Bei Ford in Köln nimmt der Arbeitsplatzabbau kein Ende. Am letzten Samstag gab die IG Metall bekannt, dass 600 zusätzliche Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Am Montag darauf teilte dann die Geschäftsführung von GFT (Getrag-Ford Transmissions GmbH), ein Gemeinschaftsunternehmen von Ford und dem Zuliefererkonzern Magna, der Kölner Belegschaft mit, dass 200 Stellen gestrichen werden.
Während die Gewerkschaft IG Metall nicht bekannt gibt, wo die 600 Stellen bei Ford abgebaut werden, sind die 200 Stellen bei der GFT der Schließung des Ford-Entwicklungszentrums für Getriebe mit insgesamt 400 Beschäftigten geschuldet. 200 Arbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz, 100 sollen auf neue Arbeitsplätze im Ford-Konzern wechseln, die restlichen 100 werden in eine Transfergesellschaft abgeschoben.
Am Mittwoch protestierten die 400 Beschäftigten des Getriebe-Entwicklungszentrums mit einem Hupkonzert gegen die geplante Betriebsschließung. Die Arbeiter saßen während einer Betriebsversammlung in ihren Autos auf dem Firmenparkplatz.
Ford und der kanadisch-österreichische Autozulieferer Magna hatten schon Ende August des vergangenen Jahres beschlossen, ihre Zusammenarbeit in der GFT zu beenden. Kurz vor Weihnachten – sozusagen als spezielle Weihnachtsgratifikation – erklärte die GFT-Geschäftsführung den „lieben Mitarbeitern“, dass sie sich auf drastische Einschnitte vorbereiten müssen.
Jetzt teilen sich die beiden Großkonzerne die GFT auf. Magna erhält das Getriebewerk in Bordeaux, in dem weiterhin die Fiesta-Getriebe hergestellt werden. Ford behält das Kölner Werk für Getriebe für leichte Nutzfahrzeuge und das Werk im britischen Halewood, in denen Getriebe unter anderem für einige Kuga- und Focus-Modelle produziert werden. Das Entwicklungszentrum wird von Betriebsrat und Geschäftsführung abgewickelt. Beide legen nun fest, wer ins Hauptwerk wechselt, wer in die Transfergesellschaft und welche Arbeiter gehen müssen.
Die zentrale Rolle beim Arbeitsplatzabbau spielt wie üblich die IG Metall und der von ihr dominierte Kölner Betriebsrat unter dem Vorsitz von Martin Hennig.
Im März 2019 hatte Ford angekündigt, weltweit 25.000 Arbeitsplätze abzubauen, davon 12.000 in Europa, über 5000 in Deutschland. In Brasilien, in Frankreich und Wales wurden bzw. werden Werke geschlossen, in Russland sogar vier Produktionsstätten.
Für die Umsetzung des Arbeitsplatzabbaus haben in allen Ländern die Gewerkschaften und ihre betrieblichen Vertreter gesorgt, in Deutschland und Europa Hennig, der auch Vorsitzender des Europa-Betriebsrats ist, und seine Kollegen.
Kurz vor Weihnachten gab Hennig der Deutschen Presseagentur (dpa) ein Interview, in dem er zufrieden den von ihm umgesetzten Arbeitsplatzabbau zusammenfasste. Zum Jahresende werde der Personalbestand in Deutschland im Vergleich zu Anfang 2019 um 4900 auf knapp 20.000 reduziert sein, berichtete Hennig. „Der Arbeitsplatzabbau ist schmerzhaft, aber mit Blick auf die Gesamtsituation haben wir das vernünftig hinbekommen.“
In Köln verblieben etwas mehr als 15.000 Arbeiter, in Saarlouis 4500. Hinzu käme noch das Entwicklungszentrum in Aachen mit rund 200 Beschäftigten. Stolz erklärte er, dass eigentlich 5400 Arbeitsplätze gestrichen werden sollten, 500 mehr als bis Ende des letzten Jahres umgesetzt.
Trotz aller Widrigkeiten am Markt behauptete Hennig damals im Gespräch mit der dpa, dass bei Ford Deutschland mit dem Stellenabbau nun erst einmal Schluss sei. „Große Einschnitte wird es erst mal nicht mehr geben.“ Diese Aussage war eine gezielte Täuschung und diente ausschließlich der Beruhigung der Beschäftigten. Ihre Halbwertzeit betrug gerade einmal drei Wochen!
Die großspurige Erklärung, der Abbau bei Ford sei reduziert worden, war auch eine Lüge. Hennig und der Betriebsrat sorgten vielmehr dafür, dass dieser Abbau in Zulieferbetrieben erfolgt.
Beschäftigte, deren Stelle gestrichen wurde, so Hennig, wurden umgeschult und sind nun in Bereichen tätig, wo bisher externe Dienstleister eingesetzt wurden. So würden nun Ford-Beschäftigte die Endmontage von Türen übernehmen. Im Stile eines Einkaufsmanagers erklärte Hennig: „Die Kostenkalkulation ergab, dass das günstiger ist für den Konzern. Outsourcing lohnt sich manchmal nicht, das hat auch die Chefetage erkannt.“
Was Hennig gegenüber der dpa verschweigt: Das Zurückholen von zuvor ausgegliederten Aufträgen ins Ford-Werk (Insourcing) verlagert die Arbeitsplatzvernichtung auf die Zulieferer und spielt einen Teil der Ford-Beschäftigen gegen einen anderen aus.
Als im letzten Spätsommer Magna und Ford die Auflösung ihres Getriebe-Joint-Ventures GFT bekanntgaben, behauptete Hennig: „Für die Belegschaft ist das ein Schlag ins Gesicht.“ Die Pläne seien völlig überraschend gekommen. „Wir werden mit aller Macht dafür kämpfen, dass keine Jobs verloren gehen.“
Das gleiche Schauspiel widerholte sich nur wenig später im Oktober letzten Jahres. Da meldete die IG Metall, dass Ford den Vertrag mit der Faurecia Innenraum Systeme zum 15. April 2021 gekündigt habe. Zur Begründung gab die Gewerkschaft an, dass ab Januar bei Ford in Köln eine Produktionsabsenkung geplant sei. Damit entstünden Personalüberhänge bei Ford in der Fertigung. Die werden nun durch die eigene Türenfertigung kompensiert, während die Arbeiter von Faurecia, die bislang in direkter Nachbarschaft des Ford-Werks die Türen montieren, ihren Job verlieren.
Kerstin Klein, zweite Bevollmächtigte und Geschäftsführerin der IG Metall Köln-Leverkusen, forderte vor einem Vierteljahr, dass der Stellenabbau durch Versetzungen auf freiwerdende Arbeitsplätze bei Ford und in Fortbildungsprogramme abgefedert werde. „Den Beschäftigten, die vom Arbeitsplatzverlust betroffen sind, müssen die Türen zu den bestehenden Umschulungs- und Weiterbildungsprogrammen sowie zu der Job-Börse bei den Ford-Werken geöffnet werden.“
Auch diesmal behauptete die Kölner IG Metall, dass sowohl die Produktionssenkung als auch das „Insourcing“ der Türenfertigung nicht mit den Betriebsräten von Ford und Faurecia besprochen worden sei.
Wer soll das glauben? In allen Wirtschafts- und Personalausschüssen der Betriebsräte werden solche Vorhaben besprochen, nur nicht bei Ford in Köln?
Die IG Metall und ihre Betriebsräte setzen seit Jahr und Tag den Abbau durch. Das beliebteste Mittel ist dabei die Spaltung von Arbeitern: zwischen den Belegschaften der Werke in aller Welt, zwischen den Beschäftigten der Werke in Köln und Saarlouis, zwischen den Arbeitern bei Ford und den Zulieferern und selbst in einem Standort, zwischen den Beschäftigten in der Verwaltung und der Produktion.
So streuen die Gewerkschaftsvertreter bei Ford in Köln das Gerücht, dass die jetzt anstehenden 600 Arbeitsplätze eigentlich in der Verwaltung abgebaut werden sollen, die dort Beschäftigten aber nicht gehen wollen. Leidtragende seien die Produktionsarbeiter, deren Jobs dann angeblich notgedrungen dem Rotstift zum Opfer fallen.
Als wenn ein geplanter Stellenabbau in der Verwaltung daran scheitern würde, dass sich niemand meldet, „freiwillig“ seinen Arbeitsplatz zu räumen.
Dieses gewerkschaftlich organisierte „Hauen und Stechen“ wird auch bei der nächsten Produktionsentscheidung, die in diesem Frühjahr ansteht, zum Einsatz kommen. Das Ford-Management will bekanntgeben, wo das erste Elektroauto von Ford in Europa gebaut wird. Zwei Werke bewerben sich um den Auftrag, das Werk in Köln und das im rumänischen Craiova.
Man darf getrost davon ausgehen, dass Hennig im Hintergrund schon das Management davon zu überzeugen versucht, das E-Modell in Köln zu bauen. Womöglich ist der Abbau von weiteren 600 Arbeitsplätzen schon ein Teil davon. Schon jetzt hat Hennig angedeutet, dass der Zuschlag dennoch keine Entspannung beim Arbeitsplatzabbau zur Folge haben würde.
Das Potenzial für einen damit zusammenhängenden Job-Aufbau sei begrenzt, sagte Hennig gegenüber der dpa. Schließlich komme die Plattform, der Unterbau samt E-Motor und Batterie, von Volkswagen. Ford wäre für die Endmontage zuständig. „Die Wertschöpfung wäre deutlich geringer als bei der Fertigung eines eigenen Autos mit Verbrennungsmotor.“
Der Betriebsrat unter seiner Leitung unternimmt alles in seiner Macht Stehende, um die Profitabilität Fords auch in Zukunft aufrecht zu erhalten. Das zeigt sich nicht nur am inzwischen zwei Jahre andauerndem Arbeitsplatzabbau, sondern auch an seiner Haltung zum Umgang mit der Corona-Pandemie.
Sofort nach dem ersten Ausbruch des Virus in Deutschland im letzten Jahr verbreitete sich das Virus auch unter Ford-Arbeitern. Genaue Zahlen über infizierte und verstorbene Kollegen erhält die Belegschaft nicht. Arbeiter berichteten der WSWS, dass ein interner Material-Fahrer, der in einem Werks-Rundverkehr Materialien und Komponenten ans Band liefert bzw. abholt, im letzten Jahr kurz vor der Rente an Covid-19 gestorben sei.
Um ihr Leben, ihre Gesundheit und ihre Arbeitsplätze zu verteidigen, müssen sich die Ford-Arbeiter unabhängig von der Gewerkschaft organisieren und international zusammenschließen. Dazu müssen unabhängige Aktionskomitees aufgebaut und Kontakte zu den Beschäftigten der gesamten Autoindustrie und anderen Arbeitern geknüpft werden.
Die Produktion von Autos ist nicht lebensnotwendig und muss ausgesetzt werden, bis die Ausbreitung des Corona-Virus gestoppt ist. Die Arbeiter müssen so lange ihren vollen Lohn erhalten, bis sie wieder zurück an ihre Arbeitsplätze können. Die World Socialist Web Site und ihr Autoarbeiter-Newsletter rufen jeden, der sich an diesem prinzipiellen Kampf gegen die Ausbreitung des Corona-Virus, Entlassungen und Werkschließungen beteiligen möchte, auf, Kontakt aufzunehmen.