Unbegrenzte Mittel für Krieg und Aufrüstung, Kürzungen bei den Sozialausgaben und höhere Energiepreise – das ist der Kern des Ampel-Haushalts 2024, auf den sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch früh nach mehreren Nachtsitzungen geeinigt haben. Die Einigung soll nun in Gesetzesform gegossen und voraussichtlich am 2. Februar, einen Monat nach Beginn des Haushaltsjahres, von Bundesrat und Bundestag endgültig verabschiedet werden.
Die Neuverhandlung des Haushalts war nötig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht am 15. November die Verschiebung von 60 Milliarden Euro, die ursprünglich dem Kampf gegen Corona dienen sollten, in den Klimafonds für rechtswidrig erklärt und damit ein tiefes Loch in fest verplante Ausgaben gerissen hatte.
Das Urteil löste in der Regierungskoalition eine Krise aus. SPD, Grüne und FDP waren sich zwar in den Grundfragen einig. Bereits im ursprünglichen Haushaltsentwurf hatten sie Rekordausgaben für das Militär und massive Kürzungen bei den Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsausgaben eingeplant.
Angesichts der wachsenden Opposition dagegen, stritten die Parteien hinter den Kulissen um die konkrete Umsetzung des Sparkurses. Gleichzeitig behaupteten sie, dass es keine weiteren Sozialkürzungen geben werde. Das war nichts als Augenwischerei. Das Ergebnis artikuliert die Interessen der Banken und Wirtschaftsverbände, denen die Ampel verpflichtet ist. Scholz, Habeck und Lindner einigten sich, die Schuldenbremse 2024 einzuhalten, obwohl es juristisch möglich gewesen wäre, sie wie im laufenden Jahr noch einmal auszusetzen. Das bedeutet, dass die Löcher im Haushalt durch Einsparungen oder zusätzliche Einnahmen gestopft werden müssen.
Das Festhalten an der Schuldenbremse wirkt sich nicht nur auf den Bundeshaushalt 2024 aus, sondern auch auf die der folgenden Jahre sowie auf die Haushalte der Länder und Kommunen, die einen Großteil der Bildungs- und Sozialausgaben bestreiten. Angesichts steigender Arbeitslosenzahlen und schleppenden Wirtschaftswachstums sind damit weitere Sozialkürzungen vorprogrammiert.
Die Vereinbarung zwischen den drei Koalitionspartnern lässt nur in einem Fall eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu: bei einer weiteren Verschärfung des Kriegs in der Ukraine. Die Regierung will unter allen Umständen sicherstellen, dass das Gemetzel weitergeht, das schon jetzt das Leben Hunderttausender ukrainischer und russischer Soldaten gekostet hat.
In einer Regierungserklärung, die er nach der Einigung über den Haushalt im Bundestag abgab, erklärte Bundeskanzler Scholz: „Sollte sich die Situation durch Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärfen, etwa weil die Lage an der Front sich verschlechtert, weil andere Unterstützer ihre Ukrainehilfe zurückfahren, weil die Bedrohung für Deutschland und Europa weiter zunimmt, dann werden wir darauf reagieren müssen.“ Man habe deshalb bereits jetzt vereinbart, dem Bundestag in einer solchen Lage eine Überschreitung der Schuldenbremse vorzuschlagen.
Im bestehenden Haushaltsentwurf sind für das kommende Jahr acht Milliarden Euro für Waffenlieferungen an die Ukraine, weitere Milliarden als Hilfen für den ukrainischen Haushalt sowie sechs Milliarden zur Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge in Deutschland eingeplant. Die 50 Milliarden, mit denen die Europäische Union der Ukraine in den kommenden Jahren beistehen will, sind dabei nicht berücksichtigt, obwohl Deutschland auch davon einen beträchtlichen Teil trägt.
Hinzu kommt der höchste Militärhaushalt seit Bestehen der Bundesrepublik. Er beläuft sich 2024 – verteilt auf verschiedene Haushaltsposten und Sonderfonds – auf insgesamt 85,5 Milliarden Euro, das sind 26 Prozent mehr als 2023.
Diese gewaltigen Ausgaben für Krieg und Aufrüstung werden von den Haushaltskürzungen nicht berührt. Sie dienen, wie Scholz in seiner Regierungserklärung erläuterte, deutschen Großmachtinteressen. Er sprach von der „historischen Chance“, die Ukraine, Georgien und die Länder des westlichen Balkans, „ein für alle Mal fest in Europa zu verankern“: „Davon profitiert die Region, davon profitiert aber auch eine geopolitische EU.“
Auch im Nahen Osten will die Bundesregierung ihren Einfluss ausbauen. Scholz rechtfertigte erneut den israelischen Genozid im Gazastreifen. Er tat dies mit der Begründung, eine „Befriedung“ des israelisch-palästinensischen Konflikts würde es Israel erlauben, „sich auf die wichtigste Bedrohung zu konzentrieren: auf den Iran und seine regionalen Unterstützer“.
Der Ampel-Haushalt 2024 dient dazu, die Kosten dieser Kriegspolitik auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen. Die Kürzungen sind gewaltig. Nachdem bereits im ursprünglichen Haushaltsentwurf 30,5 Milliarden Euro eingespart worden waren, werden die staatlichen Ausgaben für das kommende Jahr nun um weitere 30 Milliarden Euro gekürzt: Um 17 Milliarden im Haushalt und um 12 Milliarden im Klimafonds der Bundesregierung. Bis 2027 belaufen sich die Einsparungen im Klimafonds auf 47 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden werden direkt bei den Sozialausgaben gestrichen, davon 600 Millionen beim Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung und 250 Millionen beim Weiterbildungsbonus für Bürgergeldempfänger. Auch die Sanktionen gegen Bürgergeldempfänger, die ein Job-Angebot ablehnen, sollen wieder verschärft werden.
Aber auch andere Maßnahmen treffen vor allem Arbeiterhaushalte und Niedrigverdiener. So werden die Preise für Strom, Heizung und Benzin, die als Folge der Sanktionen gegen Russland stark angestiegen sind, durch den Wegfall von Subventionen sowie zusätzliche Steuern und Abgaben weiter in die Höhe getrieben. Der Bundeszuschuss zu den Stromnetzentgelten von 5,5 Milliarden Euro wird gestrichen, und die CO2-Abgabe auf fossile Brennstoffe wird von 35 auf 45 Euro pro Tonne angehoben.
Nicht angetastet werden dagegen Subventionen für Großkonzerne wie Intel, der zehn Milliarden Euro für die Errichtung einer Chipfabrik in Magdeburg erhält, sowie die Vermögen und Einkommen der Reichen. Obwohl der DAX diese Woche einen neuen Rekordwert erreicht hat und die Zahl der Milliardäre und Millionäre ständig steigt, lehnt die Ampel die Einführung einer Vermögenssteuer und eine höhere Besteuerung von Spitzeneinkommen kategorisch ab.
Beim Klimafonds fallen 13 Milliarden Euro, die zur Sanierung des maroden Schienennetzes der Bahn vorgesehen waren, vollständig weg. Stattdessen soll das Eigenkapital der Bahn erhöht werden, damit diese leichter Kredite erhält und die Erneuerung des Netzes selbst finanzieren kann. Das zusätzliche Kapital soll durch den Verkauf der profitablen Logistik-Tochter Schenker beschafft werden. Auch ein Verkauf der verbliebenen Bundesanteile an der Telekom und der Deutschen Post, die zusammen rund 28 Milliarden Euro wert sind, wird erwogen.
Das zeigt, wie absurd die Behauptung ist, die Schuldenbremse diene dazu, spätere Generationen vor überhöhten Schulden zu schützen. Stattdessen wird das Tafelsilber verkauft und den Profithaien zum Fraß vorgeworfen. Und die dringend erforderliche Klimawende, von der die Zukunft nachfolgender Generationen abhängt, wird weiter hinausgeschoben.
Vor drei Monaten schrieben wir, der Bundeshaushalt 2024 sei „in doppelter Hinsicht ein Kriegshaushalt: Er plant Rekordausgaben für Krieg und Aufrüstung und erklärt der Arbeiterklasse den Krieg, indem er die Sozialausgaben deutlich senkt.“ Der überarbeitete Haushalt hat dies bestätigt.
Um ihre Kriege zu finanzieren und ihre Profite zu stegern, sind die Herrschenden zu allem fähig. Sie werden dabei von allen etablierten Parteien unterstützt. Diese werfen sich höchstens gegenseitig vor, nicht aggressiv genug vorzugehen. Dasselbe gilt für die Gewerkschaften, die – wie Verdi im öffentlichen Dienst – durch Tarifabschlüsse weit unter der Inflationsrate für sinkende Reallöhne sorgen.
Der Kriegshaushalt der Ampel kündigt heftige Klassenkämpfe an. Arbeiter müssen sich darauf vorbereiten, indem sie sich unabhängig organisieren, den Kampf gegen den Kapitalismus aufnehmen und sich international zusammenschließen, um den Kapitalismus zu stürzen und die Gesellschaft nach sozialistischen Grundsätzen zu reorganisieren. Für dieses Programm treten die Sozialistische Gleichheitspartei und das Internationale Komitee der Vierten Internationale ein.