Mindestens 40 Flüchtlinge kamen bei einem Feuer ums Leben, das am Montagabend in einem überfüllten Haftzentrum in der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juarez ausbrach. 28 Menschen mussten in kritischem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert werden. Der tödliche Brand brach während eines Protests von Flüchtlingen aus Mittel- und Südamerika aus. Sie hatten erfahren, dass sie aus Ciudad Juarez abgeschoben werden sollten, weil die Biden-Regierung die Beantragung von Asyl an der Grenze zwischen den USA und Mexiko verbietet.
Aus Angst vor Tod und Verfolgung in ihren Heimatländern zündeten einige verzweifelte Einwanderer ein Feuer im Männertrakt des Gefängnisses an, das von der mexikanischen Regierung unter Präsident Andrés Manuel López Obrador (AMLO) betrieben wird und direkt an der Grenze zu den USA liegt. Die Flüchtlinge hofften, dass das Feuer die Aufmerksamkeit auf ihre Notlage lenken würde. Stattdessen breiteten sich die Flammen zu einem Inferno aus und fraßen sich durch die billigen, leicht brennbaren Matratzen. Kein einziger Feuerlöscher stand zur Verfügung.
28 der Toten und Verletzten kommen aus Guatemala, 13 aus Honduras, 12 aus Salvador, 12 aus Venezuela sowie weitere aus Kolumbien und Ecuador. Die Leichen der Toten wurden kurzerhand auf einen Parkplatz geschleppt, wo die Angehörigen sie beweinten und Antworten forderten.
Es ist ein grausames Symbol. Diese Menschen, die mehr als tausend Kilometer auf der Suche nach einem sicheren Ort zurückgelegt hatten, sind in Sichtweite der US-Grenze am lebendigen Leib verbrannt. Videoaufnahmen bestätigen, dass die Opfer in einer Zelle eingesperrt waren und die Wachen sich weigerten, die Tür zu öffnen.
Auf anderen Videos ist zu sehen, wie Wachleute aus der Einrichtung fliehen, während die Flammen um die Gefangenen herumschlagen, die hinter Gittern eingesperrt sind und schreien, dass man sie herauslassen soll. Einem Überlebenden zufolge hörte man einen Wärter sagen: „Lasst die, die das Feuer gelegt haben, brennen.“
López Obrador gab eine oberflächliche Erklärung ab, in der er den Vorfall als „schreckliches Unglück“ bezeichnete und die Migranten für ihren eigenen Tod verantwortlich machte. Doch was sich in Ciudad Juarez ereignete, war ein Verbrechen und ein direktes Ergebnis der Politik der US-amerikanischen ebenso wie der mexikanischen Regierung. Der Hauptschuldige ist die Biden-Regierung, wobei die AMLO-Regierung als deren Vollstrecker und Komplize dient.
Den Flüchtlingen wurde die Einreise in die Vereinigten Staaten auf der Grundlage der US-Abschieberegelung „Title 42“ verwehrt, einer obskuren gesetzlichen Bestimmung zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, die von Trump eingeführt und von Biden beibehalten wurde. Sie verbietet die Einwanderung an der US-mexikanischen Grenze unter dem Vorwand, die Einwanderer könnten Covid-19 einschleppen. Da „Title 42“ im Mai auslaufen soll, kündigte Biden letzten Monat eine neue Regelung als Ersatz an. Die neue Bestimmung verweigert Einwanderern die Einreise von der Südgrenze, wenn sie Asyl in den USA beantragen wollen, obwohl das ihr international garantiertes Recht wäre. Die Regierung argumentiert, dass die Flüchtlinge stattdessen in Mexiko Asyl beantragen sollen.
Die mexikanische Regierung spielt eine entscheidende Rolle als Gehilfin der Biden-Regierung bei den Angriffen auf die Rechte der lateinamerikanischen Flüchtlinge. Tausende Arbeiter und Bauern fliehen vor Gewalt und Armut in ihren Ländern, die seit einem Jahrhundert von den Imperialisten ausgebeutet werden.
AMLO setzt das mexikanische Militär als Hilfstruppe der US-Grenzpolizei ein, um mittel- und südamerikanische Einwanderer, die Mexiko auf dem Weg in die Vereinigten Staaten durchqueren, zu verhaften und brutal zu drangsalieren. Die Haftanstalt in Ciudad Juarez war eng und überfüllt, weil die Polizei am Montag die Straßen der Stadt durchkämmt hatte, um mittellose Flüchtlinge aufzugreifen, die über die Grenze zurückgeschickt worden waren.
Die Regierung unter AMLO wurde von den Democratic Socialists of America und der Pseudolinken als „fortschrittlich“ oder sogar „revolutionär“ gepriesen. In Wirklichkeit ist seine Regierung nicht weniger unterwürfig gegenüber ihren amerikanischen Herren als ihre Vorgänger unter der PRI und der PAN.
Jetzt bereitet die US-Regierung noch rücksichtslosere Angriffe auf Einwanderer vor. Anfang März berichtete die New York Times, dass „die Biden-Regierung erwägt, die Praxis der Inhaftierung von Migrantenfamilien, die die Grenze illegal überqueren, wieder aufzunehmen“.
Führende Vertreter des US-Heimatschutzministeriums haben sich heimlich getroffen, um Optionen für die Inhaftierung von Eltern und Kindern zu erörtern, obwohl Gerichte das bereits untersagt haben. Sogar die Times räumte ein, dass „der Schritt eine deutliche Kehrtwende für Präsident Biden wäre, der bei seinem Amtsantritt versprach, nach der harten Politik seines Vorgängers, des ehemaligen Präsidenten Donald J. Trump, eine mitfühlendere Herangehensweise an der Grenze zu verfolgen“.
In den Stunden nach dem Brand sagte Bidens Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas vor dem Justizausschuss des Senats aus. Die Debatte verwandelte sich in eine dreistündige Hetztirade gegen Einwanderer seitens beider Parteien. Mayorkas nahm in seiner Eröffnungsrede keinen Bezug auf den Brand und bezeichnete die Einwanderung als Teil der „erhöhten Bedrohungslage“. Er sagte, die US-Grenzen müssten militarisiert werden, um sich vor „zunehmender wirtschaftlicher und politischer Instabilität“ auf der ganzen Welt zu schützen und „um Aggression durch die Volksrepublik China abzuwehren“.
Während der Anhörung lobten Senatoren der Demokraten Mayorkas dafür, dass er die Einwanderung einschränkt, während Republikaner noch gewalttätigere und antidemokratischere Maßnahmen forderten, um faktisch jegliche Einwanderung zu verhindern. Anfang dieses Monats bezeichnete der republikanische Vorsitzende des House Oversight Committee, James Comer, es als „Fehler“, dass Trump während seiner Präsidentschaft Mexiko nicht bombardiert hat, um die Drogenkartelle auszuschalten. Sowohl Demokraten als auch Republikaner lobten „unsere Partner in Mexiko“ für die Erleichterung von Massenabschiebungen.
Der skrupellose, parteiübergreifende Angriff auf die Rechte von Einwanderern muss im Zusammenhang mit dem Krieg des US-Imperialismus gegen Russland und den Kriegsplänen gegen China verstanden werden. Während der Anhörung des Justizausschusses des Senats erklärten Senatoren beider Parteien, dass weitere Grenzbeschränkungen, eine Ausweitung der Massenüberwachung und die Abschiebung unerwünschter Ausländer notwendig seien, um Russland und China herauszufordern und die totale staatliche Kontrolle über die amerikanische „Heimat“ zu haben.
Das erfordert vor allem die Unterdrückung des Klassenkampfs in den Vereinigten Staaten wie auch in ganz Lateinamerika, das dem US-Imperialismus seit jeher als Hauptquelle für Rohstoffe und billige Arbeitskräfte dient. Die Unterdrückung der Einwanderung ist heute ein integraler Bestandteil bei der Aufrechterhaltung der Ordnung in der gesamten Region. Die Grenze gilt als Dreh- und Angelpunkt für den US-Imperialismus, um ganz Lateinamerika zu dominieren.
Wie der ehemalige Heimatschutzminister John Kelly 2017 sagte, „beginnt die Heimatverteidigung nicht an der ‚One Yard Line‘ unserer Südwestgrenze, sondern erstreckt sich über die gesamte Hemisphäre, um Bedrohungen von unserer Nation fernzuhalten“. Es ist bezeichnend, dass Mayorkas die wirtschaftliche Instabilität als Hauptmotiv für die derzeitige Grenzpolitik nannte.
Die Verteidigung der Rechte von Einwanderern muss deshalb eng verwurzelt sein mit der Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen den US-Imperialismus, den Nato-Krieg gegen Russland und die US-Kriegspläne gegen China.
Schon die vergangenen Weltkriege gingen mit schärfsten Angriffen auf eingewanderte Arbeiter einher. Das Ziel war immer, die Antikriegsstimmung in der amerikanischen Arbeiterklasse zu unterdrücken.
Während des Ersten Weltkriegs wurde der Espionage Act (1917) verabschiedet, der Antikriegsäußerungen verbot und zur Inhaftierung des Sozialistenführers Eugene V. Debs führte. Wenige Wochen später folgten Gesetze zur Erleichterung der Deportation von Einwanderern. Die Gesetze gaben Generalstaatsanwalt A. Mitchell Palmer die rechtlichen Mittel, um Tausende sozialistische Immigranten in den Palmer-Razzien von 1919–1920 abzuschieben. Bis heute dient der Espionage Act als Grundlage für die Verfolgung von Whistleblowern wie Chelsea Manning und Julian Assange.
Im Zweiten Weltkrieg verabschiedete der Kongress den Smith Act (1940), mit dem ein System zur Registrierung von Ausländern geschaffen wurde, das für die Internierung japanischstämmiger US-Bürger genutzt wurde. Gleichzeitig kriminalisierte das Gesetz Kritik am Krieg, was 1944 zur Inhaftierung von 18 Trotzkisten führte. Mit Beginn des „Kriegs gegen den Terror“ gingen die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung und die Errichtung eines Überwachungsstaats Hand in Hand mit Angriffen auf Einwanderer, wie die Gründung des Heimatschutzministerium im Jahr 2002 beweist. In allen diesen Fällen haben die beiden Parteien ihre Angriffe auf die Rechte der gesamten Arbeiterklasse vorbereitet, indem sie ein Klima des extremen Nationalismus und Chauvinismus gegen Ausländer förderten.
Heute ist die Arbeiterklasse in den Vereinigten Staaten über Tausend Fäden mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern in Mexiko und ganz Lateinamerika verbunden, sowohl durch familiäre Verbindungen als auch durch den Produktionsprozess selbst und die revolutionären Veränderungen in der Kommunikation.
Die Aufteilung der Welt in Nationalstaaten ist unvereinbar mit den objektiven Interessen der Arbeiterklasse in Amerika und weltweit. Dieselbe grundlegende Tatsache ist in ganz Europa zu beobachten, wo Flüchtlinge zu Tausenden im Mittelmeer sterben, weil sie versuchen, der Gewalt und Unterdrückung in Afrika und im Nahen Osten zu entkommen.
Von Seiten des politischen Establishments in den USA oder Mexiko ist keine Gerechtigkeit zu erwarten – weder für die Opfer des schrecklichen Brands in Ciudad Juarez noch für die Tausenden und Abertausenden, die unter ähnlichen Bedingungen auf Asyl warten. Gerechtigkeit kann es nur im Kampf für eine sozialistische Massenbewegung der Arbeiterklasse gegen den imperialistischen Krieg und für die Verteidigung aller demokratischen Rechte geben.