Die Tory-Regierung von Premierminister Rishi Sunak hat der britischen Arbeiterklasse und allen Gegnern von Israels völkermörderischem Überfall auf die Palästinenser in Gaza den Krieg erklärt.
Am Freitagabend erklärte er vor der Downing Street 10 in einer außergewöhnlichen Stellungnahme zu den friedlichen Protesten für einen Waffenstillstand, für die mehr als eine Million Menschen mobilisiert wurden: „In den letzten Wochen und Monaten haben wir eine schockierende Zunahme von extremistischen Störungen und Kriminalität erlebt. Was als Protest auf unseren Straßen begann, hat sich zu Einschüchterungen, Bedrohungen und geplanten Gewalttaten entwickelt.“
Die diktatorische Bedeutung seiner Worte wurde klar, als Sunak den erdrutschartigen Parlamentseinzug von George Galloway, der sich gegen den Krieg in Gaza ausgesprochen hatte, in der Nachwahl nur wenige Stunden zuvor als „mehr als alarmierend“ bezeichnete.
Galloway erhielt bei der Nachwahl in Rochdale eine Mehrheit von 5.600 Stimmen und damit mehr Stimmen als seine Herausforderer von den Tories, Labour und den Liberaldemokraten zusammen. Die Labour Party hatte in der letzten Wahl noch eine Mehrheit von fast 10.000 Stimmen erhalten. Aus der Behauptung des nicht gewählten Premierministers, Galloways Sieg sei unrechtmäßig und Teil einer Bedrohung für „unsere Demokratie“, spricht eine so unverhohlene Feindschaft gegenüber dem demokratischen Prozess, dass seine Äußerung nahezu umgehend aus der offiziellen, auf der Website der Downing Street veröffentlichten Abschrift „redigiert“ wurde – was lächerlich ist, angesichts der Tatsache, dass seine hetzerischen Äußerungen im Fernsehen übertragen wurden.
In seiner Rede machte Sunak seine Absicht deutlich, dass er Widerstand gegen den britischen Imperialismus und vor allem gegen dessen Unterstützung für den Völkermord in Gaza kriminalisieren und mit polizeistaatlicher Unterdrückung gegen die Demonstranten vorgehen will.
Der Premierminister behauptete zwar, er äußere sich gegen „islamistische Extremisten und extreme Rechte“, doch tatsächlich richtete sich seine gesamte Rede gegen die Massenproteste gegen den Krieg. Er verurteilte wiederholt die Ansichten von Arbeitern und linken Gegnern des Imperialismus, die der extremen Rechten verhasst sind.
Sunak kündigte an, die technische Trennung zwischen der Entscheidungsfindung von Polizei und Regierung abzuschaffen und drohte: „Ich respektiere, dass die Polizei bei der Überwachung der bisherigen Proteste schwere Arbeit geleistet hat und dass sie operativ unabhängig sind. Aber wir müssen Grenzen ziehen.“
Grenzen zu ziehen bedeutet, die Proteste der Bevölkerung zu unterdrücken. Sunak erklärte: „Ja, man darf demonstrieren und leidenschaftlich protestieren. Man kann den Schutz der Zivilbevölkerung fordern. Aber nein, man darf nicht zu einem gewaltsamen Dschihad aufrufen.“
Als Beispiel nannte er, „mitten in einer Abstimmung über Israel und Gaza per Beamer antisemitische Parolen auf den Big Ben zu projizieren“. Die projizierten Parolen lauteten: „From the river to the sea, Palestine will be free“, „Stop bombing Gaza“, „Ceasefire now“ und „Stop war now“. Diese Äußerungen sind jetzt verboten und werden als Teil einer „hasserfüllten ideologischen Agenda“ verurteilt, wobei Antizionismus einmal mehr mit Antisemitismus und der „extremistischen Ideologie des Islamismus“ gleichgesetzt wird.
Auch der „Aufruf zur Beseitigung eines Staats“ ist verboten, womit der Widerstand gegen den religiös exklusivistischen israelischen Apartheidstaat gemeint ist, der palästinensisches Land besetzt. Auch dies beschreibt Sunak als Antisemitismus.
Wer für diese Ansichten kämpft, wird verhaftet, abgeschoben und verliert seinen Arbeitsplatz, sowie seinen Platz an Schulen und Universitäten.
Er verurteilte eine angebliche Bedrohung durch „kleine Gruppen... die unsere Werte ablehnen und keinen Respekt vor unseren demokratischen Traditionen haben“, die „Zweifel an der Geschichte und den Errungenschaften unseres Landes“ sähen und behaupten, „unser Land, und der Westen im Allgemein, seien allein verantwortlich für die Missstände auf der Welt, und dass wir zusammen mit unseren Verbündeten das Problem sind“.
Besonders besorgniserregende Orte seien die Schulen, wo die Zielpersonen von Sunaks Hexenjagd „den Kindern erzählen, dass das System gegen sie manipuliert oder dass Großbritannien ein rassistisches Land ist“, um „leicht zu beeinflussende Gemüter gegen ihre eigene Gesellschaft aufzubringen“.
Seine Regierung werde „unsere Unterstützung für das Prevent-Programm verdoppeln“, das von Tony Blairs Labour-Regierung nach dem völkerrechtswidrigen Überfall auf den Irak eingeführt wurde, um öffentliche Institutionen zu überwachen und Muslime zu dämonisieren.
Sunak fuhr fort: „Wir werden von den Universitäten fordern, dass sie extremistische Aktivitäten auf dem Campus unterbinden... Der Innenminister hat angeordnet, dass denjenigen, die mit einem Visum hier sind, ihr Aufenthaltsrecht entzogen wird, wenn sie bei Protesten Hass verbreiten oder versuchen, Menschen einzuschüchtern.“
Sunaks Minister fordern seit Wochen ein aggressiveres Vorgehen gegen die Proteste. Studierende wurden verhaftet und von ihren Universitäten suspendiert und Mitglieder linker Strömungen bei Demonstrationen verhaftet. Doch die Regierung ist zunehmend frustriert darüber, dass es noch keine wirkliche Offensive gegen die Demonstrationen gibt, wie Demonstrationsverbote, gewaltsameres Vorgehen der Polizei und viel mehr Verhaftungen.
Für die herrschende Klasse ist ein solcher Angriff jetzt unerlässlich.
Die Opposition gegen Israels Massaker und die ethnische Säuberung wächst mit jedem Tag, während in Gaza eine Hungersnot herrscht und das Leben von Zehn-, wenn nicht Hunderttausenden gefährdet. Es droht ein katastrophaler regionaler Krieg, der von den imperialistischen Nato-Mächten angeheizt wird, da sie den Iran unbedingt vernichten wollen, während sie gleichzeitig den Krieg in der Ukraine eskalieren. Dabei diskutieren sie u.a. über den Einsatz von Bodentruppen, der sie in direkten Konflikt mit der Atommacht Russland bringen würde.
Am gefährlichsten ist jedoch, dass sich die Wut der Arbeiter und Jugendlichen über Gaza politisch nicht nur gegen das Netanjahu-Regime richtet, sondern auch gegen seine blutbesudelten Komplizen in der Tory- und Labour-Partei.
Die WSWS erklärte zu Galloways Sieg in Rochdale: „Der von den imperialistischen Mächten unterstützte Völkermord in Gaza und die Radikalisierung von Millionen Menschen, insbesondere von jungen Arbeitern und Studenten, krempelt das ganze politische Leben in Großbritannien um. Es entsteht eine Opposition gegen Imperialismus und Krieg, gegen Labour und die Tories und sucht nach einer politischen Lösung.“
Krieg im Ausland bedeutet Krieg gegen die Arbeiterklasse im Inland. Die Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft müssen in einen Kriegsmodus gebracht werden, was eine immer brutalere Ausbeutung der Arbeiterklasse und die Zerstörung der ohnehin ausgehöhlten sozialen Dienstleistungen wie den National Health Service und das Bildungswesen erfordert.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Das ist unvereinbar mit dem Erhalt der elementarsten demokratischen Rechte. Diktatur ist das Gebot der Stunde, egal welche Partei Großbritannien regiert.
Die Äußerungen des Premierministers hatten einen so faschistoiden Beigeschmack, dass fast alle Parteien versuchten, sich von seinen unverhohlen islamophoben und autoritären Angriffen auf friedlichen demokratischen Protest zu distanzieren. Nicht so die Labour Party, deren Vorsitzender Sir Keir Starmer sich beeilte, seine Unterstützung zu erklären.
Starmer betonte, Sunak habe „Recht, wenn er für Einigkeit eintritt und das inakzeptable und einschüchternde Verhalten verurteilt, das wir in letzter Zeit erlebt haben. Die Bürger haben ein Recht darauf, ihren Geschäften ohne Einschüchterung nachzugehen, und gewählte Volksvertreter sollten in der Lage sein, ihre Arbeit zu machen und ohne Angst oder Bevorzugung abzustimmen. Darin sind sich alle Parteien einig, und deshalb sollten wir alle dies verteidigen.“
Die Tories und die Labour Party waren noch nie so offensichtlich identisch, nicht einmal während der Amtszeit des abscheulichen Premierministers Blair. Sunak und Starmer sind in den Augen von Millionen Menschen politische Zwillinge, Vorsitzende von zwei arbeiterfeindlichen, undemokratischen und unverhohlen wirtschaftsfreundlichen, Austerität bejahenden, pro-zionistischen, imperialistischen Kriegsparteien.
Starmer agiert wie ein Tory-Premierminister im Wartestand, sollte die Feindschaft der Bevölkerung zum Sturz von Sunaks Bande von Kriegsverbrechern führen. Nichts würde sich ändern, wenn er und seinesgleichen die Tory-Regierung in den anstehenden Wahlen in diesem Jahr ersetzen würden.
Doch die Arbeiterklasse darf sich von der geschlossenen Front von Tories und Labour nicht lähmen lassen. Und sie darf auch nicht warten, bis Labour an der Macht gezeigt hat, dass sie den Interessen der Arbeiter genauso brutal feindselig gegenübersteht wie in der Opposition. Arbeiter und Jugendliche müssen die Initiative ergreifen und Sunak aus dem Amt jagen, bevor er seine Drohungen wahr machen kann.
Eine Regierung, die staatliche Unterdrückung organisiert, um eine kriminelle Politik zu verteidigen, die sie gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung verfolgt, hat keine Legitimität. Deshalb muss die Forderung nach sofortigen Neuwahlen erhoben werden.
Eine auf diese Weise dem Parlament aufgezwungene Abstimmung über seine Unterstützung des Völkermords in Gaza würde nicht nur Sunaks autoritäre Agenda durchkreuzen, sondern auch die Bedingungen für die breiteste, militanteste und politisch konzentrierteste Herausforderung für Starmers zionistische „Partei der Nato“ schaffen. Sie würde einen neuen Fokus für den weit verbreiteten sozialen und politischen Unmut schaffen, der letztes Jahr zu der Streikwelle führte, die von der Gewerkschaftsbürokratie verraten wurde. Die Bürokratie ist jetzt damit beschäftigt, sich für eine Starmer-Regierung einzusetzen.
Die Socialist Equality Party würde bei jeder Parlamentswahl eine Kampagne in völliger Opposition zu allen Labour-Abgeordneten führen und gegen alle Aufrufe, für sie zu stimmen, egal wie viele prinzipienlose Vorbehalte sie an ihre Mitgliedschaft in einer Partei knüpfen, die sich selbst als Partei des britischen Imperialismus bezeichnet. Sie wird darauf bestehen, dass es nur einen Weg gibt, sich dem Krieg, dem Gemetzel in Gaza und dem Angriff auf die demokratischen Rechte im Vereinigten Königreich entgegenzustellen: der Aufbau einer massenhaften sozialistischen Antikriegsbewegung in der internationalen Arbeiterklasse.