Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia kündigte vergangene Woche massive Mieterhöhungen an. Weitere Immobilienunternehmen werden diesem Beispiel folgen. Für Millionen Familien wird Wohnraum immer unerschwinglicher.
Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch begründete die Ankündigung mit den steigenden Inflationsraten. „Wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend ansteigen“, so Buch im Handelsblatt. Sonst würden viele Vermieter in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.
Dass der Verweis auf die steigende Inflation nur ein billiger Vorwand ist, wird schon auf den ersten Blick deutlich. Tatsächlich ist es die schlichte Gier nach höheren Renditen, die hinter den Erhöhungen steht.
Vonovia erhöhte seine Mieten in den ersten drei Monaten dieses Jahres auf durchschnittlich 7,40 Euro pro Quadratmeter, das sind 3,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In Berlin steigerte der Konzern die Mieten sogar um sage und schreibe acht Prozent. Insgesamt stiegen die Mieten in diesem Zeitraum nur um 1,7 Prozent. In den letzten sechs Jahren hat sich die Miete von Vonovia-Wohnungen um fast 22 Prozent verteuert.
Vor diesem Hintergrund ist die Zusage von Vonovia, die durchschnittlichen Mieten für den eigenen Bestand für die nächsten drei Jahre nicht mehr als jeweils 1 Prozent und danach nicht mehr als die Inflationsrate zu erhöhen, reine Augenwischerei, die niemand ernst nehmen kann. Schon Anfang des Jahres hatte sich herausgestellt, dass der so genannte „Zukunfts- und Sozialpakt“ zwischen Senat und Vonovia das Papier nicht wert ist, auf dem er steht. Schon damals meldeten zahlreiche Mieter Erhöhungen um bis zu neun Prozent.
Das börsennotierte Unternehmen ist Deutschlands größter Wohnungskonzern. Vonovia besitzt in Deutschland, Österreich und Schweden 565.000 Wohnungen, die meisten davon in Deutschland. Allein in der Hauptstadt Berlin besitzt das Unternehmen nach der Übernahme der Deutsche Wohnen im vergangenen Jahr über rund 150.000 Wohnungen.
Auf Kosten der Mieter erzielt der Immobilienkonzern damit traumhafte Gewinne. 2020 steigerte er den operativen Gewinn um über 10 Prozent auf 1,35 Milliarden Euro, obwohl der Mietendeckel noch Gültigkeit besaß. Im letzten Jahr stieg der Gewinn dann auf 1,7 Milliarden Euro, mit 1,66 Euro pro Aktie wurde die höchste Dividende der Unternehmensgeschichte ausgezahlt.
Wie Vonovia haben auch andere große Immobilienunternehmen die Mieten teilweise drastisch erhöht. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Mieten bundesweit für Bestandswohnungen um 4,6 Prozent und für Neubauten um 7,6 Prozent verteuert. Spitzenreiter bei den Mietsteigerungen ist Berlin, gefolgt von Köln, Frankfurt und Hamburg.
Immoscout24 geht von einem weiteren massiven Anstieg der Mieten in den nächsten zwölf Monaten aus. So könnten Mieten für Bestandswohnungen in Berlin um sechs Prozent steigen und in Hamburg, Frankfurt, München und Köln jeweils um vier Prozent. Die Mieten von Neubauwohnungen werden im selben Zeitraum voraussichtlich in Berlin um acht Prozent und deutschlandweit um sieben Prozent steigen.
Auch Thomas Schroeter, Geschäftsführer von Immoscout24, machte deutlich, dass die Mietsteigerungen nur bedingt mit der steigenden Inflationsrate zusammenhängen. „Bereits vor dem drastischen Anstieg der Inflationsrate sind die Mieten insbesondere in den Großstädten deutlich gestiegen. Es wird nicht nur immer teurer, sondern auch immer schwerer, eine Wohnung in den Ballungszentren zu finden“, so Schroeter.
Zusätzlich zu den rasant steigenden Mietkosten kommen auf die Haushalte höhere Nebenkosten zu. Für eine durchschnittliche Wohnung mit Gasheizung haben sich die Kosten für Heizung und Warmwasser von Februar 2021 bis Februar 2022 um 35,7 Prozent erhöht. Die Kosten für Strom stiegen im gleichen Zeitraum um 13 Prozent, so Immoscout24.
Für eine 70-Quadratmeter-Wohnung ergeben sich im Vergleich zum Vorjahr Mehrkosten von rund 31 Euro pro Monat. Steigen die Energiekosten weiter an, droht bis Ende des Jahres eine Mehrbelastung für Heizung, Warmwasser und Strom von rund 92 Euro pro Monat. Das entspricht für diese Wohnungsgröße einer jährlichen Mehrbelastung von rund 1100 Euro.
Hinzu kommt, dass Vonovia und andere Immobilienkonzerne angekündigt haben, Investitionen zurückzufahren. Die Abkehr von der Niedrigzinspolitik haben die Aktienkurse der Unternehmen zuletzt teilweise stark unter Druck gesetzt. Investoren erwarten daher Einsparungen. Das bedeutet, es werden weniger Wohnungen gebaut, was die Nachfrage künstlich erhöht und so den Vorwand für weitere Mieterhöhungen schafft.
Gegen die skrupellose Gier der Immobilienhaie wächst seit Jahren der Widerstand. Immer mehr Menschen müssen einen Großteil ihres Einkommens für Mieten und Nebenkosten ausgeben, Verdrängung ist in sämtlichen Großstädten allgegenwärtig, und selbst Haushalte mit zwei Einkommen finden kaum noch bezahlbaren Wohnraum. In ganz Deutschland und vor allem in Berlin kam es zu großen Demonstrationen gegen hohe Mieten. Im vergangenen September sprachen sich bei einem Volksentscheid fast 60 Prozent der Berliner für die Enteignung großer Wohnungskonzerne aus.
Während sich die Mehrheit deutlich für Enteignungen aussprach, ignorieren die Regierungsparteien SPD, Grüne und Linke seither nicht nur dieses Ergebnis, sondern verteidigen weiterhin ausdrücklich die Interessen der Immobilienhaie.
Ihre jetzt vorgetragene Kritik an der Ankündigung von Vonovia ist reine Augenwischerei. Die Landesvorsitzenden der Grünen, Susanne Mertens und Philmon Ghirmai, erklärten: „Die Ankündigung von Vonovia, die Preise zu erhöhen, ist für die Mieterinnen und Mieter ein Schlag ins Gesicht.“ Viele würden sich dies angesichts steigender Energiepreise nicht mehr leisten können.
Gemeinsam mit der regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) haben sich die Grünen gegen die Enteignung der Konzerne ausgesprochen. Stattdessen haben in einem so genannten „Wohnungsbündnis“ von Senat und Immobilienwirtschaft die Zusammenarbeit mit den Immobilienhaien gegen die Mieter weiter verstärkt.
Der jüngste Vorstoß der Senatsparteien, die Miete auf 30 Prozent des Nettoeinkommens zu begrenzen, ist nichts weiter als eine Nebelkerze. Der Vorschlag soll davon ablenken, dass der Senat die Interessen der Immobilienhaie mit aller Brutalität gegen die Bevölkerung durchsetzt. Auch für die Mieterhöhung von Vonovia trägt Rot-rot-grün die direkte Verantwortung.
Im Sommer letzten Jahres hatten SPD, Grüne und Linke die Fusion von Vonovia und der Deutschen Wohnen ausdrücklich unterstützt, obwohl vollkommen klar war, dass die Kosten der Übernahme auf die Mieter abgewälzt werden.
Mit der Bemerkung, es gebe ein „neues Miteinander von Politik und Unternehmen“, das „nicht konfrontativ, sondern kooperativ“ sei, hatte Giffeys Vorgänger Michael Müller (SPD) damals erklärt, Rot-Rot-Grün unterstütze die Interessen von Vonovia und Deutsche Wohnen explizit. Auch der damalige Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian Scheel von der Linken, hatte die Fusion begrüßt und die Zusammenarbeit zwischen den Konzernen und dem Senat als „Fortschritt“ bezeichnet.
Tatsächlich machen die ständigen Mietsteigerungen nur eines deutlich: Wohnen ist ein Grundrecht und keine Ware. Die großen Immobilienkonzerne müssen entschädigungslos enteignet werden. Dies ist nur durch die Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms möglich.