Krise auf dem Wohnungsmarkt verschärft sich

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt nimmt immer katastrophalere Formen an. Millionen von Haushalten kämpfen mit explodierenden Mieten, während Immobilienhaie traumhafte Renditen abschöpfen. Durch den bewusst herbeigeführten Mangel an bezahlbaren Wohnungen und Sozialwohnungen nehmen Zwangsräumungen und Obdachlosigkeit immer weiter zu.

Protest gegen Deutsche Wohnen (Bild: Uwe Hicksch/CC BY-NC-SA 2.0) [Photo by Uwe Hicksch / CC BY-NC-SA 2.0]

Besonders krass zeigt sich dieser Trend in der Bundeshauptstadt. Der Wohnmarktreport 2024 der Berlin Hyp AG und dem Maklerhaus CBRE zeigt auf, dass in ganz Berlin die Angebotsmieten zuletzt stark angestiegen sind. Im Durchschnitt betrug die Nettokaltmiete 13,60 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2023, was ein Anstieg von 19 Prozent zum Vorjahr bedeutet. Ein Jahr zuvor lag die durchschnittliche Nettokaltmiete noch bei 11,43 Euro pro Quadratmeter. Die teuersten Wohnungen liegen demnach im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit 17,86 Euro, selbst die günstigsten in Marzahn-Hellersdorf betragen im Schnitt mittlerweile 10,81 Euro pro Quadratmeter. Besonders drastische Steigerungen gab es in diesem Zeitraum in den Bezirken Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg, mit 23,5 bzw. 23,2 Prozent.

Eine Analyse vom Immobilienanbieter ImmoScout24 bestätigt diese Mietenexplosion. Ende 2022 betrug der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Berlin 12,05 Euro und stieg ein Jahr später um 18,7 Prozent auf 14,30 Euro. Lukas Siebenkotten, der Präsident des Deutschen Mieterbundes, fasst die aktuelle Wohnungssituation treffend zusammen: „Es werden zu wenige Wohnungen gebaut, und die, die entstehen, richten sich nicht an jene, die sie am dringendsten benötigen.“ Und weiter erklärt er, dass „alles, was legal ist, an Mietsteigerungen ausgenutzt werden wird“. Haushalte sind dadurch gezwungen einen immer größeren Teil des Nettoeinkommens für die Mietkosten auszugeben.

Gerade Studierende sind stark von den fehlenden bezahlbaren Wohnungen betroffen. „Das wirkt sich dann auch auf die Studienplatzwahl und den -ort aus. Die Entscheidung wird darauf reduziert, wo man sich ein Studium leisten kann“, betonte die Präsidentin des deutschen Studierendenwerks, Beate Schücking.

Die ärmsten Schichten sind von einem eklatanten Mangel an Sozialwohnungen betroffen. In den letzten 35 Jahren sank die Zahl der Sozialwohnungen von 1,8 Millionen im Jahr 1989 auf aktuell noch 1,08 Millionen. Die Studie der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) verdeutlicht, dass entsprechend etwa 800.000 Wohnungen bis 10 Euro pro Quadratmeter Nettokaltmiete in Deutschland benötigt werden. Die PESTEL-Studie im Auftrag des Bündnis „Soziales Wohnen“ geht sogar von einem Defizit von 912.000 Sozialwohnungen aus.

Die Ankündigung der Ampel-Regierung von SPD, Grünen und FDP zum Amtsantritt war es, jährlich 400.000 Wohnungen, davon mindestens 100.000 Sozialwohnungen, zu bauen. Im letzten Jahr wurden gerade einmal 300.000 Wohnungen, 25.000 davon Sozialwohnungen neu gebaut. Für den Bau von Sozialwohnungen gibt die Bundesregierung offiziell gerade einmal 2,5 Milliarden Euro aus, was angesichts der massiven Mittel, die für innere und äußere Aufrüstung aufgebracht werden, regelrecht lächerlich ist.

Die fehlenden bezahlbaren Wohnungen und die explodierenden Mieten haben eine steigende Zahl an Zwangsräumungen zur Folge. Im letzten Jahr sind die Zwangsräumungen in Berlin gegenüber 2022 um 22,7 Prozent gestiegen. 2022 waren es 1.931 Zwangsräumungen und ein Jahr später bereits 2.369. Die Hauptursache für Zwangsräumungen sind Mietschulden, was die Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter zur Folge hat.

Dadurch steigt die Anzahl wohnungsloser Menschen kontinuierlich an. Laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) waren 2022 rund 607.000 Menschen in Deutschland wohnungslos. In diesem Jahr ist von einem weiteren scharfen Anstieg auszugehen.

Rbb24 berichtete jüngst von einem dramatischen Fall, der aber bei weitem kein Einzelschicksal ist. Manfred Moslehner, 84-Jahre alt, ist momentan mit einer Zwangsräumung im Berliner Bezirk Reinickendorf konfrontiert. Vorerst darf er in seinem Geburtshaus wohnen bleiben. Der Eigentümer seines Hauses, die „Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft“, will das Haus modernisieren, was Manfred Moslehner seit Jahren zu verhindern versucht. Daraufhin hat der Eigentümer das Mietverhältnis gekündigt. Vor kurzem hat das Amtsgericht Wedding die Kündigung bestätigt. Denn der Mieter steht den Gewinninteressen des Eigentümers im Weg, der mit einer Modernisierung die Miete drastisch erhöhen darf.

Damit Moslehner in seiner Wohnung erst einmal weiter wohnen darf, musste er 4.300 Euro als Sicherheitsleistung beim Amtsgericht hinterlegen, was nur durch Spenden bewerkstelligt werden konnte. Der aktuelle Mietvertrag aus dem Jahr 1978 sieht eine Kaltmiete von 400 Euro vor. Seine monatliche Rente beträgt gerade einmal 1.000 Euro, aber durch die Modernisierung könnte der Eigentümer eine monatliche Miete von 1.300 Euro verlangen. Manfred Moslehner erklärt zu seiner momentanen Situation: „Mir geht es schlecht, ich fühle mich am Ende. Ich kann nachts kaum schlafen und wenn ich schlafe, habe ich Alpträume. Mit dem Alter hat man ja auch nicht mehr diese Energie, die fehlt.“

Ende April hat die Ampel-Regierung einen Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit beschlossen. Laut diesem soll es bis 2030 keine Wohnungs- und Obdachlosigkeit mehr geben. Zum Großteil besteht der Aktionsplan aus heißer Luft. Auf Bundes- und Länderebene haben die Regierungen, die die Probleme durch ihre Politik verursacht haben, immer wieder vollmundige Versprechen gemacht und inhaltsleere Projekte ins Leben gerufen.

Ein Beispiel ist das sogenannte Housing-First-Projekt in mehreren Bundesländern wie Berlin. 2021 wurde von der damaligen Landesregierung aus SPD, Linken und den Grünen der „Berliner Masterplan zur Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030“ beschlossen. Das Ziel ist die Vermittlung von Wohnungslosen in eine Wohnung. Während der Projektphase von 2018 bis 2021 wurden 79 Wohnungslose in eine Wohnung vermittelt.

In diesem Jahr wird für das Housing-First-Projekt, an dem sechs soziale Träger beteiligt sind, eine Fördersumme von 4,4 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Insgesamt sollen pro Jahr 250 Wohnungslose eine Wohnung erhalten, bei 35.000 Wohnungs- und Obdachlosen in Berlin.

Bei diesem Schneckentempo würde die Vermittlung von Wohnungen an alle Wohnungslosen 140 Jahre dauern, vorausgesetzt es werden in dem Zeitraum nicht mehr Menschen wohnungslos. Wenn der Senat das Problem ernsthaft angehen würde, müssten jährlich etwa 5.000 Wohnungslose in Wohnungen vermittelt werden, um bis 2030 keine Wohnungs-und Obdachlosigkeit mehr in Berlin zu haben.

In der Hauptstadt lässt sich beispielhaft nachvollziehen, wie alle etablierten Parteien bewusst die katastrophale Wohnsituation herbeigeführt haben. Unter der Landesregierung von CDU und SPD, mit dem Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), wurde 1997 die Neubauförderung von Sozialwohnungen eingestellt und mehrere Siedlungen von der Belegungsbindung 1998 befreit. Der Berliner Senat aus SPD und der PDS, unter Klaus Wowereit (SPD), besiegelte 2003 das Ende der Anschlussförderung für einen Teil der Berliner Sozialwohnungen und 2011 hat der Senat aus SPD und den Linken die vorzeitige Ablösung von Sozialbindungen ermöglicht.

2021 entschied sich eine Mehrheit beim Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co. Enteignen“ für die Enteignung von Immobilienhaien, doch der Senat aus SPD, Grünen und Linken setzte alles daran dies zu verhindern. Der jetzige Senat aus CDU und SPD hat Anfang des Jahres das Kündigungsmoratorium der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften beendet, womit Mieterhöhungen von 2,9 Prozent pro Jahr ermöglicht werden.

Sämtliche etablierte Parteien sehen sich einzig und allein den Interessen der Immobilienunternehmen verpflichtet. Gleichzeitig verschärfen die sozialen Angriffe, die durchgesetzt werden, um Aufrüstung und Krieg zu finanzieren, die Situation für immer mehr Menschen.

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