Flüchtlingslager Berlin-Tegel: Unmenschliche Zustände, ein Klima der Angst und Riesenprofite

Der grausame Umgang mit Geflüchteten auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tegel wirft ein Schlaglicht auf die angebliche Sorge um Menschen in Kriegsgebieten. Milliarden Euro an Steuergeldern kommen dabei nicht den Flüchtlingen zugute, sondern füllen den beteiligten Unternehmen die Kassen. Das ist gewollt.

In Deutschlands größtem Flüchtlingslager leben zurzeit rund 5000 Menschen unter verheerenden Bedingungen. Geht es nach Berlins schwarz-rotem Senat, sollen es sehr bald bis zu 8000 Menschen sein.

In der Öffentlichkeit bedauert die Berliner Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) die elenden Verhältnisse, die sie sehr genau kennt. Der Senat hat aber nicht vor, irgendetwas zu verbessern, sondern er hat den Weiterbetrieb des Flüchtlingslagers bis Ende 2025 beschlossen.

Mit Beginn des Ukrainekriegs im Februar 2022 und der bald danach einsetzenden Flüchtlingswelle wurde Tegel als „Ukraine Ankunftszentrum TXL“ für Geflüchtete aus der Ukraine eingerichtet. Medienwirksam wurde die Ankunft der geflüchteten Menschen aus der Ukraine ausgeschlachtet, um die Kriegshetze gegen Russland und die Unterstützung des rechtsradikalen Selenskyj-Regimes zu rechtfertigen.

Damals regierten in Berlin noch SPD, Linkspartei und Grüne. „Wir müssen Platz schaffen. Jedes Obdach, das wir geben, ist eine Verurteilung von Putins Krieg,“ erklärte Katja Kipping (Die Linke). Als Sozialsenatorin war sie damals direkt verantwortlich für die Errichtung dieses Provisoriums aus Zelten und Teilen des Terminals, das für die Geflüchteten mehr Internierungslager und Gefängnis ist, als Unterkunft.

Vor Krieg und Elend geflüchtete Ukrainer sollten nach einem kurzen Aufenthalt und der Erledigung von notwendigen Behördengängen auf ordentliche Unterkünfte in ganz Deutschland verteilt werden. Sehr schnell wurde klar, dass die Realität eine komplett andere war, denn auch aufgrund der hoffnungslos überlasteten und veralteten Berliner Behörden dauert der Aufenthalt durchschnittlich 200 Tage, für viele sogar mehr als ein Jahr.

Notwendige Termine bei den Berliner Ämtern, wie der Ausländerbehörde oder dem Jobcenter, zu ergattern, dauert in der Regel Monate, ist aber Voraussetzung für den Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis sowie der Auszahlung von Bürgergeld, das jedem Geflüchteten eigentlich sofort zusteht. Bei den Sozialämtern sind oft harte Kämpfe auszufechten, denn bevor diese Geld auszahlen, verlangen sie zahlreiche Dokumente, die viele bei ihrer Flucht vor dem Bombenhagel nicht hatten oder nicht mitnehmen konnten.

„Wir haben schon so viele Beschwerden gesammelt, aber es hilft nichts. Sie wollen Sachen von den Menschen, die die nicht beibringen können.“ zitiert Der Spiegel in einer ausführlichen Reportage über die verheerenden Zustände in der Flüchtlingsunterkunft Tegel einen Betroffenen.

Die meisten ukrainischen Flüchtlinge sind traumatisiert, Familien wurden auseinandergerissen. Die Männer, an der Front von Tod und Verletzung bedroht, teils mit Gewalt in die Armee gezwungen, dürfen, wenn sie über 16 Jahren alt sind, die Ukraine wegen der Kriegsmobilisierung nicht mehr verlassen. Also sind viele Frauen mit ihren Kindern nach Deutschland gekommen, in der Hoffnung, ihnen ein Leben ohne Krieg zu ermöglichen. Sie kämpfen hier nun ums Überleben, um eine menschenwürdige Unterkunft, um Arbeit und um einen Schulplatz für die Kinder.

Inzwischen ist Tegel zu so etwas wie einer gefühlten Endstation geworden, in der nun auch Flüchtlinge aus Afghanistan, dem Irak und Syrien untergebracht sind. Für die meisten von ihnen bewegt sich nichts vorwärts – viele leben hier abgeschottet, unter ständiger Beobachtung und unter Angst vor Schikanen der Security. Der QR-Code um den Hals ist Zugangsberechtigung und wird bei Betreten und Verlassen der Zelte gescannt. Viele berichten auch von willkürlichen Taschenkontrollen, Anwesenheitskontrollen, Bettkontrollen und Übergriffen durch das Wachpersonal.

Es herrscht eine unerträgliche Enge in den Zelten, jeweils belegt mit 380 Personen und Schlafwaben, in denen 14 Personen zusammengepfercht durchhalten müssen – willkürlich zusammengewürfelt. Alleinstehende Frauen, Mütter mit Kindern und Säuglingen, Alte und Kranke – auch psychisch kranke Menschen –, alleinstehende Männer leben hier zusammen ohne Decken und Türen, ohne Privatsphäre, ohne Platz für private Dinge. Die Gänge zwischen den Etagenbetten sind so eng, dass kaum zwei Personen aneinander vorbeigehen können.

An Schlaf ist unter solchen Bedingungen nicht zu denken, denn irgendwo muss immer jemand raus, oder hustet, es weint ein Kind oder es klingelt ein Telefon. Dazu kommen Dreck, Mäuse und Ungeziefer in den Zelten, die eine Brutstätte für Infektionen sind. Ausbrüche von hochansteckenden Krankheiten wie Windpocken und Masern gab es bereits, und natürlich kann sich hier auch Corona ungehindert ausbreiten.

Verdreckte Duschen, verstopfte und mit Kotresten verschmierte Toiletten, von denen ein großer Teil meist defekt und daher gesperrt ist, gehören zum Alltag. Selbst zu putzen ist den Bewohnern wie so vieles andere verboten.

Auch die Möglichkeit selbst zu kochen oder auch nur etwas aufzuwärmen, gibt es nicht, und so müssen sich die Bewohner mit billiger Großküchenkost, ausgegeben im Essenszelt über Wasser halten. Viele klagen über ungenießbare Mahlzeiten. Teller und Besteck sind aus Plastik und die Tische und Bänke schmutzig. Natürlich wird auf krankheitsbedingte Diätpläne, wie z.B. bei Diabetes notwendig, keine Rücksicht genommen.

Riesenprofite

Es ist aber nicht einfach nur Menschenverachtung, sondern vor allem die Aussicht auf Riesenprofite, die bei der Errichtung dieses Flüchtlingslager im Mittelpunkt stand und die den Flüchtlingen das Leben Tag für Tag zur Hölle macht.

Obwohl die Bedingungen für die hier lebenden Menschen so Elend sind, verschlingt der Betrieb des Lagers jährlich nahezu eine halbe Milliarde Euro Steuergelder – das sind bei 5000 Flüchtlingen für jeden Einzelnen etwa 250 Euro am Tag!

Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), zuständig für die Unterbringung der Geflüchteten in Berlin, hatte 2022 die Aufträge für den Betrieb des Lagers vergeben. Darüber, wohin genau welche Summen für das Flüchtlingslager fließen, will das LAF aber keine Auskunft geben – es sei ein „Geschäftsgeheimnis“, so die Antwort auf eine Anfrage des Spiegels.

Das Deutsche Rote Kreuz, welches 2022 vom LAF den Auftrag für den Betrieb des Lagers erhielten, ohne dass es vorher eine Ausschreibung gab, verdient kräftig mit. Laut Spiegel, sind im Berliner Haushaltsplan 2024 für das DRK Zahlungen von 216 Millionen Euro eingeplant.

Im Jahrbuch 2022/2023 des Berliner Roten Kreuzes heißt es im Vorwort: „Das ‚Ukraine Ankunftszentrum TXL‘ wurde rasch zu einer Vorzeigeeinrichtung für die professionelle und empathische Aufnahme von Geflüchteten.“ Welch ein Hohn! Unterzeichnet hat dies der Präsident des DRK Berlin, Mario Czaja von der CDU, der bis 2016 Sozialsenator in Berlin war.

Auch die Messe Berlin GmbH, zu 100 Prozent im Eigentum des Landes Berlin, macht riesige Umsätze und satte Gewinne mit der Vermietung der Zelte und der Organisation der Security. Im Vergleich zum Referenzjahr 2019, als die Messe Berlin eine halbe Million Verlust machte, erzielte sie 2023 7,5 Millionen Gewinn.

Maßgeblich dafür war die Steigerung der „sonstigen“ Umsatzerlöse, die nicht aus dem Kerngeschäft der Messe kamen und die sich von 12 Millionen in 2019 auf 143 Millionen in 2023 mehr als verzehnfachten. Im Geschäftsbericht 2023 heißt es dazu dann auch, dass der Umsatz „deutlich beeinflusst war von den Umsatzerlösen aus der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten am ehemaligen Flughafen Tegel“.

Als Sozialsenator des Landes Berlin war Mario Czaja auch Chef des Amts für Flüchtlingsangelegenheiten, das später den Auftrag an das DRK vergeben hat, dessen Präsident er heute ist. Die Messe Berlin wiederum vergibt Aufträge an die Apleona Security Services (vormals Gegenbauer), bei der Mario Czaja viele Jahre eine leitendende Position innehatte.

Verteidigt Flüchtlinge und demokratische Rechte

Die menschenverachtende Behandlung von Kriegsflüchtlingen, die Verschärfung des Asylrechts und die zunehmende Flüchtlingshetze der Politik und ihrer Lakaien in den Medien müssen entschieden und mit Verachtung zurückgewiesen werden. Sie sind Ausdruck des extremen Rechtsrucks und der faschistischen Gefahr, die von den herrschenden Kreisen in der Wirtschaft und den sogenannten demokratischen Parteien ausgeht. Diese setzen die Forderungen der AfD in die Tat um.

Die weltweiten Angriffe auf die gesamte Arbeiterklasse – der Abbau von Arbeitsplätzen, Lohnsenkungen und die Streichung sozialer Errungenschaften und demokratischer Rechte – sind die andere Seite dieses Rechtsrucks. Die beispiellosen Sozialkürzungen, die weltweit zu Armut und Elend führen und die Kriegskassen füllen, und die Gefahr eines dritten Weltkriegs müssen gestoppt werden. Dieser Kampf muss mit der Verteidigung der Schwächsten in der Gesellschaft und der Flüchtlinge beginnen.

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