Am Donnerstag den 22. August wird in Potsdam der neu aufgebaute Turm der Garnisonkirche eingeweiht. Zu den Festrednern zählt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der vor sieben Jahren die Schirmherrschaft über das von Rechtsextremen initiierte Projekt übernahm.
Die Garnisonkirche verkörpert wie wenige andere Bauwerke die verbrecherischen Traditionen des deutschen Militarismus. In den 1730er Jahren im Auftrag des „Soldatenkönigs“ Friedrich Wilhelm I. errichtet, diente sie über 200 Jahre lang der Indoktrination von Soldaten, die auf bedingungslosen Gehorsam eingeschworen und gesegnet wurden, bevor sie die Revolutionen von 1848 und 1918 niederschlugen, aufständische Boxer in China und Herero und Nama in Namibia abschlachteten oder ins Maschinengewehrfeuer des Ersten Weltkriegs geschickt wurden.
In der Weimarer Republik wurde die Kirche zur Pilgerstätte für antidemokratische und rechtsradikale Kräfte. Das gipfelte am 21. März 1933 im berüchtigten „Tag von Potsdam“, an dem die Nazi-Diktatur mit einem symbolischen Händedruck zwischen Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg inthronisiert wurde. Die Kirche wurde zur Weihestätte im politischen Kult des NS-Regimes.
1968 sprengte die DDR die im Krieg schwer beschädigte Kirche.
Die Kampagne für ihren Wiederaufbau begann lange vor dem Ende der DDR in rechtsextremen Kreisen der Bundesrepublik. Nach der Deutschen Einheit wurde sie mit doppelter Anstrengung fortgesetzt. Neben Ultrakonservativen und Rechtsextremen, wie dem späteren AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland, beteiligten sich daran auch der evangelische Landesbischof Wolfgang Huber sowie einige Sozialdemokraten, darunter die brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und Matthias Platzeck.
Aus der Bevölkerung gab es dagegen kaum Unterstützung. Die Spenden flossen spärlich, so dass schließlich der größte Teil der Baukosten von 42 Millionen Euro vom Bund finanziert wurden. Dabei fehlt immer noch die 30 Meter hohe Haube, die den Turm von 60 auf 90 Meter erhöhen soll.
Je offensichtlicher der reaktionäre Charakter des Projekts wurde und die Kritik daran wuchs –so forderten 2019 über hundert Architekten, Wissenschaftler und Kulturschaffende im „Ruf aus Potsdam“ seine Einstellung –, desto offener stellten sich höchste staatliche Stellen dahinter. Vor sieben Jahren übernahm schließlich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier persönlich die Schirmherrschaft.
Nun wurde versucht, das Projekt neu zu verpacken. Der Turm sei „sowohl ein architektonisches Mahnmal für die Stadt Potsdam als auch ein Gebäude, das mit einem neuen Inhalt versehen wurde, das auf Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie gerichtet ist,“ behauptet Ex-Landesbischof Huber, der zu den ältesten Förderern der Garnisonkirche gehört, in zahlreichen Interviews. In ihren Mauern soll sogar eine Dauerausstellung „Glaube, Macht und Militär“ eingerichtet werden, die sich mit der „schwierigen Geschichte“ der Kirche auseinandersetzt.
Das ist natürlich absurd. Weshalb wird ein Symbol des Verbrechens mit staatlichen Millionensummen wiederaufgebaut, um hinterher dieser Verbrechen zu gedenken? Selbst der Spiegel stellt die Frage, „weshalb man eine Architektur zurückholt, nur, um vor der von ihr repräsentierten Ideologie zu warnen“.
Die Antwort liegt auf der Hand. Hier wird – mit den obligatorischen mahnenden Fußnoten – eine Pilgerstätte für Rechtsextreme und Militaristen aufgebaut, weil die herrschende Klasse sie braucht.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius will Deutschland wieder „kriegstüchtig“ machen. Letzte Woche haben bei Kursk zum ersten Mal seit 1941 deutsche Panzer die Grenze zu Russland überquert. Die Bundesregierung finanziert den Ukrainekrieg mit Milliardensummen mit dem Ziel, die Ukraine völlig abhängig zu machen und Russland zu zerschlagen, um die Kontrolle über seine gigantischen Ressourcen zu erlangen. In Gaza unterstützt Berlin einen Genozid, der immer offener an die Verbrechen der Nazis erinnert.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Diese Rückkehr zu den brutalsten Formen des Militarismus erfordert eine Revision der Geschichte und eine Neubelebung des militärischen Heldenkults. Die Verbrechen der Wehrmacht, an die über Generationen hinweg mit Entsetzen gedacht wurde, müssen verharmlost und rehabilitiert werden. Deshalb werden wieder Kasernen nach Wehrmachtgenerälen benannt und die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg von Hitler auf Stalin abgeschoben. Auch die Neuerrichtung der Garnisonkirche dient diesem Zweck.
Steinmeier ist Experte darin, die Rückkehr zum Militarismus mit salbungsvollen Worten voranzutreiben. Er wird der Einweihung dieses reaktionären Bauwerks eine staatstragende Bedeutung verleihen. Es gibt kaum einen Gedenkakt an Nazi-Verbrechen in Polen oder den baltischen Staaten, auf dem Steinmeier nicht auftaucht, um unter dem Gestus von Schuldbekenntnissen den Krieg gegen Russland anzuheizen.
2014, damals noch Außenminister, gehörte Steinmeier zu den Architekten des rechten Putsches, der die Weichen für den heutigen Krieg stellte. Er war persönlich in Kiew, als der gewählte Präsident Viktor Janukowitsch gestürzt wurde, und arbeitete dabei unter anderem mit dem Führer der faschistischen Swoboda-Partei, Oleh Tjahnybok, zusammen.
Zuvor hatte Steinmeier – gemeinsam mit dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen – verkündet, dass die Zeit vorbei sei, in der Deutschland die Weltpolitik nur von der Seitenlinie kommentiere. Deutschland sei „zu groß und zu wichtig“, als dass es sich noch länger aus den Krisengebieten und Brennpunkten der Weltpolitik heraushalten könne.
Seine Schirmherrschaft für die Garnisonkirche steht in diesem Zusammenhang. Wir empfehlen unseren Lesern die Lektüre des ausführlichen Artikels über die Garnisonkirche, den die WSWS im Dezember 2022 veröffentlicht hat. Er kann unter dem folgenden Link aufgerufen werden: