Die Vereinigten Staaten, die den mörderischen israelischen Angriff auf die Palästinenser in Gaza maßgeblich angestiftet haben und unterstützen, wenden sich erneut öffentlich gegen die weltweiten Forderungen nach einem Ende des Krieges.
Bei einer Pressekonferenz am Freitag wurde der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, gebeten, das überwältigende 140:15-Votum der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom Freitag für einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu kommentieren.
„Wir glauben nicht, dass ein Waffenstillstand im Moment die richtige Antwort ist“, sagte Kirby. „Wir glauben, dass ein Waffenstillstand im Moment der Hamas nützt, und die Hamas die Einzige ist, die davon profitieren würde.“
Kirby wiederholte die Äußerungen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der all jene in Israel und weltweit verurteilt, die ein Ende der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen fordern.
„Rufe nach einem Waffenstillstand sind Rufe nach einer Kapitulation Israels vor der Hamas, einer Kapitulation vor dem Terrorismus, einer Kapitulation vor der Barbarei“, sagte Netanjahu vor Reportern und schwor: „Das wird nicht passieren.“ Netanjahu weiter: „Genauso wie die Vereinigten Staaten nach der Bombardierung von Pearl Harbor oder nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 keinem Waffenstillstand zugestimmt haben, wird Israel nach den schrecklichen Anschlägen vom 7. Oktober einer Einstellung der Feindseligkeiten mit der Hamas nicht zustimmen.“
Netanjahu bezeichnete die Palästinenser als „Kräfte der Barbarei“. Er sagte, gerichtet an Israels imperialistische Verbündete: „Wenn die Hamas und die iranische Achse des Bösen gewinnen, werdet ihr das nächste Ziel sein.“ Netanjahu formulierte die Frage, ob „die zivilisierte Welt bereit [sei], gegen die Barbaren zu kämpfen“. Er sagte, dass Israels Gegner „eine Welt der Angst und der Dunkelheit“ herbeiführen wollten, und bezeichnete sie als Feinde der Zivilisation.
Während Kirby und Netanjahu diese Erklärungen abgaben, drangen israelische Panzer und Soldaten weiter in Richtung Gaza-Stadt vor. Videos zeigen, wie israelische Soldaten wahllos auf zivile Fahrzeuge schießen. Israelische Bodentruppen sind letzte Woche in den Gazastreifen eingedrungen und haben Gaza-Stadt aus mehreren Richtungen umzingelt. Israel hat die Zufuhr von Lebensmitteln, Wasser und Treibstoff in die Enklave mit mehr als zwei Millionen Einwohnern blockiert und lässt nur ein Rinnsal an Hilfsgütern aus Ägypten einfließen.
Die vorrückenden Truppen werden von heftigen Bombardements begleitet, die weiterhin jeden Tag Hunderte Palästinenser töten. Zwischen dem 28. und 29. Oktober wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Gazastreifen 302 Palästinenser getötet. Die Zahl der Todesopfer ist auf über 8.000 angestiegen, davon sind 67 Prozent Frauen und Kinder. Nahezu drei Viertel der Bevölkerung des Gazastreifens, d. h. 1,4 Millionen Menschen, sind mittlerweile Binnenflüchtlinge. Im ganzen Land sind die UN-Flüchtlingseinrichtungen, Berichten zufolge, dreimal so stark ausgelastet wie vorgesehen.
Das Massaker an den Palästinensern im Gazastreifen wird von einer systematischen Kampagne der ethnischen Säuberung durch israelische Siedler im Westjordanland begleitet. Die israelische Regierung hat ihre Handlungen quasi offiziell sanktioniert. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in den letzten drei Wochen fast 1.000 Palästinenser aus ihren Häusern im Westjordanland vertrieben. Weitere 121 Palästinenser flüchteten von dort, nachdem die israelischen Streitkräfte ihre Häuser abgerissen hatten. Im Westjordanland haben israelische Siedler seit dem 7. Oktober mindestens sieben Palästinenser getötet, während israelische Polizisten und Soldaten im gleichen Zeitraum mehr als 100 Palästinenser getötet haben.
Da Israels Angriff auf den Gazastreifen und das Westjordanland immer weitergeht, kann niemand mehr leugnen, dass die Netanjahu-Regierung die Ereignisse vom 7. Oktober nutzt, um eine Kampagne der ethnischen Säuberung loszutreten. Philippe Lazzarini, Generalkommissar des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten, erklärte am Montag vor der UNO unverblümt: „Was geschehen ist und weiterhin geschieht, ist Zwangsvertreibung.“ Lazzarini sagte:
Die im Norden verbliebenen Zivilisten erhalten von den israelischen Streitkräften Evakuierungsaufforderungen und werden aufgefordert, in den Süden zu gehen, um die knappe humanitäre Hilfe zu erhalten. Aber viele, darunter schwangere Frauen, Menschen mit Behinderungen, Kranke und Verwundete, sind nicht mobil [...] „Hunger und Verzweiflung schlagen in Wut um gegen die internationale Gemeinschaft um.
Am Montag berichtete die Financial Times, dass die israelische Regierung versuche, Palästinenser in die ägyptische Wüste Sinai umzusiedeln. In einem Artikel mit der Überschrift: „Netanjahu lobbyiert bei der EU, um Ägypten zur Aufnahme von Gaza-Flüchtlingen zu drängen“, heißt es dort: „Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu versucht, die europäischen Staats- und Regierungschefs davon zu überzeugen, Druck auf Ägypten auszuüben, damit dort Flüchtlinge aus dem Gazastreifen aufgenommen werden.“ Die Financial Times zitierte einen westlichen Diplomaten mit den Worten: „Netanjahu drängt sehr auf eine Lösung, die darin bestehen soll, dass die Ägypter zumindest während des Konflikts den Gazastreifen aufnehmen.“
Die Financial Times zitiert den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi mit den Worten, Ägypten lehne „jeden Versuch ab, die palästinensische Frage mit militärischen Mitteln oder durch die gewaltsame Vertreibung der Palästinenser von ihrem Land zu lösen. Das würde nur auf Kosten der Länder der Region gehen.“ Die Pläne Netanjahus stehen im Einklang mit einem durchgesickerten Vorschlag des israelischen Geheimdienstes, die Bevölkerung des Gazastreifens in Zeltstädte in der nördlichen Sinai-Wüste umzusiedeln und eine Rückkehr nicht zuzulassen.
Inmitten der eskalierenden Bodeninvasion verstärkt Israel die Bombardierung von Krankenhäusern im Gazastreifen. In ihrem täglichen Bericht über die Lage im Gaza schreiben die Vereinten Nationen: „Am Wochenende wurden, Berichten zufolge, die Umgebung der Krankenhäuser Shifa und Al-Quds in Gaza-Stadt sowie das indonesische Krankenhaus im Norden des Gazastreifens bombardiert, was zu Schäden führte. Daraufhin forderte das israelische Militär erneut die sofortige Evakuierung dieser Einrichtungen. Alle 13 Krankenhäuser, die in Gaza-Stadt und im nördlichen Gazastreifen noch in Betrieb sind, haben in den letzten Tagen wiederholt Evakuierungsbefehle erhalten.“
Am Sonntag teilte der Palästinensische Rote Halbmond mit, Israel habe gedroht, das Al-Quds-Krankenhaus zu bombardieren, in dem 14.000 Menschen Zuflucht gefunden haben. Die UNO berichtet außerdem: „Das Turkish Friendship Hospital, das Krebspatienten in Gaza behandelt, wurde durch intensive Bombardements in seiner Nähe schwer beschädigt. Die Bombardierung verursachte bei mehreren Menschen Verletzungen.“
Am Dienstag bombardierte die israelische Luftwaffe das Flüchtlingslager Dschabaliya. Laut Angaben der palästinensischen Behörden kamen dabei mindestens 50 Menschen ums Leben.
In seinen Ausführungen vor dem UN-Sicherheitsrat am Montag sagte UNRWA-Generalkommissar Lazzarini: „Jeden Tag werden in Gaza mehr als 420 Kinder getötet oder verletzt.“
Die Organisation Save the Children habe berichtet, „dass in nur drei Wochen fast 3.200 Kinder in Gaza getötet wurden. Das übertrifft die Zahl der Kinder, die seit 2019 jährlich in den Konfliktgebieten der ganzen Welt getötet werden“, sagte Lazzarini.