Kostenexplosion bei Mieten und Energie: Wohnen wird zum Luxus

In den nächsten Wochen und Monaten sind Mieter mit enormen Kostensteigerungen konfrontiert. Neben der bereits enorm hohen Inflation von knapp acht Prozent steigen die Mieten vor allem in den Großstädten rasant. Hinzu kommen Steigerungen bei Heiz- und Stromkosten, die zahlreiche Familien in Existenznöte bringen.

In 28 Städten übersteigt der prozentuale Mietpreisanstieg die Inflationsrate. So stark wie in keiner anderen deutschen Stadt sind die Mieten in den letzten Jahren in Berlin gestiegen. Von 2016 bis 2021 erhöhten sich die Angebotsmieten in Berlin nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Statista) um gigantische 42 Prozent. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis lag 2016 noch bei neun Euro, nun liegt er bei 12,80 Euro (2021).

Siedlung "An der Kappe" in Spandau - bis 31 Prozent Mietsteigerung [Photo by Alexrk2/CC BY-SA 3.0/Wikimedia commons]

Dies spüren gerade Menschen mit geringen und mittleren Einkommen. Die Berliner Siedlung „An der Kappe“ in Spandau ist dafür beispielhaft.

Das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen, welches im letzten Jahr vom größten Immobilienkonzern Deutschlands, Vonovia, übernommen wurde, plant eine umfangreiche Sanierung der 203 Wohnungen in der Siedlung. Diese Kosten sollen auf die Mieter, die zum Großteil nur über ein geringes Einkommen verfügen, abgewälzt werden. Teilweise betragen die Mieterhöhungen dadurch bis zu 31 Prozent.

Marcel Eupen, Chef des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbunds e.V., merkt im Tagesspiegel dazu an: „Viele Mieterinnen und Mieter werden sich aufgrund der Modernisierung ihre Wohnung nur noch schwer leisten können und sind von Verdrängung bedroht.“ Die hohe Inflation sei ein besonderes Problem für die Menschen vor Ort. Die meisten von ihnen beziehen niedrige oder mittlere Einkommen.

Bisher sind 203 Wohnungen von den Kostensteigerungen betroffen. Die Deutsche Wohnen will die Mietsteigerungen auf 1139 Wohneinheiten ausweiten.

Bis 2004 gehörte die Siedlung zur landeseigenen Gewobag. Die damals amtierende Landesregierung von SPD und Linkspartei verscherbelte sie zum Spottpreis an die Amsterdamer Draaipunt-Holding. 2016 wurde sie dann von der Deutschen Wohnen übernommen. Die Siedlung und ihre Mieter stehen beispielhaft für viele weitere, die dem Spar- und Privatisierungskurs von Rot-Rot zum Opfer fielen.

Fortgeführt wird diese Politik nun in der Hauptstadt von SPD, Grünen und Linkspartei. Im Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen und Vonovia, der im letzten September in Berlin abgehalten wurde, stimmten 57,6 Prozent dafür. Als Reaktion darauf wurde vom Berliner Senat eine Enteignungs-Kommission unter dem rechten Senator für Bauen und Wohnen, Andreas Geisel (SPD), errichtet. Geisel war bereits unter der alten rot-rot-grünen Berliner Landesregierung Innensenator und hat sich besonders beim brutalen Vorgehen gegen Hausbesetzer in der Rigaer Straße einen Namen gemacht.

Geisel und die regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) haben von Anfang an deutlich gemacht, dass es unter dieser Regierung keine auch noch so geringe Beschneidung der Interessen der Immobilienhaie geben wird. Seither wird das klare Votum der Bevölkerung schlichtweg ignoriert.

Auch Studenten haben immer größere Schwierigkeiten, bezahlbaren Wohnraum zu finden. In Berlin stiegen hier die Kosten um zehn Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr. In 51 von 67 Städten sind die Angebotsmieten von studententauglichen Wohnungen gestiegen, an der Spitze steht dabei Potsdam mit 16 Prozent.

Zu den wachsenden Kaltmieten kommen die steigenden Gas- und Energiepreise. Die Gasumlage der Bundesregierung ist eine Kriegssteuer, mit der dafür gesorgt werden soll, dass die Energieunternehmen weiterhin traumhafte Gewinne machen, während die Bundesregierung den Krieg gegen Russland forciert.

Aktuell liegt der Gaspreis für Neukunden bei circa 18 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Vor einem Jahr betrug er nur 6 Cent/kWh. Innerhalb eines Jahres hat sich der Preis verdreifacht. Mit der geplanten Gasumlage und anderen Umlagen (z.B. der SLP-Bilanzierungs-, Konvertierungs-, Gasbeschaffungs- und Gasspeicherumlage) kommen für Endverbraucher nochmal knapp 3 Cent/kWh ab dem 1. Oktober 2022 hinzu.

Ebenso dramatisch sind die Preissteigerungen bei Strom. Das Vergleichsportal Verivox geht davon aus, dass der durchschnittliche Preis im kommenden Jahr über 45 Cent pro Kilowattstunde liegen wird. Das wären rund 50 Prozent mehr als in den letzten drei Jahren, als sich der Durchschnittspreis zwischen 30 und 32 Cent bewegte.

Statista hat gestützt auf Daten aus dem Jahr 2021 darauf hingewiesen, dass rund jeder achte Mieter mit seinen Wohnkosten überlastet war. Die Ausgaben für Miete plus Energiekosten betrugen für die 12,8 Prozent der Mieter über 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens. Besonders viel fürs Wohnen mussten Single-Haushalte mit 35,4 Prozent aufbringen. Mit der Preisexplosion bei den Mieten und den Energiekosten steigt dieser Prozentsatz weiter an.

Eine Auswertung des Unternehmens Mineko, das Nebenkostenabrechnungen prüft, ergab eine Verdoppelung der Nebenkosten für das Jahr 2022. Bewohner einer Durchschnittswohnung von 92 Quadratmetern bezahlten 2020 etwa 3200 Euro für Nebenkosten und müssen jetzt fast 7000 Euro berappen. Kaum überraschend, sind Heizung und Warmwasser die Preistreiber. Hier wird von einer Vervierfachung der Kosten ausgegangen. Sollte dieser Winter kälter als die vorherigen werden, steigen diese Kosten noch weiter an.

In einem Informationsblatt des Wohnungskonzerns Vonovia werden die Mieter ausdrücklich auf das Frieren für den „Krieg in der Ukraine“ vorbereitet. Ziel ist es, so viel Erdgas wie möglich einzusparen. „Im Sinne der Umwelt und Ihres Geldbeutels ... haben wir Ihre Heizung so eingestellt, dass die Heizleistung nachts zwischen 23 Uhr und 6 Uhr auf 17 Grad Celsius begrenzt wird.“

Die Folgen davon sind Regierungen und Konzernen natürlich bekannt. Der Direktor und Professor im Umweltbundesamt, Innenraumexperte und langjährige Geschäftsführer der Innenraum-Lufthygiene-Kommission, Heinz-Jörn Moriske, sieht eine Temperatur unter 19 Grad in der Wohnung als kritisch an, da sich die Anfälligkeit für Infektionen erhöht. „Das gilt gerade bei älteren Menschen, bei Menschen mit niedrigem Blutdruck und solchen, die sich wenig bewegen.“

Ein zusätzliches Problem ist laut Moriske die Ausbreitung von Schimmel, mit erheblichen gesundheitlichen Risiken. Durch die Abgabe von Feuchtigkeit, z.B. durch Kochen, Duschen und Ausatmen, erhöht sich die Luftfeuchtigkeit in der Wohnung. Hierdurch entsteht an kalten Stellen ein Wasserfilm. Wird dann nicht regelmäßig gelüftet oder geheizt, entsteht Schimmel. „Schimmel in der Wohnung wiederum führt zu Allergien und Atemwegserkrankungen“, erklärt Moriske. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor dauerhaft niedrigen Innentemperaturen, weil dies eine Erhöhung von Todesfällen durch Schlaganfälle und Herzinfarkte zur Folge hat.

Die Immobilienkonzerne und die hinter ihnen stehenden Parteien scheren sich nicht um die Folgen für die Mieter. Vonovia hat im ersten Halbjahr 2022 gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 seinen Gewinn um fast 36 Prozent auf über 1 Milliarde Euro maximiert. Ursache für die Profitorgie war die Übernahme des bis dahin zweitgrößten deutschen Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen im zweiten Halbjahr 2021. Seit der Übernahme vor knapp einem Jahr ist die Vonovia-Aktie um fast die Hälfte des Wertes abgestürzt, von 48,19 Euro am 20. August 2021 auf ungefähr 27 Euro. Auf der letzten Hauptversammlung versprach Vonovia-Chef Rolf Buch den Aktionären eine satte Rekorddividende von 1,66 Euro je Aktie, also acht Cent mehr als im Vorjahr.

Wie diese Gewinne erwirtschaftet werden, ist recht klar. Im Juni stimmte Buch seine Mieter auf rapide steigende Mieterhöhungen ein. „Wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend steigen.“ Bei der aktuellen Inflationsrate würde das eine jährliche Mieterhöhung von mindestens 7,5 Prozent bedeuten.

Während die Überlastung der Haushalte wächst, feiern die Immobilien- und Energiekonzerne riesige Profite. Die Kosten des Krieges soll die arbeitende Bevölkerung tragen. Gegen diese reaktionäre Politik, die von allen Parteien vertreten wird, muss eine unabhängige Bewegung der Arbeiterklasse aufgebaut werden.

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