Inmitten der düsteren Nachricht, dass die Zahl der bestätigten Corona-Infizierten weltweit auf über drei Millionen und die der Todesopfer auf über 227.000 geklettert ist – wobei die Dunkelziffern noch deutlich höher sein dürften – wurde diese Woche eine weitere ernüchternde Statistik veröffentlicht.
Laut dem jährlichen Bericht des internationalen Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri sind die globalen Militärausgaben auf den höchsten Stand seit dem Ende des Kalten Kriegs gestiegen. Im Jahr 2019 erreichten sie über 1,9 Billionen Dollar. Ungeheure gesellschaftliche Ressourcen wurden in die Vorbereitung eines neuen Weltkriegs gesteckt, während die Menschheit jetzt mit den verheerenden Folgen einer globalen Pandemie konfrontiert ist.
Nan Tian, ein Forscher bei Sipri, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP: „Diese Ausgaben sind die höchsten seit der globalen Finanzkrise 2008 und vermutlich die höchsten überhaupt.“
Der US-Imperialismus lag wie üblich ganz vorne, was die obszön hohen Ausgaben für Militarismus angeht. Auf die USA entfielen 38 Prozent der globalen Militärausgaben. Washingtons Militäretat für 2019 (Haushaltsjahr 2020) lag bei 732 Milliarden Dollar, was einem Anstieg von 5,3 Prozent zum Vorjahr entspricht und 3,4 Prozent des amerikanischen Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Die USA übertrafen die gesamten Rüstungsausgaben aller zehn folgenden Länder zusammen.
Die treibende Kraft hinter diesem Anstieg sind die gigantischen Anschaffungen für die nukleare Triade des Pentagons, darunter neue landgestützte Interkontinentalraketen, neue Langstreckenbomber, einen neuen Marschflugkörper und eine neue Klasse von Atom-U-Booten. Daneben konzentriert sich das Pentagon auch auf die Produktion neuer kleiner, besser „einsetzbarer“ Atomwaffen, die die Gefahr eines katastrophalen Kriegs noch weiter erhöhen.
Die Gesamtzahlen von Sipri beinhalten nicht die 12,6 Milliarden Dollar, die für die „Waffenaktivitäten“ der National Nuclear Security Administration, eine halbautonome Behörde innerhalb des Energieministeriums, vorgesehen sind. Damit ist die Herstellung, Wartung und Modernisierung der nuklearen Raketensprengköpfe und Bomben des US-Imperialismus gemeint.
Die immensen Summen, die für die Modernisierung und Entwicklung des US-Arsenals ausgegeben werden, dienen der Vorbereitung auf „Großmachtkonflikte“ – wie es in den US-Strategiedokumenten heißt –, bei denen China und Russland die wichtigsten Ziele sind. Das Pentagon rechnet damit, in den nächsten zehn Jahren 500 Milliarden Dollar für die Modernisierung aller Aspekte der nuklearen Triade auszugeben.
Der US-Imperialismus gibt deutlich mehr Geld für Waffen aus als seine „Großmachtrivalen“. Im Jahr 2019 war der US-Militäretat mehr als zweieinhalbmal so hoch wie der seines wichtigsten wirtschaftlichen Rivalen China, das mit 261 Milliarden Dollar den zweitgrößten Militärhaushalt der Welt hat. Der US-Militäretat war auch mehr als zehnmal so hoch wie der seines angeblichen Erzfeindes Russland, das mit 65,1 Milliarden Dollar Platz vier der Militärausgaben belegt.
Alle Fraktionen des politischen Establishments der USA unterstützen die gigantische militärische Aufrüstung, die unter Demokraten genauso stattfand wie unter Republikanern. Der Widerstand der Demokraten gegen Trump basierte nie auf der Ablehnung von Militarismus, sondern richtet sich gegen das angebliche Zögern seiner Regierung, aggressiv genug gegenüber Russland aufzutreten.
Es ist absolut sicher, dass beide Parteien die aktuelle Etatforderung des Pentagon in Höhe von 740,5 Milliarden Dollar – 2,5 Milliarden mehr als letztes Jahr – mit großer Mehrheit bewilligen werden.
Die Erhöhung der chinesischen Militärausgaben entsprach dem Wirtschaftswachstum des Landes: Sie lagen zwar 5,1 Prozent höher als im Jahr 2018, aber 85 Prozent höher als im Jahr 2010. Sie machen 1,9 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts aus – im Unterschied zu den 3,4 Prozent der USA.
Nach den USA und China folgte Indien mit dem dritthöchsten Militäretat. Dieser stieg im Jahr 2019 auf 71,1 Milliarden Dollar – 6,8 Prozent mehr als im Vorjahr und 37 Prozent mehr als im Jahr 2010. Die militärische Aufrüstung unter der rechten hindu-chauvinistischen Regierung von Premierminister Narendra Modi ist deutlich umfangreicher als die seines regionalen Rivalen Pakistan, das mit 10,3 Milliarden Dollar 1,8 Prozent mehr ausgegeben hat als 2018. Die beiden südasiatischen Atommächte standen bereits mehrfach am Rande eines Kriegs.
Den fünften Platz belegte Saudi-Arabien mit 61,9 Milliarden Dollar. Damit gibt die blutrünstige Monarchie den weltweit größten Anteil des Bruttoinlandsprodukts (acht Prozent) für Waffen aus. Den Löwenanteil dieser Waffen erhält sie aus den USA. Sowohl Obama als auch Trump haben dem saudischen Regime die Kampfflugzeuge, Raketen und Bomben geliefert, mit denen es einen mörderischen Krieg gegen den Jemen geführt. Mehr als 100.000 Jemeniten wurden ermordet und Millionen an den Rand des Hungertods getrieben.
Deutschland kletterte mit 49,3 Milliarden auf den siebten Platz nach Frankreich und verzeichnete mit zehn Prozent die stärkste Erhöhung der Militärausgaben unter allen Großmächten. Berlin hat Truppen in mehreren Militärinterventionen in Afrika, dem Nahen Osten, dem Mittelmeer und Afghanistan eingesetzt. 75 Jahre nach der Niederlage Hitler-Deutschlands und dem Ende des Zweiten Weltkriegs bereitet sich die herrschende Klasse wieder auf „Großmachtkonflikte“ vor.
Wie Sipri dokumentiert, wurde ein immenses Vermögen für die Vorbereitung und die Führung eines globalen Kriegs ausgegeben. Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie keine der Großmächte davon abgehalten hat, diese Aufrüstung weiter zu verschärfen, am allerwenigsten die USA.
Vielmehr hat Washington das tödliche Virus systematisch als Waffe benutzt und zum Anlass genommen, China zu verteufeln und eine militärische Eskalation im Südchinesischen Meer zu rechtfertigen. Gleichzeitig hat es die Sanktionen gegen den Iran verschärft, das zu den am stärksten vom Coronavirus betroffenen Ländern der Welt gehört, sowie Kriegsschiffe Richtung Venezuela geschickt, dessen Gesundheitssystem der Zusammenbruch droht. Washingtons Ziel ist es, in beiden Ländern einen Regimewechsel zu orchestrieren.
Dass trotz der aktuellen Pandemie weiterhin Billionen für Waffen und Krieg ausgegeben werden, ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Während eine überwältigende Mehrheit von Demokraten und Republikanern die 732 Milliarden Dollar für das Pentagon bewilligt haben, wurden die Centers for Disease Control and Prevention (CDC), die wichtigste Seuchenschutzbehörde für den Kampf gegen Pandemien in den USA, systematisch kaputtgespart. In den letzten zehn Jahren (Haushaltsjahre 2010–19) wurde ihr Etat um ganze zehn Prozent gekürzt. Diese Kürzungen waren ein wichtiger Grund dafür, warum sich die Regierung nicht auf die Pandemie vorbereitet und so chaotisch auf den Ausbruch reagiert hat. Die Regierung hat die Einführung von Tests durch die Behörde sabotiert und damit unnötige und vermeidbare Todesfälle verursacht.
Die CDC erhalten gerademal 1,5 Prozent der Mittel, mit denen das Pentagon bedacht wird. Gleichzeitig bereitet sich die Trump-Regierung darauf vor, Milliarden Dollar für die Rettung von Rüstungskonzernen auszugeben, während Dutzende Millionen entlassene Arbeiter keine Arbeitslosenunterstützung bekommen und mit Hunger und Arbeitslosigkeit bedroht sind. Auch Kleinunternehmer haben versprochene Hilfszahlungen nicht erhalten und stehen vor dem Bankrott.
Die immensen Geldmittel, die für Waffen ausgegeben wurden, hätten stattdessen für den Kampf gegen die Pandemie aufgewendet werden und verhindern können, dass Arbeiter in Armut getrieben werden.
Die Global Campaign on Military Spending wies vor kurzem in einem Bericht darauf hin, dass die Kosten für die Anschaffung eines einzigen F-35-Kampfflugzeugs (89 Millionen Dollar) ein Jahr lang 3.244 Intensivpflegebetten finanzieren könnte. Das Pentagon plant den Kauf von bis zu 3.000 dieser Flugzeuge. Die 44.000 Dollar, die der Einsatz eines dieser Flugzeuge pro Stunde kostet, entsprechen dem Jahresgehalt einer Pflegekraft in den OECD-Staaten. Die Kosten einer einzigen atomwaffenfähigen Trident II-Rakete (31 Millionen Dollar) würden für 17 Millionen Atemmasken vom Typ N95 reichen.
Der Sipri-Bericht macht klar, dass der US-Imperialismus fast drei Jahrzehnte nach der Auflösung der Sowjetunion und dem Ende des Kalten Kriegs ein neues Wettrüsten antreibt, das die Menschheit in einen katastrophalen Krieg zwischen Atommächten und damit in ihre Vernichtung führen könnte.
Im Kampf um die Kontrolle über Rohstoffe, Märkte und billige Arbeitskräfte verbraucht der kapitalistische Militarismus weiterhin eine kolossale Menge an Ressourcen, die fehlen, wenn es um die Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung und ihr Recht auf angemessene Löhne, Bildung, Gesundheitsversorgung und ein anständiges Leben geht.
Die Verachtung der herrschenden Klasse für das Leben der Arbeiter in aller Welt offenbart sich sowohl in ihren Back-to-Work-Anordnungen – während Covid-19 immer mehr Opfer fordert – als auch in ihrem militaristischen Wahn für die geostrategischen und Profitinteressen der Banken und Konzerne.
Die einzige Antwort auf den verbrecherischen Kriegskurs, der die ganze Menschheit bedroht, liegt in der Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus. Die Arbeiter müssen für die entschädigungslose Enteignung der riesigen Rüstungsindustrie und die Beschlagnahme der obszönen Profite ihrer Großaktionäre kämpfen, damit diese Mittel gegen die Pandemie und für die Sicherung der sozialen Bedürfnisse der großen Mehrheit der Bevölkerung benutzt werden können. Diese unverzichtbaren Forderungen sind untrennbar mit dem Kampf für die Übertragung der Macht an die Arbeiterklasse und den Aufbau des Sozialismus verbunden.