General Mark Milley, den US-Präsident Trump als künftigen Vorsitzenden des militärischen Beratergremiums Joint Chiefs of Staff nominiert hat, forderte am Donnerstag in einer Anhörung vor dem Militärausschuss des Senats eine deutliche Vergrößerung des US-Atomwaffenarsenals. Gleichzeitig benannte er China als das Hauptangriffsziel der Kriegsmaschinerie des US-Imperialismus.
Zu Beginn der Anhörung gab der General eindeutig Washingtons Bestrebungen Ausdruck, den langfristigen Niedergang des amerikanischen Kapitalismus und seiner globalen Hegemonie mit militärischen Mitteln aufzuhalten.
Milley erklärte: „Von Ostasien über den Nahen Osten bis nach Osteuropa testen autoritäre Akteure die Grenzen des internationalen Systems aus und streben die Vorherrschaft über ihre Regionen an. Gleichzeitig stellen sie internationale Normen in Frage und untergraben die Interessen der USA. ... Unser Ziel sollte es sein, den Frieden zwischen den Großmächten zu erhalten, der seit dem Zweiten Weltkrieg besteht, und entschlossen gegen alle durchzugreifen, die uns herausfordern könnten.“
Auf die Frage des Vorsitzenden des Senatsausschusses James Inhofe (Republikaner), was ihm in Bezug auf die Konfrontation der USA mit China und Russland am meisten Sorgen mache, antwortete Milley: „Für mich und für das Verteidigungsministerium ist die allerwichtigste Aufgabe die Modernisierung und Rekapitalisierung der nuklearen Triade unserer Nation. Das halte ich für das Entscheidende. Das zweitwichtigste ist meiner Meinung nach der Weltraum. Das ist ein neues Gebiet für Militäroperationen.“
Weiter erklärte er: „Ich glaube, China ist in den nächsten 50 bis 100 Jahren die größte Herausforderung für die nationale Sicherheit der USA.“
Auf die Frage von Senator David Perdue (Republikaner) nach der „globalen Expansion“ Chinas lieferte Milley einen klaren Einblick in die fortgeschrittenen Vorbereitungen des US-Imperialismus auf einen Krieg gegen China.
Er behauptete, China würde „den Handel als Druckmittel benutzen, um seine nationalen Sicherheitsinteressen durchzusetzen. Die Initiative One Belt, One Road ist ein Teil davon.“ China beteilige sich „am Wettbewerb um Rohstoffe hauptsächlich, um sein Militär zu finanzieren und zu verbessern, und um seine Wirtschaft zu entwickeln und aufzubauen“.
Die USA reagieren auf diese wirtschaftlichen Entwicklungen weitgehend mit militärischen Mitteln. Milley schilderte das Militäraufgebot der USA in der „Indo-Pazifik“-Region, wie das Pentagon sie nennt, dem Hauptschauplatz der Konfrontation mit China. Laut dem General besteht es aus 370.000 US-Soldaten, 2.000 Kampfflugzeugen und 200 Schiffen.
Auf die Frage, ob er es für „hilfreich“ hielte, konventionell bewaffnete bodengestützte Mittelstreckenraketen in der Indo-Pazifik-Region zu stationieren, um chinesische Interessen in der Region abzuschrecken, antwortete Milley: „Ja, allerdings.“
Diese Waffen wurden durch den INF-Vertrag von 1987 verboten, aus dem die Trump-Regierung Anfang des Jahres ausgestiegen ist. Washington begründete dies mit Verletzungen des Vertrags durch Russland, was Moskau jedoch bestreitet.
Die USA verbreiten die Theorie, Moskau habe sich die recht abenteuerliche Strategie zu eigen gemacht, taktische Atomwaffen mit geringer Sprengkraft gegen die konventionellen US- und Nato-Truppen einzusetzen, die sein Gebiet umzingeln. Laut der Theorie nimmt Moskau an, Washington werde darauf nicht mit einem ausgewachsenen thermonuklearen Angriff reagieren. Für diese Behauptung gibt es jedoch keine Beweise.
In jedem Fall ist China der Hauptgrund für den Rückzug aus dem INF-Vertrag. Peking hat den Vertrag nicht unterzeichnet und als Gegengewicht zum US-Militäraufgebot in der Region eigene Raketen entwickelt.
Milley, der sich ansonsten eher zurückhaltend äußerte, geriet in Rage, als er Chinas militärische Vorteile beschrieb: „China baut sein Militär sehr, sehr schnell aus ... Das ist kein Hype oder Kommunistenhetze. ... Sie geben mehr für Forschung, Entwicklung und Beschaffung aus als wir.“
Der General erklärte, er betrachte China nicht als „Feind“, sondern als „Gegner“. Er stellte klar, dass „,Feind‘ in der Militärsprache bedeutet, man befindet sich in einem aktiven bewaffneten Konflikt“. Die Anhörung war eine nachdrückliche Warnung: Das Pentagon bereitet aktiv den Übergang vom „Gegner“ zum „Feind“ vor.
General Milley verteidigte den Ausbau von Washingtons nuklearer „Triade“ aus Interkontinentalraketen, strategischen Bombern und atomar bewaffneten U-Booten gegen jede Unterstellung, das riesige und teure Arsenal zeichne sich durch „unnötige Redundanzen“ aus.
Er erklärte: „Jedes Teil der Triade stellt eine andere Kapazitäten zur Verfügung, deshalb haben wir Bomber, Raketen und U-Boote. ... Die U-Boote ermöglichen den garantierten Zweitschlag, die Raketen die unmittelbare Reaktion, und mit den Bombern hat man ein bemanntes kontrolliertes Trägersystem. Alle drei stellen unterschiedliche Probleme für jeden Gegner oder Feind dar. Deshalb ist es meiner Meinung nach von entscheidender Bedeutung, dass wir alle drei behalten.“
Milley verteidigte auch die Entwicklung von Atomsprengköpfen mit geringer Sprengkraft, die von U-Booten abgefeuert werden können. Diese Waffen bezeichnete er als „wichtige Kapazität in unserem Arsenal, um mit jedem potenziellen Gegner fertigzuwerden“.
Vorgeblich sind diese Waffen darauf ausgelegt, Russland beim Einsatz ähnlicher Sprengköpfe in einem Krieg in Europa entgegenzutreten. Sie senken die Schwelle für einen Atomkrieg deutlich ab und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass das Land, das mit einer solchen Rakete angegriffen wird und die Größe des Sprengkopfs nicht abschätzen kann, mit einem uneingeschränkten Atomangriff reagiert.
Nur einen Monat vor Milleys Aussage hat das Pentagon das 60-seitige Dokument „Gemeinsame Publikation 3–72 nukleare Operationen“ kurzzeitig im Internet veröffentlicht und gleich danach wieder verschwinden lassen. Dieses Dokument wurde auf Anweisung des derzeitigen Generalstabschefs Joseph Dunford vom Marine Corps erarbeitet und seither als geheime Regierungssache eingestuft.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Das Papier dokumentiert den Kurswechsel des Pentagon von der Doktrin des „Gleichgewichts des Schreckens“ aus dem Kalten Krieg hin zum Konzept eines begrenzten Einsatzes von Atomwaffen, durch den ein Atomkrieg zu gewinnen sein soll.
Die „gemeinsame Doktrin“, darin geschildert wird, besagt unverblümt: „Atomwaffen könnten die Voraussetzungen für eindeutige Ergebnisse und die Wiederherstellung der strategischen Stabilität schaffen. Insbesondere wird der Einsatz von Atomwaffen das Schlachtfeld grundlegend ändern und Situationen schaffen, in denen die Befehlshaber siegen müssen.“
Weiter heißt es: „Der Einsatz von Atomwaffen kann den Verlauf eines Feldzugs radikal verändern oder beschleunigen. Eine Atomwaffe könnte aufgrund des Scheiterns eines konventionellen Feldzugs zum Einsatzkommen ... Die Verbindung des Atomwaffeneinsatzes mit konventionellen und Sondereinsatzkräften ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg oder das Scheitern einer Mission oder Operation.“
Diese wahnwitzige Vorstellung eines Siegs durch Atomwaffen wird etwas abgemildert durch das Eingeständnis, dass die „größte und am wenigsten verstandene Herausforderung für Truppen in einem atomaren Konflikt sein wird, wie man in der verstrahlten Umgebung nach einer Kernwaffendetonation operiert“.
Dazu wird der Ratschlag erteilt: „Kenntnisse der besonderen physischen und physiologischen Gefahren und psychologischen Auswirkungen des atomaren Schlachtfelds sowie Führung und Training zur Bewältigung dieser Gefahren und Auswirkungen wird die Fähigkeit der Bodentruppen zu erfolgreichen Operationen deutlich verbessern.“
Allerdings wird nicht erklärt, wie sich US-Militärkommandanten auf die „besonderen Auswirkungen“ auf einem Schlachtfeld vorbereiten sollen, in dem es Hunderte, Tausende oder Millionen Todesopfer geben könnte.
Anfang des Monats forderte eine Dienststelle des Pentagons die Industrie auf, Vorschläge für die Entwicklung von Virtual-Reality-Plattformen einzureichen, mit denen Kampftruppen des Verteidigungsministeriums für Operationen in atomaren Schlachtfeldern ausgebildet und solche Umgebungen getestet werden können.“
In einem seltsam formulierten Abschnitt macht das Dokument deutlich, dass jeder Einsatz von taktischen Atomwaffen schnell zu einem umfassenden Atomkrieg führen kann: „Unabhängig vom Szenario für den Einsatz von Atomwaffen darf man bei Planung und Operation nicht von einem isolierten Einsatz ausgehen, sondern muss die Einbindung in das Gesamtbild des Waffeneinsatzes planen.“
Während sich Milley am Donnerstag in beängstigender Weise über die Kriegsvorbereitungen des US-Imperialismus gegen China und zur Doktrin eines „gewinnbaren“ Atomkriegs äußerte, versprachen die demokratischen und republikanischen Senatoren, die Nominierung des Generals zeitnah zu bestätigen.