2.000 Arbeiter beginnen achttägigen Streik im größten britischen Containerhafen Felixstowe

Fast 2.000 Arbeiter sind im britischen Hafen Felixstowe in Suffolk an der englischen Ostküste in einen achttägigen Streik getreten. Die Mitglieder der Gewerkschaft Unite, zu denen Kranführer, Schlepperfahrer und Stauer gehören, haben das Angebot einer siebenprozentigen Lohnerhöhung des Hafenbetreibers CK Hutchison Holding Ltd. abgelehnt. Dessen Unternehmen Felixstowe Docks hat seit 2017 198 Millionen Pfund Dividenden ausgeschüttet.

Streikposten am ersten Tag des Arbeitskampfs im Hafen von Felixstowe (Foto: Unite) [Photo: Unite/WSWS]

Felixstowe ist der größte Containerhafen des Vereinigten Königreichs. Er ist wickelt 48 Prozent des Containerverkehrs ab, und jährlich werden dort vier Millionen Container von 2.000 Schiffen umgeschlagen.

Der Direktor des Global Shippers Forum, James Hookham, erklärte gegenüber der BBC, ein längerer Streik könnte „die Lieferketten zu den britischen Verbrauchern zu einem wichtigen Zeitpunkt unterbrechen“. Er verwies dabei auf drei bevorstehende Spitzenzeiten im Einzelhandel: Halloween und die Herbstferien, den Black Friday und Weihnachten.

Er erklärte: „Diese Container werden auf einigen der größten Schiffe der Welt befördert, etwa die Größe der Ever Given, und das in einer solchen Anzahl und Frequenz, dass andere Routen oder Transportmöglichkeiten (etwa per Bahn oder Luftfracht von China nach Europa) einfach nicht die Kapazität haben, um diese Mengen so kurzfristig zu bewältigen.“

Reporter der World Socialist Web Site diskutierten ausführlich mit einigen der 200 Arbeiter, die am Streikposten nahe des Hafeneingangs standen.

Die Streikenden waren aufgebracht über die Rekordgewinne der Unternehmen, vor allem in der Transport- und Logistikbranche, während Arbeiter kaum über die Runden kommen. Sie waren sich einig, dass Arbeiterinnen und Arbeiter überall mit „miserablen“ Bedingungen konfrontiert sind, die sich im Winter noch weiter verschlimmern werden, vor allem nach der geplanten Erhöhung der Energiepreise.

Am Sonntagmorgen erklärte ein Sprecher von Unite gegenüber der BBC, die Gewerkschaft wolle eine Lohnerhöhung von zehn Prozent durchsetzen. Doch wie ein Arbeiter betonte, werden zehn Prozent „vermutlich nicht reichen“, da die Inflation bereits bei über zwölf Prozent liegt. Und selbst wenn die Arbeitgeberseite einer Erhöhung von zehn Prozent zustimmt, würden die Arbeiter im Januar möglicherweise erneut streiken müssen.

Es gibt auch noch andere Bedenken. Einige Arbeiter erwähnten, dass sich die Bedingungen in letzter Zeit verschlechtert haben, vor allem in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit. Viele sprachen die Tatsache an, dass sie während der Pandemie arbeiten mussten und dass es kaum oder gar keine Schutzmaßnahmen gegen das Virus gab. Auch Lohnzuschläge wurden nicht gezahlt.

Der Hafen von Felixstowe (Foto: WSWS)

Ein Arbeiter erklärte, das Unternehmen habe ein Lohnstufensystem eingeführt, durch das neu eingestellte Arbeiter nur 25.000 Pfund pro Jahr erhalten – deutlich weniger als die routinierten Arbeiter, die fast die gleiche Arbeit erledigen. Ein verrenteter Arbeiter erklärte, dass Leistungen wie Renten und Krankenversicherung in den letzten 30 Jahren abgebaut wurden und dass alle Lohnerhöhungen mit verringerten Sozialleistungen einhergingen. Er fügte hinzu, schlechte Tarifverträge seien oft mit Boni „versüßt“ worden. Allerdings liege es im Ermessen des Managements, ob und wann sie ausgezahlt werden. Zudem würden sie nicht in die Berechnung der Rente einfließen.

Die Streikenden kritisierten die von der Tory-Regierung geplanten Anti-Streik-Gesetze. Ein Arbeiter betonte, es solle Neuwahlen geben, und nicht einen parteiinternen „Wettstreit zwischen zwei extrem rechten Tories [Liz Truss und Rishi Sunak]“.

Es herrschte weitgehende Einigkeit darüber, dass die Labour Party die Arbeiterklasse nicht repräsentiert, und dass „wir keine Tories mit einer anderen Farbe brauchen“.

Die Arbeiter erklärten sich solidarisch mit anderen Streikenden, vor allem in den Häfen in anderen Teilen des Landes und der Welt. Unite hat derzeit ein eindeutiges Mandat für einen Streik im Hafen von Liverpool, während in Deutschland die Gewerkschaft Verdi die Hafenarbeiter in Verhandlungen mit den Arbeitgebern gefesselt hält. Die Streikenden in Felixstowe haben sich zu einem gemeinsamen Streik mit den Arbeitern in anderen Häfen bereit erklärt und zeigten sich begeistert von der Aussicht auf einen Generalstreik im Vereinigten Königreich.

Hafenarbeiter am ersten Streiktag im Hafen von Felixstowe am 21. August 2022 (WSWS)

Ein Hafenarbeiter gab der WSWS ein ausführliches Interview. Er erklärte: „Wir streiken, weil wir von dem Unternehmen einen angemessenen Lohn gefordert haben, aber unsere Erwartung nicht erfüllt wurde. Es ist viel weniger als das, was wir angesichts der steigenden Inflation fordern, während das Unternehmen auf unserem Rücken wieder Riesenprofite macht.

Wir haben zweistufige Tarifverträge; wenn man also als Neuer anfängt, ist man flexibel und muss sich reinhängen, um bessere Bedingungen zu bekommen. Sie nennen das Lohn nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und es bedeutet mehr feste Schichten und mehr Geld für eine ähnliche Arbeit.“

In Bezug auf andere streikende Arbeiter sagte er: „Für Arbeiter wird es schwer. Während der gesamten Zeit von Covid-19 haben wir gesehen, wer für dieses Land wichtig war, wer die harte Arbeit gemacht hat: Ärzte, Pflegekräfte, Eisenbahner und alle, die das Land am Laufen gehalten haben. Es ist traurig, wenn wir sehen, wie Riesenprofite an die Konzerne gehen und die Arbeiter mit den steigenden Lebenshaltungskosten kämpfen; wir wollen eine gerechte Gesellschaft und gerechte Löhne.“

Auf die Frage nach einem Generalstreik antwortete er: „Es könnte durchaus einen geben. Man muss sich nur ansehen, in welche Richtung sich die Regierung bewegt: sie ist wirklich weit rechts. Ich glaube, es muss mehr Gerechtigkeit geben, und es könnte durchaus einen Generalstreik geben, weil die Leute sich angesichts der Lebenshaltungskosten und dem drohenden Winter entscheiden müssen, ob sie heizen oder essen oder zum Doktor oder zum Zahnarzt gehen. Und wenn man sieht, dass die Konzerne diese riesigen, riesigen Profite machen, während die Arbeiter immer härter kämpfen müssen, ist das nicht in Ordnung.“

Der Arbeiter fügte hinzu: „Es scheint einen internationalen Kampf zu geben, [weil] jeder mit anständigen Arbeitsbedingungen oder einer organisierten Belegschaft – weil wir alle Angriffen ausgesetzt sind. All diese Logistikunternehmen verdienen ein Vermögen, und sie wollen uns die Löhne kürzen, weil die Arbeiter organsiert sind und in der Geschichte immer für gute Arbeitsbedingungen gekämpft haben. Und jetzt wollen die Unternehmen diese Bedingungen verschlechtern, um mehr Profit zu machen.

Man sollte also nie etwas ausschließen. Es würde mich nicht überraschen, wenn auch an anderen Orten gestreikt würde.“

Auf die Frage nach seiner Meinung zur ablehnenden Haltung der Labour Party gegenüber Streiks erklärte er: „Ich bin Mitglied der Labour Party, aber ich glaube auch, dass sie sich nicht an die Grundsätze hält, für die sie ursprünglich stand.

Wir wollen eine Gesellschaft, in der es für alle gerecht zugeht, und man sollte meinen, dass die Labour-Partei dafür eintreten würde, aber das scheint sie leider nicht zu tun. Wenn sie so weitermachen wie bisher, glaube ich nicht, dass sie [bei Neuwahlen] gewinnen würden, weil die Leute sie durchschauen. Die Leute wollen keine zweite Tory-Partei.“

Über die Angriffe der Regierung auf den Streik, die von den bürgerlichen Medien unterstützt werden, erklärte der Arbeiter: „Wenn die Tories sagen, sie wollen Streiks illegal machen, dann wird am Arbeitsplatz niemand außer den Bossen noch etwas zu sagen haben. Ich glaube, wir bewegen uns in diese Richtung, und das wäre eine Katastrophe für dieses Land, und es wird für niemanden besser werden – jedenfalls nicht für die Arbeiter.

Wenn man keine Stimme hat, dann hat man gar nichts. Wir sollten einen gerechten Anteil und eine Chance auf gute Arbeitsbedingungen, einen guten National Health Service und gute Dienstleistungen haben, und es sollte ein Land sein, in dem man gut leben kann. Es ist eine Schande, dass sich ein paar wenige alles nehmen und die Mehrheit leer ausgehen lassen wollen.“

Zum Schluss äußerte der Hafenarbeiter die Hoffnung, dass der Streik bei Felixstowe „andere Menschen dazu inspiriert, zu sagen, dass man tatsächlich eine Stimme haben und etwas erreichen kann. Habt keine Angst davor, diese Stimme zu benutzen, und am Ende sollten immer Gerechtigkeit und die richtigen Ergebnisse an erster Stelle stehen. Ich denke, dass andere Leute durch das, was wir hier tun, inspiriert werden können. Wir zeigen unsere Solidarität und Unterstützung gegenüber anderen, und wir werden das Leben in diesem Land viel lebenswerter machen.“

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