Das israelische Regime setzte am Donnerstag seine brutalen Bombenangriffe auf den Gazastreifen fort. Neben dem Süden, wohin letzte Woche eine Million Palästinenser auf Befehl Israels fliehen sollten, wurden auch Ziele im Norden angegriffen.
Donnerstagnacht bombardierte das israelische Militär die griechisch-orthodoxe St.-Porphyrius-Kirche in Gaza-Stadt, in der Dutzende von palästinensischen Familien Zuflucht vor den mörderischen Luftangriffen auf zivile Ziele gesucht hatten. Bis zum Freitagmorgen war die Zahl der Toten auf acht gestiegen. Berichten zufolge wurden Dutzende weitere verwundet.
Laut der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA wurden bei dem Angriff auf die Kirche im Stadtteil al-Zaytun in Gaza-Stadt auch Frauen und Kinder getötet. Da Rettungskräfte noch immer Menschen aus den Trümmern bergen, wird die Zahl der Toten und Verwundeten vermutlich weiter steigen.
Majdy Jildah, der in der Kirche Zuflucht gesucht hatte, erklärte gegenüber dem Wall Street Journal, dass etwa 500 Menschen auf dem Gelände Schutz gesucht hätten, darunter 80 im Gebäude des Kirchenrates, in dem sich die Explosion ereignete. In der Versammlungshalle der Kirche, die ebenfalls beschädigt wurde, befanden sich ebenfalls Dutzende Menschen.
Die attackierte Kirche ist eine der ältesten der Welt. Das orthodoxe Patriarchat von Jerusalem verurteilte den Angriff „auf das Schärfste“ und erklärte: „Angriffe auf Kirchen und ihre Einrichtungen sowie auf Schutzräume für unschuldige Bürger, insbesondere Kinder und Frauen, die durch die israelischen Luftangriffe auf Wohngebiete der letzten dreizehn Tage ihre Häuser verloren haben, stellen ein Kriegsverbrechen dar.“
Al-Jazeera zitierte einen Überlebenden des Angriffs auf die Kirche mit den Worten: „Wo soll ich jetzt hin? Ich kann nirgendwo leben.“
Weniger als drei Tage vor dem Angriff auf die Kirche hatte Israel das al-Ahli-Arab-Krankenhaus in Gaza-Stadt bombardiert und dabei fast 500 Palästinenser getötet. Am Mittwoch hatte US-Präsident Biden den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu umarmt und ihm Washingtons uneingeschränkte Unterstützung für den völkermörderischen Krieg im Gazastreifen versichert.
Im Verlauf des Tages eskalierten auch die Kämpfe an der israelischen Nordgrenze zum Libanon, und in Syrien und im Irak wurden Einrichtungen des US-Militäreinrichtungen angegriffen. Diese Vorfälle verdeutlichen die wachsende Gefahr einer Ausweitung des Konflikts auf die ganze Region.
Nahe dem Grenzübergang Rafah zu Ägypten wurden durch israelische Luftangriffe 33 Menschen getötet und in einem Haus in Khan Younis elf Mitglieder einer Familie. Im Norden, nahe der Grenze zu Israel, meldete das palästinensische Gesundheitsministerium den Tod von achtzehn Menschen nach dem Angriff auf das größte Flüchtlingslager des Gazastreifens in Jabalia, in dem mehr als 160.000 Menschen leben.
Bei einer Rede vor Soldaten der Eliteeinheiten der Golani-Brigade an einem Sammelpunkt an der Grenze zum Gazastreifen äußerte Ministerpräsident Netanjahu die bisher deutlichsten Hinweise darauf, dass eine Bodenoffensive bevorsteht, die weitere Zehntausende von Palästinensern das Leben kosten könnte. Er erklärte: „Ich stehe hier mit Golani-Soldaten aus allen Teilen des Landes. Sie haben wie Löwen gekämpft und werden wie Löwen kämpfen. Wir werden mit aller Kraft gewinnen.“ Er traf sich außerdem mit seinem Sicherheitskabinett, das ihm grünes Licht für eine Bodenoffensive geben muss.
Am Morgen hatte Verteidigungsminister Joaw Galant vor Soldaten erklärt, sie würden Gaza „bald von innen“ sehen. Galant hatte in den ersten Tagen des israelischen völkermörderischen Angriffs traurige Berühmtheit erlangt, nachdem er die Palästinenser als „menschliche Tiere“ bezeichnet hatte. Der Befehlshaber des Südkommandos der Israelischen Verteidigungskräfte, Generalmajor Jaron Finkelman, versicherte, die Bodenoffensive werde „schwer, lang und heftig“.
Die bevorstehende Eskalation des zwölftägigen mörderischen Angriffs auf Gaza, der laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium bereits 3.785 Palästinenser das Leben gekostet hat, findet mit der unmissverständlichen Billigung der USA und ihrer europäischen imperialistischen Verbündeten statt. Nur 24 Stunden vor Abschluss der letzten Vorbereitungen Netanjahus und des Militärs auf eine Bodenoffensive hatte US-Präsident Joe Biden Israel besucht, Netanjahu umarmt und Washingtons bedingungslose Unterstützung für das Massaker an den 2,3 Millionen Einwohnern des Gazastreifens bekräftigt. Zuvor hatte Israel bereits am Dienstag durch den Beschuss des al-Ahli-Arab-Krankenhauses, der nach Völkerrecht ein Kriegsverbrechen darstellt, kaltblütig fast 500 Männer, Frauen und Kinder ermordet.
Unterstrichen wurde die einhellige Unterstützung des amerikanischen politischen Establishments für israelische Kriegsverbrechen am Donnerstag durch die Verabschiedung einer Resolution durch den Senat mit 97 zu 0 Stimmen, die Israels „Recht auf Selbstverteidigung“ bekräftigte. Die Resolution verpflichtet Washington zudem, Israels Waffenvorräte aufzufüllen, damit es seine Angriffe fortsetzen kann, so lange es will, und härtere Sanktionen gegen den Iran zu verhängen, um dessen Unterstützung für „Terror-Stellvertreter“ zu bekämpfen.
Am Donnerstag trafen weitere Besucher aus den imperialistischen Großmächten in Israel ein, um den völkermörderischen Angriff des Netanjahu-Regimes abzusegnen. Der britische Premierminister Rishi Sunak erklärte: „Wir wollen, dass Sie gewinnen.“ Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius sicherte Galant bei einem Treffen die Unterstützung Berlins zu.
Der Bombenangriffe – ein bösartiger Akt der kollektiven Bestrafung für den von der Hamas angeführten Massenaufstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung am 7. Oktober – hat den Gazastreifen bereits in Trümmer gelegt. Laut dem jüngsten Bericht des Amts der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) wurden 25 Prozent der Wohngebäude in dem Gebiet zerstört, was 98.000 Wohneinheiten entspricht. Es kam zu 59 Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen, u.a. auf siebzehn Krankenhäuser und 23 Ambulanzen, bei denen 491 Menschen getötet wurden; bei sechzehn von ihnen handelte es sich um medizinisches Personal im Einsatz. Daneben wurden 170 Bildungseinrichtungen getroffen und die Sanitär- und Wasserinfrastruktur des Gebiets schwer beschädigt.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte am Donnerstag eine „Waffenruhe“ für Gaza und kündigte Pläne Ägyptens für einen Hilfskonvoi an, der am Freitag dringend benötigte Hilfsgüter in die Enklave bringen sollte. Israel hat die Treibstoff-, Wasser- und Stromversorgung des Gazastreifens vor fast zwei Wochen unterbrochen und mit Hilfe der al-Sisi-Diktatur in Kairo Hilfslieferungen unterbunden.
Zwei UN-Sonderberichterstatter warnten in einer belastenden Erklärung ausdrücklich davor, dass durch Israels Vorgehen im Gazastreifen und im Westjordanland ein Völkermord droht. Pedro Arrojo Agudo, UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf sicheren Zugang auf Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen, und Francesca Albanese, Sonderberichterstatterin für Menschenrechte für die seit 1967 besetzten Palästinensergebiete, schrieben: „Die vollständige Belagerung des Gazastreifens in Verbindung mit undurchführbaren Evakuierungsbefehlen und die erzwungenen Bevölkerungstransfers sind ein Verstoß gegen das internationale humanitäre Völkerrecht und das Strafrecht. Sie sind zudem unaussprechlich grausam.
Wir schlagen Alarm: Israels anhaltende Kampagne führt in Gazastreifen zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“
Die Erklärung verurteilte auch den Bombenangriff auf das al-Ahli-Krankenhaus als „Gräueltat“.
Im besetzten Westjordanland wurden in den letzten zwei Wochen Dutzende Palästinenser von israelischen Streitkräften getötet. Alleine am Donnerstag wurden sieben palästinensische und ein israelisches Todesopfer bei Zusammenstößen in einem Flüchtlingslager gemeldet. Während eines Überfalls auf die besetzte palästinensische Stadt Turkarem wurde ein 16-Jähriger von israelischen Soldaten erschossen, die auch einen palästinensischen Krankenwagen des Roten Halbmonds beschossen und beschlagnahmten.
Die UN-Sonderberichterstatter kamen zu dem Schluss: „Angesichts von Äußerungen der politischen Führung Israels und ihrer Verbündeten, die von Militäraktionen im Gazastreifen und einer Zunahme von Verhaftungen und Tötungen im Westjordanland begleitet werden, besteht auch die Gefahr eines Völkermords am palästinensischen Volk.“
Der Krieg eskaliert rasch über Gaza hinaus. An der Grenze zum Libanon übernahm die Hamas die Verantwortung für den Abschuss von zwanzig Raketen auf Nordisrael am Donnerstag. Israelische Soldaten und Kämpfer der Hisbollah lieferten sich den Nachmittag über Feuergefechte. Ein Sprecher der IDF warnte, die Hisbollah werde „die Konsequenzen“ für die Raketenangriffe tragen. Das deutet darauf hin, dass auch erweiterte Operationen im Libanon nur eine Frage der Zeit sind.
Bei einem anderen Vorfall wurde ein libanesischer Staatsbürger, der eine Gruppe von Journalisten nahe der Grenze begleitete, durch israelisches Artilleriefeuer getötet. Die USA und Großbritannien wiesen ihre Staatsbürger an, den Libanon zu verlassen, solange noch „Flüge verfügbar“ seien.
Am Donnerstagnachmittag gaben die IDF bekannt, sie hätten Luftangriffe gegen Ziele der Hisbollah im Südlibanon geflogen. Ein Kampfhubschrauber hat außerdem eine Gruppe von Kämpfern angegriffen, die Panzerabwehrraketen auf Israel schießen wollten.
Ein Zerstörer der US-Navy hat im Roten Meer drei aus dem Jemen abgefeuerte Raketen abgefangen, die Richtung Norden flogen. Das Pentagon erklärte, diese wären „möglicherweise“ Richtung Israel unterwegs gewesen und hätten eine „potenzielle Bedrohung“ dargestellt. Der Sprecher des Pentagon, Brigadegeneral Pat Ryder, fügte bedrohlich hinzu, die USA seien bereit, alles Notwendige zu tun, um „unsere Partner und unsere Interessen in dieser wichtigen Region zu schützen“.
Der US-Militärstützpunkt al-Tanf im Süden Syriens, nahe der Grenze zum Irak, wurde am Mittwoch von Drohnen angegriffen. Gleichzeitig gab es seit Dienstag drei Angriffe auf amerikanische Militäreinrichtungen im Irak, zwei davon mit Drohnen und Raketen auf den Stützpunkt Ain al-Asad.
Die Biden-Regierung hat bereits zwei Flugzeugträger-Kampfgruppen in die Region geschickt, die eindeutig die Bedingungen für einen umfassenderen Krieg gegen den Iran schaffen sollen. Die beiden Kampfgruppen bestehen aus je 8.000 Matrosen, Piloten und Marines sowie Dutzenden von Kampfflugzeugen. In einem Interview mit 60 Minutes brachte Biden den Krieg im Gazastreifen ausdrücklich mit den umfassenderen regionalen Konflikten in Verbindung: „Reinzugehen und die Extremisten auszuschalten, die Hisbollah im Norden und die Hamas im Süden, ist eine notwendige Voraussetzung. Der Iran unterstützt die Hamas und die Hisbollah ständig.“
Was sich in der Region anbahnt ist die Nahost-Front des globalen imperialistischen Kriegs unter Führung der USA, mit der sie ihre Hegemonie gegen strategische Rivalen verteidigen will, vor allem gegen Russland und China. Die uneingeschränkte Unterstützung der Imperialisten für das brutale Massaker der israelischen Regierung an der Bevölkerung des Gazastreifens geht Hand in Hand mit der rücksichtslosen Eskalation des Kriegs gegen Russland in der Ukraine durch Washington und seine europäischen Verbündeten, der auf beiden Seiten Hunderttausende Menschenleben gefordert hat. Bidens Äußerungen aus dem Weißen Haus von Donnerstagabend, in denen er militärische Unterstützung für Israel, die Ukraine und Taiwan forderte, zeigen die Entschlossenheit der amerikanischen Kapitalistenklasse, einen Krieg gegen die gesamte Welt zu führen.
Die einzige Kraft, die diesen Wahnsinn aufhalten kann, ist die internationale Arbeiterklasse. Die spontanen weltweiten Proteste, die als Reaktion auf die von den USA unterstützten israelischen Kriegsverbrechen ausgebrochen sind, müssen sich mit den sozialen Massenkämpfen der Arbeiterklasse gegen Austerität und für die Verteidigung der Lebensstandards verbinden, die in den letzten Monaten in ganz Europa und Nordamerika ausgebrochen sind. Dies erfordert die Annahme eines sozialistischen und internationalistischen Programms, um dem imperialistischen Krieg und dem kapitalistischen Profitsystem, das ihn hervorbringt, ein Ende zu setzen.