Selenskyj weist Behauptungen über drohenden russischen Einmarsch erneut zurück

Bevor Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Montag in Kiew zu Gesprächen eintraf, widersprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut den Behauptungen der USA, ein russischer Einmarsch stehe unmittelbar bevor. Selenskyj bezweifelte die jüngsten Unterstellungen aus Washington und erklärte am Samstag: „Heute ist Panik in unserem Land der beste Freund unseres Feindes, und diese ganzen Informationen, die nur Panik schüren, helfen uns nicht.“

US-Sicherheitsberater Jake Sullivan hatte zuvor erklärt, die russischen Streitkräfte befänden sich „eindeutig in einer Position, aus der sie eine umfangreiche Militäraktion beginnen können“, gab jedoch zu: „Wir wissen nicht, wann genau es passieren wird.“ Laut dem Spiegel und der New York Times könnte der angeblich drohende Angriff schon am Mittwoch erfolgen.

Selenskyj erklärte weiter, seiner Regierung lägen keine Informationen über einen Einmarsch in der kommenden Woche vor, wie es die USA behauptet hätten: „Wir verstehen alle Risiken, wir erkennen, dass es Risiken gibt. Wenn Sie oder irgendjemand anders 100-prozentig wahre Informationen über einen Einmarsch der Russischen Föderation am 16. Februar hat, dann übermitteln Sie uns diese Informationen bitte.“

Später veröffentlichte er auf Facebook Fotos von seinem Besuch bei Militärübungen. Er bat die ukrainische Bevölkerung erneut, nicht in Panik zu geraten. Selenskyj ist sich bewusst, dass es in der Ukraine massiven Widerstand gegen den Krieg gibt, und dass die Provokationen der USA und der Nato gegen Russland eine soziale und politische Krise im Land auslösen werden.

Die US-Regierung und ihre Verbündeten im Rest der Welt haben ihre Bürger aufgefordert, die Ukraine zu verlassen. Insbesondere Großbritannien, Deutschland, Israel und Australien haben dies getan. Und Russland hat eine Verkleinerung seiner Botschaft in der Ukraine angekündigt.

Obwohl die Selenskyj-Regierung die Behauptungen der USA über einen angeblich unmittelbar bevorstehenden russischen Einmarsch mehrfach zurückgewiesen hat, verhält sie sich weiterhin feindselig gegenüber Moskau und der pro-russischen Opposition in der Ukraine. Der prorussische Fernsehsender Nasch, der dem Politiker Jewgeni Murajew nahesteht, wurde abgeschaltet. Der britische Geheimdienst hatte Murajew vor kurzem als möglichen Nachfolger Selenskyjs bei einem angeblich geplanten russischen Umsturz in der Ukraine ins Gespräch gebracht. Doch wie Murajew selbst erklärte, ist ihm derzeit die Einreise nach Russland verboten, und die russische Regierung hat sein Vermögen eingefroren.

Während die Kiewer Regierung die Opposition in der Ukraine attackiert, setzt sie ihre Militärübungen mit Drohnen und Javelin-Luftabwehrraketen fort, die ihr die USA geliefert hatten. Verteidigungsminister Oleksio Resnikow beharrt darauf, dies sei eine Reaktion auf die russischen Militärübungen.

Die extreme Rechte im Land unter Führung des ehemaligen Präsidenten Petro Poroschenko hat Selenskyj aufgefordert, noch aggressiver gegen Moskau aufzutreten. Sie wiederholt ständig die Warnungen ihrer Geldgeber aus den USA vor einem bevorstehenden Einmarsch.

Poroschenko schrieb auf Twitter: „Die verantwortlichen Politiker müssen jetzt alle Notfallmaßnahmen ergreifen, um das Land und seine Bevölkerung vor dem Worst-Case-Szenario zu schützen.“

Poroschenko versuchte außerdem, selbst in den Prozess der Entscheidungsfindung einzugreifen, und er forderte ein „Treffen des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats unter Beteiligung aller Parlamentsfraktionen, um über Vorschläge für einen gemeinsamen Aktionsplan zum Schutz des Landes zu diskutieren und diesen zu entwickeln“.

Da Poroschenko während Joe Bidens Zeit als Obamas Vizepräsident eine enge Beziehung zur amerikanischen Regierung aufgebaut hat, wäre er als Marionette für die Strippenzieher in Washington die erste Wahl. Scheinbar wartet Poroschenko nur darauf, aktiv zu werden, wenn es zum Krieg kommt und Selenskyjs Regierung stürzt.

Der Kiewer Bürgermeister Witali Klitschko hat weitreichende Vorbereitungen auf einen Krieg getroffen. Laut der russischen Onlinezeitung Gaseta-ru hat Klitschko eine Kommission ins Leben gerufen, die Pläne für die Evakuierung aller Parteien aus der Stadt und die Vorbereitung der Infrastruktur auf einen Krieg erarbeitet hat. Die Zahl der Luftschutzräume in der ukrainischen Hauptstadt wurde verdreifacht, 4.500 Tiefgaragen sowie Unterführungen, U-Bahnstationen und Keller wurden als Schutzräume hergerichtet. Klitschko hat außerdem die Stationierung einer Brigade zur Verteidigung der Stadt angekündigt.

Bei Verhandlungen mit Russland beharrten Selenskyjs Berater am Freitag in Berlin auf ihrer harten Haltung.

Die Verhandlungen waren Teil des „Normandie-Formats“, das Frankreich und Deutschland ausgehandelt hatten, und eigentlich darauf ausgerichtet, die Details für die vollständige Umsetzung der Minsker Übereinkunft umzusetzen. Dieser Übereinkunft hatten Moskau und Kiew erstmals im Jahr 2015 zugestimmt, um den Bürgerkrieg zwischen der ukrainischen Regierung und den von Russland unterstützten Separatisten in den östlichen Provinzen Donezk und Lugansk zu beenden.

Sieben Jahre später dauert der Bürgerkrieg noch immer an. Etwa 14.000 Menschen sind ihm bisher zum Opfer gefallen. Mehrere aufeinander folgende Regierungen in Kiew haben sich mit Unterstützung der USA und der Nato geweigert, die Minsker Übereinkunft umzusetzen. So weigert sich die Regierung bis heute, entsprechend dem Abkommen mit den Führern der Volksrepubliken Lugansk und Donezk zu verhandeln. Stattdessen werden sie als „Terroristen“ bezeichnet.

Die ukrainischen Regierungsvertreter beharrten am Freitag auf dieser Haltung und sabotierten damit ein weiteres Mal jede Chance auf eine Verhandlungslösung.

Der stellvertretende russische Stabschef Dmitri Kosak erklärte nach dem Treffen: „Leider endeten die fast neunstündigen Verhandlungen ohne nennenswertes Ergebnis. Die Ukrainer vertraten eine sehr harte Haltung, die wir nicht überwinden konnten.“

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte zwar, er hoffe auf eine „diplomatische Beilegung des Konflikts“, signalisierte den rechtsextremen ukrainischen Milizgruppen jedoch, die „rote Linie“ direkter Verhandlungen mit den prorussischen Separatisten würde niemals überschritten werden.

Kuleba erklärte: „Die wichtigste Frage gestern waren direkte Verhandlungen mit den separatistischen Provinzen Donezk und Lugansk. Diese Frage ist allgemein bekannt. Russland beharrt darauf, dass die Ukraine einen direkten Dialog mit den so genannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk führt. Wenn die Ukraine das tut, dann wäre Russland nur noch ein Unterhändler in dem Konflikt. Und deshalb können wir das nicht akzeptieren.“

Alle Seiten stimmten einer weiteren Verhandlungsrunde des Normandie-Formats im März zu. Russland forderte Frankreich und Deutschland auf, die Ukraine zu Verhandlungen mit den Separatisten zu bewegen. Zuvor war bereits am 26. Januar eine Verhandlungsrunde in Paris gescheitert.

Eine Woche vor dem Treffen von Freitag schloss Kuleba außerdem aus, dass die abtrünnigen Gebiete einen Sonderstatus erhalten. Das ist ein weiterer entscheidender Punkt, den Kiew in der Minsker Übereinkunft nicht akzeptieren will.

Im Gespräch mit der polnischen Zeitung Rzeczpospolita erklärte er: „Keine ukrainische Region wird das Recht erhalten, Entscheidungen wie ein Nationalstaat zu treffen. Das ist in Stein gemeißelt! Es wird keinen Sonderstatus und keine Wahlbefugnis geben, wie Russland es sich vorstellt.“

Die ukrainische Regierung und ihre imperialistischen Hintermänner befürchten zu Recht, dass eine Wiedereingliederung der Provinzen ohne deren vollständige Unterwerfung unter Kiew die Chancen des Landes auf einen Eintritt in die Nato – und damit den Nutzen der Ukraine als Stellvertretertruppe gegen Moskau – verringern könnte.

Bis zu dem von den USA unterstützten Putsch gegen den prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch im Jahr 2014 lehnte die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung die Mitgliedschaft in der Nato ab. Im Dezember letzten Jahres zeigte eine Umfrage des International Republican Institute, das den US-Republikanern nahesteht, dass trotz der Nato-Propaganda der letzten sieben Jahre nur 58 Prozent der Ukrainer ein Referendum über den Beitritt zur Nato befürworten. Wenn an der Umfrage auch die Krim und die von Separatisten kontrollierten Regionen im Donbass teilgenommen hätten, wäre die Zustimmung noch deutlich niedriger gewesen.

Die Pläne der USA, Russland in einen Krieg in der Ukraine zu ziehen, werden mit großer Geschwindigkeit umgesetzt. Die Arbeiterklasse muss auf internationaler Grundlage gegen Imperialismus und für Sozialismus kämpfen, um der wachsende Gefahr eines Dritten Weltkriegs ein Ende zu setzen.

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