Die World Socialist Web Site hat in der vergangenen Woche bereits zwei Artikel zur diesjährigen Milliardärsliste des US-Wirtschaftsmagazins Forbes veröffentlicht, die die Aneignung enormen Wohlstands im Pandemiejahr 2020 dokumentieren.
Insgesamt ist das Gesamtvermögen aller Milliardäre weltweit im vergangenen Jahr um mehr als 60 Prozent – von 8 Billionen auf 13,1 Billionen Dollar – angestiegen. Die Anzahl der Milliardäre stieg weltweit um 660 auf nunmehr 2.775 Personen. Beide Zahlen bedeuten den größten jährlichen Anstieg in der Geschichte. Jeden Tag kamen fast zwei neue Milliardäre hinzu.
An der Spitze der Milliardärselite stehen Amazon-Chef Jeff Bezos und Tesla-Chef Elon Musk mit jeweils 177 Milliarden Dollar bzw. 151 Milliarden Dollar. Der reichste Mann Europas liegt mit einem Vermögen von 150 Milliarden Dollar auf dem dritten Platz. Es handelt sich um Bernard Arnault, den Inhaber des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH Louis Vuitton. Insgesamt gibt es in Europa 628 Milliardäre, die zusammen über drei Billionen Dollar verfügen – und damit um etwa 50 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Die Zahl der Dollar-Milliardäre ist im gleichen Zeitraum um ca. zwanzig Prozent gestiegen.
Besonders deutlich ist die Anhäufung obszöner Vermögen an der Spitze der Gesellschaft auch in Deutschland. Die Zahl der Milliardäre stieg im vergangenen Jahr um 29 von 107 auf 136. Damit liegt Deutschland in Europa an der Spitze – vor Russland mit 18 neuen Milliardären, Italien (plus 15) und Spanien (plus sechs). Zusammen verzeichneten allein die deutschen Milliardäre im vergangenen Jahre einen Vermögenszusatz von über 178 Milliarden US-Dollar. Gemeinsam verfügen sie über 625 Milliarden.
Die Reichsten davon sind:
- Beate Heister & Karl Albrecht Jr., Eigentümer der Discounterkette Aldi: 39,2 Milliarden US-Dollar
- Dieter Schwarz, Eigentümer der Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland): 36,9 Milliarden US-Dollar
- Susanne Klatten, Miteigentümerin von BMW: 27,7 Milliarden US-Dollar
- Stefan Quandt, Miteigentümer von BMW: 21,6 Milliarden US-Dollar
- Theo Albrecht Jr., Eigentümer von Aldi Nord: 18,8 Milliarden US-Dollar
- Reinhold Würth, Eigentümer des Nägelimporteurs Würth Group: 16,8 Milliarden US-Dollar
- Georg Schaeffler, Miteigentümer des Maschinenbauzulieferes Schaeffler AG: 14,9 Milliarden US-Dollar
- Alexander Otto, Mitglied im Aufsichtsrat der Otto Group : 11,8 Milliarden US-Dollar
Der französische Schriftsteller Honoré de Balzac erkannte bereits im 18. Jahrhundert, dass „hinter jedem großen Vermögen ein Verbrechen“ steht. Das trifft vor allem auch für die deutschen Milliardäre zu, deren Vermögen oft noch auf die Verbrechen der Nazis und die schlimmsten Formen der Ausbeutung im Dritten Reich zurückgehen.
Auch die aktuellen Vermögenssteigerungen beruhen auf einem Verbrechen. In der Pandemie wurde deutlich, dass der herrschenden Klasse das Leben der Arbeiter nichts wert ist. Obwohl sich täglich Hunderttausende mit Covid-19 infizieren und tausende Menschen an dem Virus sterben, werden die Forderungen der Wissenschaft, alle nicht systemrelevanten Betriebe und die Schulen zu schließen, ignoriert.
Die Rekordprofite sind ein direktes Ergebnis der „Profite vor Leben“-Politik, die die Regierungen weltweit seit Ausbruch der Pandemie verfolgen. Als im Frühjahr letzten Jahres tapfere Arbeiter in den USA, Kanada, Frankreich, Italien spontane Streiks organisierten und einen Lockdown und die Schließung vieler Betriebe und Schulen erkämpft hatten, brachen die Börsen weltweit ein. Die Gegenoffensive der Bourgeoisie war brutal. Im Rahmen der sogenannten Corona-Notpakete transferierte sie binnen weniger Wochen Billionen auf die Konten der Banken, Großkonzerne und Superreichen und begann eine aggressive Kampagne für die Rückkehr in die Schulen und Betriebe.
Welches Ziel die herrschende Klasse mit der mörderischen Öffnungspolitik verfolgt, die seitdem anhält, ist klar. Es geht darum, die gigantischen Summen, die der Finanzaristokratie in den Rachen geschmissen wurden, wieder aus der Arbeiterklasse herauszupressen. Um die Ausbeutung zu verschärfen, werden enorme Angriffe auf Löhne und Arbeitsplätze durchgeführt. Gleichzeitig dient die Pandemie als Vorwand, um lange geplante Umstrukturierungen durchzuführen. Die Gewerkschaften spielen die entscheidende Rolle dabei, die Öffnungspolitik und die Angriffe auf Arbeiterplätze und Löhne gegen die Opposition unter Arbeitern durchzusetzen.
Obwohl gerade die dritte und sogar vierte Welle über den Globus fegt und die Pandemie sich erneut exponentiell ausbreitet, setzt die herrschende Klasse die Öffnungspolitik immer rücksichtsloser durch. Aktuell bereitet die Bundesregierung eine Neufassung des Infektionsschutzgesetzes vor, das vor allem darauf abzielt, die Schulen selbst bei sehr hohen Infektionsraten offenzuhalten. Laut Entwurf sollen Schulen erst ab einer Inzidenz von 200 an drei aufeinanderfolgenden Tagen schließen – und auch dann nicht uneingeschränkt. Abschlussklassen können von der Schließung ausgenommen werden und es soll eine umfassende Notbetreuung geben.
Als Rechtfertigung für die Offenhaltung der Schulen wird immer wieder die angebliche Sorge um das Kindeswohl und die Aufrechterhaltung der Bildung angeführt. Das sind dreiste Lügen! Die Öffnungspolitik wird von den gleichen Parteien und Politikern vorangetrieben, die die Bildung jahrelang kaputt gespart haben. Sie dient einzig und allein dem Interesse der herrschenden Klasse, die Kinder in den Schulen zu verwahren, damit die Eltern auf der Arbeit die Profite der Superreichen generieren können.
Die Entwicklung unterstreicht erneut, dass die herrschende Klasse nicht davor zurückschreckt für die Aufrechterhaltung und Mehrung ihrer Profite über Leichen zu gehen. Seit Ausbruch der Pandemie sind allein in Deutschland bereits über 77.000 Menschen an Covid-19 gestorben. Auf der anderen Seite türmen sich die Vermögen. Bei einem Profitzuwachs von über 178 Milliarden US-Dollar der reichsten Individuen in Deutschland kommen circa 2,3 Millionen US-Dollar Profit auf einen Coronatoten. Der DAX erreicht nahezu wöchentlich neue Rekordhochs und steht aktuell bei über 15.200 Punkten.
Gegen diese mörderische Bereicherungspolitik formiert sich weltweit Widerstand. Arbeiter und Schüler protestieren gegen unsichere Arbeitsbedingungen in den Betrieben und für die Schließung der Schulen. Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass der Kapitalismus bankrott und nicht in der Lage ist, die elementarsten Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Im Kapitalismus können sich einige Wenige am Leiden und Sterben von Millionen Menschen bereichern.
Gleichzeitig wird in der Pandemie deutlich, dass die Arbeiter auf keine der etablierten Parteien und Gewerkschaften verlassen können. Von der Linkspartei bis zur AfD stimmten im vergangenen März alle Bundestagsparteien den Milliardengeschenken an die Banken zu und ließen Arbeiter und Kleinunternehmer nahezu leer ausgehen.
Der Kampf gegen die Pandemie und soziale Ungleichheit erfordert das unabhängige Eingreifen der Arbeiterklasse und ein sozialistisches Programm, das die immensen Vermögen an der Spitze des Gesellschaft enteignet. In unserer Perspektive zum Vermögenszuwachs im Pandemiejahr betonen wir:
„Es ist dringend, diese kriminelle Anhäufung von Reichtum in den Händen der Oligarchie zu beenden, damit die Sicherheit und das Wohl der Weltbevölkerung geschützt werden können. So wie die Ausbreitung der Pandemie untrennbar mit der Bereicherung der Finanzoligarchie verbunden ist, muss auch die Eindämmung der Pandemie untrennbar mit der Enteignung der Oligarchen verbunden sein. Der riesige Vermögensberg, auf dem die Finanzelite sitzt, muss zur Finanzierung eines Notfallprogamms verwendet werden, um die Ausbreitung des Virus zu stoppen und Millionen von Leben zu retten.“