Eine überwältigende Mehrheit der britischen Gewerkschaftsbürokratie hat letztes Wochenende bei der Jahrestagung des Trades Union Congress (TUC) für einen Antrag gestimmt, in dem sie ihre Unterstützung für den imperialistischen Krieg gegen Russland in der Ukraine erklärt.
Der Antrag „Solidarität mit der Ukraine“ wurde von der Lokführergewerkschaft ASLEF und der größten britischen Gewerkschaft GMB (General and Municipal Workers) eingebracht. In seiner endgültigen Form verpflichtet er den TUC dazu, „die Forderungen der ukrainischen Gewerkschaften nach finanzieller und praktischer Hilfe des Vereinigten Königreichs für die Ukraine“ zu unterstützen. Auch die Forderung „nach dem sofortigen Rückzug der russischen Streitkräfte von allen seit 2014 besetzten ukrainischen Gebieten“ (einschließlich der Krim und der östlichen Donbas-Regionen) soll demnach unterstützt werden.
Damit stellen sie sich uneingeschränkt hinter die Kriegspolitik der USA, Großbritanniens und der anderen europäischen Mächte. Diese haben Milliarden für die Lieferung von Waffen ausgegeben, und sie erwarten, dass Kiew bis zum letzten Ukrainer kämpfen wird, in einem Konflikt, der die russische Regierung zerstören, einen Regimewechsel herbeiführen und die gesamte Region zerstückeln und der imperialistischen Ausbeutung öffnen soll. Der ursprüngliche Text des Antrags befürwortete ausdrücklich auch die Lieferung von Waffen.
Die Nato wird in dem Antrag nicht erwähnt, geschweige denn kritisiert, und die „Regierung des Vereinigten Königreichs“ kommt nur einmal vor, wo es um ihre Verzögerung und Weigerung geht, ukrainischen Flüchtlingen Zuflucht zu gewähren.
Die Abstimmung baut auf dem Entschluss des letztjährigen TUC-Kongresses auf, „die Kampagnen von Mitgliedsorganisationen für eine sofortige Erhöhung der britischen Verteidigungsausgaben im Vereinigten Königreich zu unterstützen“. Die Begründung lautet: „Der Kongress anerkennt, dass die Kürzungen in der Rüstungsproduktion die Fähigkeit des Vereinigten Königreichs eingeschränkt haben, der ukrainischen Bevölkerung angesichts des brutalen Angriffs von Putins Regime zu helfen. Der Kongress ist der Ansicht, dass die Welt immer unsicherer wird, und dass die 2017 verfolgte Politik, Gelder von der Rüstungsindustrie in andere Bereiche umzuverteilen, nicht mehr zweckgemäß ist.“
Der Antrag von 2022, den ebenfalls die GMB eingebracht hatte, war mit knapper Mehrheit angenommen worden. Aber letzte Woche war die Abstimmung über eine Unterstützung der Nato-Kriegspolitik eindeutig. Laut dem Morning Star sprach sich in der Debatte nur ein Delegierter, Jamie Newell von der Fire Brigades Union (FBU), dagegen aus, und nur die FBU und die Bakers, Food and Allied Workers Union, beides kleine Gewerkschaften, stimmten dagegen. Die Rail Maritime and Transport (RMT), die University and College Union (UCU) und die National Education Union enthielten sich der Stimme.
Alle anderen Gewerkschaften, sowie die TUC-Führung um Generalsekretär Paul Nowak, unterstützten den Antrag. Der Präsident der Public and Commercial Services Union (CPS), Mark Serwotka, nutzte seinen letzten Auftritt auf einem TUC-Kongress vor seinem Renteneintritt, um in der Abschlussrede für den Antrag zu werben.
Durch ihre Unterstützung des britischen Imperialismus und Militarismus hat die Gewerkschaftsbürokratie deutlich gemacht, dass alles Gerede auf dem TUC-Kongress über Opposition gegen Antistreikgesetze und über mächtige gemeinsame Streiks, um einen neuen Vertrag für die Arbeiter zu erkämpfen, Betrug war.
Der Krieg gegen Russland in der Ukraine wird laut Kommentatoren und führenden Militärs noch jahrelang dauern. Er wird weiter eskalieren und die militärischen Produktionskapazitäten der USA und der europäischen Mächte stark belasten. Seine Fortführung wird daher eine massive Erhöhung der Militärausgaben erfordern und zu erbitterter wirtschaftlicher und militärischer Konkurrenz in einer Welt rivalisierender Blöcke führen.
Das bedeutet tiefe Einschnitte bei Sozialausgaben, „Zurückhaltung“ bei Lohnerhöhungen und die Disziplinierung der Arbeiterklasse. Die Gewerkschaftsbürokratie wird sich dagegen nicht zur Wehr setzen, weil sie die Kriegspolitik unterstützt, die diese Maßnahmen notwendig macht.
Die Unterstützung des TUC für den Krieg stellt auch dem angeblichen Widerstand der britischen Pseudolinken gegen Krieg ein vernichtendes Zeugnis aus.
Die Socialist Workers Party, die Socialist Party und der Socialist Appeal behaupten allesamt, sie seien gegen die Nato-Beteiligung am Ukraine-Krieg. Gleichzeitig behaupten sie zu Unrecht, Russland sei eine imperialistische Macht – womit sie sein Handeln auf der Weltbühne mit dem der USA und ihrer europäischen Verbündeten gleichsetzen. Und, was entscheidend ist, sie stützen sich bei ihrer Opposition auf die Gewerkschaftsbürokratie und machen damit ihre vorgebliche Opposition gegen Krieg zunichte.
Die SWP veröffentlichte als Reaktion auf die Ereignisse der letzten Woche einen Artikel mit dem Titel „TUC unterstützt den Krieg und macht den Weg frei für mehr Rüstungsausgaben“. Darin hieß es: „Gewerkschafter müssen weiterhin gegen den Imperialismus in Ost und West argumentieren.“ In einem weiteren Artikel im Socialist Worker mit dem Titel, „Delegierter der TUC-Konferenz erklärt: die Gewerkschaften haben sich verändert, aber nicht weit genug“, heißt es: „Traurigerweise ... blieb es Mark Serwotka von der PCS überlassen, die kriegerischste proimperialistische Rede zu halten.“ Zuvor hatte die SWP Serwotka seit Jahren beweihräuchert.
Die Socialist Party hatte nichts dazu zu sagen.
Socialist Appeal riet in dem Artikel „Solidarität mit der Ukraine oder Unterstützung für den Nato-Imperialismus?“: „Es ist nicht die Aufgabe der Arbeiterbewegung im Vereinigten Königreich, hinter der herrschenden Klasse herzulaufen, sondern für einen prinzipiellen Widerstand der Arbeiterklasse einzutreten.“
Die andere Hälfte dessen, was die Pseudolinke irreführend als „die Arbeiterbewegung“ bezeichnet, ist die „Labour Party“. Deren „linke“ Vertreter werden als Sammelbecken für den Widerstand gegen die offen rechte, den Krieg unterstützende Führung dargestellt.
Doch ein Großteil der Labour-Linken, die Socialist Campaign Group (SCG), verteidigt das Votum des TUC. Jeremy Corbyns Schattenkanzler John McDonnell, eine führende Figur der Ukraine Solidarity Campaign, die eng mit Paul Mason verbunden ist, hat den Antrag mit auf den Weg gebracht. Ian Lavery (Vorsitzender der Labour Party unter Corbyn) und die Abgeordnete Nadio Whittome schickten Unterstützervideos.
Mit welcher Heftigkeit sie den Krieg unterstützen, wurde treffend in einer Kolumne von Andrew Fisher dargelegt, einem langjährigen Verbündeten McDonnells und ehemaligen Labour-Berater unter Corbyn, die in einer Zeitung namens „i“ erschien. Dort hieß es: „Die Stop the War Coalition hat sich als hohl erwiesen und sollte sich auflösen.“ Die Stop the War Coalition (STWC) hatte den Antrag der GMB abgelehnt und erklärt: „Wenn der Kongress diesen Antrag annimmt, unterstützt er damit die Kriegspolitik der Tory-Regierung in der Ukraine.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Fisher behauptet: „Die Nato spielt [im Ukraine-Krieg] nur eine sekundäre Rolle.“ Er beruft sich auf das Argument von Dr. Julija Jurtschenko, die Ukraine kämpfe „gegen Russland, unseren historischen imperialen Unterdrücker. Wir wurden lange Zeit politisch, wirtschaftlich, kulturell und sprachlich dominiert und kolonisiert. Ich glaube, einige Leute lassen sich noch immer von einem eindimensionalen Widerstand gegen den US-Imperialismus die Sicht trüben. Doch die USA sind in dieser Situation nicht der Aggressor.“
Fisher schreibt über die „verdrehten Gehirne“ der „verkümmerten Überreste“ des STWC: „Sie sollten etwas Demut zeigen und sich auflösen.“
Seine Tirade liegt auf einer Linie mit dem autoritären Angriff von Labour-Chef Sir Keir Starmer auf die STWC zu Beginn des Ukraine-Kriegs. Damals warf Starmer der Organisation vor, sie würde „autoritären Führern Beistand leisten“ und dem Kreml einen „Deckmantel liefern“, damit er „weiterhin die mutigen Individuen, die es wagen, sich seinem Despotismus entgegenzustellen, verprügeln und einsperren kann“.
Im gleichen Artikel paraphrasierte Starmer die Kritik am „reflexartigen Antiimperialismus“, die von proimperialistischen Pseudolinken wie Gilbert Achcar in die Welt gesetzt wurde, um dem „diesen voreiligen Reflex: ,Großbritannien, Kanada, die USA und Frankreich – gleich böse‘“ anzuprangern. Heute signalisiert ein Teil der Corbyn-Linken ihre Zustimmung. McDonnell postete Fishers Artikel in seinem Twitter/X-Feed.
Obwohl die Stop the War Coalition die bekannteste Zielscheibe der Kriegstreiber im Vereinigten Königreich ist, hat sie keine politische Antwort darauf. Sie vertritt ebenfalls eine Orientierung auf die Gewerkschaften und die Labour-Linke. Ihr Kommentar zum TUC-Kongress ist ein kraftloser Appell: „Es ist wichtig, dass die Gewerkschaftsbewegung zur Vernunft kommt.“ In einer Antwort auf Fishers Artikel heißt es über die Socialist Campaign Group: „Zwölf Mitglieder der Gruppe – mindestens die Hälfte der aktiven Mitglieder – haben einen offenen Brief zum Konflikt unterzeichnet, wurden aber unter der Androhung, aus der [Labour-] Fraktion ausgeschlossen zu werden, zur Rücknahme ihrer Unterschriften gezwungen. Das Schweigen der linken Abgeordneten zum Krieg ist ihnen aufgezwungen worden, durch die gleiche Taktik, mit der Starmer abweichende Meinungen in der gesamten Labour Party unterdrückt hat.“
Dies alles ist eine ziemlich armselige Verteidigung. Die Stop The War Coalition schreibt: „Tatsächlich hat uns anfangs die Hälfte der zwei Dutzend starken, nominell linken Fraktion unterstützt; aber mittlerweile ist sie zu feige, es noch zu tun.“ Corbyn schweigt und hat nicht einmal die Ausrede, dass er seinen Sitz als Labour-Abgeordneter behalten wolle, nachdem er von Starmer aus der Parlamentsfraktion geworfen wurde.
Die Socialist Equality Party und die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) betonen, dass der Widerstand gegen den Nato-Russland-Krieg sich nicht auf die Gewerkschaften und die Labour-„Linken“ stützen darf. Stattdessen muss die internationale Arbeiterklasse in einer globalen Antikriegsbewegung sowohl gegen die imperialistischen Ambitionen der Nato-Mächte als auch gegen den bankrotten Nationalismus des Putin-Regimes mobilisiert werden. Sie richtet sich auch gegen die Unterstützer der Kriegspolitik in der Gewerkschaftsbürokratie.