Perspektive

Washington droht dem Iran mit Atomkrieg

Die SS West Virginia, eins der atomgetriebenen und atomar bewaffneten U-Boote der Ohio-Klasse der US Navy (Foto von MC2 Ashley Hedrick)

Am Wochenende haben auf der ganzen Welt Millionen Menschen gegen Israels völkermörderischen Krieg im Gazastreifen protestiert. Am Sonntag besuchte US-Außenminister Antony Blinken die irakische Hauptstadt Bagdad, wo er das Eindringen pro-iranischer Milizen anprangerte. Diese sind im Irak aktiv, seitdem Washington illegal in das Land einmarschiert ist, die irakische Regierung gestürzt hat und von 2003 bis 2011 das Land besetzt hielt.

Blinken beschuldigt diese Milizen, seit Beginn des Gaza-Kriegs US-Militärbasen im Irak und in Syrien zu beschießen. Er sagte: „An alle, die versuchen könnten, den Konflikt in Gaza auszunutzen, um unser Personal hier oder irgendwo sonst in der Region zu bedrohen: Lasst es! ... Die Drohungen, die von Milizen, die mit dem Iran verbündet sind, ausgehen, sind völlig inakzeptabel. Wir werden alle notwendigen Schritte unternehmen, um unsere Leute zu schützen. Wir suchen keinen Konflikt mit dem Iran – das haben wir sehr deutlich gemacht – aber wir werden das Notwendige tun, um unser Personal zu schützen ...“

Blinkens Argument ist eine politische Lüge: Nicht der Iran sucht den Krieg mit den Vereinigten Staaten, sondern Washington sucht den Krieg mit dem Iran. Blinken bedroht unmissverständlich den Iran oder pro-iranische Kräfte im Irak, in Syrien und im gesamten Nahen Osten.

Vor einem Monat begann der palästinensische Aufstand gegen die illegale Blockade des Gazastreifens durch Israel. Seitdem sind mehr als 10.000 Palästinenser, zumeist Frauen und Kinder, getötet worden. Israel hat die Flüchtlingslager, Krankenhäuser und Schulen im Gazastreifen bombardiert, die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Strom unterbrochen und die Hälfte der Gebäude zerstört.

Die amerikanische Regierung versucht nicht etwa, auf Zurückhaltung zu drängen, um die Krise zu beruhigen, sondern heizt sie weiter an. Damit stellt sie die Weichen auf Krieg. Das iranische Regime hat gewarnt, dass es militärisch eingreifen könnte, um die Palästinenser vor einem Völkermord zu schützen, falls Israel in den Gazastreifen einmarschiert.

Gleichzeitig behandelt Washington die weltweiten Antikriegsproteste mit Verachtung, macht sich Israels völkermörderische Politik zu eigen und behauptet, Israel habe das „Recht auf Selbstverteidigung“. Außerdem haben die USA zwei Flugzeugträger-Kampfgruppen und Raketenabwehrbatterien in den Nahen Osten geschickt. Solche Waffen taugen nur gegen andere Großmächte wie den Iran.

Die Drohungen der USA gegen den Iran wurden diese Woche noch durch die ungewöhnliche Ankündigung unterstrichen, dass ein US-Atomraketen-U-Boot sich dem Zentralkommando, das den Nahen Osten überwacht, anschließen soll. Ein solches Schiff kann entweder 154 atomar bestückte Tomahawk-Marschflugkörper oder 20 ballistische Atomraketen aufnehmen. Es verfügt über eine Gesamtvernichtungskraft von 23 oder 28 Millionen Tonnen TNT – etwa das 1.900- oder 2.300-fache der Atombombe, die 1945 Hiroshima zerstört hatte.

Der US-Nachrichtensender CNN kommentiert: „Die Ankündigung ist eine klare Botschaft der Abschreckung an den Iran und seine Stellvertreter in der Region.“

Um es klar zu sagen: Washington droht dem Iran und seinen Verbündeten mit einem Atomkrieg. Die Unterstützung Washingtons und seiner europäischen imperialistischen Verbündeten für Israels völkermörderischen Krieg gegen Gaza ist eine Warnung: Die imperialistischen Mächte werden nicht zögern, ähnliche Maßnahmen gegen den Iran oder eine andere Macht in der Region zu ergreifen.

US-Vertreter sehen diesen Krieg als Teil eines weltweiten Konflikts um die globale Hegemonie. Sie werden vor nichts zurückschrecken, um den Nahen Osten zu beherrschen.

Ein Beispiel für die kriminelle Kriegshysterie, die die herrschenden Kreise des Imperialismus infiziert, ist der Artikel „Die Achse China–Russland–Iran ist eine klare Bedrohung Amerikas“. Der Autor ist Ariel Cohen vom einflussreichen Atlantic Council. Cohen prangert die russischen und chinesischen Verbindungen zum Iran an und betrachtet Israels Krieg gegen den Gaza als goldene Gelegenheit, den Iran zu zerstören und Russland wie China einzuschüchtern: „Die derzeitige Krise bietet Washington die einmalige Gelegenheit, Moskau und Peking eine unmissverständliche Botschaft zu übermitteln: Zieht euch zurück – oder verliert den Iran.“

Handlungen des Irans, so Cohen, sollten zur Vernichtung seiner Streitkräfte, seiner Großindustrie und seiner Regierung führen. „Wenn der Iran die Warnungen Washingtons nicht beachtet und der israelischen Zivilbevölkerung unannehmbare Schäden zufügt, muss das Land hart bestraft und sein Atomprogramm, seine militärische Stellung und möglicherweise seine Ölterminals zerstört werden. Es ist unwahrscheinlich, dass die kleptokratische schiitische Dschihad-Diktatur dies überleben wird. Das ist die Botschaft, die Moskau und Peking nicht ignorieren können.“

Diese Politik mag verrückt und kriminell sein, doch sie beschreibt den Kurs Washingtons und seiner europäischen imperialistischen Verbündeten und zeigt deren Faszination für Atomwaffen. Dies hat seine Wurzeln in der tiefen Krise des amerikanischen und des Weltimperialismus, die sich über Jahrzehnte seit der stalinistischen Auflösung der Sowjetunion 1991 entwickelt hat.

Mit seiner Reise nach Bagdad, um dem Iran zu drohen, schlug Blinken einen ausgetretenen Pfad der US-imperialistischen Diplomatie ein. Nach der iranischen Revolution von 1979 reisten US-Vertreter wiederholt in den Irak, um Präsident Saddam Hussein zum Krieg gegen den Iran zu ermutigen. Donald Rumsfeld, der spätere US-Verteidigungsminister während der Invasion des Irak im Jahr 2003, reiste 1983–1984 in den Irak, um Hussein zu ermutigen, im iranisch-irakischen Krieg (1980–1988) Giftgas gegen die mit dem Iran verbündeten kurdischen Truppen einzusetzen.

Heute sehen sich der US-Imperialismus und seine europäischen Verbündeten jedoch mit ganz neuen Bedingungen konfrontiert. In den Jahrzehnten, die seit jenem Krieg oder dem Golfkrieg gegen den Irak 1991 vergangen sind, haben sie überall in dieser rohstoffreichen Region Kriege angezettelt. Befreit von dem militärischen und politischen Hindernis, das die Existenz der Sowjetunion darstellte, haben sie im Irak, in Afghanistan, Libyen, Syrien, der Ukraine und anderswo einen Regimewechsel angestrebt. Millionen Menschen sind gestorben, und die Kriege haben Billionen Dollar verschlungen. Diese unpopulären Kriege haben letztlich Washingtons Position völlig untergraben.

Heute befindet sich die Regierung der Vereinigten Staaten in einer verzweifelten militärischen Krise. Die ukrainischen US-Verbündeten sind dabei, eine Niederlage im Krieg gegen Russland in der Ukraine zu erleiden. Die US-Streitkräfte im Nahen Osten sehen sich mit einem Netz von hunderten Stützpunkten konfrontiert, die der Iran, Russland und ihre Verbündeten in Syrien und in der gesamten Region errichtet haben. Es ist die Abwehrreaktion der Regierungen in Moskau und Teheran gegen den von der Nato 2011 in Syrien begonnenen Regimewechsel-Krieg. Darüber hinaus bietet China dem Iran im Rahmen eines 25-Jahres-Infrastrukturvertrags in Höhe von 400 Milliarden Dollar Berichten zufolge auch ein Militärbündnis an.

Die militärische Krise an sich provoziert jedoch in Washington nur noch mehr Rücksichtslosigkeit. Die US-Regierung hat nur noch 40.000 Soldaten im Nahen Osten stationiert – weit entfernt von den 200.000, die 2003 in den Irak einmarschiert waren. Damit können die USA vorerst nicht in den Iran einmarschieren und das Land besetzen, das schließlich viermal so groß ist wie der Irak. Sie können auch nicht iranische, russische und chinesische Streitkräfte in einem konventionellen Krieg bekämpfen. Dies ist der Grund für Washingtons politisch kriminelle Androhung eines Atomkriegs, auch auf die Gefahr, dass ein Flächenbrand zwischen den Weltmächten ausgelöst werden könnte.

Fakt ist, dass dem Imperialismus eine schnell wachsende globale Bewegung von Arbeitern und Jugendlichen entgegensteht, die den Krieg ablehnen und Israels Genozid in Gaza stoppen wollen. In den Wochen seit Beginn des israelischen Angriffs haben Millionen Menschen auf allen Kontinenten protestiert. Die entscheidende Frage ist, mit welcher Perspektive diese riesige Bewegung geeint und politisch gewappnet werden kann, damit sie den Völkermord und den sich anbahnenden dritten Weltkrieg stoppen kann, bevor er zu einem nuklearen Armageddon eskaliert.

Die Drohungen der USA gegen den Iran zeigen, dass die Bombardierung des Gazastreifens Teil eines globalen Krieges ist. Die imperialistischen Mächte führen ihn, um ihre Profite zu sichern und die Weltmärkte zu plündern und neu aufzuteilen. Diese Kriege lassen sich nicht durch Appelle an die eine oder andere kapitalistische Regierung stoppen. Das Problem ist im kapitalistischen Weltsystem selbst verwurzelt. Der Völkermord in Gaza kann gestoppt werden, ebenso wie die Gefahr eines globalen Flächenbrandes. Aber das erfordert die Entwicklung einer bewusst geeinten, internationalen Bewegung. Die Arbeiter müssen selbst die Macht übernehmen, den Kapitalismus abschaffen und ihn durch den Sozialismus ersetzen.

Loading