Frankreich: Kommunistische Partei und La France insoumise unterstützen Macrons rechtsextremes Separatismusgesetz

Seit dem 1. Februar wird in der französischen Nationalversammlung über den Entwurf des „Gesetzes zur Stärkung des Respekts vor republikanischen Prinzipien“ debattiert, der von der Macron-Regierung eingebracht wurde. Das Gesetz bedeutet eine drastische Einschränkung der Vereinigungs- und Religionsfreiheit unter dem Deckmantel des Kampfs gegen islamischen Separatismus. Die Debatte über das Gesetz findet in einer politischen Atmosphäre statt, die einen zunehmend faschistoiden Charakter annimmt. Unter solchen Bedingungen haben sowohl die stalinistische Kommunistische Partei Frankreichs (KPF) als auch Jean-Luc Mélenchons Unbeugsames Frankreich (La France insoumise, LFI) ihre Unterstützung für Macrons rechtsextremes Gesetz erklärt.

Am 4. Februar stimmte die Nationalversammlung über Artikel 4 des Gesetzentwurfs ab, der den Straftatbestand des „Separatismus“ schafft. Der Artikel kriminalisiert den Einsatz von Drohungen, Gewalt oder „Einschüchterung“, die darauf abzielen, eine „vollständige oder teilweise Ausnahme oder Abwandlung“ von Bestimmungen für öffentliche Dienstleistungen zu erlangen. Im Fall eines Schuldspruchs drohen fünf Jahre Haft und eine Geldstrafe in Höhe von 75.000 Euro. Die breit gefasste Definition wird dem Staat und der Polizei enorme Vollmachten verleihen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron (AP Photo/Francois Mori)

Macron hatte den Gesetzesentwurf eingebracht, nachdem am 16. Oktober der Oberschullehrer Samuel Paty ermordet wurde. Dieser hatte seiner Klasse einen anstößigen Cartoon über den Propheten Mohammed gezeigt. Der Straftatbestand des neuen Gesetzes wurde jedoch so vage definiert, dass er sogar in einer Situation erfüllt sein könnte, in der sich ein Schüler weigert, in der Schule Schweinefleisch zu essen. Das Gesetz ermöglicht der französischen herrschenden Klasse, die islamfeindliche Atmosphäre zu verschärfen. Es ist ein grundlegender Angriff auf das Prinzip des Säkularismus.

Der Artikel 4 wurde ohne auch nur eine Gegenstimme angenommen. Die Fraktion der KPF stimmte für den Artikel, die LFI-Fraktion enthielt sich. Beide Parteien sind somit mitverantwortlich für den zunehmend faschistoiden Gesetzeskurs, den die Macron-Regierung seit Beginn der Pandemie verfolgt.

Am 5. Januar stimmte die Nationalversammlung über Artikel 6 ab, der das Gesetz über öffentliche Verbände von 1901 um einen „Vertrag über ein Bekenntnis zur Republik“ erweitert. Diese Maßnahme bildet den Kern von Macrons Gesetzentwurf. Laut den grotesken Äußerungen von Marlène Schiappa, Macrons beigeordneter Ministerin für Staatsbürgerschaft, wird der Vertrag gewährleisten, dass „kein einziger Euro aus Steuergeldern an die Feinde der Republik geht. Deshalb dürfen Subventionen, also französisches Geld, keine Organisationen finanzieren, die einen Nährböden für Terrorismus darstellen.“

Diese Äußerungen beruhen in keiner Weise auf nachprüfbaren Fakten. Bereits jetzt sind Vereine verpflichtet, französisches Recht zu respektieren. Das erklärte Ziel dieses Gesetzartikels besteht darin, die Zahlung von Subventionen an Vereine wesentlich einzuschränken, indem Kriterien geschaffen werden, die nichts mit den Aktivitäten der Vereine zu tun haben.

Das Gesetz wird sich unmittelbar gegen die religiösen und politischen Ansichten von Vereinsvorständen und Mitgliedern richten, um ihnen finanzielle Förderung vorzuenthalten. Die „Verpflichtung gegenüber der Republik“ soll per Regierungsdekret festgelegt werden und kann mit jeder neuen Welle von Polizeistaatsgesetzen verschärft werden. Vereine, die staatliche Subventionen erhalten, werden gezwungen, sich an die Sicherheitsagenda der Regierung zu halten und sich dieser unterzuordnen.

Regelungen für Vereine gibt es jedoch bereits: Die Charta über wechselseitige Verpflichtungen zwischen dem Staat und den Verbänden wurde im Jahr 2001 zum 100. Jahrestag des Gesetzes von 1901 verfasst und im Jahr 2014 auf lokale Behörden ausgedehnt. Sie definiert einen allgemeinen Rahmen, der von Vereinigungen respektiert werden muss, um Förderung zu erhalten. Seitdem hat die Macron-Regierung alles darangesetzt, einen Zusammenhang zwischen islamischem „Separatismus“ und der Vereinigungsfreiheit zu erfinden, um ihr repressives Gesetz zu rechtfertigen.

Im Bericht über die Vorlage des Gesetzes, den der Staatsrat erhalten hat, heißt es: „Die Aktivitäten von Vereinen werden aktiv von separatistischen Akteuren genutzt, da sie große Freiheiten genießen; dies gilt besonders im sozialen, kulturellen und außerschulischen Bereich.“ Die Regierung plant eindeutig, möglichst vielen Vereinen die finanziellen Mittel zu streichen. Zudem richten sich die repressiven Maßnahmen nicht nur gegen vermeintlichen muslimischen „Radikalismus“. Vielmehr werden Vereine aller Art davon betroffen sein.

Andere Vorgaben des Gesetzes schaffen noch weitreichendere Angriffe. Durch Artikel 8 wird die Anzahl der Gründe für die Auflösung eines Vereins beträchtlich ausgeweitet. Vor allem ermöglicht das Gesetz, einen Verein für das Verhalten eines einzelnen Mitglieds im Ganzen zur Verantwortung zu ziehen. Der Artikel wurde am 8. Februar diskutiert und angenommen. Diese Maßnahme könnte direkt von einem faschistischen Regime stammen: Es ermöglicht die massenhafte Auflösung von Vereinen, politischen Parteien und Organisationen, die unter den Bestimmungen des Gesetzes von 1901 gegründet wurden.

In diesem Kontext, der einen zunehmend faschistoiden Charakter aufweist, bemühen sich die etablierten Parteien, sich gegenseitig zu übertreffen. Diese Atmosphäre versetzte Marine Le Pens rechtsextremem Rassemblement National in die Lage, einen Gegenentwurf einzubringen, der noch weiter geht.

Äußerungen von Abgeordneten der Republikaner (LR) gehen sogar noch weiter als die von Le Pen. Eric Ciotti, ein Sprecher der Republikaner, erklärte während der Debatten über das Gesetz: „Der [muslimische] Schleier ist kein harmloses Kleidungsstück, sondern das Banner des Islamismus und seiner Ideologie.“

Ebenso wie jedes andere autoritäre Regime unterwirft Macron die Gründung und die Aktivitäten von Vereinen auf jeder Ebene einer strengen polizeilichen Kontrolle. Die Abschaffung dieser Kontrolle zu Beginn des 20. Jahrhunderts zugunsten der Freiheit, Vereinigungen zu gründen und zu verwalten, war ebenso eine demokratische Errungenschaft wie das Gesetz von 1905 zur Trennung von Kirche und Staat. Diese Fortschritte waren das Ergebnis des Kampfs der Arbeiterklasse und der Aktivitäten ihrer sozialistischen Vertreter, die in der Dreyfus-Affäre gegen die antisemitischen und kapitalistischen Kräfte der Reaktion gekämpft hatten.

Der zunehmende Kurs auf Faschismus ergibt sich aus der tiefen globalen Krise des Kapitalismus. Durch die Corona-Pandemie und die Politik der „Herdenimmunität“, die die Regierungen in Frankreich und weltweit verfolgen, ist das Massensterben zur neuen Normalität geworden. Enorme soziale Ungleichheit, der immer parasitärere Charakter des globalen Finanzsystems, die endlosen neokolonialen Kriege der letzten Jahrzehnte und die Vorbereitung auf „Großmachtkonflikte“ sind nicht mit demokratischen Herrschaftsformen vereinbar. Die herrschenden Klassen der Welt drängen auf diktatorische Herrschaftsformen und fördern neofaschistische Ideologien.

Macron will einen Polizeistaat aufbauen, den er zur Durchsetzung seiner Politik benötigt, um die Finanzoligarchie zu bereichern. Zu diesem Zweck muss er den Widerstand der Bevölkerung zerschlagen. Die Anhäufung von Polizeistaatsgesetzen ist zum Ende seiner fünfjährigen Amtszeit im Jahr 2022 zu seiner Priorität geworden.

Vor diesem Hintergrund haben sich alle großen Parteien, einschließlich der LFI und der KPF, hinter den Kulissen mit der Macron-Regierung verbündet. Der Strohmann des islamischen Separatismus wird benutzt, um eine gemeinsame Front mit offen neofaschistischen Kräften unter dem Banner des „Republikanismus“ zu bilden und so die extreme Rechte zu stärken.

Diese Propagandakampagne wurde von der herrschenden Klasse in Zusammenarbeit mit islamfeindlichen Intellektuellenzirkeln sorgfältig vorbereitet. Hinter der Behauptung, die Republik zu verteidigen, werden in Wirklichkeit ständige Angriffe auf demokratische Rechte legitimiert. Die demokratischen Rechte können nicht durch Appelle an die herrschende Elite verteidigt werden, sondern nur durch die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse.

Die französische Schwesterpartei der Sozialistischen Gleichheitspartei, Parti de l’égalité socialiste, ruft zu einem unerbittlichen Kampf gegen die schamlosen Lügen der herrschenden Klasse und der Medien über islamischen „Separatismus“ auf, und erinnert an die historischen und gegenwärtigen Fragen, um die es bei der Verteidigung demokratischer Rechte geht, wie sie in den Gesetzen von 1901 und 1905 festgehalten sind. Wir rufen die Arbeiterklasse auf, in ihren aktuellen und künftigen politischen und sozialen Kämpfen die vollständige und sofortige Aufhebung des Gesetzes zu fordern.

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