Nato plant massive europäische Landstreitmacht

Die Nato hat, in den Worten von Generalsekretär Jens Stoltenberg, die „größte Überholung“ ihrer „kollektiven Abschreckung und Verteidigung seit dem Kalten Krieg“ angekündigt. Das US-geführte Militärbündnis plant den Aufbau einer gigantischen stehenden Landstreitmacht in Europa mit mehreren hunderttausend Soldaten.

Stoltenberg erklärte, die Nato werde ihre Schnelle Eingreiftruppe von 40.000 auf 300.000 Soldaten aufstocken und zehntausende zusätzliche Soldaten sowie zahllose Panzer und Flugzeuge direkt an die Grenze zu Russland verlegen.

Das Vorhaben des laufenden Nato-Kriegs gegen Russland und eines geplanten Kriegs gegen China wird eine massive Umverteilung von gesellschaftlichen Ressourcen erfordern. Damit werden sich die Staatskassen in Europa und Nordamerika leeren, was zur Abschaffung von Sozialleistungen und zu Lohn- und Rentenkürzungen der Arbeiter führen wird.

Stoltenberg erklärte, der Aufbau dieser massiven Streitmacht sei eine Antwort auf die „neue Ära strategischer Konkurrenz“ mit Russland und China.

Er bezeichnete den Plan als „fundamentalen Kurswechsel in der Abschreckung und Verteidigung der Nato“, nicht nur für den Krieg gegen Russland, sondern auch für „die Herausforderungen, die Peking für unsere Sicherheit, Interessen und Werte darstellt“.

Im Rahmen dieser massiven Vergrößerung ihrer Kampftruppen wird die Nato die Zahl der Soldaten in Lettland, Litauen und Estland auf Brigadestärke erhöhen, d.h. auf eine Größe zwischen 3.000 und 5.000 Mann.

Die Financial Times schrieb unter Berufung auf ein Interview mit Stoltenberg, der Plan sehe „neue Strukturen“ vor, „in denen die westlichen Nato-Verbündeten wie die USA, das Vereinigte Königreich und Frankreich versprechen, ihre Schiffe, Kampfflugzeuge und insgesamt mehr als 300.000 Soldaten bereit zu halten, um in bestimmten Territorien an der Ostflanke des Bündnisses eingesetzt zu werden, mit abgestuften Reaktionszeiten ab den ersten Stunden eines Angriffs“.

Statt Truppen als „Stolperdraht“ im Baltikum zu stationieren, sieht der neue Plan einen Krieg zwischen der Nato und Russland direkt an den Grenzen dieser Länder an der Nato-Ostfront vor.

Stoltenberg erklärte stolz: „Im Jahr 2022 haben die europäischen Verbündeten und Kanada zum achten Mal in Folge ihre Militärausgaben erhöht.“ Er fügte hinzu, die Zielvorgabe der Nato, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Militärausgaben aufzuwenden, werde „nicht als Ober-, sondern als Untergrenze betrachtet“.

Am gleichen Tag kündigten US-Regierungsvertreter eine weitere massive Waffenlieferung an die Ukraine an. Dazu gehört auch das Abwehrsystem NASAMS, ein Produkt der Rüstungsfirma Raytheon, das Boden-Luft-Raketen mit mittlerer und hoher Reichweite abfangen kann.

Wie US-Sicherheitsberater Jake Sullivan bekanntgab, wollten die USA zusätzlich zu „hochmodernen Mittel- und Langstrecken-Luftverteidigungssystemen für die Ukrainer“ auch „Artilleriemunition und Artillerieabwehr-Radarsysteme“ liefern.

Die Mitglieder der Nato benutzen derweil offen die Sprache des Kriegs. General Sir Patrick Sanders wird, laut dem Telegraph, in seiner ersten öffentlichen Rede als Chef des Generalstabs erklären, die britische Armee müsse bereit sein, gegen Russland „zu kämpfen und zu siegen“.

Die USA und ihre Verbündeten verschärfen gleichzeitig das Wirtschaftsembargo gegen Russland. Am Wochenende kündigten die Teilnehmer des G7-Gipfels Pläne an, den Import von Gold aus Russland zu verbieten. Sie arbeiten bereits an Plänen, die Preise für Öl und Gas aus Russland zu deckeln.

Am Montag meldete Russland offiziell einen Zahlungsausfall bei Auslandsschulden, nachdem die europäischen Zahlungsverkehrsstellen sich weigerten, Zahlungen aus dem Land zu bearbeiten. Russische Regierungsvertreter betonten, sie hätten die notwendigen Mittel, um die Zahlungen zu leisten, allerdings sei das Land faktisch vom europäischen Finanzsystem ausgeschlossen und müsse daher eine künstliche Zahlungsunfähigkeit durchführen.

Trotzdem wäre dies das erste Mal seit 1918, dass Russland seine Auslandsschulden nicht begleichen kann. Damals hatte es die bolschewistische Regierung nach der Revolution von 1917 abgelehnt, die Schulden des Zarenregimes zu zahlen.

Die massive militärische Eskalation der Nato erfolgt in einer Situation, in der die offizielle Position der USA und der Nato, man befinde sich nicht im Krieg mit Russland, immer unhaltbarer wird.

Die New York Times berichtete am Wochenende, US-Truppen sowie Streitkräfte aus mehreren anderen Nato-Staaten würden heimlich in der Ukraine operieren, obwohl Biden und andere Nato-Führer das dementierten.

Die Times schrieb: „Aber auch wenn die Biden-Regierung erklärt hat, sie werde keine amerikanischen Truppen in der Ukraine einsetzen, sind einige CIA-Kräfte noch immer im Land aktiv (…) Sie überwachen einen Großteil der immensen Geheimdienstdaten, die die USA mit den ukrainischen Streitkräften austauschen.“

Die Zeitung berichtete, Dutzende von Spezialeinheiten aus dem Vereinigten Königreich, Kanada, Frankreich und Litauen seien in dem Land aktiv.

Weiter heißt es, diese Enthüllungen würden „einen Einblick in das Ausmaß der geheimen Bemühungen bieten, die Ukraine zu unterstützen, und der Risiken, die Washington und seine Verbündeten eingehen“.

Der Times-Bericht ist nur der jüngste Beleg für das Ausmaß der US-Beteiligung an dem Krieg. Anfang des Jahres hatten NBC und andere Publikationen berichtet, die USA seien direkt an der gezielten Tötung russischer Generäle durch das ukrainische Militär sowie an der Versenkung der Moskwa beteiligt gewesen, des Flaggschiffs der Schwarzmeerflotte.

Diesen Berichten zufolge erhalten die ukrainischen Befehlshaber Geheimdienstdaten von Satelliten, „die sie auf Tablet-Computern der Alliierten abrufen können. Die Tablets enthalten ein Kartografie-Programm des Schlachtfelds, mit dem die Ukrainer russische Truppen anvisieren und angreifen können.“

Doch trotz der massiven Beteiligung der USA an diesem Krieg wachsen die ukrainischen Verluste sprunghaft an. Die Zahl der Todesopfer nähert sich dem Niveau der USA während der tödlichsten Zeit des Vietnamkriegs an. An manchen Tagen verlieren die ukrainischen Streitkräfte zwischen 500 und 1000 Soldaten pro Tag.

Russland kontrolliert mittlerweile mehr als 90 Prozent des Donbass in der Ostukraine und ein Fünftel des gesamten ukrainischen Staatsgebiets. Doch trotz der katastrophalen Rückschläge auf dem Schlachtfeld verstärken die USA und ihre Nato-Verbündeten ihr Engagement in diesem Krieg massiv, egal wie viele ukrainische Menschenleben es kostet oder wie viele Billionen Dollar dafür von wichtigen Sozialprogrammen abgezogen werden.

Russische Regierungsvertreter kommen zu dem Schluss, dass ein offener Krieg zwischen der Nato und Russland so gut wie unvermeidlich sei. Der russische Außenminister Sergei Lawrow erklärte letzte Woche: „Hitler hat einen großen Teil, wenn nicht sogar die meisten, europäischen Staaten unter seinem Banner vereint, um einen Krieg gegen die Sowjetunion zu führen (…) Heute bilden die EU und die Nato eine neue, moderne Koalition für eine Pattsituation und letztlich einen Krieg gegen die Russische Föderation.“

Die tödliche Logik des Konflikts, der mehr und mehr außer Kontrolle gerät, birgt die Gefahr, dass sich der Stellvertreterkrieg in der Ukraine schnell über den gesamten europäischen Kontinent ausdehnt und den tödlichsten globalen militärischen Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg auslöst. Diese Realität macht deutlich, dass die Arbeiterklasse dringend in die Krise eingreifen muss, um ihre Kämpfe gegen die steigenden Lebenshaltungskosten und Angriffe auf demokratische Rechte mit dem Kampf gegen Krieg zu verbinden.

Loading