Buchrezension

Biografie als Dämonologie: Aidan Beattys Buch The Party is Always Right: The Untold Story of Gerry Healy and British Trotskyism

Aidan Beatty, The Party is Always Right: The Untold Story of Gerry Healy and British Trotskyism (Die Partei hat immer Recht: Die ungeschriebene Geschichte von Gerry Healy und dem britischen Trotzkismus), London: Pluto Press 2024.

Professor Aidan Beattys The Party is Always Right: The Untold Story of Gerry Healy and British Trotskyism (Die Partei hat immer Recht: Die ungeschriebene Geschichte von Gerry Healy und dem britischen Trotzkismus) ist ein übles politisches Machwerk, das als Biografie daherkommt. Das Buch diskreditiert seinen Autor und erfüllt keinen der Standards, die man erwarten würde, wenn eine Publikation als wissenschaftliches Werk beworben wird. Das Buch ist nichts dergleichen. Beatty hat eine plumpe Hetzschrift gegen den Trotzkismus verfasst. Sie richtet sich gegen den historischen Kampf für den Aufbau einer revolutionären Partei, die in der marxistischen Theorie verwurzelt ist und sich auf die Arbeiterklasse stützt.

Gerry Healy 1964

Historiker, die die Mühe auf sich nehmen, eine seriöse Biografie zu schreiben – eine der schwierigsten Gattungen in der Literatur überhaupt –, versuchen ihren Lesern eingangs oftmals zu erklären, warum sie sich auf ein Projekt eingelassen haben, das in der Regel jahrelange intensive Recherchen erfordert. Wenn es sich um die Biografie einer politischen Persönlichkeit handelt, sind die Wechselwirkungen zwischen dem Individuum und seiner Epoche ausgesprochen komplex. Es liegt eine tiefe Wahrheit in dem Sprichwort, dass ein Mensch der Epoche, in der er lebt, mehr ähnelt als seinem Vater. Es bedarf enormer Arbeit, ganz zu schweigen von profunden historischen Kenntnissen und intellektuellem Feingefühl, um die Persönlichkeit, die Psychologie, die Motive, Ziele, Ideale, Entscheidungen und Handlungen eines anderen Menschen zu verstehen, die durch die historische Zeit bedingt werden.

Unabhängig davon, ob ein Autor sein Subjekt bewundert oder verachtet, ist er verpflichtet, die porträtierte Person im historischen Zusammenhang zu verstehen. Auch wenn der Biograf seinen Protagonisten aufrichtig bewundert, muss er dennoch eine kritische Distanz wahren, um ein Abgleiten in eine Heiligenlegende zu vermeiden. Autoren herausragender politischer Biografien wie Samuel Baron in seiner Studie über Plechanow, J. P. Nettl in seiner zweibändigen Biografie über Rosa Luxemburg oder Isaac Deutscher in seiner Trotzki-Trilogie haben es geschafft, eine objektive Haltung gegenüber Personen einzunehmen, für die sie offensichtlich große Empathie empfanden. Vielleicht noch schwieriger war die Aufgabe für den Hitler-Biografen Ian Kershaw, der jahrelang daran gearbeitet hat, die ideologischen, politischen und psychologischen Beweggründe eines der schlimmsten Massenmörder der Geschichte zu erforschen und zu erklären.

Die Trotzki-Trilogie von Isaac Deutscher: Der bewaffnete Prophet, Der unbewaffnete Prophet und Der verstoßene Prophet

Im Vorwort zum zweiten Band seiner Trotzki-Biografie Der unbewaffnete Prophet erinnert Isaac Deutscher daran, wie der Historiker Thomas Carlyle die Aufgabe beschrieb, die er als Biograf von Oliver Cromwell zu bewältigen hatte. Wie Carlyle den Führer der englischen Revolution, so musste Deutscher den Führer der Oktoberrevolution „unter einem Berg toter Hunde, unter einer riesigen Last falscher Beschuldigungen und des Vergessens hervorziehen“.[1] Beatty zog aus, genau das Gegenteil zu tun. Sein Ziel war es, Healy unter so viel Schmutz und Schlamm zu begraben, wie er nur konnte. In Beattys Buch findet sich keine Spur von wissenschaftlicher Objektivität, geschweige denn intellektueller Integrität. Es war auch nicht seine Absicht, eine seriöse Biografie zu schreiben. Sein Projekt ist eine gezielte Täuschung. In der Danksagung am Anfang des Buchs schreibt Beatty: „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum ersten Mal von Gerry Healy gehört habe, aber Anfang 2020 hatte ich begonnen, Material über ihn zu sammeln...“ (S. ix) Mit dieser doppelzüngigen Aussage verschleiert Beatty seine wahren Gründe, dieses Buch zu schreiben. Etwas Wahrheit bei der Werbung wäre angebracht.

Beatty ist nicht, wie er fälschlicherweise behauptet, im Jahr 2020 über den Namen Gerry Healy gestolpert. Von 2014 bis 2018 arbeitete Beatty als Dozent an der Wayne State University in Detroit, wo die Socialist Equality Party (SEP) und ihre Jugendorganisation International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) seit Jahren aktiv sind. Sie verteilen dort Flugblätter, organisieren zahlreiche breit beworbene öffentliche Veranstaltungen und rekrutieren Mitglieder. Ihre Anwesenheit auf dem Campus wird von den Democratic Socialists of America (DSA) erbittert bekämpft, die so weit gehen, dass sie Sicherheitskräfte der Universität anfordern, um die Aktivitäten der SEP und der IYSSE zu stören. Während seiner Lehrtätigkeit an der Wayne State University war Beatty Mitglied der Democratic Socialists of America in Detroit, die als Unterorganisation der Demokratischen Partei im Bundesstaat Michigan fungiert. Laut dem KeyWiki-Eintrag über die DSA in Michigan (in dem Beatty als Mitglied genannt wird) „haben die Democratic Socialists im Südosten Michigans einen Einfluss in der Demokratischen Partei Michigans, von dem viele amerikanische Linke träumen“.

Beatty, der mittlerweile in Pittsburgh lebt und dort an der Carnegie Mellon University lehrt, ist ein aktives Mitglied der DSA und ein erbitterter Gegner des Trotzkismus, weil dieser an der Klassenpolitik des orthodoxen Marxismus festhält. In Beattys umfangreicher Twitter/X-Historie findet man zahlreiche Reposts von Aussagen und Huldigungen von Alexandria Ocasio-Cortez, Bernie Sanders und anderen Koryphäen der Demokratischen Partei.

Eine parteilich motivierte Polemik für die DSA

Es ist offensichtlich, dass Beattys Darstellung, wie das Buch entstanden ist, auf einer Lüge beruht und darauf abzielt, eine parteilich motivierte Polemik als wissenschaftliches Werk auszugeben.

Beatty behauptet, der Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 habe ihm unerwartet „viel Zeit verschafft“ und es ihm somit ermöglicht, „immer tiefer in die Welt der Workers Revolutionary Party (WRP) einzutauchen“. (S. ix) Das ist eine Falschbehauptung, die durch Beattys eigene Beschreibung seiner Karriere widerlegt werden kann. Von 2016 bis 2023 war er intensiv mit der Recherche, dem Schreiben und der Herausgabe seines Buchs Private property and the fear of social chaos (Privateigentum und die Angst vor sozialem Chaos) beschäftigt, das letztes Jahr veröffentlicht wurde.

In der Danksagung dieses Buchs stellt Beatty fest, dass er alles andere als viel Freizeit hatte: „Ich habe die letzten Überarbeitungen in einem Gästezimmer abgeschlossen, das mitten in der Covid-19-Pandemie zu einem Büro und virtuellen Klassenzimmer umfunktioniert wurde.“[2] Autoren wissenschaftlicher Arbeiten werden bestätigen, dass die letzten Phasen der Vorbereitung eines Textes für die Publikation nervenaufreibend sind und höchste Konzentration erfordern. Wie hat Professor Beatty, der seine Leser auch auf den Zeitaufwand für seine Elternpflichten aufmerksam macht, es also geschafft, ein völlig anderes Projekt zu erforschen, zu schreiben und durch den Veröffentlichungsprozess zu leiten – über ein Thema, von dem er angeblich vorher nichts gewusst haben will, – während er gleichzeitig an einem Buch schrieb, das den zentralen Platz in seiner akademischen Karriere einnahm?

Die Finanzierung dieses Projekts wirft ebenfalls Fragen auf. Er schreibt in der Danksagung: „Meine Forschung in Großbritannien wurde vom Program on Jewish Studies und dem World History Center an der Universität Pittsburgh finanziert, die so großzügig waren, die jüdischen, israelisch-palästinensischen und globalen Zusammenhänge dieses Projekts zu erkennen“. Professor Beatty versäumt es, die Art dieser „globalen Zusammenhänge“ zu benennen. Auch erklärt er nicht, wie es ihm gelang, Organisationen mit eindeutig zionistischen Sympathien davon zu überzeugen, eine Biografie über einen in Irland geborenen Trotzkisten zu finanzieren, der unermüdlich den Kampf der Palästinenser gegen die Unterdrückung durch den israelischen Staat verteidigt hat. Man darf bezweifeln, dass diese Institutionen befürchteten, Beatty würde ein Buch abliefern, das Sympathien für Healys Politik erkennen lässt. Beatty sollte diese Fragen beantworten, indem er den Wortlaut seiner Finanzierungsanträge offenlegt.

Dreck auszugraben und zu sammeln, erfordert nicht nur finanzielle Unterstützung von Institutionen mit tiefen Taschen, sondern auch Zeit und Mühe. Beatty bekam offensichtlich erhebliche Hilfe von der DSA. Er sicherte sich auch die Unterstützung von Pluto Press, dem Verlag einer politischen Strömung, die vor mehr als 45 Jahren von Gegnern Healys, der Workers Revolutionary Party und des IKVI gegründet wurde.

Genau zu der Zeit, als Beatty seine „Forschung“ betrieb, posteten führende Mitglieder der DSA auf Twitter Memes mit Eispickeln und feierten die Ermordung von Leo Trotzki. Diese obszöne Kampagne nahm ein derartiges Ausmaß an, dass die SEP am 22. Mai 2021 einen offenen Brief an Maria Svart, die nationale Direktorin der DSA, schickte. Sie forderte die DSA darin auf, „die Twitter-Posts und Aussagen in anderen Medien, in denen stalinistische Lügen wiederaufgewärmt werden und die Ermordung Trotzkis gefeiert wird, unmissverständlich zu verurteilen und zurückzuweisen“. In dem Brief heißt es weiter: „Die DSA muss klarstellen, dass die Verbreitung stalinistischer Lügen und damit das Gutheißen nicht nur vergangener, sondern auch zukünftiger Angriffe auf die trotzkistische Bewegung nicht toleriert wird und mit der Mitgliedschaft in ihrer Organisation unvereinbar ist.“

Einer der vielen DSA-Tweets, die die Ermordung von Leo Trotzki rechtfertigen und darüber Witze machen

In dem Brief an Svart, den ich als nationaler Vorsitzender der SEP verfasst habe, heißt es:

Der wesentliche politische Zweck ihrer Kampagne gegen den Trotzkismus ist 1) die Vergiftung des politischen Klimas innerhalb der DSA mit reaktionärem antimarxistischem Schmutz aus dem Arsenal des Stalinismus, und 2) das Anwerben rückständiger Leute für die DSA, die sich von dem antikommunistischen, chauvinistischen und – reden wir nicht um den heißen Brei herum – antisemitischen Subtext der Denunziationen Leo Trotzkis angezogen fühlen. Den Tweets nach zu urteilen, die zur Unterstützung der Angriffe der DSA-Führer auf Trotzki gepostet wurden, zieht diese Kampagne extrem reaktionäre Kräfte in den Umkreis Ihrer Organisation, für die in einer wirklich progressiven, geschweige denn sozialistischen Organisation kein Platz sein sollte.[3]

Svart hat auf dieses Schreiben weder geantwortet noch die Angriffe zurückgewiesen. Beattys Rufmord begann, als die Angriffe noch im Gange waren, und ist eindeutig eine Fortsetzung dieser Kampagne. Healy ist nur das unmittelbare Ziel. Hinter Beattys widerwärtiger Erzählung steht das größere Ziel, den Trotzkismus und den Aufbau einer revolutionären sozialistischen Partei der Arbeiterklasse zu denunzieren. Wie Beatty feststellt, sei seine Biografie

auch, und zwar ernsthaft, eine Geschichte über den Trotzkismus, die politische Tradition, aus der Healy als Aktivist hervorging und die er seinerseits half, (wieder) zu erschaffen. Es ist eine mahnende Geschichte über die Tendenz zu Spaltungen und persönlichen Anfeindungen, die der Trotzkismus immer hatte, und über die inhärenten Mängel „demokratisch-zentralistischer“ Parteien, die oft keinen Dissens dulden und sogar als Brutstätte für lüsterne Männer wie Gerry Healy dienen können. (S. xvi-xvii)

Beattys schmutzige Tirade besteht fast ausschließlich aus einer Wiederholung von Denunziationen und glatten Lügen, die von erbitterten Feinden Healys verbreitet wurden, die sich mit ihm überworfen hatten und von denen die meisten schon vor Jahrzehnten der sozialistischen Politik den Rücken gekehrt und sich in aggressive Antikommunisten verwandelt haben.

Das Buch von Beatty erinnert an Marx’ Beschreibung des Daily Telegraph: „Vermittelst künstlich geheimer Röhrenleitung leeren alle Abtritte von London ihren physischen Unrat in die Themse aus. So spuckt die Welthauptstadt täglich durch ein System von Gänsekielen all ihren sozialen Unrat in eine große papierne Zentralkloake – den ‚Daily Telegraph‘.“[4] Über den skrupellosen und skandalsüchtigen Zeitungsverleger Edward Levy-Lawson schrieb Marx: „Die große Kunst von Levys Nase besteht in der Tat darin, mit Faulgeruch zu kosen, ihn auf hundert Meilen herauszuschnüffeln und heranzuziehn.“[5]

Edward Levy-Lawson

Eine Beschreibung, die auf Beatty und sein Buch zutrifft. Auch er ist ein großer „Schnüffler“ und verfolgt das Gespenst von Healy, wohin seine Nase ihn auch führt. Je stärker die Geschichte stank, desto mehr war er bestrebt, sie einzufangen und in sein Buch aufzunehmen. Zu diesem Zweck stellte Beatty im Zuge seiner „Schnüffelforschung“ sogar einen Aufruf ins Internet, in dem er Healy-Hasser aufforderte, sich zu melden und ihm Material zu liefern. Und natürlich fand er jede Menge erbärmliche kleine Helfer, eine bunt gemischte Truppe politischer Nobodys, die darauf erpicht waren, ihre persönlichen Leidensgeschichten zu Papier zu bringen und von Professor Beatty verewigt zu werden. Hätte er ihnen eine Willkommenskarte geschickt, hätte sie vielleicht den Satz enthalten, der am Eingang der öffentlichen Toiletten im alten Rom angebracht war, wie sich Marx in seiner Antwort an Levy erinnerte: „Hic… quisquam faxit oletum!“ („Hier darf Gestank gemacht werden!“)[6]

Eine Biografie ohne Geschichte

Beatty beginnt mit der folgenden Erklärung: „Dies ist ein Buch über einen autoritären und übergriffigen Iren namens Gerry Healy und über die politische Welt, die er mitgeschaffen hat...“ (S. xvi) Allein dieser Satz reicht aus, um zu widerlegen, dass Beattys Buch eine legitime Biografie ist. Wer würde eine „Biografie“ ernst nehmen, die so beginnt: „Dies ist die Geschichte eines sexbesessenen, übergriffigen Frauenhelden namens John Fitzgerald Kennedy“ oder „Dies ist die Geschichte eines alkoholkranken, manisch-depressiven Menschen namens Winston Churchill.“ Es gibt solche Bücher, aber sie erheben nicht den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit und werden von sachkundigen Rezensenten abgelehnt.

Noch absurder ist Beattys Behauptung, es sei ein Buch „über die politische Welt, die er [Healy] mitgeschaffen hat...“ (S. xvi) Beattys Darstellung enthält keinerlei Diskussion, geschweige denn eine Analyse der Welt, die Healy hervorgebracht hat. Es ist ein Buch ohne historischen Kontext. Abgesehen von ein paar schlecht recherchierten Details über Healys familiären Hintergrund gibt es keinen Überblick über Irland im Jahr 1913, als er geboren wurde, und die zehn Jahre danach. Die sozialen Verhältnisse in Irland, der Osteraufstand und der Ausbruch des Bürgerkriegs, die Jahre des britischen Terrors, die Gründung der Republik, die Politik des irischen Nationalismus, die Teilung des Landes und die führenden Politiker der damaligen Zeit werden ignoriert. Die Namen James Connolly, Michael Collins und Éamon de Valera tauchen nicht auf. Alle grundlegenden Fragen zum Zusammenspiel von objektiven Bedingungen und dem Leben eines Individuums, die einen seriösen Biografen beschäftigen würden, hat Beatty ignoriert, obwohl er selbst irischer Abstammung ist.

Osteraufstand, Dublin

Beatty lässt nicht nur die Geschichte Irlands weg, er nimmt auch wenig Notiz von der Geschichte Englands, wo Healy praktisch sein ganzes Erwachsenenleben verbrachte. Beatty schreibt fast nichts über die turbulente Geschichte der britischen Arbeiterbewegung. Die politischen und sozialen Ereignisse, die die Arbeiterbewegung prägten, in der Healy eine so prominente Rolle spielen sollte, bleiben unerwähnt. Nichts über den Verrat des britischen Generalstreiks von 1926, den Eintritt des Führers der Labour Party, Ramsey MacDonald, in die Regierung der National Coalition von 1931 und die berüchtigte Kürzung der Arbeitslosenunterstützung durch diese Regierung.

Trotzki hat viel über die Politik und das intellektuelle Leben in Großbritannien geschrieben. Seinen wichtigsten Text über britische Geschichte, Politik und Klassenkampf – Wohin treibt England? – verfasste er am Vorabend des britischen Generalstreiks. In Beattys Bibliografie erscheint er nicht. Ebenso wenig verweist Beatty auf die dreibändige Reihe von Trotzkis Schriften über Großbritannien, die in den 1970er Jahren von New Park, dem Verlag der Workers Revolutionary Party, veröffentlicht wurde.

Auch die Labour- und Gewerkschaftsgeschichte der Nachkriegszeit wird weitgehend ignoriert. Dem überwältigenden Wahlsieg der Labour-Partei von 1945 werden nur ein paar Sätze gewidmet, obwohl die Folgen eine wichtige Rolle bei den Konflikten innerhalb der britischen trotzkistischen Bewegung spielten. Die großen Konflikte der folgenden 25 Jahre und die politischen Fragen, die ihnen zugrunde lagen, werden entweder völlig ignoriert oder nur kursorisch behandelt. Die Namen Clement Atlee, Aneurin Bevan und Harold Wilson tauchen in Beattys Text gar nicht auf. Der berühmte linke Labour-Politiker Michael Foot, mit dem Healy in den 1950er Jahren viel zu tun hatte, wird nur einmal erwähnt. Die zahlreichen Streiks und sozialen Kämpfe, bei denen Healy eine wichtige Rolle spielte, werden so gut wie ignoriert. Auch auf den Inhalt der Publikationen Newsletter und Workers Press, die von Healy und der Socialist Labour League gegründet wurden, wird kaum Bezug genommen.

Wie sehr Beatty den politischen Hintergrund von Healys Arbeit vernachlässigt, wird noch deutlicher, wenn es um die entscheidenden internationalen Fragen geht, die für eine Beschäftigung mit der trotzkistischen Bewegung von grundlegender Bedeutung sind. Er geht kaum auf die historischen Ursprünge der trotzkistischen Bewegung ein. Die theoretischen und politischen Kämpfe, die sich innerhalb der Kommunistischen Partei Russlands entwickelten und aus denen 1923 die von Trotzki angeführte Linke Opposition hervorging, werden so gut wie ignoriert. Der Konflikt zwischen der Perspektive der Opposition und derjenigen der Sowjetbürokratie unter Stalin wird in einem einzigen Satz abgehandelt: „Im Gegensatz zu der stalinistischen Position, dass die UdSSR den Sozialismus in einem Land entwickeln sollte, traten die Trotzkisten für eine permanente Revolution ein, in der sich der Kommunismus schnell und weltweit ausbreiten würde.“ (S. 3) Diese vulgäre Vereinfachung, geschrieben auf dem Niveau eines Schülers, zeugt von Beattys Unkenntnis des Themas, das er abzuhandeln vorgibt.

Die trotzkistische Bewegung entstand in Reaktion auf monumentale politische Ereignisse, die den Verlauf der Geschichte des 20. Jahrhunderts bestimmen sollten. Neben dem britischen Generalstreik 1926 gehören dazu auch die Niederlage der chinesischen Revolution 1927, der katastrophale Sieg der Nationalsozialisten in Deutschland 1933, die Niederlage der spanischen Revolution 1939 sowie die Moskauer Prozesse und der stalinistische Terror 1936–1938. Diese weltgeschichtlichen Ereignisse werden von Beatty nahezu ignoriert. Wenn er sie am Rande erwähnt, dann nur, um Healy zu verleumden und seine Motive für den Beitritt zur trotzkistischen Bewegung infrage zu stellen, ohne dafür glaubwürdige Belege zu liefern.

Leo Trotzki mit Mitgliedern der Linken Opposition

Bei der Behandlung von Healys politischen Aktivitäten klammert Beatty drei zentrale Ereignisse seiner politischen Laufbahn aus: erstens Healys Rolle bei der Gründung des Internationalen Komitees 1953 unter der Führung des Vorkämpfers der amerikanischen Trotzkisten, James P. Cannon, im Kampf gegen den Pablismus; zweitens Healys beeindruckendes Eingreifen in die Krise der britischen Kommunistischen Partei 1956–1957 nach den Enthüllungen von Stalins Verbrechen durch den sowjetischen Parteichef Nikita Chruschtschow; und drittens Healys politische Führung der Opposition innerhalb des Internationalen Komitees 1961–1963 gegen die prinzipienlose Wiedervereinigung der Socialist Workers Party der USA mit dem Internationalen Sekretariat der Pablisten.

Beattys Auslassungen sind kein Versehen, sondern Absicht. Er rechtfertigt auf zynische Weise, warum er in der Biografie keine Dokumente zitiert: „Alle Historiker sind auf die eine oder andere Weise mit dem Problem des Mangels an Archivquellen vertraut“, so Beatty. „Der Trotzkismus ... stellt ein entgegengesetztes Problem dar. Es mangelt nicht an Dokumentenmaterial, sondern es gibt zu viel davon.“ (S. xx)

Belege stellten für Beatty ein Problem dar, weil die schriftlichen Dokumente mit dem politisch motivierten Narrativ, das er konstruieren wollte, nicht zusammenpassen, sondern ihm widersprechen. Da er nicht vorhatte, eine auf wissenschaftlicher Forschung basierende Biografie zu schreiben, beschloss Beatty, das Problem des „zu vielen“ Faktenmaterials zu lösen, indem er die Verwendung von Archivquellen auf das absolute Minimum beschränkte und sich stattdessen auf Gerüchte stützte, die er als „Oral History“ ausgibt.

Beschimpfungen und politische Verzerrungen

Das Ergebnis dieser „Methode“ ist keine Biografie, sondern eine Horrorstory, in der eine reale politische Figur auf eine monströse Karikatur reduziert und die Geschichte der britischen trotzkistischen Bewegung als schreckliches Grand Guignol dargestellt wird. Die sozialistische Bewegung erscheint so, wie sie sich in der pervertierten Fantasie eines glühenden Antikommunisten darstellen könnte. Wie Beatty im zweiten Absatz seines Vorworts schreibt, ist seine Biografie von Healy „eine Geschichte von Gewalt und Skandalen, sexuellem Missbrauch, Sekten, Verschwörungstheorien, fehlgeleiteten Prominenten und möglicherweise auch internationaler Spionage und Mord...“ (S. xvi).

Die Flut von Beschimpfungen geht weiter: „Wie bei einem bekannten Dickens’schen Archetyp wurde Healys physische Hässlichkeit oft als Zeichen einer tieferen und grundlegenderen politischen und moralischen Hässlichkeit beschworen.“ (S. xvi) Healy als Fagin, Sweeney Todd und Jack the Ripper. All das kann als Geschwafel eines Autors abgetan werden, der von persönlichem Hass auf sein Thema zerfressen ist.

Um Healy als Monster zu porträtieren, ist Beatty gezwungen, ein für eine Biografie entscheidendes Element wegzulassen: eine korrekte und objektive Rekonstruktion des Lebens eines Menschen. Der Leser erfährt in Beattys Buch nichts über Healy, der fast ein halbes Jahrhundert lang eine zentrale Rolle in allen großen Kämpfen und Debatten der britischen und internationalen Arbeiterklasse spielte. Im irischen Galway geboren, entwickelte sich Gerry Healy von einem jungen Arbeitsmigranten in England während der Weltwirtschaftskrise zur führenden Figur des britischen Trotzkismus in der Nachkriegszeit. Jahrelang kämpfte Healy unermüdlich für die Verteidigung der revolutionären Perspektive der Arbeitermacht gegen den Stalinismus, den sozialdemokratischen Reformismus, den pablistischen Opportunismus und verwandte Formen kleinbürgerlich-radikaler Politik.

Statt sorgfältig recherchierter und belegter Fakten spinnt Beatty ein Netz von Vermutungen. Das ganze Buch hindurch spekuliert er darüber, was Healy „wahrscheinlich wusste“, „wahrscheinlich bevorzugte“, „vielleicht tat“, „anscheinend wollte“ oder – was am verblüffendsten ist – „wofür er möglicherweise als Medium diente“. (S. 49, 75, 76, 100, 138)

Wenn Beatty auf tatsächliche Ereignisse in Healys Leben verweist, dann grundsätzlich mit einer Verzerrung seiner politischen Beweggründe. Ein eklatantes Beispiel ist Beattys Kommentar zu Healys Versuch, sich während des Zweiten Weltkriegs zum Militär zu melden. Er schreibt: „ [W]ie sich dies mit seiner trotzkistischen Opposition gegen den Krieg vereinbaren ließ, war unklar, obwohl seine politischen Verstrickungen dazu führten, dass er für den Militärdienst abgelehnt wurde und er sich daher nie mit dieser offensichtlichen Doppelmoral auseinandersetzen musste.“ (S. 10)

Healys Meldung zum Militärdienst hatte mit Doppelmoral überhaupt nichts zu tun und stand in völliger Übereinstimmung mit dem damaligen Programm der Vierten Internationale und der Workers Internationalist League (WIL), der Healy angehörte.

Trotzki und die Socialist Workers Party waren unnachgiebige Gegner des Pazifismus und lehnten die Verweigerung der Wehrpflicht und des Militärdiensts durch Parteimitglieder grundsätzlich ab. Sie bestanden darauf, dass Parteimitglieder im wehrfähigen Alter unter den Bedingungen der allgemeinen Wehrpflicht die Erfahrungen der Rekruten aus der Arbeiterklasse teilen sollten. Auf der Grundlage des Übergangsprogramms, des Gründungsdokuments der Vierten Internationale, und der Diskussionen zwischen Trotzki und James P. Cannon verabschiedete die SWP eine politische Linie, die als proletarische Militärpolitik bekannt wurde. Unter Trotzkis Anleitung erarbeitete die SWP ein umfassendes Programm mit Forderungen, für die die Parteimitglieder unter den Rekruten im Militärdienst kämpfen sollten.

James P. Cannon, 1890–1974

Martin Upham hat in seiner Dissertation The History of British Trotskyism to 1949 (Die Geschichte des britischen Trotzkismus bis 1949) die proletarische Militärpolitik und ihre Umsetzung in Großbritannien eingehend untersucht. Er erklärt, dass „Trotzki an einer langen Diskussion mit SWP-Mitgliedern über ihre Haltung zur Kriegsvorbereitung beteiligt war. Er riet davon ab, den Wehrdienst zu vermeiden, und plädierte dafür, die militärische Ausbildung zu nutzen, um sich Waffenkenntnisse anzueignen.“ Upham schrieb:

Die Notwendigkeit eines positiven Programms für die Kriegszeit hinterließ bei der WIL einen tiefen Eindruck, und ab dem Spätsommer 1940 versuchte sie, den Ansätzen zu einem Regime nach dem Muster der Vichy-Regierung mit ihrer Militärpolitik zu begegnen: gewählte Offiziere, von der Regierung finanzierte und von den Gewerkschaften kontrollierte Ausbildungsstätten, Vergesellschaftung der Rüstungsindustrie und ein Klassenappell an die deutschen Soldaten.

Uphams Studie ist online zugänglich und wird sogar in Beattys Literaturverzeichnis aufgeführt.[7] Aber wie es für Beattys Methode typisch ist und entsprechend seinem Ziel, Healy zu verleumden, ignoriert er die Fakten in Uphams Studie. Stattdessen spekuliert er darüber, dass Healys Meldung zum Militär „vielleicht“ durch den Wunsch nach einem „stabileren Einkommen als verheirateter Mann“ motiviert gewesen sei. (S. 10)

Beatty scheut keine Mühe, Healy zu verteufeln und das Bild eines Mannes und der von ihm geführten Partei zu zeichnen, das mit der Realität nichts zu tun hat. Er versucht auf diesem Weg, die trotzkistische Bewegung im überwiegend studentischen und bürgerlichen Milieu der DSA zu diskreditieren. So schreibt Beatty: „Es gab auch eine allgemeine Homophobie innerhalb der Partei oder bestenfalls eine Apathie gegenüber der Frage von Homosexualität.“ (S. 86) Ohne jegliche Belege behauptet er: „Als zwei Frauen darum baten, der Partei beizutreten und Healy offenbarten, dass sie lesbisch seien, wies er sie nicht nur zurück, sondern verhöhnte sie auch vor anderen Parteimitgliedern.“ Diese Geschichte ist ziemlich sicher eine böswillige Lüge.

Beattys Behauptung wird durch einen Artikel zum Thema Homosexualität widerlegt, der am 14. September 1957 im Newsletter erschien, dem Organ der britischen Trotzkisten, und den Beatty selbst referenziert. Es handelt sich um einen ausführlichen Kommentar zum kurz zuvor veröffentlichten Wolfenden Report, in dem eine Aufhebung der drakonischen Gesetze zur Kriminalisierung von Geschlechtsverkehr zwischen Homosexuellem gefordert wurde. Der Newsletter berichtete an prominenter Stelle über die Ergebnisse und Empfehlungen des Berichts und verglich Homosexualität mit „anderen menschlichen Grundbedürfnissen wie Essen und Schlafen“. In dem Artikel wird eindeutig erklärt, dass „Homosexualität nicht nur in der gesamten Menschheit und ihrer Geschichte verbreitet ist, sondern auch häufig bei höheren Tierarten beobachtet wird“.[8] Es wird betont, dass es keinen Grund für die Verfolgung von Menschen wegen eines normalen menschlichen Verhaltens gebe. Beatty zitiert diesen Artikel, aber gibt seinen Inhalt falsch wieder, indem er einen Teil eines Satzes aus dem Zusammenhang reißt, um den Eindruck zu erwecken, dass die britischen Trotzkisten Homosexualität als „bedauerlichen Teil der Persönlichkeit“ betrachteten. (S. 86)

The Newsletter, Ausgabe vom 14. September 1957

Obwohl sich die britischen Trotzkisten seit langem und öffentlich gegen die Verfolgung und Stigmatisierung von Homosexualität aussprechen, verbreitet Beatty die falsche Behauptung einer von ihm interviewten Person, dass „Homosexuelle nicht einmal beitreten durften, weil man annahm, dass sie vom Staat erpresst werden könnten“. Für diese Verleumdung gibt es und kann es keine Belege geben.

Healy war ein Sozialist, kein rückständiger Grobian, wie Beatty ihn darstellt. Bereits im späten 19. Jahrhundert hatten die Sozialisten im Fall Oscar Wilde die Verfolgung von Homosexuellen angeprangert. Die Bolschewiki in Russland hoben die Gesetze auf, die Homosexualität unter Strafe stellten. Healys eigene Einstellung zur Homosexualität war geprägt von seiner marxistischen Weltanschauung und einer weit gefassten und wohlwollenden Haltung gegenüber der Komplexität des menschlichen Verhaltens.

Weder die SLL noch die WRP sprachen sich gegen die Aufnahme von Homosexuellen in die Partei und ihre Führung aus. Eine solche reaktionäre Haltung wäre mit der Verteidigung der demokratischen Rechte und der Ablehnung aller Formen repressiver Verfolgung durch die trotzkistische Bewegung unvereinbar gewesen. Außerdem war den Trotzkisten der Generation Healys bekannt, dass Rudolf Klement, der 1938 von den Stalinisten ermordete Sekretär der Vierten Internationale, homosexuell war. Auf den Treffen der WRP, die jährlich zum Gedenken an Trotzki und andere Märtyrer der Vierten Internationale stattfanden, war Klements Porträt stets prominent vertreten.

Rudolf Klement mit Leo Trotzki in Frankreich, 1933

Eine Biografie über Gerry Healy – ohne Healys Worte oder Stimme

In Beattys Buch fehlen fast völlig Healys Worte oder Stimme. Praktisch nichts von dem, was Gerry Healy während seiner mehr als ein halbes Jahrhundert umspannenden Laufbahn in der revolutionären sozialistischen Politik geschrieben oder gesagt hat, erscheint in Beattys Biografie. Der letzte Hinweis auf Healys Texte findet sich auf Seite 41 des 148 Seiten langen Buchs. Beatty erwähnt beiläufig, dass Healy „in der Lage war, qualitativ hochwertige Texte zu schreiben“ (S. 16), aber er gibt keine Beispiele.

An einer Stelle schreibt Beatty, dass Healy in vielen seiner Briefe an die SWP während der Zeit seiner engen Zusammenarbeit mit Cannon in den 1940er und frühen 1950er Jahren „einen seltsam kriecherischen Ton anschlug“ (S. 17). Beatty liefert keine Beispiele, die diese Behauptung stützen. Er versäumt es auch, die Korrespondenz zwischen Cannon und Healy, insbesondere während des Kampfs gegen die Pablisten, zu zitieren. Diese Briefe zeigen die Reife Healys als politischer Führer und waren ein wichtiger Faktor für sein wachsendes Ansehen und seine Autorität in der Vierten Internationale.

Beatty lässt Healy nicht zu Wort kommen, weil seine Stimme einen ungemein intelligenten und nachdenklichen Mann offenbart, der eine große Erfahrung sowie ein sensibles Verständnis für die Probleme hatte, die bei der Entwicklung des Kaders einer revolutionären Partei und dem Aufbau einer kollektiven Führung entstehen. Ein Brief von Healy an Cannon vom 21. Juli 1953, geschrieben mitten im Kampf gegen Pablos Versuche, die Vierte Internationale zu liquidieren, zeugt von Healys außergewöhnlichen Qualitäten als politischer Führer:

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass die Stärke einer nationalen Sektion in der Reife ihres Kaders liegt. Die Reife ergibt sich aus der kollektiven Arbeitsweise eines Kaders. Diese entsteht, wie Du weißt, nicht durch die Brillanz dieses oder jenes Individuums auf einem bestimmten Gebiet. Sie erwächst aus der historischen Auswahl von ergebenen Menschen, die ihre Talente gegenseitig ergänzen, indem sie lernen, als Team zu arbeiten. Wie die Entwicklung des Klassenkampfs selbst ist auch die Entwicklung der Kader ungleichmäßig. Es gibt Menschen, die in einigen Bereichen viele Schwächen haben, die aber innerhalb des Kaders eine starke positive Rolle spielen. Das ist in der Tat nicht nur die große Stärke des Kaders, sondern auch seine Schwäche. Ein verantwortungsbewusster, reifer Führungskader hat diese Dinge immer vor Augen.

Ein weiterer Faktor, der eine Rolle spielt, ist die Aufgeschlossenheit der Kader gegenüber Veränderungen in der politischen Situation. Manche Menschen haben ein gutes Gespür dafür und leisten einen nützlichen Beitrag, um den Kader voranzubringen. Dennoch legen Genossen, denen Wendungen leicht fallen, manchmal auch eine gewisse Fieberhaftigkeit an den Tag, die von einer grundlegenden Instabilität herrühren kann, die in Klassenfragen wurzelt. Ein erfahrener Kader überprüft von Zeit zu Zeit diese Anzeichen und ermöglicht es dem oder den betreffenden Genossen, sich auf eine neue Stufe weiterzuentwickeln. Andererseits wird es in einem Kader immer solche Menschen geben, weil sie ein wesentlicher Spiegel der Klassenentwicklung selbst sind.

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass der Aufbau eines Kaders Zeit und viel Erfahrung braucht. Trotz der gefährlichen internationalen Situation gibt es keine Abkürzung, um den Aufbau eines Kaders zu umgehen. In der Tat stehen diese beiden Dinge in einer dialektischen Wechselbeziehung. Je explosiver die Situation, umso erfahrener muss ein Kader sein, um sie zu bewältigen. Dann erst zahlt sich die lange Zeit aus, die es gekostet hat, den Kader aufzubauen. Was vorher wie ein langer schwieriger Prozess erscheint, verkehrt sich nun ins Gegenteil.

Diejenigen unter uns, die diesen Prozess in den nationalen Sektionen durchlaufen haben, sind mit seiner Komplexität vertraut. Aufgrund seiner enormen kollektiven Stärke ist ein Kader auch ein komplexes Instrument. Ein kluger Führer muss sich auf die Notwendigkeit scharfer Veränderungen einstellen und, was ganz wichtig ist, den Kader auf solche Veränderungen vorbereiten. Er muss seine Leute kennen und wissen, wie er den „Lahmen“ manchmal auf die Sprünge helfen kann. Führung ist nicht nur eine Frage der theoretischen Fähigkeiten, man muss den Kader kennen.

... Eine nationale Führung muss lernen, ihr Land und sich selbst zu kennen, eine internationale Führung muss die Welt kennen und die kollektive Erfahrung der nationalen Sektionen verkörpern.[9]

Da Beatty sich weigert, aus Healys Dokumenten, Briefen und Reden zu zitieren, kommt dessen eigentliche Persönlichkeit in dem Buch nicht vor. Die Kämpfe, die Healy führte, und die Politik, für die er kämpfte, werden nicht erwähnt, geschweige denn erörtert. Beatty bietet keine realistische Beschreibung von Healys politischer Rolle.

Aber Beatty geht darauf ein, dass die Partei bekannte Schriftsteller und Künstler aufgenommen hat, und ist dabei vor allem auf die Mitgliedschaft der Schauspielerin Vanessa Redgrave fixiert. Doch er versucht nicht zu erklären, was die Socialist Labour League und Healy in den späten 1960er Jahren ausmachte, d. h. weshalb sich letztlich ein erheblicher Teil der Intellektuellen und Künstler der Partei anschloss.

Trevor Griffiths, Healy und das Theaterstück The Party

Beatty bezieht sich kurz auf das Theaterstück The Party (Die Partei) des verstorbenen sozialistischen Dramatikers Trevor Griffiths, das 1973 in London uraufgeführt wurde. Das Stück basiert auf einer Reihe von Freitagabendtreffen mit Intellektuellen und Künstlern, an denen Healy (hier dargestellt als „John Tagg“) vor dem Hintergrund der revolutionären Ereignisse im Mai/Juni 1968 in Frankreich teilnimmt. Der berühmte britische Schauspieler Sir Laurence Olivier übernahm die Rolle von Healy bzw. Tagg, was nicht nur auf die Ernsthaftigkeit von Griffiths’ Stück hinweist, sondern auch die Komplexität von Healys Persönlichkeit. Es hätte keines Schauspielers vom Kaliber Oliviers bedurft, um das zweidimensionale Monster darzustellen, das Beatty heraufbeschwört.

Laurence Olivier als John Tagg in Trevor Griffiths’ The Party

In Griffiths’ Stück ging es um die Reaktion von Intellektuellen und Künstlern der Mittelschicht auf die gewaltigen gesellschaftlichen Umwälzungen der 1960er Jahre. Healy-Tagg ist zu einer Versammlung in diesem Milieu eingeladen. Die einzige Zeile aus dem Stück, die Beatty zitiert, ist die abfällige Bemerkung einer zynischen kleinbürgerlichen Feministin, die Tagg vor seiner Ankunft auf dem Treffen als „irrelevant“ und „brutales Stück Scheiße“ bezeichnet.

Der dramatische Höhepunkt des Stücks, so erinnerte sich Griffiths 2008 in einem Interview mit dem Kulturredakteur der World Socialist Web Site David Walsh,[10] ist Taggs Antwort an einen der Anwesenden, der eine demoralisierte Einschätzung der politischen Situation vorbringt und sich dabei auf die Ideologie der Neuen Linken jener Zeit stützt. Tagg hört schweigend zu, während dieser Intellektuelle in seinem langen Redebeitrag die Arbeiterklasse abschreibt und mehrfach auf Marcuse und andere Helden der kleinbürgerlichen Radikalen Bezug nimmt. Schließlich, am Ende der Rede, erhebt sich Tagg von seinem Platz und antwortet auf diese kleinbürgerliche Kritik an der Perspektive der Arbeiterrevolution. Wie sich Griffiths in dem Interview von 2008 erinnert, „übernimmt Healy-Tagg das Treffen. Er ist gewissermaßen das Treffen und hält eine 22-minütige Rede, ohne Unterbrechung. Das ist mit Sicherheit seit [George Bernard] Shaw die längste politische Rede, die je auf einer britischen Bühne gehalten wurde.“[11]

Es ist angebracht, aus dieser Rede ausführlich zu zitieren. Griffiths nahm an vielen der informellen Treffen teil. Die Rede von Tagg ist daher weitgehend eine Wiedergabe von Healys Äußerungen. Sie zeugt nicht nur von seiner bemerkenswerten intellektuellen Tiefe und Redekunst, selbst wenn er aus dem Stegreif sprach, sondern auch von seiner scharfsichtigen Einschätzung der Krise der bürgerlichen Intelligenz:

Wenn unsere Analyse richtig ist, treten wir in eine neue Phase des revolutionären Kampfs gegen die Kräfte und Strukturen des Kapitalismus ein. Ob in London, Paris, Berlin oder den amerikanischen Städten – der Unmut ist weit verbreitet. Wo immer man hinschaut, werden die bürgerlichen Institutionen ständig und oft gewaltsam angegriffen. Neue Kräfte erheben sich, um den Kampf aufzunehmen. Die Frage ist: Wie kann man sie dazu bringen, der Revolution zu helfen? Oder sind sie einfach dazu verdammt, für immer nur „Proteste“ zu veranstalten, die von der „repressiven Toleranz“ der „spätkapitalistischen“ Gesellschaft abgefangen und in die Ohnmacht gelenkt werden? (Pause.) Wir werden eine Theorie brauchen, um Fragen wie diese zu beantworten. Aber ich vermute, dass die Theorie nicht ganz mit dem übereinstimmen wird, was wir heute Abend von unserem Genossen hier gehört haben. (Pause.)

Diese Analyse hat etwas zutiefst Trauriges an sich. Und, wenn mir eine kleine Abschweifung erlaubt ist, sie scheint eine grundlegende Traurigkeit und einen Pessimismus bei euch selbst widerzuspiegeln. Ihr seid Intellektuelle. Ihr seid frustriert über die Wirkungslosigkeit eures Widerstands gegen die Dinge, die ihr verabscheut. Eure Hauptwaffe ist das Wort. Euer Protest ist verbal – das muss er auch sein: Er nutzt sich durch Wiederholung ab und führt euch nirgendwo hin. Irgendwie spürt ihr – und das zu Recht –, dass ein Protest nur dann wirksam sein kann, wenn er in der sozialen Realität, im Produktionsprozess eines Landes oder einer Gesellschaft verwurzelt ist. 1919 streikten die Londoner Hafenarbeiter und weigerten sich, Munition für die weißen Truppen zu verladen, die gegen die Russische Revolution kämpften. 1944 weigerten sich die Hafenarbeiter in Amsterdam, den Nazis beim Transport von Juden in Konzentrationslager zu helfen.

Was könnt ihr tun? Ihr könnt nicht streiken und euch weigern, amerikanische Waffenlieferungen abzufertigen, bis zum Abzug aus Vietnam. Ihr steht außerhalb des Produktionsprozesses. Ihr habt nur das Wort. Und ihr könnt es nicht in die Tat umsetzen. Und weil diejenigen, die die Macht haben, sie anscheinend nicht nutzen wollen, entwickelt ihr diesen ... Zynismus ... diese Verachtung. Ihr sagt: Die Arbeiterklasse ist assimiliert, korrumpiert, demoralisiert. Ihr zeigt auf das Auto des Arbeiters, sein Haus, seine Rentenversicherung und seine Wohlanständigkeit und schreibt ihn ab.

Ihr baut eine ganze Theorie darüber auf und füllt sie mit großspurigen Begriffen wie „Epizentren“ und „Neokolonialismus“. Aber im Grunde genommen sucht ihr euch einen Sündenbock für die eigene Frustration und das eigene Elend, und dann fangt ihr an, das zu unterstützen, was da ist: Schwarze, Studenten, Homosexuelle, terroristische Gruppierungen, Mao, Che Guevara, jedermann, solange er eine unterdrückte Minderheit repräsentiert, die noch zu Wut und dem Bedürfnis nach Selbstbehauptung fähig ist. (Pause.)

Nun. Mit welchen Arbeitern habt ihr in letzter Zeit gesprochen? Und wie lange? Woher wisst ihr, dass sie nicht genauso frustriert sind wie ihr? Vor allem die jungen Leute, die die Autos und die Brosamen als selbstverständlich ansehen? Wenn sie euch nicht zufriedenstellen, warum sollten sie dann die Menschen zufriedenstellen, die den Reichtum überhaupt erst schaffen? Ihr geht von der Annahme aus, dass nur ihr intelligent und sensibel genug seid, um zu erkennen, wie schlecht die kapitalistische Gesellschaft ist. Glaubt ihr wirklich, dass der junge Mann, der sein ganzes Leben mit monotoner und entmenschlichender Arbeit verbringt, das nicht auch sieht? Und zwar in gewisser Weise tiefer und verletzender empfindet? (Pause.)

Plötzlich verliert ihr den Kontakt – nicht zu den Ideen, nicht zu den Abstraktionen, zu den Begriffen, denn die sind ja euer Handwerkszeug. Ihr verliert den Kontakt zu den moralischen Wurzeln des Sozialismus. In einem objektiven Sinne hört ihr tatsächlich auf, an eine revolutionäre Perspektive zu glauben, an die Möglichkeit einer sozialistischen Gesellschaft und der Schaffung eines sozialistischen Menschen. Ihr seht die Schwierigkeiten, ihr seht die Komplexität und die Widersprüche, und ihr gebt euch mit ihnen als eine Art Spiel zufrieden, das man miteinander spielen kann. Schließlich lernt ihr, euren Schmerz zu genießen, ihn zu brauchen, so dass ihr euren bürgerlichen Altersgenossen nichts anderes zu bieten habt als eine Art moralische Erschöpfung.

Man kann den Sozialismus nicht auf Müdigkeit aufbauen, Genossen. Shelley träumte vom Menschen „befreit und zepterlos, beengt durch keine Schranke, jeder gleich dem andern, ohne Rang und Stamm, gebunden an keine Scholle – Bürger nur der Welt, befreit von Furcht und huldigender Demut“. Trotzki sah den einfachen sozialistischen Menschen auf einer Stufe mit einem Aristoteles, einem Goethe, einem Marx, mit immer neuen Gipfeln, die sich über diese Höhen erheben. Habt ihr überhaupt ein Bild zu bieten? Die Frage ist euch peinlich. Ihr habt euch die Krankheit zugezogen, die ihr zu heilen versucht. (Pause.) Ich sagte, dass ich abschweife, aber in gewisser Weise trifft das sehr genau die Schwierigkeiten, die ich habe, wenn ich versuche, mich mit der ... Analyse unseres Genossen auseinanderzusetzen.[12]

Healy-Tagg fährt fort mit einem Rückblick auf die revolutionären Kämpfe der Arbeiterklasse im letzten halben Jahrhundert und die katastrophalen Auswirkungen des Verrats des Stalinismus und der Sozialdemokratie. Er besteht auf der wesentlichen Rolle der revolutionären Führung und betont, dass „sich diese Führungen aus neuen revolutionären Parteien entwickeln werden, die ihrerseits in der Klasse gegründet werden, die sie führen wollen. Es gibt nur eine Losung, die es wert ist, in dieser besonderen historischen Konstellation in den Mund zu nehmen. Sie lautet: Die revolutionäre Partei aufbauen. Es gibt keine andere Losung, die Vorrang haben könnte.“

Der Generalstreik vom Mai/Juni 1968 in Frankreich

Abschließend sprach er das politische und moralische Dilemma der kleinbürgerlichen linken Intellektuellen an:

Die Partei bedeutet Disziplin. Sie bedeutet, sich selbst zu hinterfragen, Kritik, Verantwortung, sie bedeutet vieles, was den Traditionen und Werten der westlichen bürgerlichen Intellektuellen zuwiderläuft. Sie bedeutet, durch ein gemeinsames Ziel gebunden zu sein. Vor allem aber bedeutet sie, dass man sich bewusst von den früheren Ansprüchen auf seine Zeit und seine moralischen Verpflichtungen löst, die von persönlichen Beziehungen und Karriere, Aufstieg, Ansehen und Prestige ausgehen. Und aus meiner begrenzten Bekanntschaft mit der intellektuellen Schicht in Großbritannien würde ich sagen, dass dies die größte Hürde von allen war, die es zu überwinden galt. Stellt euch ein Leben ohne die Anerkennung eurer Altersgenossen vor. Stellt euch ein Leben ohne Erfolg vor. Das Problem der Intellektuellen ist nicht die Vision, sondern die Verpflichtung. Man beißt gerne die Hand, die einen füttert, aber man wird sie nie abbeißen. So werden diese mutigen und törichten Jugendlichen in Paris jetzt den Kopf für den Schlagstock hinhalten und ihre verrückten Parolen in die Nacht rufen. Aber das wird sie nicht davon abhalten, ihren Abschluss zu machen und später ihre Positionen in den Zentren der Macht und der Privilegien der herrschenden Klasse einzunehmen.[13]

Healy-Taggs Kritik am egozentrischen Individualismus kleinbürgerlicher Radikaler, die sich kurz in der sozialistischen Politik versuchen, bevor sie Karriere machen, ist heute noch aktueller als in den späten 1960er und frühen 1970er Jahren. Wie zeitgemäß wäre eine Neuinszenierung dieses Stücks, vielleicht mit dem brillanten Schauspieler Brian Cox in der Rolle des Tagg.

Beattys Missbrauch der Oral History

Beatty lehnt ernsthafte Archivrecherchen und andere wissenschaftliche Standards von vornherein ab und rechtfertigt seine Biografie als legitimes Ergebnis der „Oral History“. Natürlich sollten Biografen, wenn möglich, Interviews mit Personen führen, die das Subjekt kennen. Aber der Historiker muss solche Interviews kritisch führen. Nicht alle Zeugenaussagen sind zuverlässig. Die Beziehung des Befragten zum Subjekt muss sorgfältig geprüft werden. Der Historiker muss in der Lage sein, zwischen Schmeicheleien und Verleumdungen, zwischen Fakten und Gerüchten, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Der Historiker muss feststellen, ob die Behauptungen des einen oder anderen Gesprächspartners zuverlässig sind, ob sie durch objektivere Beweise, d. h. Dokumente, gestützt werden.

In einem Gerichtsprozess sind nicht alle Zeugenaussagen zulässig. Es gibt Beweisregeln, die verhindern sollen, dass die Geschworenen durch unzuverlässige und unbelegte Zeugenaussagen oder sogar durch offene Lügen in die Irre geführt werden.

Beatty folgt seinen eigenen Regeln, die genau den gegenteiligen Zweck haben. Die einzigen Zeugenaussagen, die er als Beweismittel zulässt und den Lesern präsentiert, sind die der Healy-Hasser. Beattys Vorgehensweise lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Wenn Sie nichts Gutes über Healy zu sagen haben, bin ich ganz Ohr.“ In einem Social-Media-Post, in dem Beatty Informanten anwarb, versprach er, dass „alle Interviews mit äußerster Sorgfalt behandelt werden, keine Interviews öffentlich zugänglich gemacht werden und anonym aufgezeichnet werden können“. Das ist die Art von Versprechen, die der FBI den Mafia-Informanten macht. Die Verwendung anonymer Zeugen in einer angeblichen Biografie schließt die Überprüfung ihrer Aussagen und Behauptungen durch Wissenschaftler und Leser aus.

Beatty hat bekommen, wonach er gesucht hat. Die Zeugenaussagen, auf denen Beattys „Oral History“ beruht, bestehen ausschließlich aus Behauptungen von Healys politischen Feinden, deren subjektiver Hass auf Healy in ihrer Ablehnung der revolutionären Politik vor Jahrzehnten begründet ist. Zwar gehörte ich zu denjenigen, die von Beatty für ein Interview kontaktiert wurden, aber er brach den Kontakt abrupt ab. „Ich schalte dieses Gespräch stumm“ war seine letzte Textnachricht am 5. Mai 2022, nachdem er erkannt hatte, dass ich ihm nicht den Schmutz liefern würde, den er suchte.[14]

Ein Beispiel für Beattys skrupellosen Missbrauch der „Oral History“ als Methode, um sein Narrativ mit gänzlich unbelegten Anschuldigungen gegen Healy zu unterfüttern, ist seine Beschreibung der Beziehung zwischen Healy und seiner Frau Betty. Er schreibt: „Sie [Healy und seine Frau] hatten sich seit den frühen 1970er Jahren weitgehend entfremdet; Betty hatte Mike Banda angeblich einmal gesagt, Gerry Healy sei ‚ein Verrückter‘ und sie fühle sich schuldig, weil sie ihn finanziell unterstützt hatte.“ (S. 131)

Die Formulierung „angeblich einmal gesagt“ bedeutet, dass es keinen zuverlässigen Beweis dafür gibt, dass Betty Healy jemals eine solche Aussage gemacht hat. In der Fußnote werden die Memoiren des ehemaligen WRP-Mitglieds Clare Cowen My Search for Revolution (Meine Suche nach der Revolution) herangezogen. Darin schreibt Cowen, dass sie „sich an etwas erinnerte, das Aileen [Jennings] mir erzählt hatte. Betty hatte Mike und Tony Jahre zuvor gewarnt: ‚Ihr seid an einen Verrückten gebunden.‘“[15] Wenn man rekonstruiert, worauf Beatty den ‚Verrückten‘-Vorwurf gegen Healy gründet, so stellt sich heraus, dass er sich auf Clare Cowens Erinnerung daran stützt, was wiederum Aileen Jennings zu ihr gesagt habe. Es ist nicht klar, woher Jennings von der angeblichen Warnung Betty Healys erfahren hat. Kam sie von Betty Healy selbst? Von Michael oder Tony Banda? Oder vielleicht von einer nicht identifizierten Person, der einer der Banda-Brüder diese Geschichte erzählt haben könnte? Wir befinden uns im Bereich des doppelten, dreifachen oder sogar vierfachen Hörensagens und können nicht wissen, ob diese belastende Aussage jemals gemacht wurde.

Nachdem er die völlig unbegründete Behauptung des „Verrückten“ eingeführt hat, fährt Beatty fort: „Dave Bruce zufolge hat Betty Russell [Healy] Gerry ‚rundheraus verachtet, aber nicht so sehr, wie sie seine Unterstützer rundheraus verachtete‘, und sie versuchte auf kodierte Weise, die Leute vor ihm zu warnen. Bruce sagt, er habe gute Erinnerungen an Russell.“ (S. 131)

Beatty führt keine nachprüfbaren Beweise an, die die unglaubliche Aussage von Bruce untermauern würden. Hat Betty Russell (Healy) Bruce direkt gesagt, dass sie ihren Mann „rundheraus verachtet“? Warum sollte sie gegenüber einem WRP-Mitarbeiter, der etwa 35 Jahre jünger war als sie, so persönliche Äußerungen machen? Kannte Betty Healy David Bruce so gut, dass sie ihn ins Vertrauen zog und ihm private Gefühle anvertraute, die sie sonst nur „auf kodierte Weise“ mitteilte? Die Geschichte ist völlig unglaubwürdig. Dass Beatty sie verwendet, zeugt von seinem Mangel an intellektueller Integrität und dem verkommenen Charakters seines Buchs.

Rückgriff auf die Verleumdungen von Tim Wohlforth

Zusätzlich zu den Interviews, die er mit Healy-Hassern führte, stützt sich Beatty stark auf das antikommunistische Traktat The Prophet’s Children: Travels on the American Left (Die Kinder des Propheten: Reisen in der amerikanischen Linken) des verstorbenen Tim Wohlforth, eines ehemaligen Führers der Workers League (WL). Wohlforth verließ die WL, nachdem er deren politische Sicherheit ernsthaft gefährdet hatte. Er ging scharf nach rechts, denunzierte die trotzkistische Bewegung als „Sekte“ und verwandelte sich schließlich in einen offenen Befürworter des amerikanischen Imperialismus. 1996 warb er in dem Artikel „Give War a Chance“ (Gib Krieg eine Chance) für die Bombardierung Serbiens durch die USA.

Tim Wohlforth (1933–2019)

Die hohe Bedeutung, die Beatty Wohlforths Hetze gegen Healy beimisst, ist ein krasses Beispiel für seine bewusste Geschichtsfälschung. In einem langen Kapitel, das ausschließlich der Darstellung Healys als gewalttätiger und paranoider Diktator gewidmet ist, präsentiert Beatty die Ereignisse rund um Wohlforths Absetzung als nationaler Sekretär der Workers League (Vorgängerin der SEP) im August 1974 folgendermaßen:

Die amerikanische Schwesterpartei der WRP, die Worker’s [sic] League, schloss 1974 ihren eigenen Führer, Tim Wohlforth, aus, als herauskam, dass seine Partnerin, Nancy Fields, einen entfernten Onkel hatte, der für die CIA arbeitete. Wohlforths Bericht darüber ist wirklich beunruhigend (und wird von Alex Steiner bestätigt, einem Mitglied der Workers League, das ebenfalls anwesend war). Healys Anschuldigungen wurden während einer inszenierten Aktion gegen Wohlforth auf einem internationalen Parteitreffen in Montreal vorgebracht. Nachdem er zugelassen hatte, dass sich die Spannungen über mehrere Tage aufbauten, ließ Healy die Bombe schließlich während einer nächtlichen Marathonsitzung platzen, als die Teilnehmer müde und erschöpft waren und eher bereit, seine Maßnahmen zu unterstützen. Die Verbindung zur CIA war jedoch nur eine List. Wohlforth hatte einige Monate vorher, im April 1974, auf einem internationalen Treffen festgestellt, dass Healys Ausschluss von Thornett engagierte und fähige Parteimitglieder abgeschnitten und damit der WRP an einem kritischen Punkt ihrer frühen Entwicklung geschadet hatte. Healy duldete solche Kritik nicht. Seine Bereitschaft zur Gewaltanwendung gegen seine früheren Genossen, die schon lange bekannt war, trat innerhalb der WRP noch deutlicher zutage. (S. 62–63)

Der oben zitierte Absatz enthält keine einzige wahre oder sachlich korrekte Aussage. Beattys Darstellung ist eine groteske Verfälschung der gut dokumentierten Umstände von Wohlforths Absetzung vom Amt des nationalen Sekretärs der Workers League. Dass Beatty Wohlforths Buch von allen veröffentlichten Werken am häufigsten zitiert und dessen falsches Narrativ ausgiebig nutzt, macht seine eigene Glaubwürdigkeit zunichte.

Zunächst ein nebensächlicher Punkt: Die Sommerschule fand nicht in Montreal statt, sondern in Sainte-Agathe, fast 100 Kilometer nördlich der Stadt. Viel wichtiger ist, dass weder Wohlforth noch Nancy Fields aus der Workers League ausgeschlossen wurden. Am 29. September 1974, einen Monat nach seiner Absetzung als nationaler Sekretär, sandte Wohlforth ein Schreiben an das Politische Komitee der Workers League, in dem er seinen Austritt aus der Workers League bekannt gab. Dieser Brief ist im siebten Band der Buchreihe Trotskyism Versus Revisionism veröffentlicht. Der Band enthält auch das Antwortschreiben des damaligen IKVI-Sekretärs Cliff Slaughter an Wohlforth vom 6. Oktober 1974, in dem Wohlforth aufgefordert wird, seinen Rücktritt zurückzunehmen. Wohlforth hat nie auf diesen Brief geantwortet. Stattdessen schloss er sich wieder der Socialist Workers Party an, aus der er 1964 ausgeschlossen worden war, und verwarf damit seinen 14 Jahre währenden politischen Kampf gegen den Verrat der SWP am Trotzkismus. Fields, die jegliche Verbindung zur WL abgebrochen hatte, trat ebenfalls der SWP bei.

Nancy Fields

Band 7 der Reihe Trotskyism Versus Revisionism ist in Beattys Bibliografie enthalten. Dass er es trotzdem vorzieht, die Dokumente in dem Band zu ignorieren, macht seine Darstellung umso verlogener.

Die Sitzung, auf der das Nationalkomitee der Workers League einstimmig beschloss, Wohlforth aus dem Amt des nationalen Sekretärs zu entfernen und Nancy Fields als Mitglied zu suspendieren, wird von Beatty völlig falsch dargestellt. Doch bevor wir ihn widerlegen, ist es notwendig, die Ereignisse, die zu diesen Beschlüssen vom 31. August 1974 führten, anhand der veröffentlichten Dokumente nachzuzeichnen.

In den zwölf Monaten vor der WL-Sommerschule (nicht „internationales Parteitreffen“) im August 1974 durchlebte die Partei eine verheerende organisatorische Krise, ausgelöst durch die plötzliche Beförderung von Nancy Fields in die Führung der Workers League im Sommer 1973. Die Änderung ihres politischen Status beruhte ausschließlich darauf, dass sie im Juli 1973 eine intime Beziehung zu Wohlforth begonnen hatte.

1975 veröffentlichte die Workers League den Text Die Vierte Internationale und der Renegat Wohlforth, in dem detailliert beschrieben wird, welches Unheil Fields mit der Unterstützung von Wohlforth in der Parteiorganisation angerichtet hat. Letzterer hatte sich seinen politischen Aufgaben entzogen und konzentrierte sich auf seine persönliche Beziehung. Die WL schrieb:

Wo immer sie auftauchte, hinterließ Fields eine Spur der politischen Zerstörung. Sie wurde Wohlforths unzertrennliche Reisegefährtin und Vollstreckerin. Sie reisten durch das ganze Land und gaben dabei Tausende von Dollars aus, um ein Zerstörungswerk durchzuführen, wie es die Workers League noch nie erlebt hatte. Sie lösten Ortsverbände auf, drohten Mitgliedern mit Ausschluss und arbeiteten mit den übelsten fraktionellen Intrigen, um Genossen aus der Workers League zu vertreiben. Die so genannten „Reisen durch das Land“ von Wohlforth und Fields glichen eher Flitterwochen als politischen Interventionen.[16]

In einem Brief an Gerry Healy vom 19. Juli 1974 gab Wohlforth einen detaillierten Bericht über die organisatorische Zerstörung der Workers League – ohne jedoch über die zentrale Rolle von Nancy Fields in dieser extremen Krise zu informieren.

Als Antwort auf die Frage nach Deiner Teilnahme an unserem Sommerlager und der Konferenz möchte ich Dir einige Informationen über die League geben. Sie hat eine sehr bemerkenswerte Zeit hinter sich. Ich habe errechnet, dass seit „X“ [gemeint ist die Herausgeberin des Bulletins, Lucy St. John] vor etwa anderthalb Jahren die League verlassen hat, etwa 100 Personen gegangen sind. Diese Zahl bezieht sich nur auf Leute, die eine ganze Weile in der Partei waren und wichtige Rollen spielten, nicht auf diejenigen, die rein- und rausgehen, d. h. die normale Auslese der Mitgliedschaft. Der Großteil dieser Leute ging in der Vorbereitungsperiode für das Sommerlager, das den entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte der League bildete, und in der Zeit danach.

Selbst diese Zahl zeigt noch nicht das wahre Ausmaß dieses Prozesses. Beinahe die Hälfte derjenigen, die gingen, stammte aus New York City. Fast das halbe Nationalkomitee und Politische Komitee waren betroffen. Praktisch die gesamte alte Jugendführung war betroffen. …

Heutzutage sind wir natürlich eine sehr skelettierte Bewegung ... Was Intellektuelle angeht, so sind wir praktisch am Ende – eine einzige, schweinische Desertion. Was in diesem Bereich geschieht, bleibt an mir und Nancy hängen. Wir haben nichts mehr in den Universitäten – und ich meine wirklich: nichts. Die Partei ist in Sachen Bildung und Theorie extrem schwach. ...

Was die Gewerkschaften betrifft, so ist unsere alte, im Wesentlichen zentristische Arbeit in den Gewerkschaften, besonders in der SSEU [Social Service Employees Union], gerade wegen unseres Kampfs, ihren Charakter zu ändern und sie auf die Jugend auszurichten, zusammengebrochen.[17]

Nach dem Eingang dieses Briefs läuteten in London die Alarmglocken. Healy forderte Wohlforth auf, nach London zu kommen, um die Situation in der Workers League zu besprechen. Während der Gespräche mit Wohlforth Mitte August 1974 erkundigte sich Healy nach der Rolle von Nancy Fields in der Parteiführung, die Wohlforth als Delegierte zu einer Konferenz des Internationalen Komitees im April 1974 mitgebracht hatte. Ihre Teilnahme hatte die britische Führung überrascht, da Fields keine nennenswerte politische Vergangenheit in der Workers League hatte und der IKVI-Führung völlig unbekannt war.

Dank seiner umfassenden Erfahrung in revolutionärer Politik über mehr als vier Jahrzehnte hatte Healy erkannt, dass Fields’ plötzliche Beförderung auf einen Posten mit großer Autorität zeitgleich mit der extremen Krise innerhalb der Workers League erfolgt war. Wohlforth wurde am 18. August 1974 direkt gefragt, ob er Grund zu der Annahme habe, dass Fields Verbindungen zum Staat haben könnte. Wohlforth antwortete, dass es keinen Grund zu einer solchen Annahme gebe. Tatsächlich belog Wohlforth Healy und andere Mitglieder der WRP-Führung, die bei diesem Gespräch anwesend waren. Er wusste, dass Fields engste familiäre Beziehungen zu einem hochrangigen Mitglied des US-Geheimdiensts CIA hatte, entschied sich aber, dies nicht offenzulegen.

In der darauffolgenden Woche erhielt die britische Führung Informationen über Fields’ familiären Hintergrund, die Wohlforth verschwiegen hatte.

Die Schulung der Workers League von 1974

Die Sommerschule der Workers League fand in der letzten Augustwoche 1974 statt. Aufgrund des massiven Mitgliederschwunds gab es nicht genügend Kader, um die große Zahl der anwesenden Jugendlichen aus der Arbeiterklasse anzuleiten. Wohlforth selbst hatte weder einen politischen Bericht noch Vorträge vorbereitet. Es entstand eine chaotische Situation, während die verbliebenen Parteikader sich bemühten, die Disziplin im Lager aufrechtzuerhalten.

Entgegen der Behauptung Beattys, Healy habe zugelassen, „dass sich die Spannungen über mehrere Tage aufbauten“, traf dieser am 30. August 1974 bei der Sommerschule ein. An diesem Abend fand eine Sitzung des Nationalkomitees statt. Zu Beginn der Sitzung bat Healy die Mitglieder um eine Einschätzung der politischen Lage innerhalb der Workers League. Auf die Frage erhielt er explosive Antworten von Mitgliedern des Nationalkomitees, die detailliert über das Chaos in der Organisation berichteten.

Das Nationalkomitee trat am Abend des 31. August 1974 erneut zusammen. Die Sitzung war für 21 Uhr angesetzt, da ein früherer Beginn nicht möglich war, weil alle Kader damit beschäftigt waren, zumindest eine gewisse Ordnung im Lager aufrechtzuerhalten. Zu Beginn der Sitzung machte Healy das Nationalkomitee auf die Informationen aufmerksam, die die WRP-Führung über Nancy Fields erhalten hatte. Wohlforth behauptete daraufhin fälschlicherweise, dass die Fakten über Fields’ Hintergrund innerhalb der Workers League bekannt seien. Dieser Lüge wurde von allen anwesenden Komitee-Mitgliedern rundheraus widersprochen. Zu keinem Zeitpunkt des Treffens wurde Nancy Fields beschuldigt, eine CIA-Agentin zu sein. Der Vorwurf an Wohlforth und Fields lautete, dass sie der Parteiführung absichtlich Informationen über ihre familiären Verbindungen vorenthalten hatten und dass diese Verbindungen von Wohlforth als rein private Angelegenheit behandelt worden waren. Darüber hinaus hatte Wohlforth Nancy Fields zu einer Konferenz des IKVI mitgebracht, an der unter anderem Delegierte aus Spanien und Griechenland teilnahmen, die unter Bedingungen der Illegalität arbeiteten, ohne die internationale Führung über Fields’ Hintergrund zu informieren.

Aus diesen Gründen votierte das Nationalkomitee einstimmig dafür, Wohlforth von seinem Amt als nationaler Sekretär zu entbinden und Nancy Fields als Mitglied zu suspendieren, bis das IKVI eine Untersuchung über den genauen Charakter ihrer familiären Beziehungen und die schweren Verstöße gegen die Sicherheit durchgeführt hat. Sowohl Wohlforth als auch Fields stimmten für diese Resolution.

Die IKVI-Untersuchung zu Nancy Fields

Beattys Behauptung, die Frage der CIA sei „eine List“ gewesen, ist eine Lüge, die durch die Dokumente eindeutig widerlegt wird. Das Internationale Komitee setzte seine Untersuchung fort, obwohl sich Wohlforth und Fields weigerten, daran teilzunehmen. Die Untersuchungskommission gab ihre Ergebnisse am 9. November 1974 bekannt:

Wir haben festgestellt, dass TW [Tim Wohlforth] Informationen zurückgehalten hat, die für die Sicherheit des IK und seiner Konferenz von 1974 entscheidend waren. Als er am 18. August 1974 in London in Anwesenheit von drei Zeugen direkt zu den möglichen CIA-Verbindungen von NF [Nancy Fields] befragt wurde, hielt er die Fakten absichtlich zurück und stellte damit sein eigenes persönliches Urteil über die Anforderungen der Bewegung. Später erklärte er, er habe zwar von diesen Verbindungen gewusst, es aber nicht für wichtig gehalten, dies zu sagen.

Die Untersuchung ergab, dass NF seit dem Alter von zwölf Jahren bis zu ihrem Universitätsabschluss von ihrem Onkel und ihrer Tante, Albert und Gigs Morris, erzogen und finanziell unterhalten wurde. Albert Morris ist Chef der IBM-Computerabteilung der CIA in Washington und Großaktionär von IBM. Er war Mitglied der OSS, des Vorläufers der CIA, und arbeitete in Polen als Agent des Imperialismus. Während der sechziger Jahre war Richard Helms, der Ex-Direktor der CIA und heutige US-Botschafter im Iran, häufig zu Gast in ihrem Haus in Maine. …

Wir stellten fest, dass NF in der Partei ein äußerst unbeständiger Mensch war, der nie mit den opportunistischen Methoden des Mittelklasse-Radikalismus gebrochen hatte. Im Umgang mit politischen Problemen griff sie zu administrativen und völlig subjektiven Methoden. Diese Methoden waren besonders im entscheidendsten Bereich, dem Aufbau der Führung, außerordentlich destruktiv. TW war sich dieser Unbeständigkeit völlig bewusst und trägt die Verantwortung dafür, NF in die Führung gebracht zu haben. Er fand sich schließlich in einer isolierten Position wieder und verbarg dem IK letztendlich NFs frühere Verbindungen zur CIA. Dafür trägt eindeutig er die politische Verantwortung.[18]

Auf der Grundlage der begrenzten Informationen, die ihr bis dahin zugänglich waren, stellte die Kommission fest:

Nach Befragungen und Sichtung alles zugänglichen Materials ergeben sich keine Hinweise für die Vermutung, dass TW oder NF in irgendeiner Weise mit der Arbeit der CIA oder irgendeiner anderen staatlichen Agentur in Verbindung stehen. Die Untersuchung berücksichtigte TWs langjährigen Kampf für die Partei und das IK, den er oft unter sehr schwierigen Bedingungen geführt hat, und drängte ihn, seine individualistischen und pragmatischen Fehler zu korrigieren und zur Partei zurückzukehren.

Wir empfehlen, dass TW, sobald er seinen Austritt aus der Workers League zurücknimmt, in die führenden Gremien und zu seiner Arbeit am Bulletin zurückkehrt und das Recht hat, auf der kommenden Nationalen Konferenz Anfang 1975 für jede Position, auch die des nationalen Sekretärs, vorgeschlagen zu werden.

Wir empfehlen, sofort die Suspendierung von NF unter der Bedingung aufzuheben, dass sie für zwei Jahre keinerlei Funktion in der Workers League übernehmen darf.[19]

Die Kommission kam zu dem Schluss:

Die Untersuchung möchte die Aufmerksamkeit aller Sektionen dringend auf die Notwendigkeit lenken, in Fragen der Sicherheit ständig wachsam zu sein. Aufgrund der beispiellosen Klassenkämpfe, die aus der kapitalistischen Weltkrise heraus aufbrechen müssen, hat unsere Bewegung in jedem Land große Möglichkeiten zu wachsen. Diese Situation bedeutet auch, dass sich die konterrevolutionären Aktivitäten der CIA und aller anderen imperialistischen Agenturen gegen uns verstärken werden. Es ist eine grundlegende revolutionäre Pflicht, im Rahmen der Hinwendung zu den Massen zum Aufbau revolutionärer Parteien diesen Sicherheitsfragen ständig sorgfältige Aufmerksamkeit zu widmen.[20]

Diese veröffentlichten Dokumente, die Beatty zwar kennt, aber lieber ignoriert, widerlegen seine falsche Darstellung von Wohlforths „Ausschluss“, die politisch motiviert ist und die Interessen der DSA widerspiegelt.

Beatty behauptet weiter: „Wohlforth hatte einige Monate vorher, im April 1974, auf einem internationalen Treffen festgestellt, dass durch Healys Säuberung von Thornett ergebene und fähige Parteimitglieder abgeschnitten wurden.“ Das ist nachweislich falsch. Tatsächlich führte die WRP im April/Mai 1974 eine starke Kampagne zur Verteidigung von Alan Thornett gegen Angriffe durch die Leitung der British Leyland Motor Corporation, einem Auto- und Maschinenbetrieb. Thornett hatte damals als „Senior Convenor“ einen wichtigen Gewerkschaftsposten in dem British-Leyland-Werk in Cowley bei Oxford inne. Konfrontiert mit einem Streik bei der Cowley-Fabrik und der breiten Unterstützung für Thornett unter Arbeitern in ganz Großbritannien, die in einer Kampagne der WRP unter Healys persönlicher Leitung mobilisiert wurde, machte die Unternehmensführung einen Rückzieher und stellte Thornett wieder ein.

Der politische Konflikt mit Thornett begann nicht im April, sondern erst im Herbst 1974. Der Auslöser war Thornetts prinzipienlose Fraktionsbildung in geheimer Zusammenarbeit mit einer gegnerischen Organisation. Das Internationale Komitee hat in seiner späteren Analyse dieses Konflikts das Vorgehen Healys scharf kritisiert, weil es auf unüberlegten und überstürzten organisatorischen Maßnahmen ohne die notwendige politische Klärung beruhte. Aber die Thornett-Affäre stand in keinem Zusammenhang zu Wohlforths rücksichtslosem Verstoß gegen die Sicherheitsregeln der Workers League und des Internationalen Komitees und minderte auch in keiner Weise den Ernst dieser Angelegenheit.

Alex Steiner: Ein unehrlicher Zeuge

Beatty behauptet, Wohlforths Schilderung der Sitzung, auf der er als nationaler Sekretär abgesetzt wurde, werde „von Alex Steiner bestätigt, einem Mitglied der Workers League, das ebenfalls anwesend war“. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Beatty die Falschaussagen unehrlicher Personen in seinen Text aufnimmt. Dass Steiner, den Beatty zweimal – am 17. Mai 2022 und am 4. Juli 2023 – interviewt hat, angeblich Wohlforths Darstellung bestätigen kann, ist falsch. Tatsächlich war Steiner bei den Sitzungen des Nationalkomitees vom 30. und 31. August 1974 nicht anwesend und konnte es auch nicht sein.

Das sind die Fakten: Alex Steiner gehörte zu jenen Mitgliedern, die die Workers League Ende 1973 infolge von Fields’ Zerstörungswerk verließen. Während seines Treffens mit Wohlforth im August 1974 schlug Healy jedoch vor, dass man sich bemühen sollte, die kürzlich aus der Organisation ausgetretenen Genossen als Mitglieder zurückzugewinnen. Man sollte sie außerdem zu einem Treffen mit den verbliebenen Mitgliedern des Nationalkomitees auf der bevorstehenden Sommerschule einladen, um ihren Mitgliedsstatus zu besprechen. Als Wohlforth in die USA zurückkehrte und den verbliebenen Mitgliedern des Politischen Komitees diesen Vorschlag unterbreitete, habe ich ihn nachdrücklich unterstützt. Ich rief Steiner persönlich an (Telefon war damals das schnellste Kommunikationsmittel) und drängte ihn, nach Kanada zu kommen.

Steiner traf am Nachmittag des 30. August 1974 mit einer beträchtlichen Anzahl ehemaliger Mitglieder der Workers League auf dem Sommerlager ein. Daraufhin fand eine Sitzung des Nationalkomitees statt, auf der Healy das Komitee bat, einen Antrag auf Wiederaufnahme dieser ehemaligen Mitglieder vorzulegen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen, und die wieder aufgenommenen Genossen wurden herzlich begrüßt. Sie verließen daraufhin das Lager und waren bei den folgenden Sitzungen des Nationalkomitees nicht mehr anwesend.

Es sollte hinzugefügt werden, dass Steiner die Beschlüsse des Nationalkomitees enthusiastisch unterstützte. Er arbeitete eng mit mir zusammen, um die theoretische und die Bildungsarbeit in der Partei wiederzubeleben, die durch Wohlforth und Fields unterbrochen worden war. Im Mai 1975 nahm Steiner an einer Konferenz des Internationalen Komitees teil, auf der er eindringlich über die Erfahrungen sprach, die die Workers League gemacht hatte. Er stimmte auch für den Vorschlag, eine Untersuchung zur Ermordung von Leo Trotzki einzuleiten. Steiner und ich verfassten gemeinsam die Broschüre Die Vierte Internationale und der Renegat Wohlforth. Mehrere Jahre lang blieb Steiner in der Workers League politisch aktiv. Aber die zunehmenden Schwierigkeiten in der politischen Situation und das Trauma der brutalen Ermordung von Tom Henehan, einem führenden Mitglied der Workers League, im Oktober 1977, führten dazu, dass Steiner, der schon immer zu extremem Pessimismus neigte, zutiefst entmutigt wurde. „Das Leben ist düster“, sagte Steiner in unserem letzten Gespräch, bevor er die Bewegung im Herbst 1978 verließ. Nach der Spaltung in der Workers Revolutionary Party nahm er wieder freundschaftliche Beziehungen zur Workers League auf, trat aber nie wieder bei. Als nach den Ereignissen vom 11. September 2001 die Invasionen in Afghanistan und im Irak folgten und von einer Welle der politischen Reaktion begleitet wurden, reagierte Steiner mit einem heftigen Rechtsruck.

Wie es oft bei politischen Renegaten der Fall ist, die die Ideale ihrer Jugend aufgeben und verraten, entwickelte Steiner einen pathologischen Hass auf seine ehemaligen Genossen, die weiterhin dem Kampf für Sozialismus ergeben blieben. In den letzten 15 Jahren hat er seine begrenzte politische Energie darauf verwendet, einen Blog zu betreiben, zu dem er selbst drei oder vier Artikel pro Jahr beisteuert und der fast ausschließlich übelsten Verleumdungen des IKVI, der SEP und meiner Person gewidmet ist.

Ein weiterer Punkt ist Beattys Darstellung der Wohlforth-Episode als Beispiel dafür, dass die WRP eine „paranoide“ Organisation gewesen sei. Diese Verleumdung wird durch Informationen widerlegt, die Beatty selbst in seinem Buch liefert. Daraus geht eindeutig hervor, dass der britische Geheimdienst und die Polizei versucht haben, die WRP zu behindern und sogar zu zerstören. Healys Sorge um die Sicherheit der WRP war eine völlig berechtigte Reaktion darauf.

Beatty räumt ein, dass die WRP und andere linke Organisationen einer ständigen Überwachung, Infiltration und Schikanierung durch die staatlichen Geheimdienste ausgesetzt waren. Er zitiert die Rede, die Ken Livingstone, ehemaliger Bürgermeister von London und Abgeordneter der Labour Party, bei Healys Beisetzung hielt. Livingstone sagte, dass es eine „anhaltende und bewusste Entscheidung“ der Geheimdienste des britischen Staates gegeben habe, „die WRP zu zerschlagen“. (S. 109) Beatty schreibt: „Die Geschichte politischer Einmischung durch britische Geheimdienste und die Polizei, die sich hauptsächlich gegen die Linke richtete, ist gut dokumentiert...“ (S. 111) Er räumt ein, dass „die Beobachtungen des Historikers David Chard über die Anschuldigungen der Einmischung des FBI in die amerikanische New Left- und Black Power-Bewegung auf die WRP zutreffen...“ (S. 111) Beatty stellt auch fest: „Bereits im Januar 1954 wurde Healy vom [Geheimdienst] MI5 überwacht, weil eine fortlaufende Überwachung von Charles Van Gelderen, einem südafrikanischen Trotzkisten holländisch-jüdischer Abstammung, stattfand.“ (S. 111) Beatty gibt zu: „Es ist empirisch belegt, dass die Workers Revolutionary Party von der Polizei überwacht wurde und dass es innerhalb der Partei Informanten der Polizei gab, die Informationen über verschiedene Aspekte der WRP-Aktivitäten lieferten.“ Er räumt auch ein: „Die WRP war für die Polizei interessant genug, um 1975 eine Razzia bei ihrer Schulung in Derbyshire durchzuführen.“ Doch dann tut er die Angriffe als bloßen „Katalysator für einen Anfall von Paranoia in der Partei“ ab. (S. 112)

Die politische Krise von 1985–1986

Beattys „Biografie“ ist keine Beschreibung eines politischen Lebens, sondern vielmehr ein Katalog der Sünden, die Healy von seinen Feinden angelastet werden. Der von Beatty präsentierte Healy ist eindimensional und unveränderlich. Die Krise, die 1985 innerhalb der WRP ausbrach, wird als unvermeidliches Ergebnis der angesammelten Sünden in Healys Leben dargestellt, die in der „moralischen Hässlichkeit“ wurzeln, die Beatty im Vorwort beschwört. In seiner Schilderung der Ereignisse von 1985 konzentriert sich Beatty auf die Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens von Healy. Es ist der einzige Aspekt der Krise, der Beatty wirklich interessiert. In Beattys Darstellung findet sich kein einziger substanzieller Hinweis auf oder eine Erörterung über die kritischen Fragen von Theorie, Programm und Perspektive, die dem Ausbruch der Krise im Sommer 1985 zugrunde lagen.

Beatty erwähnt nur beiläufig die umfassende Kritik, die die Workers League zwischen 1982 und 1985 an Healys Verdrehung der marxistischen Theorie und dem politischen Opportunismus der WRP geübt hat. Er schreibt: „Zwischen Oktober und Dezember 1982 hatte David North, der Vorsitzende der Workers League, der Schwesterpartei der WRP in den Vereinigten Staaten, begonnen, Healys pseudophilosophisches Gehabe vorsichtig zu kritisieren, was innerhalb des IKVI immer ein Tabu war.“ (S. 90) Wenn dieser Schritt „tabu“ war, warum bin ich ihn dann gegangen? Außerdem umfasste diese „vorsichtige“ Kritik Dutzende von Seiten, auf denen Healys Schriften zur Philosophie einer detaillierten Analyse unterzogen wurden.

Beatty zitiert nicht einen einzigen Satz aus dieser umfassenden Kritik. Er erwähnt oder zitiert auch nicht die noch detailliertere Kritik an der gesamten politischen Linie der Workers Revolutionary Party, die ich auf einer Sitzung des Internationalen Komitees im Februar 1984 vorgetragen habe. Hunderte Seiten an Dokumenten, die zwischen Oktober 1985 und Februar 1986 von der Mehrheit des Internationalen Komitees geschrieben wurden, finden bei Beatty keine Erwähnung, obwohl sie alle in gedruckter Form und online zugänglich sind.

Im Juni 1986, nach der Spaltung mit der WRP, veröffentlichte das Internationale Komitee eine detaillierte Analyse der langjährigen politischen Degeneration der Workers Revolutionary Party. Das Heft Wie die Workers Revolutionary Party den Trotzkismus verraten hat, 1973–1985, das ich gemeinsam mit dem führendenden sri-lankischen Trotzkisten Keerthi Balasuriya verfasst habe, deckt die gesamte Geschichte der WRP ab und beweist, dass die grundlegende Ursache der Krise die zunehmend nationalistische und opportunistische politische Ausrichtung der WRP war. Gestützt auf eine sorgfältige Überprüfung und Analyse der Dokumente zeichnete das IKVI nach, wie die WRP von den Prinzipien und dem Programm abgerückt war, das die britischen Trotzkisten so viele Jahre lang verteidigt hatten. Die Politik der WRP in Großbritannien und international wird gründlich untersucht. Das Internationale Komitee wies nach, dass die Quelle der Krise innerhalb der WRP und der persönlichen Degeneration von Healy in ihrer opportunistischen Abkehr von der historischen Perspektive der Vierten Internationale und der Theorie der permanenten Revolution lag.

Wie die Workers Revolutionary Party den Trotzkismus verraten hat, 1973–1985, Vierte Internationale, Jg. 13, Nr. 1

Dieses bedeutende Dokument wird von Beatty ignoriert. Es ist nicht einmal in seinem Literaturverzeichnis aufgeführt. Stattdessen ist Beatty auf den Sexskandal fixiert. Seine Helden der Parteikrise sind eine Gruppe politischer Gauner, die im Verborgenen und ohne erklärtes Programm operierten und bei der WRP angestellt waren. Ihre Vorstellung von einem politischen Kampf bestand darin, elektronische Abhörgeräte in Healys Büro zu platzieren, um anzügliches Material zu sammeln, das dazu dienen sollte, ihn zu kompromittieren. Keiner, der sich an dieser Operation beteiligte, war daran interessiert, einen politischen Kampf aufzunehmen, um die opportunistische Degeneration zu stoppen und die Autorität des Trotzkismus in der WRP wiederherzustellen. Vielmehr wurde der Sexskandal ins Zentrum gerückt, um der notwendigen Diskussion über die politischen Ursachen der Krise in der WRP zuvorzukommen, die das IKVI forderte.

Dave Hyland (links) und David North, 1986

Das Internationale Komitee stand dem Verhalten von Healy keineswegs gleichgültig gegenüber. Vielmehr wandte sie sich gegen diejenigen innerhalb der WRP-Führung, einschließlich Cliff Slaughter und Mike Banda, die eine gründliche Untersuchung von Healys Verhalten zu verhindern suchten, wie sie von David Hyland, einem Mitglied des WRP-Zentralkomitees, gefordert wurde. Das IKVI unterstützte Hylands prinzipielle Forderung und bezeichnete Healys Verhalten in politischer Hinsicht als einen Missbrauch des Kaders der Vierten Internationale. Am 25. Oktober 1985 verabschiedete das Internationale Komitee einstimmig eine Resolution, die Healy aus dem IK ausschloss sowie seinen Ausschluss aus der WRP befürwortete. Mit Ausnahme von David Hyland konzentrierten sich die Führer der WRP aber nur auf den Skandal und das, was sie heuchlerisch „revolutionäre Moral“ nannten. Im Gegensatz dazu bestand das IKVI darauf, die Fragen des Programms und der Prinzipien zu klären. In der IKVI-Resolution heißt es:

Mit dem Ausschluss von Healy verfolgt das IKVI keineswegs die Absicht, die politischen Beiträge zu leugnen, die er in der Vergangenheit, vor allem in den fünfziger und sechziger Jahren im Kampf gegen den pablistischen Revisionismus, geleistet hat.

In Wirklichkeit ist dieser Ausschluss das Endergebnis seiner Zurückweisung der trotzkistischen Prinzipien, die die Grundlage dieser vergangenen Kämpfe bildeten, und seines Abstiegs zu den vulgärsten Formen des Opportunismus.

Die politische und persönliche Degeneration von Healy kann eindeutig darauf zurückgeführt werden, dass er die praktischen und organisatorischen Fortschritte der trotzkistischen Bewegung in Großbritannien immer ausdrücklicher von den historisch und international begründeten Kämpfen gegen Stalinismus und Revisionismus trennte, denen diese Errungenschaften entsprangen.

Die zunehmende Unterordnung prinzipieller Fragen unter unmittelbare praktische Bedürfnisse beruhte auf der Sorge um ein Wachsen des Parteiapparates. Dies degenerierte zu einem politischen Opportunismus, der stetig seine eigenen politischen und moralischen Widerstandskräfte gegenüber dem Druck des Imperialismus im ältesten kapitalistischen Land der Welt untergrub.

Unter diesen Bedingungen spielten seine ernsthaften subjektiven Schwächen eine zunehmend gefährliche politische Rolle.

Während er in der WRP wie im IKVI immer willkürlicher vorging, schrieb Healy die Fortschritte der Weltpartei in wachsendem Maße seinen eigenen persönlichen Fähigkeiten, anstatt den marxistischen Prinzipien der Vierten Internationale und dem kollektiven Kampf ihrer Kader zu.

Die Selbstverherrlichung seiner intuitiven Urteile führte zwangsläufig zu einer groben Vulgarisierung der materialistischen Dialektik und zu Healys vollständiger Verwandlung in einen subjektiven Idealisten und Pragmatiker.

Sein Interesse an den komplexen Problemen der Entwicklung der Kader der internationalen trotzkistischen Bewegung wurde durch eine Praxis abgelöst, die fast vollständig von der Entwicklung prinzipienloser Beziehungen mit bürgerlichen nationalistischen Führern und Reformisten in den britischen Gewerkschaften und der Labour Party beherrscht war.

Sein persönlicher Lebensstil verfiel einer entsprechenden Degeneration.

Diejenigen, die wie Healy die Prinzipien aufgeben, für die sie einst gekämpft haben, und die sich weigern, sich selbst dem IKVI im Aufbau seiner nationalen Sektionen unterzuordnen, müssen unter dem Druck des Klassenfeindes unweigerlich degenerieren.

Es kann keine Ausnahme von diesem historischen Gesetz geben.

Das IKVI bekräftigt, dass kein Führer über den historischen Interessen der Arbeiterklasse steht.[21]

Diese zwölf Absätze bieten einen tiefen Einblick in die Krise der WRP und, so muss man hinzufügen, ein Verständnis für das Leben, das Vermächtnis und die Tragödie von Gerry Healy, das in Beattys 213 Seiten langen sensationslüsternen Machwerk völlig fehlt.

Fazit

Beatty hat keine Biografie verfasst, geschweige denn eine „ungeschriebene Geschichte“. Es handelt sich vielmehr um eine Hetzschrift, die aus alten, ewig wiederholten Verleumdungen besteht und sich nicht nur gegen Healy, sondern auch gegen die trotzkistische Bewegung richtet. Er beschwört die Erinnerung an Tim Wohlforth als den Weisen, an dem sich alle Linken orientieren sollten. „Wie Tim Wohlforth erkannte“, schreibt Beatty, „mag ein radikaler, nicht-leninistischer Sozialismus ein wenig durcheinander und chaotisch sein, aber er hat auch eine weitaus bessere Chance, tatsächlich etwas Dauerhaftes in den Ritzen des westlichen Kapitalismus aufzubauen.“ (S. 134)

Beatty hat für seine Biografie die falsche Person gewählt. Gerry Healy war ein Revolutionär, kein Reformist. Er widmete fast sein ganzes politisches Leben dem Aufbau einer Partei, die den Kapitalismus stürzen und sich nicht in seinen „Ritzen“ wie ein Fußpilz zwischen den Zehen einnisten sollte. „Mein Geschäft ist es“, so bemerkte Healy gelegentlich, „das Geschäft zu beenden.“ Und jeder, der Healy in seinen besten Jahren auf dem politischen Schlachtfeld begegnete, wusste, dass er es ernst meinte.

Healy war, wie Trotzki einmal über Lenin sagte, „kriegerisch von Kopf bis Fuß“. Healys politischer Niedergang begann in den 1970er Jahren, als er sich zunehmend von einer revolutionären Perspektive abwandte und opportunistische Abkürzungen suchte. Doch während der vielen Jahre, in denen er für den Trotzkismus kämpfte – gegen die mächtigen stalinistischen und sozialdemokratischen Bürokratien und ihre pablistischen Komplizen –, war Healy eine inspirierende Figur. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Arbeiterbewegung von reformistischen Bürokratien beherrscht wurde und große Teile der Vierten Internationale den Trotzkismus aufgaben, setzte Healy den Kampf für die Weltpartei der sozialistischen Revolution fort.

Gerry Healy, 1983

Nach dem Tod von Gerry Healy am 14. Dezember 1989 schrieb ich einen ausführlichen Nachruf. In den vorangegangenen sieben Jahren war ich gezwungen gewesen, einen politischen Kampf gegen den opportunistischen Kurs von Healy und der WRP zu führen. Die Dokumente dieses Konflikts, die zwischen 1982 und 1986 verfasst wurden, umfassen viele hundert Seiten Text (aus denen Beatty keinen einzigen Satz zitiert). Der Konflikt nahm eine äußerst scharfe Form an und gipfelte 1985 in der von mir mitverfassten Resolution, die Healys Ausschluss billigte. Solche Konflikte werden nicht im Geiste warmherzigen Großmuts ausgetragen. Das Ausmaß von Healys politischer Degeneration und die entwürdigenden Formen, die sie annahm, konnten nur Wut und ein Gefühl des Verrats bei seinen ehemaligen Genossen hervorrufen. Doch als ich Healys Biografie schrieb, war ich verpflichtet, eine objektive Bewertung des Menschen, seines Werks und seines Erbes vorzunehmen. Ich schloss den Nachruf mit folgenden Worten:

Eine ausgedehnte und schwierige Periode lang war Gerry Healy ein entscheidendes menschliches Bindeglied in der historischen Kontinuität der Vierten Internationale. Jahrzehntelang kämpfte er gegen den Stalinismus und den Opportunismus. Am Ende zerbrach er unter dem Druck dieses gewaltigen Kampfes. Aber das Beste, das er in seiner langen politischen Laufbahn erreichte, lebt weiter im Internationalen Komitee der Vierten Internationale und die sich wieder erhebende revolutionäre internationale Arbeiterbewegung wird sowohl aus seinen Leistungen als auch seinen Fehlern lernen und nicht versäumen, seinem Angedenken den gebührenden Tribut zu zollen.[22]

35 Jahre nach Healys Tod sehe ich keinen Grund, diese Einschätzung zu ändern.

Beattys Epilog

Aidan Beatty beendet sein Buch mit einem Kapitel unter der Überschrift „Epilog: Healyismus im 21. Jahrhundert“. Es ist einem Angriff auf das heutige Internationale Komitee, die Socialist Equality Party in den USA und mich persönlich gewidmet. Zu letzterem Zweck hat Beatty ausgiebig Gebrauch von Ancestry.com gemacht, um seine Leser über meinen familiären Hintergrund („europäische jüdische Flüchtlinge“) zu informieren. Man liest über die musikalische Karriere meines Großvaters Ignatz Waghalter, von dem ich meinen zweiten Vornamen geerbt habe (aber leider nicht sein Talent), den Namen meines Vaters, der starb, als ich drei Jahre alt war, die Identität meines Stiefvaters und seine Karriere als Geschäftsmann sowie die Aktivitäten meiner Mutter in Kunst und Wirtschaft. Beatty berichtet, dass ich „sowohl mit kulturellem als auch mit wirtschaftlichem Kapital gesegnet war“. (S. 138) Sein Hauptinformant für diese Familienrecherche war Alex Steiner, dessen politische Feindseligkeit durch persönliche Animosität und subjektive Eifersucht gewürzt ist. Das FBI wird Steiners Dienste als Informant zu schätzen wissen.

In seinem Epilog hat sich Beatty deutlich von Gerry Healy, dem Gegenstand seiner so genannten Biografie, entfernt. Aber es gibt eine eindeutige Kontinuität. Er verfolgt nicht nur das Ziel, meinen jüdischen Familienhintergrund für diejenigen offenzulegen, die daran interessiert sind oder etwas dagegen haben könnten. Es geht ihm auch darum, seine Anklage gegen den unermüdlichen Kampf der SEP für Trotzkismus und eine revolutionäre sozialistische Politik fortzusetzen. Beatty schreibt, dass „die Privilegierung der Klasse durch die SEP über alles andere dazu geführt hat, dass Ethnie und Gender nicht nur heruntergespielt werden, sondern dass es zu offenem Sexismus und Rassismus kommt“. Er prangert die „böswilligen Angriffe der World Socialist Web Site auf die jüngste Riege demokratischer sozialistischer Politiker, insbesondere Alexandria Ocasio-Cortez, aber auch Bernie Sanders und Jeremy Corbyn“ an.

Offensichtlich hat Beatty seinem Buch dieses Nachwort nicht nur hinzugefügt, um sich zu rächen, weil ich mich geweigert habe, Anti-Healy-Dreck für seine Biografie beizusteuern. Er will hier vor allem dem wachsenden Einfluss der SEP und der WSWS unter den Mitgliedern der DSA und unter Studierenden und Jugendlichen in ihrem Umfeld entgegenwirken. Viele von ihnen sind zunehmend entfremdet von der DSA, weil sie als politische Komplizin und Agentur der imperialistischen Demokratischen Partei agiert, die die Kriegspolitik eskaliert und einen Völkermord unterstützt.

Das Ziel dieser Rezension war es, auf Beattys betrügerische Biografie über Gerry Healy zu antworten und sie zu entlarven. Eine ausführliche Antwort auf den Epilog, der sich gegen die WSWS, die SEP und mich richtet, wird zu einem anderen Zeitpunkt erfolgen.


[1]

Isaac Deutscher, Trotzki. Der unbewaffnete Prophet, 1921–1929, Bd. 2, Stuttgart 1962, S. 7.

[2]

Aidan Beatty, Private property and the fear of social chaos, Manchester 2023, S. ix. Aus dem Englischen.

[4]

Karl Marx, „Herr Vogt“, in: Marx-Engels-Werke, Bd. 14, Berlin 1972, S. 599.

[5]

Ebd., S. 602.

[6]

Ebd., S. 600.

[7]

Martin Upham, „The History of British Trotskyism to 1949“. Online hier zugänglich. Aus dem Englischen.

[8]

The Newsletter, Jg. 1, Nr. 19 (14. September 1957). Online hier zugänglich. Aus dem Englischen.

[9]

Trotskyism Versus Revisionism: A Documentary History, Bd. 1, „The Fight Against Pablo in the Fourth International“, London 1974, S. 143–44. Aus dem Englischen.

[11]

Ebd.

[12]

Trevor Griffiths. Plays, London 1996, S. 149–52. Aus dem Englischen.

[13]

Ebd., S. 155.

[14]

Der vollständige Nachrichtenaustausch zwischen Beatty und mir ist hier online zugänglich.

[15]

Clare Cowen, My Search for Revolution, Leicestershire 2019, S. 334. Aus dem Englischen.

[16]

David North und Alex Steiner, „The Fourth International and the Renegade Wohlforth“, März–Mai 1976, in: Trotskyism Versus Revisionism, Bd. 7, Detroit 1984, S. 169. Aus dem Englischen.

[17]

Ebd., S. 172–73.

[18]

Ebd., S. 270–71.

[19]

Ebd., S. 271–72.

[20]

Ebd., S. 272.

[21]

„Erklärung des Internationalen Komitees der Vierten Internationale zum Ausschluss von G. Healy“ (25. Oktober 1985), in: „Das IKVI verteidigt den Trotzkismus 1982–1986“, Vierte Internationale, Jg. 13, Nr. 2, Herbst 1986, S. 50f.

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