Am Samstag wurden in Österreich die Maßnahmen gegen die Coronapandemie weitgehend aufgehoben, obwohl täglich neue Höchstzahlen von Infizierten und Todesfällen gemeldet werden.
Restaurants, Clubs und Veranstaltungen können ab sofort ohne Nachweis von Impfung, Genesung oder eines negativen Tests besucht werden. Die bisherige Sperrstunde für Clubs entfällt ebenfalls. Bereits vor zwei Wochen waren die Einreiseregeln gelockert worden. Hier gilt nun die 3G-Regel, Einreisende müssen geimpft, genesen oder getestet sein.
Zuvor wurden die Schulen – der Haupttreiber der Pandemie – wieder für den Präsenzunterricht geöffnet. Seit Mitte Februar wurde hier sogar die Maskenpflicht aufgehoben. Als einzige Maßnahmen gelten gegenwärtig noch die 3G-Regel in Kliniken und Pflegeheimen sowie die Maskenpflicht in Supermärkten, öffentlichen Verkehrsmitteln und einigen anderen Orten. In der Hauptstadt Wien gilt vorläufig noch die 2G-Regel in der Gastronomie.
Die Beendigung aller Maßnahmen ist der Gipfelpunkt der Profite-vor-Leben-Politik, die Volkspartei (ÖVP) und Grüne von Anfang an verfolgt haben. Obwohl damit tagtäglich Tausende Menschen einer potenziell tödlichen Erkrankung ausgesetzt werden, beseitigt die Regierung sämtliche Schutzmaßnahmen.
Die Zahlen sprechen für sich. Allein am Freitag wurden 32.419 Neuinfektion und 14 Todesfälle gemeldet. Am Mittwoch erreichte die Zahl der Neuinfektionen mit fast 40.000 den zweithöchsten Wert seit Ausbruch der Pandemie. Mittlerweile sind fast 15.000 Menschen dem Virus zum Opfer gefallen. Experten rechnen damit, dass die Fallzahlen aufgrund der Lockerungen weiter stark zunehmen.
In allen Bundesländern steht die sogenannte Corona-Ampel auf Rot, was bedeutet, dass ein hohes Verbreitungsrisiko sowie ein hohes Risiko für eine Überlastung des Gesundheitssystems vorliegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt in Österreich bei 2200 und damit fast doppelt so hoch wie im Nachbarland Deutschland.
In Pflegeheimen gibt es regelmäßig massive Ausbrüche, die Beschäftigten in den Kliniken sind durch die hohe Anzahl von Covid-Patienten hoffnungslos überlastet. In den Schulen schlägt die von der Regierung forcierte Durchseuchung voll durch. In der ersten Woche nach den Ferien wurden 14.000 positive PCR-Tests registriert, was ein neuer Rekordwert ist. In Bundesländern, in denen ein Vorwochenvergleich möglich war, gab es einen Anstieg der Infektionen um rund zehn Prozent.
Wegen der Ausbrüche wurden 443 Klassen geschlossen. Eine Schließung ganzer Schulen ist wegen der Vorgaben der Regierung selbst bei Massenausbrüchen praktisch unmöglich. Trotz der extrem hohen Infektionszahlen hat die Regierung erklärt, die Lage sei „beherrschbar“, und den Öffnungskurs gegen die ausdrückliche Empfehlung von Experten strikt fortgesetzt.
Zahlreiche Mediziner und Wissenschaftler hatten sich gegen die Lockerungen an den Schulen ausgesprochen. Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, erklärte: „Masken sind gelinde, günstige und effektive Mittel, um Infektionen zu vermeiden“. Der Virologe Andreas Bergthaler ergänzte, dass er dem Aus der Maskenpflicht nicht zugestimmt habe. Auch der renommierte Simulationsforscher Niki Popper pflichtete dem bei. Zuletzt hatte auch eine aktuelle Studie eines internationalen Forschungsteams mit österreichischer Beteiligung aufgezeigt, dass die FFP2-Maske ein wirkungsvolles Instrument gegen Ansteckungen ist.
Selbst die bereits beschlossene Impfpflicht wird wieder in Frage gestellt und möglicherweise nicht umgesetzt. Nachdem das Gesetz beschlossen worden war, richtete die Regierung eine Kommission ein, die bewerten soll, ob alle oder nur bestimmte Berufsgruppen der Impfpflicht unterliegen und wann sie beginnt.
Es ist aber auch möglich, dass das Gesetz überhaupt nicht zur Anwendung kommt. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bezeichnete die Impfpflicht lediglich als „Werkzeugkoffer“, den man einsetze, wenn es notwendig sei. Sie könne auch „Geschichte sein“, wenn die Kommission sie nicht als notwendig erachte. Ein erster Bericht der Kommission wird zum 8. März erwartet.
Auch alle anderen europäischen Regierungen lassen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie fallen. Dabei nehmen sie bewusst die Erkrankung und den Tod Tausender in Kauf. Dänemark, das vielen deutschen und österreichischen Politikern als Vorbild gilt, zeigt die gravierenden Folgen dieser Politik. Seit dem „Freedom Day“ am 1. Februar steigt die Zahl der Covid-19-Todesfälle täglich an. Am Freitag wurden 85 Todesfälle und damit ein neuer Höchststand seit Pandemiebeginn gemeldet.
Um ihre rücksichtslose Durchseuchungspolitik durchzusetzen, hat die österreichische Regierung erneut den Gesundheitsminister ausgetauscht. Der Grüne Wolfgang Mückstein erklärte am Donnerstag seinen Rücktritt. Offiziell nannte er persönliche Belastung sowie Anfeindungen und Bedrohungen gegen sich und seine Familie als Grund für diesen Schritt. Doch dies ist nur vorgeschoben.
Der praktizierende Mediziner wurde vor knapp einem Jahr für seinen Parteikollegen Rudolf Anschober ins Kabinett geholt. Anschober galt als politisch zu schwach, um die vom damaligen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf den Weg gebrachten Lockerungen durchzusetzen. Ihm fehle die erforderliche Durchsetzungskraft. Mückstein setzte dann – zunächst unter Kurz, dann unter Interimskanzler Schallenberg und schließlich unter Nehammer – die skrupellose Pandemiepolitik der Regierung um.
Doch in jüngster Zeit kam es auch zwischen Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf der einen und Mückstein auf der anderen Seite zu Differenzen. Mückstein soll die jetzt in Kraft getretenen Lockerungen intern als zu früh kritisiert haben, was offenbar für Nehammer und Kogler nicht hinnehmbar war. Vor allem an den Schulen hatte sich Widerstand gegen die rücksichtslose Durchseuchungspolitik entwickelt, der mit den jüngsten Lockerungen weiter zunehmen wird.
Nun soll der 62-jährige Johannes Rauch Gesundheitsminister werden. Der grüne Landrat aus Vorarlberg hat keinerlei Erfahrungen oder Kenntnisse im Gesundheitsbereich. Er wurde ausgewählt, weil er als reiner Parteibürokrat gilt, der auf dem rechten Parteiflügel zuhause ist und seit Langem eng mit der ÖVP zusammenarbeitet.
Rauch soll nun zunächst das Testregime ändern. Ende des Monats läuft die Finanzierung der kostenlosen Tests aus, und die Regierung hat bereits angekündigt, dass dann nur noch unter besonderen Bedingungen getestet werden soll. Im Zusammenspiel mit den Lockerungen bedeutet dies eine weitere Zunahme der Infektionen mit allen sich daraus ergebenden Folgen.
Wie in der aggressiven Pandemiepolitik sind sich Regierung und Parlamentsparteien auch in der Kriegspolitik einig. ÖVP und Grüne nutzen den Krieg in der Ukraine, um die Aufrüstung voranzutreiben. Vergangene Woche traf sich in Wien der Nationale Sicherheitsrat. Alle Parteien stimmten einer Erhöhung des Wehrbudgets und einer Wiederherstellung der umfassenden Landesverteidigung zu. Nehammer erklärte, er wolle Österreichs Verteidigungsausgaben auf mindestens ein Prozent des BIP erhöhen, aktuell liegen sie bei 0,6 Prozent.
Die Sozialdemokraten (SPÖ) unterstützen die Regierung und fordern, dass die Anhebung bereits im nächsten Jahre erfolgt. Das würde aktuell eine Anhebung von 2,7 auf 4,3 Milliarden Euro gleichkommen. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer forderte eine Verlängerung des Wehrdienstes und umfangreiche Beschaffungen für das Militär, darunter Waffen zur Flugzeugabwehr, Panzer und Drohnen.