird. Netanjahu und andere führende israelische Regierungsvertreter haben diese Agenda unverblümt dargelegt, unter anderem in Reden vor dem US-Kongress im Juli und vor der UN-Generalversammlung in der vergangenen Woche.

Israels aggressive Ausweitung des Konflikts, der rasch die Ausmaße eines nahostweiten Krieges annimmt, wird durch die unerschütterliche Unterstützung des US-Imperialismus ermöglicht. Schon wenige Tage, nachdem Israel mit der Zerstörung des Gazastreifens begonnen hatte, erklärte die World Socialist Web Site, dass Washington den Völkermord billigt, weil er als entscheidender Bestandteil der Vorbereitungen für einen Krieg mit dem Iran in der gesamten Region betrachtet wird. In einer Perspektive vom 23. Oktober 2023, anlässlich der Verlegung von US-Truppen und Marineschiffen in die Region nach dem Beginn des israelischen Angriffs auf den Gazastreifen, schrieb die WSWS:

Die Regierung Biden eskaliert den Krieg im Nahen Osten und droht mit einem direkten Angriff auf den Iran als Teil eines weltumspannenden Konflikts um die Weltherrschaft, der sich von Osteuropa über den Nahen Osten bis zum Pazifik erstreckt. Der amerikanische Imperialismus, der sich mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas und dem weltweiten Niedergang der US-Wirtschaft konfrontiert sieht, versteht den Krieg als das Mittel zur Durchsetzung der Weltherrschaft.

Im vergangenen Jahr hat Washington Waffen im Wert von Milliarden Dollar an Israel geliefert, darunter auch die 2.000-Pfund-Bomben, die den Gazastreifen in ein Ödland verwandelt haben und jetzt Beirut sowie den Süd- und Ostlibanon verwüsten.

Das Pentagon kündigte am Montag an, dass Washington „einige Tausend“ zusätzliche US-Soldaten in die Region entsenden wird, wodurch sich die Zahl der US-Soldaten im Nahen Osten auf 43.000 erhöht, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Der Großteil der neuen Streitkräfte besteht aus Staffeln von Kampfflugzeugen und Angriffsflugzeugen. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte am Sonntag, er habe den Einsatz der Flugzeugträgerkampfgruppe USS Abraham Lincoln im Nahen Osten um einen Monat verlängert. Eine zweite Flugzeugträgerkampfgruppe, die USS Harry Truman, ist kürzlich aus Virginia ausgelaufen und wird voraussichtlich in einer Woche in der Region eintreffen.

Mit ihren wiederholten eskalierenden Aktionen versuchen Israel und der US-amerikanischer Zahlmeister, den Iran zu einer Reaktion zu bewegen, die dann zu einem bösartigen Angriff auf Teheran genutzt werden kann. Bereits in diesem Jahr hat Israel sieben Mitglieder des iranischen Korps der Revolutionsgarden in Damaskus ermordet und das bürgerlich-klerikale Regime Irans gedemütigt, indem es den politischen Führer der Hamas, Ismail Haniyeh, während seines Besuchs in Teheran als Gast bei der Amtseinführung des iranischen Präsidenten Massud Peseschkian getötet hat. Das iranische Regime und seine bürgerlich-nationalistischen Verbündeten in der gesamten Region haben diesem imperialistisch geführten Angriff nichts entgegenzusetzen außer vergeblichen Bitten um ein Entgegenkommen der imperialistischen Mächte.

Die einzige gesellschaftliche Kraft, die verhindern kann, dass der gesamte Nahe Osten in ein Blutbad mit unabsehbaren Folgen für die leidgeprüfte Bevölkerung gestürzt wird, ist die internationale Arbeiterklasse. Sie muss den Kampf gegen den imperialistischen Krieg aufnehmen. In Ablehnung des reaktionären Zionismus und des bankrotten bürgerlichen Nationalismus müssen sich die Arbeiter des Nahen Ostens, ob arabisch, persisch oder jüdisch, auf der Grundlage des Kampfes für den Sozialismus im Bündnis mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern in den imperialistischen Zentren zusammenschließen, um dem kapitalistischen Profitsystem und dem Krieg ein Ende zu setzen.

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