NPA attackiert „linksradikale“ Opposition gegen Unterredungen der französischen Gewerkschaftsbürokratie mit Macron

1953 kam es in der trotzkistischen Bewegung zu einer Spaltung zwischen dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) und einer von Michel Pablo und Ernest Mandel geführten Fraktion. Die Pablisten wiesen die unabhängige politische Rolle der Arbeiterklasse zurück und behaupteten, dass die stalinistische Bürokratie gezwungen sein werde, revolutionäre Kämpfe zu führen. Siebzig Jahre später – während sich eine objektiv revolutionäre Konfrontation zwischen der französischen Arbeiterklasse und Präsident Emmanuel Macron abzeichnet – treten die Auswirkungen dieser Spaltung sehr deutlich zutage.

In Frankreich spielen sich die größten Streiks seit dem Generalstreik vom Mai 1968 ab. Die Parti de l’égalité socialiste (PES), die französische Sektion des IKVI, besteht darauf, dass Macron – der versucht, gegen das Volk zu regieren – durch einen Generalstreik gestürzt werden muss. Während die Gewerkschaftsbürokratien mit Macron „vermitteln“, um seine Regierung zu stützen, besteht die PES darauf, dass die Vorbereitung eines Generalstreiks nicht in ihre Hände gelegt werden darf. Arbeiter an der Basis müssen durch eine unabhängige Mobilisierung einen Generalstreik mit einer sozialistischen und revolutionären Perspektive vorbereiten.

Die pablistische Nouveau Parti anticapitaliste (Neue Antikapitalistische Partei, NPA) steht dieser Perspektive diametral entgegen. Ein Leitartikel mit dem Titel „Renten: eine Woche Chaos, um zum Sieg zu gelangen?“, verfasst von Antoine Larrache, bezeichnet Opposition gegen die Gewerkschaftsbürokratie als „sektiererisch“ und kritisiert „linksradikale“ und „revolutionäre“ Parolen gegen Macron.

Zu den Aktionsvorschlägen der NPA schreibt Larrache: „Es gibt keine einfache Lösung. Eines ist sicher: Es reicht nicht aus, einen Generalstreik zu beschwören, um damit die Gewerkschaftsführung anzuprangern. Für den Generalstreik zu kämpfen – ja, das zeigt eine richtige Perspektive – aber dies auf sektiererische Weise zu tun, spielt eine negative Rolle, da es die Schwierigkeiten der Bewegung leugnet und Brüche innerhalb der Bewegung schafft.“

Der „Bruch“ in der Bewegung ist nicht auf linke Kritik an der Gewerkschaftsbürokratie zurückzuführen, sondern auf den anhaltenden Verrat der Gewerkschaftsbürokratie an der Basis.

Laut Umfragen, über die die bürgerliche Presse besorgt berichtet, lehnen 80 Prozent der französischen Bevölkerung Macrons Rentenkürzungen ab, während zwei Drittel der Befragten einen Generalstreik unterstützen, um „die Wirtschaft zu blockieren“ und die Kürzungen zu stoppen. Eine andere Umfrage ergab, dass 62 Prozent der Franzosen wollen, dass die Protestbewegung härter gegen die Macron-Regierung vorgeht.

Die Führungen der französischen Gewerkschaften CFDT und CGT kündigten in der vergangenen Woche an, dass sie hinter verschlossenen Türen „Vermittlungsgespräche“ mit Macron aufnehmen würden, und setzten sich damit über die überwältigende Forderung der Bevölkerung nach Massenaktionen hinweg.

Die NPA erweist sich als entschlossene Verteidigerin der reaktionären Kräfte im Gewerkschaftsapparat. Sie lehnt „sektiererische“ Kritik an den Bürokratien ab, da diese „eine negative Rolle“ bei deren Bemühungen spielt, die Bewegung gegen Macron zu ersticken.

Aufrufe zum Generalstreik, so die NPA, seien nichts als quasi-religiöse „Beschwörungen“, die nichts mit der politischen Realität zu tun hätten. Das lässt die NPA in einer anderen Passage durchblicken, in der es heißt: „Der Kampf für den Generalstreik ist ein Kampf, in dem wir vorschlagen müssen, was die Bewegung voranbringt, wie sie ist – unter Berücksichtigung des Klassenbewusstseins, wie es ist, nicht wie man es sich erträumt.“

Selbst wenn man diesen Ansatz beim Wort nehmen würde, wäre er völlig antimarxistisch. Marxisten versuchen, das bestehende Bewusstsein der Arbeiter zu heben und nicht, sich ihm anzupassen. Aber die NPA passt sich nicht dem Bewusstsein der Arbeiterklasse an, die mit überwältigender Mehrheit einen Generalstreik will, sondern der Gewerkschaftsbürokratie, die das nicht will.

Soweit die Aussage impliziert, dass das Klassenbewusstsein „so wie es ist“ es derzeit nicht gestattet, für einen Generalstreik zum Sturz Macrons zu kämpfen, ist das nichts anderes als eine eigennützige Lüge, die durch die Umfragen widerlegt wird: In einer weiteren Ifop-Umfrage, die von Le Journal du Dimanche veröffentlicht wurde, gaben 76 Prozent der Befragten an, dass die Ereignisse um die Rentenreform bei ihnen „eine schlechte Meinung über Macron hinterlassen“ haben.

Die Perspektive der PES, die Rentenkürzungen zu stoppen und Macron in einem Generalstreik zu stürzen, ist keine, von der man – in den Worten der NPA – nur „träumen“ kann, sondern wird von einer Mehrheit der Franzosen unterstützt. Macron hat seine Feindseligkeit gegenüber den Massen und seine Verachtung für demokratische Rechte voll unter Beweis gestellt, indem er seine verhassten Reformen sogar ohne Abstimmung in der Nationalversammlung durchgesetzt hat. Der Kampf gegen Macron, den kapitalistischen Staatsapparat und die Diktatur der Banken ist die entscheidende Frage der aktuellen Situation.

Doch für die NPA steht diese Klassenkonfrontation „im Hintergrund“. Die Bewegung, so der Artikel, sollte hauptsächlich durch „sektorale Forderungen charakterisiert werden, die Frauen, Löhne, öffentliche Dienstleistungen, die Arbeitslosenversicherung, das Darmanin-Gesetz, die ökologische Transformation, die privaten Bewässerungsreservoirs betreffen. Und im Hintergrund ein Kampf gegen die Macht Macrons, seiner Polizei und der Bosse“.

Die „Rolle“ von „politischen Aktivisten“, so Larrache und die NPA, müsse darin bestehen, „die Verbindung zwischen all diesen Ereignissen herzustellen, um die Entwicklung von Reife und Bewusstsein zu beschleunigen. Ohne Linksradikalismus [‚gauchisme‘, ‚Linkssein‘], ohne an jeder Straßenecke zu rufen ‚wir sind entschlossen und revolutionär‘, sondern mit dem Ziel, die Massen in die politische Aktion einzubeziehen.“

Mit anderen Worten: Das angebliche Anliegen der NPA, einen „Bruch“ innerhalb der Bewegung zu verhindern, läuft in der Praxis auf den Versuch hinaus, „linke“ und „revolutionäre“ Politik zu unterdrücken und so zu verhindern, dass sich die Arbeiter vom Diktat der Bürokratien befreien können.

Letztlich fordert die NPA, dass nach Wochen entschlossenen Kampfes – in denen Arbeiter kein Streikgeld erhielten und brutal von der Bereitschaftspolizei angegriffen wurden – nichts getan werden sollte, um Berger, Martinez und Co. am Ausverkauf des Kampfes zu hindern. Jeder Versuch, die Bewegung von der bürokratischen Perspektive der Klassenkollaboration zu befreien, ist für die NPA unzulässig. Ihre hochtrabenden Phrasen über die Förderung von „Reife und Bewusstsein“ und eine „Einbeziehung der Massen in die politische Aktion“ dienen lediglich dazu, Unterwerfung unter die Macron-freundlichen Bürokraten zu predigen.

Der Aufruf der NPA, „Linksradikalismus“ in der Massenbewegung entgegenzutreten, ist ein weiterer Meilenstein in der Rechtsentwicklung dieser pseudolinken, pro-imperialistischen Partei des Kleinbürgertums. Sie wurde 2009 von pablistischen Kadern der Ligue communiste révolutionnaire (LCR) auf der Grundlage einer ausdrücklichen Zurückweisung jeder historischen Verbindung zum Trotzkismus gegründet. In ihrem Gründungsprogramm heißt es, dass der Aufbau einer revolutionären Partei unmöglich sei und sie daher ein breites Bündnis von Kräften aufbauen werde, die allesamt eine sozialistische Revolution ablehnen:

Die NPA erhebt keinen Anspruch auf eine spezifische Beziehung zum Trotzkismus, sondern auf Kontinuität mit denjenigen, die sich in den letzten zwei Jahrhunderten dem System mit aller Kraft entgegengestellt haben. Die NPA ist eine pluralistische und demokratische Partei. An ihr beteiligen sich Genossinnen und Genossen aus verschiedenen Teilen der sozialen Bewegung, der globalisierungskritischen Linken, der politischen Ökologie, Genossinnen und Genossen aus der PS und der PCF, aus der anarchistischen Bewegung und der revolutionären Linken. Ohne farblos zu werden, hat die NPA alles zu gewinnen, wenn sie sich noch weiter öffnet.

Nachdem sie die Perspektive des Aufbaus einer revolutionären trotzkistischen Partei in der Arbeiterklasse verworfen hatte, ging sie dazu über, eine konterrevolutionäre Partei aufzubauen. Ihre Aufrufe zum Bündnis mit der Parti socialiste (PS), einer langjährigen kapitalistischen Regierungspartei, für die Macron vor seiner Präsidentschaft als Wirtschaftsminister amtierte, unterstrichen ihre organische Verstrickung mit dem Imperialismus.

In der Tat unterstützte die NPA in den folgenden Jahren die Nato-Kriege gegen Libyen und Syrien, die hunderttausende Menschenleben kosteten. Nachdem sie den rechten „Maidan“-Putsch in der Ukraine bejubelt hatte, der 2014 den gewählten Präsidenten stürzte und rechtsextreme Parteien an die Macht brachte, forderte die NPA weitere Militärinterventionen gegen Russland. Seit dem reaktionären Einmarsch des russischen Militärs in die Ukraine hat die NPA ihre Unterstützung für das reaktionäre ukrainische Militär verdoppelt und Nato-Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert.

Die Auswirkungen der antitrotzkistischen Perspektive der NPA zeigen sich nun immer deutlicher im Klassenkampf in Frankreich selbst. Nachdem sie den Kampf für den Aufbau einer revolutionären trotzkistischen Partei zurückgewiesen hat, geriert sie sich nun offen feindselig gegenüber „linker“ Kritik an den Gewerkschaftsbürokratien und den korrupten Manövern, mit denen diese den Kampf gegen Macron unterdrücken.

Die PES kämpft für die Perspektive, Macron durch einen Generalstreik zu stürzen, und verknüpft diese Forderung mit dem Kampf gegen imperialistischen Krieg und für Sozialismus. Sie plädiert für den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees in jeder Schule und an jedem Arbeitsplatz, um den Kampf gegen Macron mit den Kämpfen der Arbeiter in aller Welt zu verbinden und ihnen zu helfen, sich vom Diktat der Bürokratien in ihren Ländern zu befreien. Bereits jetzt entwickeln sich Massenstreiks in Deutschland, Großbritannien, Portugal, Belgien, Israel und überall auf der Welt.

Gemeinsam mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern auf der ganzen Welt können die Arbeiter in Frankreich Macron und die kapitalistische Oligarchie, für die er steht, zu Fall bringen. Das aber erfordert einen bewussten Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie und ihre pseudolinken Verteidiger, wie die NPA. Die PES wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um Arbeiterinnen und Arbeiter in diesem politischen Kampf zu unterstützen, und appelliert an Arbeiter und Jugendliche, die mit dieser Perspektive übereinstimmen, noch heute mit ihr Kontakt aufzunehmen.

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