Bericht an den achten Parteitag der SEP (US)

Die Kampagne zur Befreiung von Bogdan Syrotjuk und der Kampf gegen Krieg

Wir veröffentlichen hier den Bericht, den Clara Weiss beim achten Parteitag der Socialist Equality Party (US) zur Einführung der Resolution „Freiheit für Bogdan Syrotjuk!“ gegeben hat. Die Resolution wurde von den Delegierten einstimmig angenommen, zusammen mit der Hauptresolution „Die Präsidentschaftswahlen von 2024 und die Aufgaben der Socialist Equality Party“. Der Parteitag fand vom 4. bis 9. August 2024 statt.

Vor mehr als drei Monaten wurde Genosse Bogdan Syrotjuk, der Gründer und Anführer der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten, vom ukrainischen Geheimdienst SBU unter dem Vorwurf des „Hochverrats unter Kriegsrecht“ verhaftet. Ihm droht eine Haftstrafe von mindestens 15 Jahren bis zu lebenslänglich. Etwas mehr als einen Monat nach Bogdans Verhaftung verbot die ukrainische Regierung am 3. Juni die World Socialist Web Site.

Getreu ihren historischen Ursprüngen in der stalinistischen Bürokratie, die ihre privilegierte Stellung durch den Massenmord an Sozialisten und Trotzkisten festigte, bedient sich die Oligarchie, die heute die Ukraine regiert, einer Kombination aus zusammengewürfelten Narrativen, offenen Lügen, Verleumdungen und staatlicher Gewalt, um die revolutionäre Opposition zu unterdrücken.

Als wesentlichen Beweis führt die Staatsanwaltschaft Artikel an, die auf der World Socialist Web Site erschienen sind. Der Anklage zufolge habe Bogdan „im Auftrag von Vertretern einer russischen Propaganda- und Informationsagentur, der World Socialist Web Site, Publikationen erstellt“. Diese Verleumdung der WSWS wird mit der Feststellung verbunden, dass die WSWS „die wichtigsten gesellschaftspolitischen Probleme auf der ganzen Welt vom Standpunkt des revolutionären Widerstands gegen die kapitalistische Marktwirtschaft aus behandelt, mit dem Ziel, durch eine sozialistische Revolution den Weltsozialismus zu errichten.“

Eine Liste einiger Flugblätter, die bei Bogdans Verhaftung beschlagnahmt wurden, darunter die Reden von David North, Bogdan und Andrei Ritsky zum 1. Mai 2023, ein Essay von Trotzki über die Oktoberrevolution und die Grußworte von David North an eine Versammlung der YGBL zum 100. Jahrestag der Linken Opposition

Durch diese Zitate sollte deutlich werden, dass nicht nur Bogdan, sondern auch das Internationale Komitee vor Gericht steht. Es sollte auch kein Zweifel daran bestehen, dass diese Dokumente und der gesamte Fall vom SBU, dem von Faschisten durchsetzten Geheimdienst der Ukraine, und seinen Handlangern und Geldgebern in der CIA und dem deutschen Geheimdienst gemeinsam bearbeitet wurden.

Die WSWS und das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) analysierten die Anklageschrift gegen Bogdan Syrotjuk als „Kriegserklärung an die gesamte linke und sozialistische Opposition gegen das Selenskyj-Regime und insbesondere gegen das Internationale Komitee der Vierten Internationale und seine Publikation, die World Socialist Web Site.“

Diese Einschätzung unterstreicht die politische Bedeutung, die die Kampagne zur Befreiung von Bogdan hat. Sie ist für uns nicht nur deshalb von Bedeutung, weil er unser Genosse ist. Sie ist eine politische Notwendigkeit, um eine klassenbewusste Bewegung von Arbeitern in ganz Europa, den USA und international aufzubauen, die sich gegen den imperialistischen Krieg, die eskalierenden Angriffe auf demokratische Rechte und die Gefahr des Faschismus richtet.

Es sei daran erinnert, dass eine der ersten Handlungen der US-Regierung, bevor sie in den letzten Weltkrieg eintrat, darin bestand, die Führung der trotzkistischen Bewegung auf der Grundlage des berüchtigten Gesetzes, das als Smith Act bekannt ist, zu inhaftieren. In dem Buch „Socialism on Trial“ ist zu lesen, wie der Führer der Socialist Workers Party, James P. Cannon, seine Partei im Jahr 1941 vor Gericht in Minneapolis verteidigte.

Farrell Dobbs, links, and James P. Cannon während des Prozesses gegen sie unter dem Smith Act, 1941

Cannons Verteidigung machte die Ideen des revolutionären Sozialismus und der marxistischen Kriegsgegner für ein Massenpublikum aus der Arbeiterklasse verständlich. Heute steht der Trotzkismus erneut vor Gericht. Doch wird Genosse Bogdan keine Gelegenheit bekommen, seine Ansichten öffentlich zu verteidigen. Diese Aufgabe wird dem Internationalen Komitee und der World Socialist Web Site zufallen.

Die politische Bilanz des IKVI und der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten (YGBL)

Die wesentliche Grundlage, um die falschen Anschuldigungen des SBU gegen Bogdan und das IKVI zu widerlegen, bildet die politische Bilanz der WSWS. Gleichzeitig offenbart diese Bilanz auch die wahren politischen Gründe für Bogdans Verhaftung.

Die World Socialist Web Site, die vom SBU als „russische Propaganda- und Informationsagentur“ verleumdet wird, hat stets eine Linie vertreten, die sich sowohl gegen die oligarchischen Regime in Russland und der Ukraine als auch gegen die imperialistischen Mächte richtet. Am 24. Februar 2022 veröffentlichte das Internationale Komitee der Vierten Internationale eine Erklärung – nur Stunden nach Beginn der Invasion in der Ukraine (Deutsche Übersetzung am 25. Februar). Darin hieß es:

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale und die World Socialist Web Site verurteilen die russische Militärintervention in der Ukraine. Ungeachtet der Provokationen und Drohungen der USA und der Nato-Mächte muss der Einmarsch Russlands in die Ukraine von Sozialisten und klassenbewussten Arbeitern abgelehnt werden. Die Katastrophe, die durch die Auflösung der Sowjetunion 1991 in Gang gesetzt wurde, kann nicht auf der Grundlage des russischen Nationalismus abgewendet werden – einer durch und durch reaktionären Ideologie, die den Interessen der von Wladimir Putin vertretenen herrschenden Kapitalistenklasse dient.

Die Rückkehr zur Außenpolitik des Zarismus aus der Zeit vor 1917 ist keine Lösung. Stattdessen muss der sozialistische Internationalismus, der die Oktoberrevolution von 1917 inspirierte und zur Gründung der Sowjetunion als Arbeiterstaat führte, in Russland und der ganzen Welt zu neuem Leben erweckt werden. Der Einmarsch in die Ukraine, wie auch immer er vom Putin-Regime gerechtfertigt wird, dient nur dazu, die russische und ukrainische Arbeiterklasse zu spalten, und spielt den Interessen des US-amerikanischen und europäischen Imperialismus in die Hände.

Auf dem letzten Parteitag haben wir betont, dass die Opposition der trotzkistischen Bewegung gegen den Krieg in der Ukraine vor allem in der Reaktion des Internationalen Komitees auf die Zerstörung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie im Jahr 1991 wurzelt. Wir haben auch betont, dass diese historische Bilanz und die Geschichte der trotzkistischen Bewegung als Ganzes die wesentliche Grundlage für die Ausbildung unserer Kader sein muss.

Dass diese Orientierung korrekt ist, wurde durch die Entwicklung der politischen Beziehungen zwischen dem Internationalen Komitee und der YGBL bestätigt. An dieser Stelle müssen ein paar Worte über Bogdan Syrotjuk selbst gesagt werden. Seine Hinwendung zum Trotzkismus und die Entwicklung der YGBL sind ein Ausdruck auf höchstem politischen Niveau für die Überschneidung zwischen dem jahrzehntelangen Kampf des IKVI für trotzkistische Prinzipien und der Erfahrung von Massen von Arbeitern und Jugendlichen. Diese Überschneidung haben wir als ein Schlüsselmerkmal der fünften Phase in der Entwicklung unserer Bewegung identifiziert.

Bogdan wurde 1999 geboren, weniger als acht Jahre nach der katastrophalen Zerstörung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie und der Restauration des Kapitalismus. Sein Leben und das seiner Familie spiegeln das Schicksal der ukrainischen Arbeiterklasse im 20. Jahrhundert wider – ihre bitteren Erfahrungen mit Stalinismus und Faschismus, aber auch ihre stolze Verbundenheit mit der Revolution von 1917.

Bogdan am 7. November 2023, dem 106. Jahrestag der Oktoberrevolution, an einem Denkmal, das den Roten Partisanen gewidmet ist.

Perwomajsk, die Stadt, in der Bogdan geboren wurde und wo er arbeitete, wurde erst 1920 inmitten des Bürgerkriegs nach der Oktoberrevolution durch den Zusammenschluss von drei kleinen Siedlungen zur Stadt. Der Name der Stadt, „Perwomajsk“, bedeutet „Stadt des Maifeiertags“. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Stadt zu einem bedeutenden regionalen Industriezentrum und ihre Einwohnerzahl wuchs auf fast 90.000. Die Restauration des Kapitalismus war eine Katastrophe für die Arbeiterklasse dieser Region wie auch für die gesamte Ukraine und die ehemalige Sowjetunion. Als Bogdan geboren wurde, waren alle großen Fabriken in der Stadt, die von der sowjetischen Arbeiterklasse gegründet worden waren, privatisiert worden. Bis 2022 war die Einwohnerzahl der Stadt um fast ein Drittel auf knapp über 60.000 gesunken.

Eine Karte der Ukraine mit der Stadt Perwomajsk (hier: Pervomais’k)

Bogdan verlor früh seine Eltern und wurde von seinen Urgroßeltern und Großeltern aufgezogen. Sein Urgroßvater, Ivan Kompaniets, hatte einen besonders starken Einfluss auf ihn. Als Kind hatte Ivan Kompaniets die schreckliche Hungersnot von 1931/1932 überlebt – eine Folge der stalinistischen Politik des Aufbaus des „Sozialismus in einem Land“, die politisches Abenteurertum darstellte. Als Jugendlicher erlebte er die Besetzung der Ukraine durch die Nazis während des Zweiten Weltkriegs. Sein Vater starb im Kampf gegen den Faschismus in der Roten Armee. Nach dem Krieg arbeitete er als Bergmann und Bauarbeiter, war aber auch ein begabter Künstler – ein Talent, das er an Bogdan weitergab.

Ungeachtet der Versprechungen der stalinistischen Bürokraten über „Frieden und Wohlstand“, die angeblich mit dem Kapitalismus kommen würden, wuchsen Bogdan und die Jugendlichen, die heute die YGBL bilden, unter Bedingungen außerordentlicher sozialer Verwüstung und des Niedergangs auf. Gleichzeitig war er von Menschen umgeben, die sich an die größten Schrecken erinnerten, die die Arbeiterklasse im 20. Jahrhundert erlebt hatte. Einige der Interviews, die er als Jugendlicher mit Anwohnern führte, die die Verbrechen des deutschen und ukrainischen Faschismus erlebt hatten, wurden später in seinem einzigartigen Essay „Die Verbrechen der Bandera-Anhänger gegen das ukrainische Volk“ auf der WSWS veröffentlicht. Dieser Aufsatz, wie auch seine anderen Artikel über die ukrainischen Faschisten, erregten ganz besonders die Wut des SBU.

Die größte politische Zäsur in Bogdans Leben war der rechtsextreme Putsch in Kiew im Februar 2014. Genossen sollten sich die Zeit nehmen, noch einmal durchzugehen, was das IKVI zu diesem Ereignis geschrieben hat. Es war ein Meilenstein auf dem Weg des Hinabsinkens der Welt in einen neuen globalen Krieg, des Erstarkens der faschistischen Kräfte und der Bemühungen, die Geschichte zu fälschen, um die größten Verbrechen des Imperialismus in der Vergangenheit und in der Zukunft zu rechtfertigen. Er markierte auch eine neue Etappe im Rechtsruck der kleinbürgerlichen Ex-Linken, wobei vor allem die Pablisten den Putsch und die Beteiligung von Faschisten daran verherrlichten. Andere gesellschaftliche Schichten wurden zu Verteidigern des Putin-Regimes.

Bogdan 2015 bei einem Protest. Auf dem Schild steht: "Frieden für die Welt! Nieder mit dem Krieg!"

Durch diese politische Analyse unterschied sich das IK von allen diesen kleinbürgerlich-nationalistischen Tendenzen, und Bogdans Erfahrungen überschnitten sich mit unserer Analyse. Das Entfernen von Lenin-Denkmälern, die Verleumdung des Kampfes der Roten Armee gegen den Faschismus im Zweiten Weltkrieg und die Verherrlichung der ukrainischen Faschisten erschütterten ihn zutiefst. Aus Widerstand gegen die staatliche Russland-Hetze begann er, nur noch Russisch zu sprechen.

Eine Karikatur von Bogdan von 2015 über den „Schokoladen-Oligarchen“ Poroschenko, der nach dem Putsch 2014 an die Macht kam. Er sagt: „Das haben wir getan, um der NATO beizutreten“.

Zu dieser Zeit fanden seine politischen Aktivitäten noch im Rahmen der stalinistischen Kommunistischen Partei der Ukraine statt, deren Politik die nominelle „Linke“ in der Ukraine dominierte. (Sie wurde 2015 verboten). Bogdan begann jedoch bald, mit dem Stalinismus zu brechen. Die Grundlage für diesen Bruch war seine wohl größte politische Stärke: sein Eintreten für die historische Wahrheit.

Ab 2016 betrachtete er sich als Trotzkist und 2018 gründete er eine Jugendgruppe, deren Ziel nach Bogdans Worten darin bestand, „für die Wahrheit über Lew Dawidowitsch Trotzki zu kämpfen.“ Ihr Name, die „Junge Garde der Bolschewiki-Leninisten“, ist eine Anspielung auf den Namen, den sich die sowjetische Linke Opposition in den 1920er und 1930er Jahren gab. Der Name sollte die Kontinuität zwischen dem von der Opposition geführten Kampf und dem Programm und den Prinzipien der Oktoberrevolution unterstreichen. Die YGBL fand Anhänger in der gesamten ehemaligen Sowjetunion, vor allem in Russland, aber auch in Moldawien, Kasachstan und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken.

Ein von der YGBL entworfenes Poster zu Ehren der Gründer der Roten Armee, Wladimir Lenin und Leo Trotzki. Die YGBL wurde am 23. Februar 2018, dem 100. Jahrestag der Roten Armee, gegründet. Auf dem Poster steht: „Ruhm den Gründern der Roten Armee der Arbeiter und Bauern“.

Man sollte betonen – Bogdan selbst betonte dies mehrmals –, dass er vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale und David North durch eingescannte Veröffentlichungen erfuhr, die er online im Bulletin der Vierten Internationale fand, der Zeitschrift, die das IKVI von 1989 bis 1993 in russischer Sprache herausgab.

Cover des Bulletins der Vierten Internationale vom Dezember 1993

Das Bulletin enthielt die wichtigsten Erklärungen, die das IKVI seit der Spaltung mit der WRP und seit seinem Eingreifen in die Krise des Stalinismus abgegeben hatte. Einige Wochen vor Beginn der Invasion nahm die YGBL Kontakt mit dem IK auf. Bogdan erinnerte sich später:

Als am 24. Februar 2022 die ersten Schüsse fielen und die Granaten vom Himmel regneten, waren wir nicht allein, wir waren mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale zusammen. Ihre Artikel und Erklärungen waren unsere Artikel und Erklärungen... denn ihre Position und Einschätzung war unsere Position und Einschätzung.

Einige Wochen später sprach Bogdan Syrotjuk auf der Internationalen Maikundgebung 2022. Er fasste unsere Position zu den Ursprüngen des Krieges knapp zusammen, verurteilte die reaktionäre Invasion des kapitalistischen Putin-Regimes und betonte, dass nur unter der Führung des IKVI ein Kampf gegen diesen Krieg geführt werden könne. Er sagte:

Die Auffassung von der marxistischen Tradition, die Lenin und Trotzki vertraten – und die nach ihnen auch wir vertreten – führte uns unweigerlich zum Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI). Es ist die einzige internationale Organisation, die bis heute an den historischen Traditionen des Oktobers festhält und die Persönlichkeit und Ideen von Lenin und Trotzki gegen stalinistische Verleumdungen verteidigt. Das IKVI hat als einzige Organisation seinen proletarischen Charakter nicht eingebüßt.

Das Internationale Komitee, das den Kampf für Sozialismus auf internationaler Ebene führt, ist für uns zum Leuchtturm geworden, auf den alle marxistischen Revolutionäre ihren Kurs ausrichten müssen, um sich im Kampf für den Sturz der kapitalistischen Ordnung zu vereinen und den Sozialismus auf der ganzen Welt zu errichten.

Im Herbst 2022 unternahm das Internationale Komitee eine entscheidende Initiative zum Aufbau seiner Jugend- und Studierendenorganisation, der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE). Zum ersten Mal in der Geschichte der trotzkistischen Bewegung wurde ein internationales Führungsgremium gebildet, das die Arbeit der Jugend- und Studierendenbewegung in enger Zusammenarbeit mit der Führung des IKVI beaufsichtigt und leitet. Wir legten auch einen deutlich klareren politischen und theoretischen Fokus für diese Arbeit fest: Der Kampf darum, die Jugend und Studierende auf einen Kampf gegen Krieg durch die Mobilisierung der Arbeiterklasse zu orientieren. Die politische Grundlage dieses Kampfes ist in der Erklärung der IYSSE vom 3. November 2022 dargelegt. Um längere Zitate zu vermeiden, werde ich die wichtigsten Grundsätze kurz zusammenfassen:

  • Der Krieg gegen Russland ist Teil einer erneuten Neuaufteilung der Welt unter den imperialistischen Mächten. Ungeachtet der Propaganda über „Demokratie“ ist er seinen wirtschaftlichen und geopolitischen Zielen nach ein imperialistischer Raubkrieg.
  • Der Kampf gegen Krieg muss sich auf die Lehren der Geschichte stützen.
  • Der Kampf gegen Krieg ist ein Kampf gegen das kapitalistische Nationalstaatensystem und für die internationale Einheit der Arbeiterklasse.
  • Der Kampf gegen Krieg muss sich auf die Arbeiterklasse stützen, die nicht nur ein „Verbündeter“ der Studierenden und Jugendlichen in diesem Kampf ist, sondern dessen entscheidende soziale Basis. Die Erklärung der IYSSE stellt unmissverständlich fest: „Die IYSSE suchen nicht einfach die Unterstützung der Arbeiter im Kampf gegen Krieg. Wir wissen, dass die Niederlage des Imperialismus davon abhängt, dass die Arbeiterklasse – bewaffnet mit einem sozialistischen Programm – als führende und entscheidende revolutionäre Kraft im Kampf gegen das kapitalistische Weltsystem auftritt. Es war die Russische Revolution – die größte Intervention der Arbeiterklasse in der Weltgeschichte –, die dem ersten globalen Massenmorden des Ersten Weltkriegs ein Ende setzte. Ebenso wird es auch heute die Intervention der internationalen Arbeiterklasse sein, die die Eskalation hin zu einem dritten Weltkrieg stoppen wird.“
  • Der Kampf gegen Krieg und für eine Orientierung auf die Arbeiterklasse erfordert schließlich einen Kampf gegen bürgerliche und kleinbürgerliche Ideologien des Nationalismus, Reformismus, Irrationalismus, Pragmatismus und zahnlosen Radikalismus, deren Ziel darin besteht, Arbeiter und Jugendliche zu desorientieren, ihr historisches und soziales Bewusstsein zu untergraben und sie an die kapitalistische Ordnung zu binden. Die wesentliche Voraussetzung für diesen Kampf ist eine systematische Ausbildung der Kader in der Geschichte und Tradition der trotzkistischen Bewegung.

Seit der Gründung der internationalen IYSSE-Führung hat die YGBL an deren Treffen teilgenommen. Kurz bevor wir diese IYSSE-Erklärung veröffentlichten, gaben sie eine eigene Erklärung heraus, die eines der wichtigsten „Beweisstücke“ in der Anklageschrift gegen Bogdan ist. Im Dezember veranstalteten die IYSSE ein internationales Webinar. Daran nahmen Redner aus der ganzen Welt teil, darunter aus den USA, der Türkei, Brasilien, Neuseeland, Europa und Australien. Im Namen der YGBL berichtete Andrei Ritsky über die sozialistische Opposition gegen das Putin-Regime. Die Genossen David North, Will Lehman und Barbara Slaughter wandten sich in eigenen Beiträgen an die Teilnehmer des Webinars.

Im Januar 2023 begann die World Socialist Web Site mit der Veröffentlichung ihrer ukrainischen Ausgabe. Zwei Monate später, im März 2023, begannen die IYSSE eine internationale Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Der Krieg in der Ukraine und wie man ihn beenden kann“, mit Veranstaltungen in Kanada, Brasilien, Neuseeland, Australien, den USA und Europa. Obwohl die Treffen nicht groß waren, erregten sie sofort die Aufmerksamkeit des Staatsapparats und seiner pseudolinken und faschistischen Handlanger, die versuchten, unsere Treffen zu stören und in mehreren Fällen auch zu verbieten. Die „Rechtfertigung“ für die Zensur war dieselbe wie die für Bogdans Verhaftung: die internationalistische Opposition des IKVI gegen den Krieg machten es zu einem „Verteidiger des Putin-Regimes“. Die YGBL veröffentlichte mehrere Erklärungen, in denen sie diese verachtenswerte Lüge widerlegte und den Versuchen, unsere Treffen zu verbieten, entgegentrat. Ihre Erklärung zur Unterstützung des Treffens der Genossen in Brasilien sowie ein Bericht über unser Treffen in San Diego mit David North sind Teil der „Beweise“, die der SBU für sein Verfahren gegen Bogdan beschlagnahmt hat.

Die Versammlung der IYSSE an der Universität von San Diego

Das Internationale Komitee hat auf seiner Mai-Kundgebung 2023, die am 30. April abgehalten wurde, eine politische Strategie gegen die Kriegsentwicklung vorgelegt. Im Eröffnungsbericht skizzierte David North die gemeinsame Geschichte des revolutionären Kampfs der russischen und ukrainischen Arbeiterklasse und entwickelte unsere Kritik am Putin-Regime und dessen Strategie der „Multipolarität“. Wir haben uns auch bewusst dafür entschieden, sowohl Genossen Bogdan als auch Genossen Andrei Ritsky als Vertreter der YGBL in der Ukraine bzw. in Russland sprechen zu lassen. Sie zeigten eindringlich den politischen Bankrott der beiden oligarchischen Regime auf, die aus der Restauration des Kapitalismus in der UdSSR durch die Stalinisten hervorgegangen sind. Bogdan eröffnete seine Rede mit den Worten:

Die Behauptung, dass alle Ukrainer diesen Krieg unterstützen, ist eine dreiste Lüge. Die Hauptstützen für diesen Krieg sind nicht das Proletariat und die ukrainische Bevölkerung, deren Lage entsetzlich ist. Die Hauptstützen für diesen Krieg sind die ukrainischen bürgerlichen Nationalisten und diejenigen, denen sie dienen. Wir, die orthodoxen Trotzkisten der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten, unterstützen diesen Krieg nicht, weder in der Ukraine noch in Russland.

Dieses Ereignis, wie auch unsere Veranstaltungsreihe, blieb in Washington und Kiew ebenso wie in Moskau, wie wir hinzufügen sollten, nicht unbemerkt. Weniger als drei Wochen nach unserer Maikundgebung, am 18. Mai 2023, leitete der regionale Leiter des SBU in der Region Nikolaev ein Strafverfahren gegen Bogdan wegen Verstoßes gegen den Strafrechtsartikel 111, Teil 2 – Hochverrat unter den Bedingungen des Kriegsrechts – ein. Fast ein Jahr lang beobachtete der SBU sorgfältig die Aktivitäten und Veröffentlichungen der YGBL und des IKVI auf der WSWS, bevor er am 25. April 2024 beschloss, Bogdan zu verhaften.

In dem Jahr zwischen der Einleitung der Ermittlungen und Bogdans Verhaftung machte die Zusammenarbeit der YGBL und des IKVI im Kampf gegen den Krieg wichtige Fortschritte. Genossen der YGBL nahmen an der Sommerschule im letzten Jahr teil. Die YGBL organisierte mit uns eine Feier zum 100. Jahrestag der Linken Opposition im Oktober 2023 sowie eine Veranstaltung zum 100. Todestag von Lenin im Januar 2024.

Zwischen Februar und April dieses Jahres gab die Junge Garde eine Reihe von Erklärungen heraus, in denen unsere Analyse des Putin-Regimes als bonapartistisches Regime der Oligarchie erheblich weiterentwickelt wurde. Dieses bonapartistische Regime balanciert zwischen verschiedenen Fraktionen der Oligarchie, zwischen der Arbeiterklasse und der Oligarchie sowie zwischen der Oligarchie und dem Imperialismus. Die letzte Erklärung der YGBL, an der Genosse Bogdan beteiligt war, „Die Gefahr der imperialistischen Aufteilung der ehemaligen Sowjetunion und die Aufgaben der Arbeiterklasse“, wurde im April veröffentlicht, nach dem Terroranschlag am 22. März 2024 in Moskau, der eine enorme Eskalation des Nato-Kriegs gegen Russland bedeutete. In der Erklärung liefert unsere Einschätzung der imperialistischen Zerstückelung der ehemaligen Sowjetunion, die derzeit im Gange ist, und des Putin-Regimes als bonapartistisches Regime der Oligarchie, das eine im Wesentlichen neostalinistische Außenpolitik verfolgt. Darin wurde erklärt:

Die Hauptaufgabe seines Regimes ist vor allem der Erhalt der Privilegien einer winzigen Schicht von Oligarchen, die sich durch die Plünderung des sowjetischen Staatseigentums zur neuen herrschenden Klasse entwickelt hat. ...

Um diese „Explosion“ der Klassenspannungen zu verhindern, versucht Putin verzweifelt, zwischen der Arbeiterklasse und der Oligarchie, zwischen den unterschiedlichen Fraktionen der Oligarchie und zwischen den nationalen und wirtschaftlichen Interessen der Oligarchie und denen des westlichen Imperialismus zu vermitteln. Doch die immer aggressivere Offensive des Imperialismus und das Schüren von internen Kämpfen innerhalb der Oligarchie sowie die Entwicklung des Klassenkampfs machen diesen Balanceakt immer schwieriger...

Die Arbeiterklasse der ehemaligen Sowjetunion ist mit einer existenziellen Bedrohung konfrontiert. Wenn die herrschende Oligarchie die Kontrolle über die Lage behält, sind die Alternativen ein direkter Konflikt mit der Nato, bei dem der Einsatz von Atomwaffen droht, oder die Aufteilung der gesamten Region durch eine Serie von Bürgerkriegen und Regimewechsel-Operationen.

Die Arbeiter und Jugendlichen in der gesamten ehemaligen Sowjetunion können gegen die existenzielle Gefahr durch den imperialistischen Angriff nur dann erfolgreich kämpfen, wenn sie auf den Weg von 1917 zurückkehren, d.h. auf den Weg des Klassenkampfs und der sozialistischen Revolution.

Nur drei Tage vor seiner Verhaftung beendete Bogdan den Entwurf seiner geplanten Rede für die Maikundgebung 2024. Er schloss mit den Worten:

Am Tag der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse rufen wir, die Mitglieder der ukrainischen Sektion der Jungen Garde der Bolschewiki-Leninisten und die gesamte YGBL, zur Vereinigung des ukrainischen und russischen Proletariats mit dem Proletariat der imperialistischen Länder auf, um diesen Krieg zu beenden!

Wir rufen auf zum Aufbau von Sektionen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale in allen ehemaligen Sowjetrepubliken.

Und wir rufen das Proletariat der Welt auf, sich unter dem Banner seiner Führung - des Internationalen Komitees der Vierten Internationale - zu vereinen.

Lasst die Worte von Karl Marx und Friedrich Engels lauter und stärker erklingen: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Die Prinzipien der Kampagne für Bogdans Freilassung

Bogdan befindet sich nun seit über drei Monaten im Gefängnis. Wie wir in unseren Erklärungen betont haben, ist sein Gesundheitszustand schlecht. Er hat Zugang zu Medikamenten, aber in ukrainischen Gefängnissen herrschen Bedingungen, die eine unmittelbare Bedrohung für seine Gesundheit und sogar sein Leben darstellen. Dies ist nicht nur unsere Einschätzung, sondern auch die des US-Außenministeriums, das öffentlich eingeräumt hat, dass in Selenskyjs Ukraine „harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen“ existieren. Unsere Warnungen, dass er einem Scheingericht ausgeliefert sein würde, waren keine leeren Worte. Jede einzelne gerichtliche Entscheidung in diesem Fall basierte buchstäblich auf einer Wiederholung der Anklagen des SBU. Anwälte wurden bedroht und eingeschüchtert, damit sie nicht Bogdans Verteidigung übernehmen.

Bogdan Syrotjuk Mitte April 2024

Der Fall Bogdan widerlegt die imperialistische Kriegspropaganda über die Verteidigung der „Demokratie“ in der Ukraine und anderswo. Die Ukraine wird von einer Bande mafiöser Oligarchen und Faschisten regiert. Um sich selbst zu bereichern und ihre reaktionären Interessen durchzusetzen, haben sie die Arbeiterklasse dem Imperialismus ausgeliefert und die Ressourcen des Landes preisgegeben. Die Inhaftierung des 25-jährigen Sozialisten stützt sich auf eine „Rechtsgrundlage“, die nichts anderes als eine Verschmelzung des stalinistischen und des nationalsozialistischen Gerichtssystems der 1930er Jahre darstellt.

Das bedeutet nicht, dass wir eine defätistische Haltung einnehmen. Ganz im Gegenteil. Wir werden nicht nachgeben, bis Genosse Bogdan frei ist. Und er wird frei sein. Auch wenn wir das juristische Verfahren sehr ernst nehmen, wissen wir, dass es sich um einen politischen Fall handelt, der einen politischen Kampf erfordert. Bogdans Freiheit kann nur erreicht werden, wenn wir die größtmögliche Unterstützung für ihn mobilisieren. Schon Tage nach seiner Verhaftung haben wir daher eine weltweite Kampagne für seine Freilassung begonnen. Wir starteten eine Petition, richteten einen offenen Brief an die ukrainische Regierung und hielten internationale Mahnwachen vor ukrainischen Botschaften ab, von denen die meisten sich weigerten, den Brief überhaupt entgegenzunehmen.

IKVI-Mitglieder und Unterstützer halten Mahnwachen für die Freilassung des inhaftierten ukrainischen Sozialisten Bogdan Syrotjuk vor den ukrainischen Botschaften in Berlin, London, Washington D.C. und Istanbul (im Uhrzeigersinn von oben links) am 13. Juni 2024.

Unsere Kampagne steht in der mehr als hundertjährigen Tradition von Kampagnen der sozialistischen Bewegung zur Verteidigung von Klassenkriegsgefangenen. Dazu gehören die Kampagnen zur Freilassung von Thomas Mooney und Warren Billings, zwei amerikanischen sozialistischen Arbeitern, die wegen ihres Widerstands gegen den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg zu Unrecht verurteilt und inhaftiert wurden. Zuletzt haben wir für die Freilassung Julian Assanges gekämpft. Bei all diesen Kampagnen hat die trotzkistische Bewegung eine führende Rolle gespielt.

Im Mittelpunkt dieser Kampagnen steht der politische Grundsatz, dass es keinen Kampf gegen Krieg und Kapitalismus ohne einen Kampf für demokratische Rechte geben kann. Die Verteidigung demokratischer Rechte muss konkret sein. Wie James P. Cannon einmal feststellte: „Es hat keinen großen Wert, über die Verteidigung der Bürgerrechte zu reden, wenn man nicht bereit ist, die Opfer der Verletzung dieser Rechte zu verteidigen. Die Wahrheit ist immer konkret, und das gilt auch für die Bürgerrechte.“ (James P. Cannon, „Tentative Action on the Civil Rights Front“, Notebook of an Agitator. From the Wobblies to the fight against the Korean War and McCarthyism, Pathfinder Press 1993, 410, 412–413).

James P. Cannon

Deshalb haben wir uns an all diejenigen gewandt und werden dies auch weiterhin tun, die sich als links, sozialistisch oder demokratisch bezeichnen. Dank dieser prinzipiellen Herangehensweise haben wir begonnen, in der Kampagne auch diejenigen zu entlarven, die der Verteidigung der demokratischen Rechte und dem Kampf gegen den Krieg gleichgültig oder sogar ablehnend gegenüberstehen. Hier sind einige aufschlussreiche Beispiele zu nennen. Die überwiegende Mehrheit der Akademiker hat, wie in allen Fragen, die eine Verteidigung von Prinzipien erfordern, mit ohrenbetäubendem Schweigen reagiert.

In Russland haben die Genossen der YGBL die Informationen über Bogdans Verhaftung unter den Organisationen, die sich als sozialistische und internationalistische Kriegsgegner bezeichnen, weit verbreitet. Die Reaktionen, mit wenigen bemerkenswerten Ausnahmen, waren besonders übel und enthüllen die immense Klassenkluft zwischen diesen Tendenzen und unserer Bewegung. Eine Gruppe, die den neostalinistischen Flügel der russischen Pseudolinken repräsentiert, der sich am Putin-Regime orientiert, erklärte, wir sollten uns jetzt nicht „beschweren“, da Bogdan ja von Anfang an gegen die russische Invasion gewesen sei. Sie schreiben:

Leider, aber es ist ganz logisch, dass er seine Ladung abgekriegt hat! Jetzt hat er die Chance, am eigenen Leib zu erfahren, wessen Regime reaktionärer ist. Nur die „reaktionären“ Truppen des furchtbaren, schrecklichen Putin werden ihn befreien. Wir sind, gelinde gesagt, keine Fans von Wladimir Wladimirowitsch [Putin], aber die Position eures Genossen ist offen gesagt dumm. Kopiert nicht mechanisch die Taktik der Bolschewiki des frühen 20. Jahrhunderts! Denkt nach! Die Bolschewiki haben ihre Taktik an bestimmte Bedingungen geknüpft, die absolut nicht mit den heutigen Bedingungen vergleichbar sind.

Es ist schwierig, sich ein abstoßenderes Beispiel für Sozialchauvinismus und Verachtung aller Grundprinzipien der sozialistischen Bewegung vorzustellen. Aber es gibt ein solches Beispiel. Eine maoistische Organisation, die offenbar eher auf die von der Nato unterstützte Fraktion der russischen Oligarchie ausgerichtet ist, schrieb:

Wir halten es für inakzeptabel, sich in die Angelegenheiten der Arbeiterklasse eines anderen Staates einzumischen. Wir glauben auch, dass jede Hilfe für Ihren Genossen aus Russland schädlich wäre. Das ist eine Sache der ukrainischen Politik. Die Berichterstattung darüber und die Verteidigung Ihres Genossen sollten von ukrainischen Politikern und ukrainischen Medien übernommen werden. Wir halten es für inakzeptabel, den ukrainischen Sicherheitsdiensten mit Beweisen für die Verbindung Ihres Genossen zu den Russen zu helfen. Wir halten es für noch inakzeptabler, der russischen Propaganda Gründe zu liefern, um die Ukraine zu dämonisieren und sie zu einem Hort der Gräueltaten und des Bösen zu erklären. Das Allerletzte, was man will, ist, den russischen Imperialismus zu unterstützen, und es ist wichtig für die ukrainischen Kommunisten, ihre Unabhängigkeit zu verteidigen.

Die Kampagne für Bogdans Freiheit, wie jede große Verteidigungskampagne in der Geschichte, schärft somit die Klassenlinien und liefert die Grundlage für die politische Aufklärung der internationalen Arbeiterklasse über den wahren Charakter dieser reaktionären Tendenzen. Gleichzeitig wird sie jene Kräfte und Tendenzen in der Gesellschaft ans Licht bringen, die für die Verteidigung der demokratischen Rechte und gegen den Krieg mobilisiert werden können.

Wir haben die Unterstützung von Künstlern wie Roger Waters und Ai Wei Wei erhalten. Eine Reihe namhafter Historiker, darunter Mario Kessler und Christian Gerlach, haben uns ihre Unterstützung zugesagt, ebenso wie mehrere linke Strömungen in Russland, Lateinamerika und Europa. Auch von Maxim Goldarb, einem ukrainischen Sozialisten, den die WSWS zuvor gegen die Verfolgung durch den ukrainischen Staat verteidigt hatte, und von ukrainischen Journalisten haben wir erhebliche Unterstützung für unsere Kampagne erhalten. Aber die Kampagne hat zweifellos die stärkste Resonanz in der Arbeiterklasse gefunden, auch in Indien, wo Maruti-Suzuki-Arbeiter eindringliche Statements für Bogdan gegeben haben. In Australien, Sri Lanka, Deutschland, Großbritannien und den USA haben Aktionskomitees Erklärungen zur Unterstützung von Bogdan veröffentlicht. Auch unter Flüchtlingen aus der Ukraine und eingewanderten Arbeitern aus Osteuropa in Deutschland hat die Kampagne großen Anklang gefunden.

Schlussfolgerungen

Zum Abschluss dieses Berichts möchte ich betonen, dass Bogdan sich immer sehr bewusst war, dass er mit seinem Beitritt zum IKVI und der Aufnahme des Kampfs für den Trotzkismus eine Verpflichtung einging, die große Opfer erforderte und sehr reale Risiken, auch für sein Leben, mit sich brachte.

Bogdan bei einem Brettspiel mit einem Freund

Aber er ist sich auch sehr bewusst, dass er und die Junge Garde sich einer Weltbewegung, einer Bewegung der Geschichte angeschlossen haben, die für die mächtigste soziale Kraft spricht: die internationale Arbeiterklasse. Besonders bewegt war er von der Gedenkveranstaltung, die wir im Dezember für die Genossin Helen Halyard abhielten, zu der er im Namen der YGBL Grüße übermittelte und der er mitten in der Nacht zuhörte. Ich möchte aus der Nachricht zitieren, die er danach geschickt hat, weil sie besser als alles andere widerspiegelt, wer Bogdan ist und wofür er steht:

Lieber und geschätzter Genosse North,

ich möchte Dir sehr dafür danken, dass Du mich zu der Gedenkveranstaltung für die Genossin Helen eingeladen hast. Trotz der späten Stunde habe ich allen Beiträgen mit großer Aufmerksamkeit und Ehrfurcht zugehört. ....Jeder Beitrag war von einem Gefühl der Dankbarkeit, des Respekts und der kameradschaftlichen Liebe durchdrungen – und von großer Klarheit darüber, wer Genossin Helen war und welche Rolle sie in ihrem Leben und in unserer Bewegung spielte.

Als ich meine Rede für die Gedenkveranstaltung schrieb, hatte ich große Angst, dass ich versagen würde, dass sie wegen meinem Schreibstil routinemäßig und banal wirken würde und dass sie viele unpassende revolutionäre Phrasen enthalten könnte. Aber Deine Rede und die der anderen Genossen zerstreuten meine Sorgen, und alles, was ich schrieb, war angemessen und sogar notwendig.

Ich schrieb den Beitrag um Mitternacht, als vor meinem Fenster Explosionen und Schüsse zu hören waren. ...

Die Gedenkveranstaltung hatte eine sehr große erzieherische Kraft und sprach Bände darüber, wie wir sein sollten. ... Für mich waren die größten Vorbilder immer diejenigen, die selbst [für eine große Idee] brannten und andere anfachen konnten, so dass sie ein Stück ihrer Flamme in all jenen hinterließen, die sie trafen.

Ich habe mich besonders gefreut, die älteren Genossen Barbara Slaughter und Fred Mazelis zu sehen und zu hören. Wenn es möglich ist, richte ihnen bitte einen feurigen Gruß von mir und meinen Genossen in der YGBL aus.

Helen Halyard mit dem sowjetischen Historiker Wadim Rogowin bei dessen Ankunft in Detroit, 2. Februar 1995

Bogdans hohes Maß an Bewusstsein für die historischen Traditionen dieser Bewegung hilft ihm jetzt zweifelsohne unter äußerst schwierigen Bedingungen. Aber dieses Bewusstsein war nicht nur das Ergebnis seines eigenen politischen Studiums und seiner prinzipiellen Haltung. Es war auch das Ergebnis der Herangehensweise des IK in der Entwicklung der Jungen Garde. Von Anfang an stand die Klärung von Fragen des historischen Erbes, der Prinzipien und der Perspektive im Mittelpunkt unserer Zusammenarbeit. In einem Brief an die YGBL vom Juni 2022 betonte David North:

Eine junge Organisation muss ihre Kontinuität mit der bisherigen Geschichte der trotzkistischen Bewegung herstellen, indem sie in der Gegenwart den Kampf gegen die Gegner des revolutionären Marxismus aufnimmt – Stalinisten, Pablisten, Staatskapitalisten, Sozialdemokraten, kleinbürgerliche Radikale, Anarchisten, bürgerliche Nationalisten und liberale Reformisten. Dieser Kampf wird auf theoretischer, politischer und organisatorischer Ebene geführt und zielt stets auf die vollständige und unbedingte politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse von der Bourgeoisie ab. Wie schwierig und widersprüchlich der Prozess auch sein mag, eine politische Bewegung, die einen solchen Kampf führt, bringt mit immer größerer Klarheit die Kontinuität des Trotzkismus zum Ausdruck und richtet ihren Kurs auf die objektive Entwicklungsrichtung der sozialistischen Weltrevolution aus.

David North bei einem Vortrag am Moskauer Historischen Institut im Jahr 1989

Die immensen Fortschritte, die das IKVI in den letzten zwei Jahren im Kampf gegen den Krieg und beim Aufbau eines Kaders in der ehemaligen Sowjetunion gemacht hat, fußen auf dieser grundlegenden Orientierung. Die Verhaftung und Anklage gegen Bogdan machen deutlich, dass auch der bürgerliche Staat unsere politischen Fortschritte aufmerksam verfolgt. Die Bourgeoisie hat erkannt, dass in dieser Entwicklung größere soziale und politische Prozesse zum Ausdruck kommen. Deshalb hat sie entschieden, dass sie darauf reagieren muss, um ihre eigenen Klasseninteressen zu verteidigen. Angesichts des wachsenden Widerstands der Bevölkerung gegen den Krieg kann sie nicht dulden, dass auch nur ein junger Führer unserer Bewegung in der Ukraine auf freiem Fuß ist. Sie konnten auch nicht zulassen, dass die World Socialist Web Site für Arbeiter und Jugendliche zugänglich war.

Die Verhaftung von Bogdan Syrotjuk ist somit ein untrügliches Zeichen dafür, dass das Internationale Komitee und seine Kader jetzt unter grundlegend veränderten Bedingungen arbeiten. Eine lange Periode der Reaktion und des unterdrückten Klassenkampfs ist zu Ende gegangen. Wie wir 1991 vorausgesagt haben, befinden wir uns in einer Periode des imperialistischen Kriegs und der sozialen Revolution. Die wahren Interessen und Konflikte in der Gesellschaft treten mit immer größerer Wucht ans Tageslicht. Dies hat sich bisher vor allem in der Eskalation des imperialistischen Kriegs und dem Angriff auf demokratische Rechte gezeigt. Sie werden aber auch unweigerlich ihren Ausdruck in der Zunahme des offenen Klassenkampfs finden.

Die Position der revolutionären Tendenz in der Gesellschaft hat sich unwiderruflich verändert. Das stellt uns vor große Chancen, aber auch vor immense Aufgaben und Herausforderungen. Wenn wir von Bogdans Verhaftung als „Kriegserklärung“ an das IKVI sprechen, dann meinen wir das auch – und wir wissen, dass die Bourgeoisie das auch so meint. Der Krieg läuft. Die Kampagne zur Befreiung Bogdans darf daher nicht nur als organisatorische Anstrengung verstanden werden, sondern muss als ein zentrales politisches Schlachtfeld in einem sich verschärfenden Klassenkrieg gesehen werden. Unsere Hauptwaffe in diesem Kampf ist die politische Bilanz der trotzkistischen Bewegung. Unsere Hauptziele sind sowohl die Freiheit von Bogdan als auch die politische Erziehung und Mobilisierung der Arbeiterklasse.

Ich rufe daher alle Genossinnen und Genossen auf, diese Resolution zu unterstützen. Sie muss die Grundlage für eine deutliche Ausweitung der Arbeit der SEP in den USA, dem Zentrum des Weltimperialismus, an der Seite unserer Genossen im Internationalen Komitee und der YGBL bilden, um eine möglichst breite öffentliche Unterstützung für Bogdan zu mobilisieren. Wie jeder Prozess gegen sozialistische Führer in der Geschichte wird er ein wichtiger Hebel sein, um große Teile der Arbeiterklasse, der Jugend und der Intelligenz über die Prinzipien aufzuklären, die der marxistischen Opposition gegen Krieg und dem Kampf für die sozialistische Revolution zugrunde liegen. Bogdan wurde verhaftet, weil er eben diese Prinzipien verteidigte. Wir müssen den Angriff der Bourgeoisie auf die trotzkistische Bewegung in eine Gegenoffensive für den Trotzkismus verwandeln. Auf dieser Grundlage wird es uns nicht nur gelingen, unseren Genossen zu befreien. Die Kampagne wird auch die politische, intellektuelle und moralische Autorität des Internationalen Komitees auf der ganzen Welt enorm stärken und dabei helfen, die politische Führung der trotzkistischen Bewegung in einer entstehenden Massenbewegung der Arbeiterklasse und der Jugend gegen Krieg und Kapitalismus aufzubauen.

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