Ein Aufruf zum Handeln an alle Autoarbeiter: Nur die Arbeiter selbst können diesen Kampf gewinnen!

Will Lehman, ein Sozialist, arbeitet bei Mack Trucks und hat letztes Jahr bei den nationalen Gewerkschaftswahlen der UAW für das Amt des Präsidenten kandidiert.

An alle meine Kolleginnen und Kollegen in der Automobilindustrie: Ich wende mich direkt an euch, weil die Tarifverträge in einer Woche auslaufen.

Die Arbeiter sind entschlossen, diesen Kampf zu gewinnen. Ob wir nun bei Ford, GM, Stellantis, Mack Trucks, Lear oder Dana arbeiten, wir stehen alle vor den gleichen Problemen: Hohe Inflation, Löhne, die nicht ausreichen, Tarife, die uns spalten, lange Arbeitszeiten und gefährliche Arbeitsplätze, drohende Entlassungen und die Gefahr von Altersarmut.

UAW-Präsident Shawn Fain und seine Verwaltung haben erklärt, sie seien „zurück im Kampf“ und unterschieden sich von den korrupten Bürokraten, die vor ihnen da waren. Sie behaupten, dass sie die „Forderungen der Mitglieder“ an die Unternehmen stellen: Wiederherstellung sicherer Renten, eine 40-prozentige Lohnerhöhung, eine Verkürzung des Arbeitstags und Wiederherstellung der COLA-Klausel [„Cost-of-Living-Adjustment“, die das Einkommen an die Inflation anpasst].

Aber Fain und die UAW-Führung haben nichts über ihre Strategie zur Durchsetzung dieser Forderungen gesagt. Das liegt daran, dass sie nicht die Absicht haben, für das zu kämpfen, was wir brauchen. Stattdessen wirbt Fain für die Demokratische Partei, weil er sich mit ihr verschworen hat, um den Arbeitern die Forderungen des Unternehmens aufzuzwingen.

Präsident Biden sagte am Montag, er glaube nicht, dass es einen Streik geben werde. Damit gab er praktisch zu, dass Fain und die UAW-Führung mit der Regierung konspirieren, um einen Streik zu verhindern oder zu isolieren und den Unternehmen zu helfen, massive Stellenstreichungen durchzuführen. Am Mittwoch nahm Fain die Aussicht auf einen Streik vorsichtig zurück. Er versuchte, die Erwartungen der Beschäftigten hinsichtlich der Erfüllung ihrer Forderungen herunterzuschrauben. Damit gab er beinahe schon zu, dass die UAW einen Ausverkauf vorbereitet.

Die Konzerne sind entschlossen, einen Angriff auf Arbeitsplätze und Löhne durchzuführen, der noch schlimmer sein wird als die Angriffe im Jahr 2009: Angriffe, die Fain damals als Mitglied des UAW-Chrysler-Verhandlungsteams akzeptiert hatte.

Bei der Umstellung auf Elektromobilität will die Unternehmensleitung ihre Gewinne steigern und die Kosten für die Umstellung auf E-Fahrzeuge auf dem Rücken der Beschäftigten austragen. Die Konzerne planen, die Umstellung zu nutzen, um allein in den USA Zehn- oder Hunderttausende von Arbeitsplätzen zu vernichten. Experten und Branchenanalysten schätzen, dass weltweit die Hälfte oder mehr Arbeitsplätze in der Automobilindustrie wegfallen könnten.

Der UAW-Funktionärsapparat verheimlicht diese Pläne vor den Arbeitern. Hinter Fains taffen Phrasen geht es der UAW vor allem darum, einen Fuß in die Tür der EV-Batteriewerke zu bekommen und mehr Beitragsgelder zu erhalten.

Als ich letztes Jahr meine Kampagne für das Amt des UAW-Präsidenten startete, erklärte ich, dass es sich bei der Korruption in der UAW nicht um „ein paar faule Äpfel“ handelt. Die Arbeiter haben es mit einer riesigen, wirtschaftsfreundlichen Bürokratie zu tun, die sich über ihre Rechenschaftspflicht, uns gegenüber, vollkommen hinwegsetzt. Diese Bürokratie besteht unter Fain genauso fort wie unter Ray Curry und den früheren UAW-Präsidenten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns steht ein ernster Kampf bevor. Die Unternehmen werden den Arbeitern freiwillig keinen Zentimeter entgegenkommen.

Fain und die UAW-Bürokraten legen keine Strategie vor, aber die Basis muss das tun. Denn sie benötigt eine Strategie, um die Kontrolle über den Kampf zu übernehmen. Deshalb fordere ich euch auf, an eurem Arbeitsplatz Aktionskomitees zu bilden und folgende Forderungen aufzugreifen:

1. Anhebung des Streikgeldes auf 750 Dollar pro Woche. In der Streikkasse befinden sich mehr als 800 Millionen Dollar aus unseren Beiträgen. Die Anhebung des Streikgeldes wird den Unternehmern zeigen, dass wir es mit dem Kampf ernst meinen. Die Beschäftigten dürfen nicht mit Armutslöhnen abgespeist werden, bis sie gezwungen sind, einen Vertrag zu den Bedingungen des Managements zu akzeptieren.

2. Die einfachen Arbeiter müssen alle Verhandlungen überwachen. Die Basis muss eine echte Kontrolle über alle Verhandlungen bekommen. Fain behauptet, die UAW sei transparent, aber sämtliche Gespräche mit der Konzernleitung und dem Weißen Haus finden hinter verschlossenen Türen statt. Das muss ein Ende haben. Die vollständige Liste aller Werke, die geschlossen werden sollen, muss veröffentlicht werden, ebenso wie alle Dokumente, die zwischen der UAW, der Unternehmensleitung und Biden im Rahmen der Verhandlungen ausgetauscht worden sind.

3. Bereitet einen landesweiten Streik am 14. September vor. Damit der Streik wirksam ist, muss er alle Standorte der „Großen Drei“ [Ford, GM, Stellantis] treffen und darf nicht auf einige wenige Werke beschränkt werden. Wir müssen Verbindungen zu unseren Kolleginnen und Kollegen in den Zulieferbetrieben knüpfen. Auch sie versuchen, die von der UAW auferlegten Zugeständnisse rückgängig zu machen.

4. Ein international koordinierter Gegenschlag muss geführt werden! Die Angriffe auf die Arbeitsplätze der Beschäftigten im Zusammenhang mit der E-Mobilität finden auf der ganzen Welt statt. Bei Ford sind zum Beispiel schon Beschäftigte in Deutschland, Spanien und Indien entweder von Werksschließungen oder Massenentlassungen betroffen.

Die Verträge der US-amerikanischen und kanadischen Automobilarbeiter laufen in wenigen Tagen aus. Auch in Mexiko, Deutschland, der Türkei und anderswo wehren sich Autoarbeiter gegen Arbeitsplatzabbau und Zugeständnisse.

Ein Streik der US-Autobeschäftigten wird sofort die Aufmerksamkeit und Unterstützung von Arbeiterinnen und Arbeiter auf der ganzen Welt auf sich ziehen. Wir müssen bewusst dafür kämpfen, alle Autoarbeiter und sämtliche Teile der Arbeiterklasse international zu vereinen, basierend auf dem Verständnis, dass wir gegen dieselben Konzerne und dieselbe Strategie der herrschenden Klasse kämpfen.

Ich habe bei den Gewerkschaftswahlen der UAW im letzten Jahr kandidiert, um ein Programm zur Abschaffung der UAW-Bürokratie vorzustellen, damit alle Macht und alle Entscheidungsbefugnisse auf die Arbeiter in den Betrieben übergehen.

Die UAW-Bürokratie hat versucht, eine Diskussion über diese Fragen zu verhindern, indem sie die Wahlbeteiligung unterdrückte und Hunderttausende von UAW-Mitgliedern bei den Wahlen entmündigte. Auch der gerichtlich bestellte UAW-Überwacher und der Regierung Biden haben sie darin unterstützt. Ich kämpfe auch heute noch dafür, diese Missachtung der demokratischen Arbeiterrechte aufzudecken, und habe das Arbeitsministerium verklagt und die Wiederholung der Wahlen gefordert.

Autobeschäftigte unterstützen Will Lehmans Kandidatur bei der Wahl zum UAW-Präsidenten, 2022

Mehrere Arbeiter, mit denen ich über den Tarifkampf gesprochen habe, hegen die Hoffnung, dass Fain wirklich tun werde, was er versprochen hat. Oder zumindest wollen sie abwarten, ob er es tut.

Aber jede Maßnahme von Fains Amtsführung zeigt heute schon, dass es ein Fehler wäre, einen weiteren Ausverkauf abzuwarten. Die Bürokratie hat bereits die Beschäftigten von Clarios verraten, und sie versucht, die Beschäftigten von Lear in Indiana zu verraten. Und wenn man sie lässt, dann werden sie auch die Beschäftigten der Großen Drei verraten.

Shawn Fain hat sich nur deshalb in letzter Zeit kämpferisch gegeben und die Forderungen der Mitglieder übernommen, weil er und seine Führung sich bewusst sind, wie stark die Stimmung für einen Arbeitskampf ist. Die UAW-Bürokratie will die Arbeiter zu passiven Zuschauern machen. Aber wir – wir müssen jetzt wirklich in die Offensive gehen.

Was auch immer ihr über Fain denkt: Wenn ihr der Meinung seid, dass ein Arbeitskampf nötig ist, dann werdet jetzt aktiv. Organisiert diesen Kampf und stellt sicher, dass es diesmal keine Niederlage gibt. Wir können alle Arbeiter vereinigen, wenn wir Aktionskomitees in jedem Betrieb und jeder Branche aufbauen und uns der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees anschließen.

Beteiligt euch am Aufbau von Aktionskomitees in der Auto- und Zulieferindustrie! Registriert euch über das Formular unter dem Artikel.

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