Tagesrekord von 130 Corona-Toten in Griechenland

Griechenland meldete am 14. Dezember 130 Corona-Tote – die höchste Zahl der täglichen Todesfälle seit Beginn der Pandemie. Die Zahl der Todesopfer war in den letzten Wochen konstant hoch: Seit Anfang Dezember wurden über 1.500 Covid-Tote verzeichnet. Der November war der bisher tödlichste Monat der Pandemie mit fast 200.000 Fällen und 2.157 Toten. Gestern überstieg die offizielle Gesamtzahl der Corona-Toten 20.000.

Die Auswirkungen der Pandemie in Griechenland in diesem Jahr wurden in einer kürzlich veröffentlichten Pressemitteilung des griechischen Statistikamts ELSTAT hervorgehoben, in der die Übersterblichkeit deutlich wird. In den ersten 43 Wochen von 2021 gab es 11.185 zusätzliche Todesfälle im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2020. Verglichen mit der durchschnittlichen Zahl der Todesfälle in den Jahren 2015 bis 2020 waren es dieses Jahr 14,27 Prozent mehr.

Die Gesamtzahl der Infektionen ist mittlerweile auf über 1 Million angestiegen – bei einer Bevölkerung von nur 10,3 Millionen Menschen.

Eine Frau erhält ihre erste Impfdosis in einer mobilen Impfstelle am Hafen von Piräus bei Athen, 13. Dezember 2021 (AP Photo/Thanassis Stavrakis)

In ganz Europa nehmen die Fälle rasant zu, weil die Regierungen jegliche Schutzmaßnahmen und Kontaktbeschränkungen ablehnen, die den Profitinteressen der Finanzelite zuwiderlaufen.

Griechenland wurde von der jüngsten Infektionswelle besonders hart getroffen und weist nun eine der höchsten Covid-Todesraten in Europa auf. Laut Our World in Data lag die Covid-Sterblichkeitsrate in Griechenland am 19. Dezember bei 8,86 pro eine Million. Das ist die zweithöchste Rate in der Eurozone nach der Slowakei – fast doppelt so hoch wie die durchschnittliche Todesrate in Europa (4,91).

Die ungeheure Katastrophe, die das Virus in Griechenland angerichtet hat, ist das direkte Ergebnis der brutalen Sparmaßnahmen, die von allen Regierungen, einschließlich der pseudolinken Syriza, auf Geheiß der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds in den letzten zehn Jahren durchgesetzt wurden.

Eine führende Rolle bei der Sparpolitik spielte die deutsche herrschende Klasse. Der neue Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte damals sogar einen Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone gefordert. Jetzt lobte Lindner Anfang Dezember die „beeindruckende Reformpolitik“ der Athener Regierung und bezeichnete sie als Vorbild für Deutschland, was als offene Drohung an die Arbeiterklasse verstanden werden muss.

Die Gesamtausgaben für das griechische Gesundheitswesen sanken von 9,52 Prozent des BIP im Jahr 2010, als das erste Sparpaket unterzeichnet wurde, auf 7,72 Prozent im Jahr 2018. Einem OECD-Bericht aus dem Jahr 2020 zufolge verfügte Griechenland 2019, also kurz vor Beginn der Pandemie, über 5,3 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner und lag damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 12,9 Betten.

Obwohl die Regierung behauptet, die Zahl der Intensivbetten sei als Reaktion auf die Krise verdoppelt worden, hat die Pandemie das griechische Gesundheitssystem an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Die Zahl der Menschen, die an Beatmungsgeräten angeschlossen sind, lag im Dezember bei etwa 700. Aus den vom Gesundheitsministerium am 12. Dezember veröffentlichten Zahlen geht hervor, dass 104 Patienten, die an Beatmungsgeräte angeschlossen waren, aufgrund fehlender Intensivbetten außerhalb der Intensivstation untergebracht wurden. Ein 62-jähriger Corona-Patient starb kürzlich im Ippokrateion-Krankenhaus von Thessaloniki auf einer Transportliege, nachdem er acht Stunden auf die Aufnahme in die Intensivstation gewartet hatte.

In einem Interview mit der medizinischen Nachrichten-Website Iatronet zeichnete der Intensivmediziner Apostolos Tsapas Ende letzten Monats ein verheerendes Bild der aktuellen Situation im Papageorgiou-Krankenhaus in Thessaloniki, wo er arbeitet.

Er erklärte zu der Situation von Patienten, die außerhalb seiner Intensivstation beatmet werden: „In der Regel werden diese Menschen im Papageorgiou-Krankenhaus nicht von Intensivmedizinern, sondern von Anästhesisten überwacht, während es in anderen Krankenhäusern, wie ich gehört habe, Allgemeinmediziner sind.“ Er fügte hinzu: „Wenn nötig, bitten sie uns um Hilfe. Und dann teilen wir uns auf und gehen hin und helfen. Wenn aber die Intensivabteilungen voll belegt und wegen zu wenig Ärzten und Pflegern unterbesetzt sind, dann bedeutet das, dass wir praktisch nicht in der Lage sind, unsere eigenen Patienten auf der Intensivstation zu versorgen, ganz zu schweigen von denen, die außerhalb der Intensivstationen beatmet werden. Und bei schwerkranken Patienten an Beatmungsgeräten gibt es Situationen, in denen keine Zeit zu verlieren ist. Es muss sofort eingegriffen werden, innerhalb von 60 Sekunden.“

Zur Weigerung der Regierung, den Personalmangel auf den Intensivstationen zu beheben, sagte Tsapas: „Es dauert zwei Jahre, sich auf die Intensivmedizin zu spezialisieren. Wenn von Anfang an [in der Pandemie] Anreize gegeben worden wären, hätten wir heute fast vollwertige Intensivmediziner und das Gesundheitssystem wäre besser ausgestattet. Das zeigt, welche Bedürfnisse Vorrang hatten.“ Er nahm Bezug auf den Verteidigungsdeal in Höhe von 3 Milliarden Euro, den Griechenland im September mit Frankreich geschlossen hatte, und sagte dazu: „Wir haben reichlich Geld für Rafale [Kampfjets] und Fregatten bereitgestellt. Aber für die Gesundheit haben wir uns entschieden, nichts auszugeben.“

Der Intensivmediziner Michalis Rizos, der im Attikon-Krankenhaus in Athen arbeitet, sagte gegenüber der Online-Nachrichtenseite TVXS: „Wenn ein Covid-Patient mit zusätzlichen Problemen kein Bett auf der Intensivstation findet, wie kann er dann überleben? Das ist eine Pseudo-Hospitalisierung, und deshalb nenne ich das Massenmord.“

Während einer Parlamentsdebatte am 1. Dezember versuchte Premierminister Kyriakos Mitsotakis von der regierenden Nea Dimokratia (ND), das Problem der fehlenden Intensivbetten herunterzuspielen: „Haben wir Hinweise darauf, dass Patienten an Beatmungsgeräten außerhalb der Intensivstation eine höhere Sterblichkeit haben als Patienten auf der Intensivstation? Ich habe keinen solchen Hinweis, Sie etwa? Wenn ja, bringen Sie sie mir.“

Tatsächlich wurde diese Woche im Scandinavian Journal of Public Health eine Studie veröffentlicht, die genau das belegt. Sie wurde von den Epidemiologen Theodoros Lytras und Sotiris Tsiodras verfasst. Letzterer ist Spezialist für Infektionskrankheiten und leitet den staatlichen Expertenausschuss für öffentliche Gesundheit (EEDY). Die Studie analysiert die Sterblichkeit von Patienten an Beatmungsgeräten in griechischen Krankenhäusern zwischen September 2020 und Mai 2021 und kommt zu dem Schluss, dass bei beatmeten Patienten außerhalb der Intensivstation die Sterblichkeit um 87 Prozent höher war als bei denen auf einer Intensivstation.

Es wurden auch regionale Unterschiede festgestellt, wobei die Sterblichkeit außerhalb der Präfektur Attika, in der sich die Hauptstadt Athen befindet, deutlich höher war. In Thessaloniki, der zweitgrößten Stadt Griechenlands, lag die Sterblichkeit um 35 Prozent höher, im übrigen Griechenland um 40 Prozent. Die Untersuchung ergab auch, dass die Sterblichkeit bei beatmeten Patienten um 25 Prozent zunahm, wenn mehr als 400 Patienten auf Intensivstationen lagen. Bei mehr als 800 Intensivpatienten stieg die Mortalität außerhalb der Intensivstation sogar um 57 Prozent.

In einem Tweet vom 14. Dezember stellte Lytras klar, dass die Ergebnisse der Studie der Regierung im Mai sofort zur Verfügung gestellt wurden, was die Behauptungen von Mitsotakis im Parlament als Lügen entlarvte. Wie Lytras auf Twitter erklärte, wären von den fast 4.000 in der Studie erfassten Todesfällen etwa 1.500 nicht eingetreten, wenn die Patienten „in einem Gesundheitswesen, das nicht unter Druck steht (d.h. mit weniger als 200 Patienten an Beatmungsgeräten), in Krankenhäusern innerhalb Attikas und auf der Intensivstation hospitalisiert worden wären“.

Der rechtsextreme Gesundheitsminister Thanos Plevris versuchte, die Rekordzahl der Todesfälle vom 14. Dezember als Höhepunkt darzustellen, indem er darauf hinwies, dass die Neuinfektionen in den letzten zwei Wochen kontinuierlich zurückgegangen seien. Er behauptete: „Wir sind wachsam gegenüber der neuen Variante Omikron, die uns noch nicht erreicht hat.“ Nur wenige Tage später wurde dies widerlegt, als die Gesamtzahl der bestätigten Omikron-Fälle von fünf zu Beginn der Woche auf 17 am 16. Dezember anstieg, was die Regierung veranlasste, von allen Reisenden, die nach Griechenland kommen, einen negativen Test zu verlangen.

Da jedoch keine zusätzlichen Maßnahmen zur Eindämmung ergriffen werden, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich Omikron weiter ausbreitet. Da die Zahl der Krankenhausaufenthalte bereits jetzt hoch ist, werden die Auswirkungen katastrophal sein.

Anfang der Woche sagte Yiannis Prassas, Molekularbiologe an der Universität Toronto in Kanada, in einem Interview mit dem griechischen Staatssender ERT voraus, dass Omikron Griechenland in etwa einem Monat hart treffen und eine „sehr düstere Situation für das nationale Gesundheitswesen“ schaffen werde. Er warnte: „Angesichts der Bedrohung durch eine riesige Welle von Fällen, in der sich alle gleichzeitig anstecken, werden die Krankenhäuser unter einen nie dagewesenen Druck geraten, der keinen Spielraum lässt, wenn 700 Patienten an Beatmungsgeräten hängen. Auch das Gesundheitspersonal wird sich anstecken, was zu riesigen Personallücken führen wird, wenn eine maximale Personalausstattung erforderlich ist.“

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