MAN Truck & Bus: IG Metall stimmt Vernichtung von 3500 Arbeitsplätzen zu

Die IG Metall hat der Vernichtung von 3500 Arbeitsplätzen beim LKW- und Bushersteller MAN in Deutschland und Österreich zugestimmt. Der Abbau weiterer Stellen bei der Volkswagen-Tochter ist bereits eingeplant. Weltweit beschäftigt das Unternehmen 36.000 Arbeiter.

Am Dienstag unterzeichneten die Vorstände der MAN SE und der MAN Truck & Bus SE gemeinsam mit den Repräsentanten der Gewerkschaft und des Betriebsrats ein „Eckpunktepapier“, das nicht zuletzt durch den Arbeitsplatzabbau eine „Ergebnisverbesserung in Höhe von bis zu 1,7 Mrd. Euro“ erzielen soll.

Am härtesten betroffen sind die Betriebe in Steyr, Österreich, mit 2200 Arbeitsplätzen und Plauen, Sachsen, mit 150 Stellen. Das Werk in Steyr soll verkauft und der Standort Plauen geschlossen werden. Man habe den Arbeitern in Plauen eine neue Stelle im 52 km entfernten VW-Werk in Zwickau angeboten. Eine Werksschließung könne schon im ersten Halbjahr 2021 beschlossen werden, sagte der Geschäftsführer der IG Metall Zwickau, Thomas Knabel, der Presse.

Die IG Metall hebt hervor, man habe die ursprünglich im Strategiepapier des Konzerns angekündigten Entlassungen von 9500 Beschäftigten abwehren und auf 3500 abgebaute Stellen reduzieren können.

Das ist erstens das sattsam bekannte Spiel der Gewerkschaften: Die Konzerne kündigen eine hohe Zahl von abzubauenden Arbeitsplätzen an, so dass die letztlich geringere Zahl von den Gewerkschaften als Erfolg dargestellt werden kann. Zweitens sind selbst die genannten Zahlen Nebelkerzen, die den Arbeitern den wahren Sachverhalt verschleiern sollen.

Denn Fakt ist, dass die Zahl 9500 auch die internationalen Standorte mit einbezog und bereits in den vergangenen Monaten zahlreiche Leiharbeiter ausgeschieden sind, weil ihre Verträge einfach nicht verlängert wurden. So gab es vor wenigen Monaten im Nürnberger Werk noch eine Belegschaft von 4000 Arbeitern. Aktuell sind es noch 3600, und bis Ende 2022 sollen es dann nur noch 3100 sein. Die 400 ausgeschiedenen Leiharbeiter fallen bei den Abbauzahlen unter den Tisch.

  • In Salzgitter sollen von derzeit etwa 2400 Arbeitsplätzen Ende 2022 noch 1900 Stamm-Beschäftigte verbleiben, eine Reduzierung um 20 Prozent. „Ein vertretbarer Umfang“, wie die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Salzgitter-Peine, Brigitte Runge, erklärt.
  • In München und Dachau werden nach der Vereinbarung Ende 2022 nur noch 7500 der heutigen 9000 Stellen besetzt sein. Es soll weiterhin das Hauptproduktionswerk für Lastwagen mit Fahrerhausausstattung und Montage bleiben.
  • Der Standort Nürnberg soll in Zukunft Antriebstechnologien entwickeln. Dort soll die Belegschaft von 3700 auf 3100 Stellen schrumpfen.
  • In Wittich sollen nur noch 60 Stammbeschäftigte übrigbleiben.

Das sind einige der verringerten Zahlen, die sich die IG Metall als „Sieg“ anerkennen lassen will. Gleichzeitig bereitet sie aber in kommenden Verhandlungen, über die Vertraulichkeit vereinbart wurde, weitere Kürzungen vor.

„Die Inhalte dieses Eckpunktepapiers sollen mit einem Zukunftstarifvertrag sowie in betrieblichen Vereinbarungen umgesetzt werden“, heißt es in der Pressemitteilung des Konzerns. Beim Wort „Zukunftstarifvertrag“ sollten bei allen Arbeitern die Alarmglocken läuten. Denn darunter versteht die IG Metall immer den Abbau von Stellen und Löhnen sowie eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Angeblich soll dies die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Standorte retten. Das Gegenteil ist der Fall, diese Zukunftstarifverträge bereiten den Weg zur schrittweisen Abwicklung ganzer Werke und Standorte.

Was das jetzt vereinbarte Eckpunktepapier, die Einsparung von 1,7 Mrd. Euro, konkret bedeutet, kann man aus den Ankündigungen der Vereinbarung nur erahnen:

  • Im Konzern sollen 550 Mio. Euro an „Sach- und Personalkosten“ eingespart werden. Was das für die Arbeitsbedingungen und Entlohnung heißt, wird sich erst in den bevorstehenden Verhandlungen herausstellen – nichts Gutes ist zu erwarten.
  • Bei den Zulieferern sollen 700 Mio. Euro eingespart werden, d. h., hier kommen Stellenabbau und Lohneinbußen auf die Beschäftigten der Zulieferer zu.
  • In zusätzlichen „Vertriebsleistungen“ sollen 450 Mio. Euro „erwirtschaftet“ werden. Auch hierzu gibt es keine Konkretisierung.

Ein weiteres abgedroschenes Ritual ist die Drohung mit betriebsbedingten Kündigungen. Der MAN-Konzern hat wie üblich damit gedroht, die Betriebsräte und Gewerkschafter laufen dagegen Sturm, um schließlich dem Abbau mit anderen Methoden zuzustimmen. So auch dieses Mal. Saki Stimoniaris, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats und Mitglied des Aufsichtsrats, hatte im September des vergangenen Jahres ein Arbeitsgerichtsverfahren in Gang gesetzt, um gegen die vom Vorstand angekündigten betriebsbedingten Kündigungen zu klagen. Eine „Standort- und Beschäftigungssicherung“ aus dem Jahr 2016, die diese ausschließe, gelte bis Ende 2030.

Wie alle solche Vereinbarungen sind sie das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Denn diese Vereinbarungen gelten nur so lange, wie sie von den Arbeitern nicht benötigt werden, weil die Gewinne sprudeln. Sobald aber die Gewinne versiegen, und Arbeiter eine Beschäftigungs- und Standortgarantie bräuchten, fällt diese weg, dafür sorgen entsprechende Klauseln.

Auch die Vereinbarung zur Standort- und Beschäftigungssicherung bei MAN von 2016 beinhaltet solch ein Kündigungsrecht, „Schlechtwetterklausel“ genannt. Diese erlaubt betriebsbedingte Kündigungen, wenn der Absatz um 40 Prozent einbricht. Das Unternehmen berief sich vor dem Arbeitsgericht auf den Absatzeinbruch im Laufe der Corona-Pandemie sowie auf die verschärften CO2-Regeln der Europäischen Union, die seit 2019 gelten. In Wirklichkeit zeichnete sich der Abbau schon vor der Corona-Pandemie ab, weil der Konzern die angestrebte Umsatzrendite nicht erreichte.

Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht wegen der betriebsbedingten Kündigungen läuft noch, ein Urteil wird voraussichtlich erst im Sommer erwartet. Nach der Vereinbarung vom Dienstag frohlockte MAN-Betriebsratschef Stimoniaris aber bereits stolz: „Wir tragen Verantwortung für unsere MAN.“ Das „Geheimnis des Erfolgs dieses stolzen Unternehmens“ sei, dass sich der Konzern immer auf jeden einzelnen verlassen könne.

Der MAN-Konzern hat sich Stimoniaris‘ Verlässlichkeit im Jahr 2019 fast eine halbe Million Euro kosten lassen. Er strich exakt 482.040 Euro für seine Aufsichtsratstätigkeit ein.

Nachdem der Konzern im letzten Jahr den Abbau von 9500 Arbeitsplätzen angekündigt hatte, schalteten sich sofort die Spitzen der IG Metall und des VW-Konzerns ein, um einen Mechanismus zu finden, um die Wut in den Reihen der Belegschaften zu unterdrücken.

Diese Rolle spielt das Eckpunktepapier, an dem neben dem MAN-Betriebsrat und dem Vorstand der MAN Truck & Bus auch Jürgen Kerner vom IG-Metall-Vorstand (der gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender im MAN-Aufsichtsrat ist), der von der IGM bestellte VW-Personaldirektor Gunnar Kilian sowie Matthias Gründler, der Vorsitzende des MAN-Mutterkonzerns Traton, beteiligt waren. Alle Beteiligten waren sich von Beginn an einig, dass die Lebensgrundlage der Arbeiter dem strategischen Unternehmensziel, der Erreichung einer operativen Umsatzrendite von 8 Prozent, untergeordnet werden müsse.

Arbeiter können ihre Arbeitsplätze und Löhne nur durch eine vereinte, unabhängige Bewegung verteidigen, die sich gegen das kapitalistische System richtet, das die Interessen der Beschäftigten immer der Profitgier der Aktionäre unterordnet. Diese Bewegung muss Kollegen in allen internationalen Fabriken umfassen. So hat MAN Werke im polnischen Krakau (Eröffnung 2007, 580 Arbeiter) und Starachowice (seit 1999 im MAN-Konzern, 3000 Arbeiter) aufgebaut, in die die Produktion nun teilweise verlagert werden soll.

Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) tritt dafür ein, Aktionskomitees aufzubauen, die völlig unabhängig von den Gewerkschaften sind, die Verteidigung der Arbeitsplätze in die Hand nehmen und sich bundesweit und international vernetzen. Wir rufen alle MAN-Arbeiter auf, Mitglied der SGP zu werden und eine internationale, sozialistische Partei aufzubauen.

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