In einem skandalösen Auftritt vor dem Studierendenparlament (StuPa) hat sich die neue Präsidentin der Humboldt-Universität, Julia von Blumenthal, Anfang Februar hinter die rechtsradikalen Positionen von Professor Jörg Baberowski gestellt und deutlich gemacht, dass sie nichts gegen seine Attacken auf kritische Studierende unternehmen werde. Sie signalisierte damit, dass Regierung und Universitätsleitung ihre Bemühungen vorantreiben wollen, die Humboldt-Universität in ein Zentrum für Militarismus und rechte Ideologie zu verwandeln.
Baberowski ist eine zentrale Figur der extremen Rechten und wird regelmäßig von AfD-Abgeordneten im Bundestag zitiert. Er hetzt gegen Flüchtlinge, trommelt für brutale Kriege und missbraucht seine Position als Professor, um die Verbrechen der Nazis zu relativieren und ihren Führer Adolf Hitler zu verharmlosen. Wie der Bremer Jura-Professor Andreas Fischer-Lescano feststellt, verschmelzen bei Baberowski „wissenschaftliches Œuvre und tagespolitische Äußerungen zu einem Amalgam rechtsradikaler Kritik, das durchsetzt ist von geschichtsrevisionistischen und nationalistischen Motiven“.
Bei diesen „Motiven“ handelt es sich um zentrale Geschichtslügen von Holocaustleugnern und Rechtsextremisten: Der „Krieg neuen Typs“, den die Wehrmacht gegen die Sowjetunion führte, sei ihr von der Roten Armee „aufgezwungen“ worden; der Holocaust sei „im Grunde das gleiche“ gewesen wie Erschießungen während des russischen Bürgerkriegs; Hitler sei „nicht grausam“ gewesen und habe „nichts von Auschwitz wissen wollen“. Diese unerträgliche Geschichtsfälschung verbindet Baberowski mit der Verharmlosung rechter Gewalt. So bezeichnete er Brandanschläge auf Flüchtlingsheime im Jahr 2015 „angesichts der Probleme, die wir in Deutschland haben mit der Einwanderung“ als „eher harmlos“.
Der Professor hat Kollegen und kritische Studierende wiederholt bedroht und mobilisiert sein rechtsextremes Umfeld, um an der Universität ein Klima der Einschüchterung und Gewalt zu schaffen. Dies gipfelte darin, dass Baberowski im Jahr 2019 zwei studentische Senatorinnen öffentlich aufs Übelste beleidigte, bevor er im StuPa-Wahlkampf des Jahres 2020 über den Campus zog, studentische Wahlwerbung zerstörte und einen IYSSE-Abgeordneten, der ihn dabei ertappte, tätlich angriff. Im Strafverfahren gegen ihn wurde er deshalb vom Gericht zur Zahlung von 4.000 Euro verpflichtet.
Doch an der Universität hatten diese ungeheuerlichen Vorgänge für Baberowski keinerlei Konsequenzen, im Gegenteil. Das Präsidium – dem seit Oktober vergangenen Jahres Julia von Blumenthal vorsitzt – hat den Professor stets verteidigt und weigert sich seit Jahren, die Dienstaufsichtsbeschwerden, die mehrere Studierende eingreicht hatten, auch nur zu bescheiden, obwohl es rechtlich dazu verpflichtet ist.
Das StuPa hingegen hat mit überwältigender Mehrheit mehrere eindeutige Beschlüsse zur Causa Baberowski gefasst, über die sich die Universitätsleitung seit Monaten und Jahren hinwegsetzt. In Reaktion auf Baberowskis medialen Angriff auf die damaligen AS-Angehörigen Bafta Sarbo und Juliane Ziegler forderte das Studierendenparlament das HU-Präsidium mit Beschluss vom 17. Oktober einstimmig auf, „seine 2017 veröffentlichte Solidaritätserklärung mit Baberowski zu revidieren“ und „Maßnahmen gegen Herrn Prof. Baberowskis Fehlverhalten einzuleiten“.
Nachdem dies nicht geschah und Baberowski den Freifahrtschein der Universität nutzte, um gewaltsam gegen Kritiker vorzugehen, forderte das StuPa am 18. Juni 2020 mit 37-Ja Stimmen und 4 Nein-Stimmen das Präsidium auf, seine „Unterstützung für den rechtsradikalen Professor zu beenden“, „Baberowski zur Rechenschaft zu ziehen“ und „den Studierenden ein sicheres Umfeld ohne Einschüchterung und Gewalt zu bieten“.
Bei ihrem Antrittsbesuch im StuPa wurde sehr deutlich, dass die neue Universitätspräsidentin die reaktionäre Agenda ihrer Vorgänger teilt und aggressiv vorantreiben will. Im Anschluss an von Blumenthals „Grußwort“ ging der IYSSE-Abgeordnete Gregor Kahl in einer Wortmeldung ausführlich auf die Beschlüsse des Studierendenparlaments ein und folgerte, „dass Sie sich wie ihre Vorgänger hinter diesen rechtsradikalen und gewalttätigen Professor stellen“. Unter dem Beifall des Studierendenparlaments richtete Kahl die folgenden Fragen an von Blumenthal:
Was werden Sie tun, um Studierende vor rechter Gewalt zu schützen?
Wann werden Sie die Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Herrn Baberowski bescheiden?
Und wann werden Sie sich endlich von diesem rechtsradikalen Professor distanzieren?
Die Präsidentin verweigerte eine Distanzierung und erklärte, die „politischen Äußerungen“ des Professors seien „zu trennen von der Frage des Wissenschaftlers Baberowski und seiner dienstlichen Tätigkeit hier an der Universität“ und daher grundsätzlich „berechtigt“. Die beiden anderen Fragen beantwortete von Blumenthal nicht, da sie „auf personalrechtliche Vorgänge anspielen, über die ich mich nicht einfach so in einer öffentlichen Sitzung äußern kann“.
Mit anderen Worten: Baberowskis rechtsradikaler Geschichtsrevisionismus sei der Standpunkt eines tadellosen „Wissenschaftlers“ und seine öffentliche Flüchtlingshetze die berechtigte „politische Äußerung“ eines Privatmannes. Auf die erneute Nachfrage, wie Studierende vor rechter Gewalt geschützt werden und wann das Präsidium seiner Pflicht nachkomme, die Dienstaufsichtsbeschwerde zu bescheiden, schwieg die Präsidentin.
Von Blumenthals Verhalten bestätigt die Warnungen der IYSSE, dass die HU zu einem Zentrum für Kriegspropaganda und rechte Ideologie umgebaut werden soll.
Die Personalie Julia von Blumenthals ist selbst ein Ausdruck dieser Agenda. Nach ihrer Promotion (2001) und Habilitation (2007) an der Bundeswehr-Universität Hamburg war von Blumenthal von Juli bis September 2007 Visiting Fellow an der Australian Defence Force Academy der University of New South Wales in Canberra. Anschließend übernahm sie den Lehrbereich „Innenpolitik der Bundesrepublik Deutschland“ am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität, bis sie im Mai 2018 zur Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt a. O. gewählt wurde.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Dort lud sie Ende August 2021 gemeinsam mit der außenpolitischen Berghof Foundation zentrale Akteure „u.a. aus Auswärtigem Amt, EU, UN, Wissenschaft sowie Zivilgesellschaft“ in Berlin zu einem „vertraulichen Runden Tisch“ ein, um einen „breit gestützten Rahmen“ auszuarbeiten, der „Deutschlands Rolle in Krisen und Konflikten bestimmt und legitimiert“. Einem Bericht der Berghof Foundation zufolge habe die Versammlung dafür plädiert, „operative Schnittstellen und kooperative Prozesse zwischen Auswärtigem Amt, BMZ, BMVg und (gerade auch) Bundeskanzleramt“ zu schaffen.
Nachdem sie im Oktober letzten Jahres schließlich die HU-Präsidentschaft angetreten hatte, bestand eine ihrer ersten Amtshandlungen darin, eine Veranstaltung zur Unterstützung des Nato-Stellvertreterkrieges in der Ukraine abzuhalten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Botschafter Oleksij Makejew traten dort vor einem ausgewählten Publikum von Studierenden auf, um die Parteienverbote in der Ukraine zu rechtfertigen und weitere Waffenlieferungen der imperialistischen Großmächte zu fordern. Von Blumenthal brachte im Verlauf der Veranstaltung unter anderem ihre Unterstützung für einen raschen EU-Beitritt der Ukraine zum Ausdruck.
Diese militaristische Politik geht einher mit verschärften Angriffen auf die sozialen Rechte der Studierenden. Im Studierendenparlament wurde von Blumenthal von weiteren StuPa-Abgeordneten gefragt, wie die Universitätsleitung Studierende angesichts der Inflation und hohen Mieten kurzfristig entlasten werde, was gegen den Mangel an verfügbaren Räumen unternommen werde, wie die Beratung internationaler Studierender verbessert und die studentische Kinderbetreuung unterstützt werde.
Darauf entgegnete die Präsidentin, dass ihr nicht ersichtlich sei, „wo das Geld dafür herkommt“ und sie prinzipiell „keine Zusagen“ machen werde. Für den Vorschlag, Studierenden die Säumnisgebühr zu erlassen, die sich aufgrund finanzieller Schwierigkeiten verspätet für das nächste Semester zurückmelden, gebe es „keine brauchbare Rechtsgrundlage“. Um für den Krieg in der Ukraine Energie und Kosten zu sparen, kündigte sie jedoch an, die Öffnungszeiten von Bibliotheken und Lernräumen künftig weiter einzuschränken.
Der Auftritt der HU-Präsidentin muss Studierenden, Wissenschaftlern und Arbeitern als Warnung dienen. Während die Bundesregierung die größte Aufrüstung seit Hitler organisiert und Panzer in die Ukraine entsendet, um Krieg gegen Russland zu führen, sollen die Universitäten wie vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg gleichgeschaltet und studentische Kritik an rechter Ideologie mundtot gemacht werden.
Dass rechtsradikale Akteure wie Baberowski an Universitäten protegiert werden, obwohl sie mit Gewalt gegen kritische Studierende vorgehen, zeigt, dass diese Agenda nicht mit demokratischen Rechten vereinbar ist. Die IYSSE rufen Arbeiter und Studierende aller Universitäten auf, die Meinungsfreiheit zu verteidigen und der rechten Verschwörung entgegenzutreten.
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