Die Kriegsdrohungen der USA gegen China haben diese Woche einen neuen Höhepunkt erreicht. Angesprochen auf die Situation mit China schlägt Präsident Trump einen zunehmend aggressiven Ton an. Gleichzeitig spitzt sich die wirtschaftliche und soziale Krise in den Vereinigten Staaten dramatisch zu und die Aussichten auf eine Wiederwahl Trumps im November schwinden.
Beunruhigende Äußerungen kamen diese Woche auch von US-Außenminister Mike Pompeo. Er bezeichnete erstmals alle Ansprüche Chinas im Südchinesischem Meer als „illegal“. Zudem prangerte er den Druck an, den das Land auf kleinere Mächte in der Region ausübe, und verwies auf Chinas Missachtung „der Ordnung, auf der das internationale System beruht“.
Die Heuchelei der führenden US-Politiker ist atemberaubend. Bei der Verurteilung Chinas berufen sie sich auf die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen: ein völkerrechtliches Übereinkommen, dem die Vereinigten Staaten selbst nicht beigetreten sind. Die „internationale Ordnung“ basiert auf Regeln, die Washington festgelegt hat – aber offenbar nur für andere, da die USA das Völkerrecht nach Blieben missachten. Die räuberische Geschichte des US-Imperialismus – völkerrechtswidrige Invasionen, Militäraktionen und Staatstreiche – reicht bereits mehr als einhundert Jahre zurück.
Die Aussagen von Pompeo stellen die Weichen für eine militärische Eskalation im Südchinesischen Meer, das Peking zu einer seiner „Kerninteressen“ erklärt hat. Jede Kompromissbereitschaft ist damit vom Tisch. Anfang des Monats hielt die US-Marine eine Kriegsübung in den strategisch bedeutenden Gewässern ab, an der auch zwei Flugzeugträger beteiligt waren. Die Übung fand unweit wichtiger chinesischer Militärstützpunkte statt. In dieser Woche führte ein US-Zerstörer, um Pompeos Aussagen Nachdruck zu verleihen, eine weitere „Freedom of Navigation“-Operation in der Nähe kleinerer, von China kontrollierter Inseln im Südchinesischen Meer durch.
Auf einer Pressekonferenz am Dienstag unterstrich Trump seine angriffslustige Haltung, indem er eine Reihe von Strafmaßnahmen gegen Hongkong ankündigte; darunter die Beendigung bevorzugter Handelsbeziehungen für China sowie ein Exportverbot für sensible Technologie. Zudem hat der US-Präsident ein Sanktionsgesetz gegen China unterzeichnet, um gegen chinesische Beamte vorgehen zu können, die an der Umsetzung des neuen nationalen Sicherheitsgesetzes für Hongkong beteiligt sind.
Die Trump-Regierung verhängte weiterhin erst vor kurzem Sanktionen gegen Vertreter Chinas, die an den Menschenrechtsverletzungen gegen die muslimischen Uiguren in der westlichen Provinz Xinjiang und in Tibet beteiligt gewesen sein sollen.
Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) wendet in der Tat in großem Umfang, insbesondere gegen die Arbeiterklasse, polizeistaatliche Maßnahmen an. Doch die amerikanische Regierung schert sich nicht um die demokratischen Rechte der Menschen in Hongkong, Xinjiang oder Tibet. Vielmehr nutzt Washington die Frage der „Menschenrechte“ seit jeher aus, um seinen eigenen Interessen nachzugehen: Die Untergrabung und Zersplitterung des Rivalen, den es als die größte Bedrohung seiner globalen Hegemonie betrachtet.
Auf der Pressekonferenz vom Dienstag griff Trump China heftig an. Er wiederholte die Litanei unbegründeter Vorwürfe und schamloser Lügen, mit denen er sein Vorgehen rechtfertigt. Er warf China vor, amerikanische Technologien zu „stehlen“, amerikanische Fabriken zu „plündern“ und die US-Wirtschaft „abzuzocken“. Um von seiner eigenen kriminellen Nachlässigkeit im Umgang mit der Coronavirus-Pandemie abzulenken, die bislang fast 140.000 Amerikaner das Leben gekostet hat, beschuldigte Trump China erneut, das „Virus geheim gehalten [zu haben], um es auf die Welt loszulassen“. Er lieferte nicht den geringsten Beweis für seine Behauptungen.
Trumps weitschweifende und bisweilen zusammenhanglose Ergüsse richteten sich auch gegen seinen Rivalen im Präsidentschaftswahlkampf, Joe Biden von der Demokratischen Partei. Dass Trump und Biden sich gegenseitig beschuldigen, gegenüber China zu „schwach“ vorzugehen, unterstreicht, dass sowohl die Republikaner als auch die Demokraten aggressiv gegen Peking vorgehen wollen. Trump führt den Kurs der Obama-Regierung, den geopolitischen Fokus vom Nahen und Mittleren Osten auf den asiatisch-pazifischen Raum zu verschieben („Pivot to Asia“), fort und beschleunigt diesen zusehends. Ziel ist, China den amerikanischen Interessen unterzuordnen. Ein Kommentator der Financial Times bemerkte dazu treffend: „In Washington spürt man, dass das Land in einen offenen Konflikt gegen China abdriftet. Eine Debatte hierzu findet so gut wie nicht statt.“
Nahezu jeden Tag legt Trump im Konflikt mit China nach. Diese Woche berichtete die New York Times, dass das Weiße Haus ein Einreiseverbot für alle 90 Millionen Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) sowie deren Familien erwägt. Er würde damit einen neuen Maßstab setzen und faktisch den gesamten administrativen und politischen Apparat der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sanktionieren. Rassistische Gesetze, um Reisen aus muslimischen Ländern in die USA zu verbieten, könnten nun dazu genutzt werden, einen unverhohlenen politischen Schlag gegen China vorzubereiten.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der Rückgriff auf derartige Mittel, die einzig darauf abzielen, Vergeltungsmaßnahmen Chinas zu provozieren, spiegelt nicht nur die Krise und Verzweiflung der Regierung, sondern der gesamten herrschenden Klasse wider. Dem US-Imperialismus ist es auch nach einem Vierteljahrhundert brutaler militärischer Besatzungen im Nahen Osten, Nordafrika und Zentralasien nicht gelungen, sich weltweit zu behaupten. Nun steuert er blindlinks auf einen Krieg mit einer Atommacht zu, der die Welt an den Rand des Abgrunds bringen würde.
Die Covid-19-Pandemie hat alle dem Kapitalismus innewohnenden Widersprüche ans Tageslicht gebracht und verschärft. Der Klassenkampf lebt weltweit auf, und die Trump-Administration ist nicht die einzige Regierung, die die wachsenden sozialen Spannungen im Land auf äußere Feinde abzulenken versucht.
Besorgte Kommentatoren warnen derzeit vor einem neuen Kalten Krieg. Doch die Konfrontation zwischen Washington und Peking wird nicht zu der Art von Rivalität führen, wie sie zwischen den USA und der ehemaligen Sowjetunion bestand. Der amerikanische Imperialismus sieht seinem historischen Niedergang entgegen. Er wird keine „friedliche Koexistenz“ mit einer aufstrebenden Wirtschaftsmacht tolerieren, die seine globale Vorherrschaft bedroht.
Peking hat keine fortschrittliche Antwort auf die diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Aggressionen der USA. Das brüchige Regime der KPCh repräsentiert die ultra-reiche kapitalistische Elite des Landes und sitzt auf seiner eigenen sozialen Zeitbombe. Daher versucht die chinesische Regierung einerseits vergeblich, Washington zu besänftigen, und lässt sich andererseits auf ein gefährliches Wettrüsten ein, das das Ende der Menschheit bedeuten kann. Die KPCh ist nicht in der Lage, die einzige soziale Kraft zu mobilisieren, die dem Säbelrasseln ein Ende setzen kann: die internationale Arbeiterklasse.
Die immer offensichtlicheren Vorbereitungen auf einen erneuten Weltkrieg werden zweifellos den Widerstand der Arbeiterklasse und jungen Menschen auf der ganzen Welt hervorrufen. Diese Opposition muss als internationale Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse auf Basis eines sozialistischen Programms kämpfen. Sie muss auf den Sturz des kapitalistischen Systems sowie auf die Abschaffung der überholten Aufteilung der Welt in Nationalstaaten ausgerichtet sein. Für diese Perspektive kämpft das Internationale Komitee der Vierten Internationale.