Verteidigung Julian Assanges: Online-Buchvorstellung von „The most dangerous man in the world“

Am Mittwochabend, den 8. Juli, veranstaltete Gleebooks, eine führende Buchhandlung in Sydney, eine Online-Präsentation von Andrew Fowlers aktualisierter Biografie von Julian Assange mit dem Titel „The most dangerous man in the world“ (Der gefährlichste Mann der Welt).

Mit der Veranstaltung wurde das offizielle Schweigen über Assanges Notlage auf willkommene Weise durchbrochen. Normalerweise berühren australische Medien und Politiker das Thema nur dann, wenn es gilt, Lügen und Verleumdungen über den WikiLeaks-Gründer zu kolportieren.

Andrew Fowler ist ein altgedienter Journalist, der für seine investigativen Recherchen mehr als einmal ausgezeichnet wurde. Das Interview mit ihm führte Mary Kostakidis, die mehr als zwanzig Jahre lang das nationale Fernsehprogramm „SBS World News“ moderiert hatte.

Die beiden Journalisten verteidigten Assange, der im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh eingekerkert ist und dem die Auslieferung an die USA droht, wo er lebenslänglich inhaftiert werden soll, weil er amerikanische Kriegsverbrechen aufgedeckt hat.

Über die australische Regierung und ihre Rolle bei der Verfolgung des WikiLeaks-Gründers nahmen die Interviewpartner kein Blatt vor den Mund. Fowler und Kostakidis verurteilten auch das Versagen vieler ihrer Kollegen, Assange zu verteidigen, und betonten, dass der Kampf für seine Rechte weltweit für die Verteidigung der Pressefreiheit unerlässlich sei.

Die erste Ausgabe von Fowlers Biografie wurde 2011 veröffentlicht. Sie erschien inmitten des globalen politischen Umbruchs, der durch die Veröffentlichung von Hunderttausenden diplomatischer Kabel der USA durch WikiLeaks ausgelöst worden war. Diese Kabel hatten die politische Einmischung Washingtons, seine Putschversuche und das stillschweigende Einverständnis mit der Korruption seiner Partnerregime aufgedeckt.

Zu dieser Zeit prangerten hochrangige US-Politiker, wie der derzeitige Demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden, Julian Assange als „Terroristen“ an. Er war bereits im britischen Rechtssystem verstrickt, das sich auf fingierte Vorwürfe sexuellen Fehlverhaltens in Schweden stützte. Fowler entlarvte dies damals schon überzeugend als ein politisch motiviertes Komplott.

Das Buch basiert auf umfangreichen Recherchen und Dutzenden von Interviews mit Assange. Sein Titel geht auf den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger zurück, der Daniel Ellsberg, den berühmten Verfasser der Pentagon Papers, einmal als den „gefährlichsten Mann der Welt“ bezeichnet hatte. Ellsberg hatte in den Pentagon Papers die Kriminalität des Vietnamkrieges in den 1970er Jahren aufgedeckt.

Das Buch verhält sich nicht unkritisch gegenüber Assange, aber in seiner Schlussfolgerung ist es eindeutig: Mit WikiLeaks ist „dem Journalismus eine alte Idee neugeboren worden: Echter Journalismus besteht darin, alles das offenzulegen, was mächtige Interessengruppen geheim halten wollen.“

Die aktualisierte Ausgabe ist vor kurzem von Melbourne University Press veröffentlicht worden. Fowler begann mit Vorbereitung einer Neuausgabe, als Assange im vergangenen Jahr widerrechtlich aus der ecuadorianischen Botschaft in London ausgewiesen, und die britische Polizei ihn verhaftete. Mehrere Medien habe bereits Auszüge daraus veröffentlicht. Dazu gehören akribische Berichte über die von der CIA geleitete Spionageoperation gegen Assange, während er als politischer Flüchtling in der Botschaft weilte.

Zu Beginn der Online-Buchvorstellung vom 8. Juli gab Fowler einen Überblick über die objektive Bedeutung der Veröffentlichungen von WikiLeaks. An erster Stelle steht zweifellos das berüchtigte „Collateral Murder“-Video, das zeigt, wie US-Soldaten wahllos auf irakische Zivilisten schossen. Daneben haben die Protokolle der US-Armee umfangreiche Kriegsverbrechen in Irak und in Afghanistan aufgedeckt. Diese Enthüllungen hätten, wie Fowler sagte, „den Schorf abgerissen“ und offengelegt, „was die Amerikaner und ihre Verbündeten im Nahen Osten getan haben: das Foltern, das Töten, die schiere Anzahl der Toten“.

Er erklärte: „[Diese Enthüllungen] haben uns eine zeitgemäße Sicht der Welt vermittelt. Wir brauchten nicht zwanzig oder dreißig Jahre zu warten, um die Wahrheit über die Projekte des außenpolitischen Establishments herauszufinden. Wir mussten uns nicht mit der Zensur abfinden. Es war alles da, die Rohdaten lagen vor. Man musste sie zur Kenntnis nehmen … Das war revolutionär.“

Das WikiLeaks-Modell schuf die Voraussetzungen für die kontinuierliche Veröffentlichung versteckter Informationen in Echtzeit. Wie Fowler sagte, war das in den Augen der Regierungen, die die Wahrheit verbergen wollten, eine „extrem gefährliche“ Sache. Eine Organisation, die den Schutz ihrer Quellen so ernst nahm, konnten sie keineswegs akzeptieren.

Assanges Beweggründe erläuterte Fowler so: „Ihn treibt sein Engagement für die Menschenrechte und das Aufdecken unbequemer Wahrheiten. Ich denke, dass wir als Journalisten ihn aufgrund dessen, was er uns gelehrt hat, mehr als bisher unterstützen müssen.“

Der Autor entlarvte die Verleumdungen, mit denen die Unterstützung für Assange untergraben wird. Assange war in Schweden nie aufgrund von Anschuldigungen wegen sexuellen Fehlverhaltens angeklagt worden. Fowler nannte diese Behauptungen „fadenscheinig“ und „einen Versuch, ihn zu fassen“, weil er Kriegsverbrechen aufgedeckt hatte.

Nicht weniger haltlos sei die Behauptung, Assange habe als Agent Russland in die Hände gespielt. Sie solle davon ablenken, was WikiLeaks aufgedeckt hatte: dass das Demokratische Nationalkomitee (DNC) seine Präsidentschaftsvorwahlen 2016 gegen Bernie Sanders und zugunsten von Hillary Clinton manipuliert hatte. Fowler erklärte unmissverständlich, dass Assange die DNC-Emails zu Recht veröffentlicht habe, weil sie der Wahrheit entsprächen und im öffentlichen Interesse lägen. Fowler stellte die Frage in den Raum: „Welcher Journalist bei klarem Verstand hätte das nicht getan?“

In Bezug auf den Versuch der USA, Assange auszuliefern, legte Fowler detaillierte Beweise vor, die er zusammengetragen hatte und die zeigen, dass die amerikanische Regierung die illegale Überwachung des WikiLeaks-Gründers, einschließlich seiner vertraulichen Anwaltsgespräche, belauschen konnte. Dadurch wird jede weitere Strafverfolgung durch die USA unrechtmäßig.

Die Latte für eine Auslieferung Assanges aus Großbritannien an die USA liege jedoch „extrem niedrig“, warnte Fowler. Er umriss die Voreingenommenheit der britischen Justiz und zeigte die engen Beziehungen auf, die zwischen Richterin Emma Arbuthnot, die die Anhörungen leitet, und dem Sicherheitsapparat bestehen.

Kostakidis erklärte: „Sie und ich und andere können sehen, dass hier unerbittlich ein Unrecht geschieht. Dennoch sagt unser Premierminister [Scott Morrison], Julian müsse sich stellen und 'dafür geradestehen'.“ Sie fragte nach Fowlers Einschätzung darüber, dass die Regierung Assange, der doch australischer Staatsbürger und Journalist ist, im Stich gelassen habe.

In seiner Antwort stellte der Autor fest, dass nicht nur die gegenwärtige Regierung grünes Licht für die Verfolgung von Assange gegeben habe. Im Jahr 2010 hatte die Labour-Regierung von Julia Gillard ihn fälschlicherweise beschuldigt, „gegen das Gesetz verstoßen“ zu haben. Bob Carr (Labor-Außenminister von 2012–2013) behauptete, Assange habe „mehr als genug australische konsularische Unterstützung“ erhalten.

Diese Haltung, so Fowler, sei untrennbar mit Australiens enger Allianz mit den USA verbunden. Dazu gehöre auch die Integration des Landes in amerikanische Militär- und Geheimdienstnetzwerke. Die Politiker, die an der Kampagne gegen den WikiLeaks-Gründer teilgenommen hatten, seien verantwortlich, sollte Assange in die USA ausgeliefert werden. Fowler dazu: „Das würde er nicht überleben.“

Er forderte, dass die Regierung ein Ende des Auslieferungsverfahrens mit der Begründung verlangen müsse, es handele sich um eine „politische Anklage“. Gleichzeitig wies Fowler auf die entscheidende und zunehmende Unterstützung für Assange in der Öffentlichkeit hin.

Als Fragen gestellt werden konnten, meldete sich ein WSWS-Reporter und wies auf das Schweigen des derzeitigen Labor-Führers Anthony Albanese zu Assanges Notlage hin. Fowler antwortete: Wenn Labor an der Macht wäre, würde sich wohl nichts ändern, „denn Labor hält sich sehr eng an das Skript zur nationalen Sicherheit und der Geheimdienste“. Nicht weniger als die Liberalen weise Labor „jede Kritik an den Vereinigten Staaten zurück“.

Mehrere Teilnehmer stellten Fragen zu den Auswirkungen von Assanges Fall auf die Pressefreiheit. Kostakidis warnte, dass hier ein Präzedenzfall geschaffen werde. Wenn dies akzeptiert werde, könne in Zukunft jeder Journalist, der mit dem Militär- und Geheimdienstestablishment der USA in Konflikt gerät, an Amerika ausgeliefert werden, unabhängig davon, wo er sich in der Welt befinde.

Fowler sagte: „Es soll auf Journalisten einen abschreckenden Effekt haben … Und das ist der Grund, warum der Fall Assange für Journalisten so wichtig ist. Wer es bisher nicht verstanden hat, muss es jetzt verstehen: Jeder kann der Nächste sein.“ Fowler verurteilte die Journalisten, die den Angriffen auf Assange Vorschub leisteten, und erklärte, jeder echte Journalist müsse darauf hinarbeiten, „die Wahrheit an die Macht zu bringen. Wer das nicht tut, wie kann er Journalist sein?“

Ein Video der gesamten Veranstaltung ist auf Consortium News hier verfügbar

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