US-Präsident Donald Trump weigert sich, seine Wahlniederlage anzuerkennen und treibt einen Putsch voran, um die Wahlergebnisse zu annullieren und eine Diktatur unter seiner Führung zu errichten.
Die Lage ist eindeutig: Trump macht jetzt genau das, was er vor den Wahlen angekündigt hat. Er bestreitet die Legitimität der Wahl, die Joe Biden klar gewonnen hat, und versucht, das Lügenmärchen von der „gestohlenen“ Wahl zu etablieren und Millionen Wählerstimmen in den Wind zu schlagen.
Die Republikanische Partei, die sich mehr und mehr in ein rechtsextremes Verbrechersyndikat verwandelt, hat sich der Verschwörung nun angeschlossen. Führende Republikaner auf Bundes- und Landesebene unterstützen Trumps Lügen und weigern sich, Bidens Sieg anzuerkennen. In einer Rede vor dem Senat erklärte der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell am Montag, dass Trump „voll und ganz im Recht ist, den Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten nachzugehen und seine rechtlichen Möglichkeiten abzuwägen“.
In Georgia fordern republikanische Senatoren den Rücktritt des Secretary of State, eines Republikaners, wegen „Versäumnissen“ bei der lokalen Stimmenauszählung. Der republikanische Senator Lindsey Graham, der dem Justizausschuss des Senats vorsitzt, hat Trump gedrängt, nicht nachzugeben. Er erklärte, es würde „nie wieder ein republikanischer Präsident gewählt“ werden, wenn die Republikaner das Wahlergebnis jetzt nicht anfechten.
Am Dienstag brachte Außenminister Mike Pompeo brutal auf den Punkt, was die Haltung der Regierung ist. Ohne Umschweife erklärte er, dass Trump für eine weitere Amtszeit an der Macht bleiben werde. Als er auf einer Pressekonferenz des Außenministeriums gefragt wurde, ob er einen „reibungslosen Übergang“ zu einer Biden-Regierung gewährleisten könne, antwortete Pompeo, dass es in der Tat einen „reibungslosen Übergang zu einer zweiten Trump-Regierung“ geben werde.
Die Trump-Administration hat auch Behördenleiter angewiesen, nicht mit dem Übergangsteam von Biden zu kooperieren. Die von Trump eingesetzte Leiterin der Behörde General Services Administration (GSA), die für die Logistik und Infrastruktur der Regierung zuständig ist, erklärte am Montag, dass sie nicht die gesetzlich vorgeschriebene Unterstützung geben werde, um den Machtübergang an die neue Regierung zu gewährleisten.
Am selben Tag sandte Justizminister William Barr ein Rundschreiben an alle US Attorneys, in dem er sie ermächtigte, Ermittlungen wegen Wahlbetrugs einzuleiten, wenn dieser „den Ausgang einer Bundeswahl potenziell beeinträchtigen könnte“. Damit stellte sich das Justizministerium faktisch hinter Trumps Scheinbehauptung, dass ihm die Wahl gestohlen worden sei. Die US Attorneys vertreten die Vereinigten Staaten in Straf- und Zivilverfahren vor den Bundesbezirksgerichten und den Berufungsgerichten.
Trump und seine Verbündeten unter den Republikanern im Kongress und den Kapitolen der Bundesstaaten arbeiten an einer konkreten Strategie, um die Wahlen zu kippen. Sie versuchen, die Rechtmäßigkeit der Wahl infrage zu stellen, indem sie die Lüge der Wahlmanipulation verbreiten. Diese Behauptung soll den republikanisch kontrollierten Parlamenten in Bundesstaaten wie Michigan, Wisconsin und Pennsylvania als Vorwand dienen, um die abgegebenen Pro-Biden-Stimmen zu ignorieren und Wahlmänner auszuwählen, die Trump unterstützen.
Am Dienstagmorgen machte Larry Sabato, Direktor des Center of Politics an der University of Virginia, in einer Sendung von CNN deutlich, dass diese Gefahr sehr real ist. „Die Gesetzgeber machen, was sie wollen“, erklärte er.
Außerdem soll auch der Wahlausgang in Pennsylvania und anderen Bundesstaaten rechtlich angefochten werden. Ein so dreister Versuch, die Wahlen zu manipulieren, würde zweifellos vor dem Obersten Gerichtshof landen, der zu einem Drittel aus Richtern besteht, die vom amtierenden Präsidenten ernannt wurden. Die Trump-Verschwörer werden sich auf die Gerichtsentscheidung im Fall Bush gegen Gore im Jahr 2000 stützen. Damals argumentierte der Richter des Obersten Gerichtshofs, Antonin Scalia, dass die Verfassung dem amerikanischen Volk nicht das Recht zugesteht, den Präsidenten oder gar die Wahlmänner zu wählen.
Als Rückendeckung für seine pseudo-juristischen Manöver stachelt Trump rechtsextreme und faschistische Kräfte, die von Teilen des Polizei- und Staatsapparats unterstützt werden, zu Gewalt an. An diesem Wochenende sind Demonstrationen unter dem Motto „Stop the Steal" geplant, zu denen Trump-Anhänger nach Washington mobilisiert werden.
Am Montag entließ Trump Verteidigungsminister Mark Esper, der zuvor die geplante Entsendung von Soldaten gegen friedliche Demonstranten kritisiert hatte. Der neue „kommissarische“ Pentagon-Chef wird der pensionierte Oberst Christopher Miller, der 30 Jahre lang bei den Special Forces der US-Armee gedient hat. Trump hat versucht, unter den 70.000 Soldaten der Special Forces Unterstützung zu gewinnen – unter anderem hat er Kriegsverbrecher begnadigt – mit dem Ziel, diese quasi unabhängigen Truppen der Special Forces in seine eigene persönliche Armee umzuwandeln. Miller qualifiziert sich vor allem für den Posten, weil er den Präsidenten unterstützt und das Militär gegen Demonstranten einsetzen will.
Im Gegensatz zu Trump, der mit Rücksichtslosigkeit vorgeht, agiert die Demokratische Partei wie gewohnt mit einer Mischung aus Schwäche und Unernsthaftigkeit. Biden tat Trumps Verhalten am Dienstag als peinlich ab und erklärte: „Die Tatsache, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit sind, unseren Sieg anzuerkennen, ist für unsere Planung nicht von großer Bedeutung.“
Mit anderen Worten, dass Trump und die Republikaner eine Verschwörung zur Umkehr des Wahlergebnisses vorantreiben, ist für Biden und die Demokraten nicht von Bedeutung. Er hoffe, so Biden, bald mit McConnell sprechen zu können, auch um die Ernennungen für sein künftiges Kabinett zu besprechen.
Schon am Samstagabend hatte Biden in seiner Siegesrede zur „Einheit“ mit den Republikanern aufgerufen. Dabei erwähnte er nicht einmal, dass Trump sich weigert, das Wahlergebnis zu akzeptieren.
Die Demokraten tun so, als seien Trumps Aktionen nur ein persönlicher Wutanfall und nicht eine todernste Gefahr, dass auch die letzten Reste demokratischer Herrschaft in den Vereinigten Staaten zerstört werden. Statt die Öffentlichkeit zu alarmieren, Trump vor den Folgen seiner Missachtung der Wahl zu warnen oder die Bevölkerung zu mobilisieren und in Alarmbereitschaft zu versetzen, beharren die Demokraten darauf, dass nichts Ernstes vor sich geht.
Die Opposition der Socialist Equality Party gegen Trumps Vorgehen bedeutet nicht Unterstützung für die Politik einer neuen Biden-Regierung, sollte sie an die Macht kommen. Die Arbeiterklasse kann jedoch nicht gleichgültig zusehen, wenn versucht wird, eine gewählte Regierung durch eine rechte und neofaschistische Verschwörung zu stürzen. Wir bekämpfen Trumps Putschversuche aus demselben Grund, aus dem wir auch die rechtsextreme Verschwörung zur Entführung und Ermordung der Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, verurteilt haben. Tatsächlich nimmt die SEP diese Verschwörungen weitaus ernster als die Demokratische Partei selbst, die sie vertuscht.
Die Verteidigung der demokratischen Rechte kann nicht der Demokratischen Partei anvertraut werden, die letztlich die Interessen derselben Oligarchie verteidigt. Die Demokraten sind eine Partei der Wall Street und des Militärs. Was sie über alles fürchten, ist ein Ausbruch von Massenprotesten und Widerstand von unten. Nach den Wahlen richteten die Demokraten ihr Feuer nicht gegen Trump und die extreme Rechte, sondern gegen die Linke. In ihrem Kreuzzug gegen die Linke versuchen sie, jeden Bezug zum „Sozialismus“ aus der Partei zu tilgen.
Trumps Verschwörung ist das Ergebnis eines längeren Prozesses, dessen tödliche Logik am 1. Juni dieses Jahres offenbar wurde. Trump entsandte schwer bewaffnete Bundessoldaten, um friedliche Demonstranten vor dem Weißen Haus anzugreifen. Er drohte mit dem Aufstandsgesetz und schickte im ganzen Land bewaffnete Truppen auf die Straßen.
Damals schrieb die World Socialist Web Site:
Die US-amerikanische Geschichte befindet sich an einem Wendepunkt. Trumps Versuch, auf der Grundlage einer Militärregierung seine persönliche Diktatur zu errichten, ist das Ergebnis der langen Krise der amerikanischen Demokratie unter den Bedingungen extremer sozialer Ungleichheit und endloser Kriegsführung.
Trumps Putschversuch kann nur zurückgeschlagen werden, wenn die Arbeiterklasse eingreift. Sie muss sich an die Spitze der Verteidigung demokratischer Rechte stellen.
Die demokratischen Strukturen der Vereinigten Staaten brechen unter der Last der unlösbaren wirtschaftlichen und politischen Krise des amerikanischen und des Weltkapitalismus zusammen. Die ungeheure soziale Ungleichheit, die diese Krise kennzeichnet, wird durch die globale Corona-Pandemie und die mörderische Politik der „Herdenimmunität“ der herrschenden Klasse noch verschärft.
Die Situation birgt enorme Gefahren. Trump und seine Anhänger haben bis zum Tag der Amtseinführung 69 Tage Zeit, um Provokationen zu inszenieren, militärische Angriffe zu starten und einen Vorwand zu schaffen, um das Kriegsrecht auszurufen und die verfassungsmäßigen und demokratischen Rechte auszuhebeln.
Wenn der Kampf gegen diese Bedrohung Biden und den Demokraten oder gar den Richtern am Obersten Gerichtshof untergeordnet wird, ist eine Katastrophe unausweichlich.
Sollte es Trump gelingen, die Wahl zu kippen, wird in allen Städten massiver Widerstand ausbrechen – unter Bedingungen, unter denen der Staat und sein Unterdrückungsapparat jeden Anschein von Legitimität verloren haben. Biden hat Trump nicht nur mit einer Mehrheit der Wählerstimmen und der Wahlmänner geschlagen. Die Bundesstaaten und Gebiete, die er gewann, sind auch die mächtigsten Wirtschafts- und Industrieregionen der Vereinigten Staaten mit einer großen und starken Arbeiterklasse.
Die Verschwörung, die im Weißen Haus ausgeheckt wurde, kann nur gestoppt werden, wenn die sofortige Entfernung von Trump, Pence und ihren Mitverschwörern gefordert wird.
Dafür ist ein unabhängiges Eingreifen der Arbeiterklasse und ein Kampf für einen landesweiten politischen Streik notwendig. Diese Bewegung kann nicht umhin, der Finanz- und Unternehmensoligarchie die Kontrolle zu entreißen und das Wirtschaftsleben auf sozialistischer Grundlage neu zu strukturieren. Der Kampf der amerikanischen Arbeiter gegen die Diktaturgefahr wird auf massive und unverzichtbare Unterstützung von Arbeitern in der ganzen Welt stoßen.