Ein sechsjähriger palästinensisch-amerikanischer Junge wurde am Samstag in einem Vorort von Chicago von einem älteren Mann ermordet. Dieser war offensichtlich geistesgestört, aber handelte in Reaktion auf die antimuslimische und antipalästinensische Propaganda, welche die US-Medien überschwemmt. Die barbarische Gewalttat zeigt die Auswirkungen einer beispiellosen Kampagne, mit der ein brutaler Angriff an der Bevölkerung des Gazastreifens gerechtfertigt wird. Diese Kampagne wird von der US-Regierung, der Demokratischen und der Republikanischen Partei sowie den Leitmedien getragen.
Der Mord wurde auf grausamste Weise verübt. Joseph Czuba aus Plainfield Township in Will County, etwa 65 km südwestlich von Chicago, griff den Jungen und seine 32-jährige Mutter in der Wohnung im Erdgeschoss an, die sie von ihm gemietet hatten. Er selbst wohnt im selben Haus im Obergeschoss.
Nach einem Streit an der Wohnungstür, bei dem die Mutter, Hanaan Shahin, ihren Wunsch nach Frieden im Nahen Osten äußerte, begann Czuba, Muslime laut zu verfluchen. Er drang dann mit einem Militärmesser mit 30 cm langer Klinge in die Wohnung ein, während die Mutter den Notruf wählte.
Czuba stach 26 Mal auf den Jungen, Wadea Al-Fayoume, und ein Dutzend Mal auf seine Mutter ein. Hanaan Shahin überlebte ihre schweren Verletzungen, ihr Sohn jedoch nicht. Hanaan Shahin befindet sich nach wie vor in ernstem Zustand in einem örtlichen Krankenhaus. Als die Polizei eintraf, saß Czuba vor dem Haus auf dem Boden.
In einem Text, den sie von der Intensivstation des Krankenhauses an ihren Mann schickte, schreibt Hanaan Shahin, der Vermieter habe an ihre Tür geklopft, und als sie öffnete, habe er versucht, sie zu würgen. Er sei dann mit einem Messer auf sie losgegangen und habe geschrien: „Ihr Muslime müsst sterben.“
Wadeas Familie beerdigte den Jungen am Montag gemäß dem muslimischen (und jüdischen) Brauch, der eine Beerdigung so bald wie möglich nach dem Tod vorschreibt. Aufgrund ihrer Verletzungen konnte seine Mutter nicht daran teilnehmen. Vor der Zeremonie sprach Wadeas Onkel Yousef Hannon auf einer Pressekonferenz: „Wir sind keine Tiere, wir sind Menschen. Wir wollen, dass man uns als Menschen sieht, dass man mit uns als Menschen fühlt, dass man mit uns als Menschen umgeht, denn das sind wir.“
Hannon bezog sich damit eindeutig auf die Äußerungen des israelischen Verteidigungsministers Yoav Gallant, der die Bevölkerung des Gazastreifens als „menschliche Tiere“ bezeichnet hat. Damit rechtfertigt Gallant die politische Entscheidung, die Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Strom für den schmalen Landstreifen einzustellen, in dem 2,2 Millionen Palästinenser unter israelischen Bombardements und der drohenden Gefahr einer Invasion ausharren.
Hannon wanderte 1999 aus dem Westjordanland aus und arbeitete als Lehrer in den USA in einer Region, in dem es eine große palästinensische Bevölkerung gibt. Sein Bruder, Wadeas Vater, wanderte 2011 aus, und seine Mutter 2014. Wadea wurde 2017 geboren und ist amerikanischer Staatsbürger.
Ahmed Rehab, Geschäftsführer der Chicagoer Sektion des Council on American-Islamic Relations (CAIR), sagte auf der Pressekonferenz: „Dies ist ein schwerer Tag, von dem wir gehofft haben, dass er nie kommen würde. Wie man sagt, sind die kleinsten Särge die schwersten.“
In Bezug auf Wadea sagte er: „Er war ein 6-jähriger Junge, der alles liebte.“ Basierend auf der Beschreibung seines Vaters charakterisierte er das Kind folgendermaßen: „Er liebte jeden, er liebte seine Spielsachen, er liebte alles, was mit einem Ball zu tun hatte, Basketball, Fußball, er liebte es, zu malen, er liebte es, zu schaukeln, er liebte seine Eltern, er liebte seine Familie und seine Freunde, er liebte das Leben, und er freute sich auf ein langes, gesundes, erfolgreiches Leben.“
Weiter sagte Rehab: „Wadea hatte keine Ahnung von den großen Problemen, die in der Welt passieren, aber er musste dafür zahlen.“ Die CAIR schreibt auf X (Twitter): „Die islamfeindliche Rhetorik und der antipalästinensische Rassismus, die von Politikern, Medien und sozialen Medienplattformen verbreitet werden, müssen aufhören.“
Die lokale Polizeibehörde erklärte am Sonntag: „Die Ermittler konnten feststellen, dass beide Opfer dieses brutalen Angriffs von dem Verdächtigen ins Visier genommen wurden, weil sie Muslime sind und weil der Nahostkonflikt zwischen der Hamas und den Israelis andauert“.
Nach diesem Mord gab es die üblichen Bekundungen des Entsetzens und der Empörung seitens eben jener US-Politiker, die eine pro-israelische Propaganda verbreiten. Darin werden die Palästinenser als Teufel in Menschengestalt dargestellt. Der milliardenschwere Gouverneur von Illinois, J. B. Pritzker, nannte den Mord „nichts Geringeres als das Böse“ - eine leere Worthülse, welche die wahren Ursachen des Anschlags verschleiert. Diese liegen nicht in Czubas Psyche, sondern in der Gesellschaft, die ihn zu seiner Tat angestachelt hat.
Das Weiße Haus teilte in einigen Absätzen mit, dass Präsident Biden und seine Frau Jill „schockiert und angewidert“ von der Nachricht seien. „Dieser schreckliche Akt des Hasses hat in Amerika keinen Platz und steht im Widerspruch zu unseren Grundwerten“, so der US-Präsident.
Letzte Woche hielt Biden eine Rede, in der er die Aktionen der Palästinenser, welche die Gefängnistore des von ihnen bewohnten Freiluftgefängnisses durchbrochen haben, als „das pure, unverfälschte Böse“ bezeichnet hat. Mit dieser entmenschlichenden Beschreibung der Palästinenser schloss sich Biden der Sprache von Gallant und dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu an.
In seiner Rede gab Biden Israel einen Freibrief für Angriffe auf die Zivilbevölkerung im Gazastreifen und erklärte: „Wie jede Nation der Welt hat Israel das Recht – und sogar die Pflicht – auf diese bösartigen Angriffe zu reagieren.“ Israel hat in diesem Konflikt schon über 2.000 Palästinenser getötet. Da die gesamte Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser und Energie abgeschnitten und eine vollständige Invasion wahrscheinlich ist, wird die Zahl der Todesopfer noch weiter steigen.
In einem Interview in 60 Minutes am Wochenende sagte Biden, der Angriff der Hamas am 7. Oktober sei „so folgenreich wie der Holocaust“. Zwischen 1939 und 1945 vernichtete die „Endlösung“ der Nazis 6 Millionen Juden, etwa 40 Prozent der gesamten jüdischen Weltbevölkerung zu dieser Zeit.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der Hamas-Angriff vom 7. Oktober, bei dem etwa 1.000 Israelis ums Leben kamen, war die Aktion von unterdrückten Menschen, die aus einem Freiluft-Gefangenenlager ausgebrochen sind. Dies mit dem Holocaust zu vergleichen, ist eine groteske antipalästinensische Verleumdung. Sie fördert letztlich Gewalttaten wie jene, die in Illinois stattfand.
Zwei US-Flugzeugträger sind im östlichen Mittelmeer stationiert und bereiten sich nicht auf einen Konflikt mit der Hamas vor, die über keine Schiffe oder Flugzeuge verfügt, sondern auf einen Krieg mit der Hisbollah im Libanon, mit Syrien oder mit dem Iran. In solchen Kriegen kann die Zahl der Opfer in die Millionen gehen, und Zehn-, wenn nicht Hunderttausende von Kindern werden darunter sein.
In den USA fördern die Medien und Politiker beider Parteien eine Kampagne, in der Gegner des israelischen Völkermords an den Palästinensern als Antisemiten beschimpft werden. Studierende wurden auf dem Campus ins Visier genommen, wobei die Identitäten einzelner Personen veröffentlicht wurden.
Die amerikanische Einwanderungs- und Zollbehörde (ICE) und das FBI nehmen Palästinenser und Moscheen in den Fokus. Berichten zufolge wurden Einzelpersonen tagelang festgehalten, ohne einen Anwalt kontaktieren zu können.
Der Mord an Wadea Al-Fayoume ist nur der schrecklichste in einer ganzen Reihe von faschistischen Angriffen, die durch den israelischen Krieg gegen das palästinensische Volk ausgelöst wurden. Tausende von Morddrohungen wurden telefonisch oder über das Internet an muslimische Organisationen, Moscheen und einzelne Amerikaner arabischer Herkunft verschickt.
Im Großraum Detroit, Heimat der größten arabisch-amerikanischen Community in den USA, wurde ein Mann aus Farmington Hills verhaftet, nachdem er im Internet dazu aufgefordert hatte, „nach Dearborn zu gehen und Palästinenser zu jagen“. Dearborn, ein Vorort von Detroit mit einem großen Ford-Autowerk, hat eine muslimische Mehrheit und einen arabisch-amerikanischen Bürgermeister und Polizeichef. In New York City wurde ein Busfahrer, der einen Turban und eine Maske trug, um sich vor Covid zu schützen, von jemandem angegriffen, der versuchte, ihm den Turban mit Gewalt vom Kopf zu reißen.
Dies sind keine zufälligen Vorfälle, sondern vielmehr das Ergebnis einer gezielten Kampagne, die von den höchsten Ebenen des nationalen Sicherheitsapparats gesteuert wird, um antimuslimische Ressentiments zu schüren. Sie soll Unterstützung für eine US-Militärintervention im Nahen Osten mobilisieren, hinter der jedoch die Bevölkerung nicht steht.
Der Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg führte zur Internierung von mehr als 125.000 japanisch-stämmigen Amerikanern. Ihre in der US-Verfassung verbrieften demokratischen Rechte wurden durch einen Erlass der Roosevelt-Regierung mit Füßen getreten. Die Kriegspolitik der demokratischen Biden-Regierung, die von republikanischen Kriegstreibern im Repräsentantenhaus und im Senat unterstützt wird, erfordert mit noch größerer Wucht die Dämonisierung zunächst der Russen und jetzt der Palästinenser. Ähnliche Kampagnen gegen chinesische Staatsangehörige und chinesische Unternehmen wie TikTok weisen auf das eigentliche Ziel des amerikanischen Imperialismus hin, nämlich China.
Die Arbeiterklasse muss sich allen derartigen Bemühungen widersetzen, die darauf abzielen, den Widerstand der Bevölkerung gegen den Krieg zu untergraben und die Arbeiterklasse entlang der Kriterien Religion, Herkunft und Nationalität zu spalten. Arbeiter in den USA und auf der ganzen Welt müssen ein sofortiges Ende des Angriffs auf Gaza fordern und sich der antipalästinensischen und chauvinistischen Kampagne widersetzen, die zu seiner Rechtfertigung benutzt wird.