Trump verhängt neue Sanktionen und droht weiter mit Krieg gegen den Iran

US-Präsident Donald Trump und sein Finanzminister Steven Mnuchin haben am Montag neue, mit den Worten der US-Regierung, „harte“ und „folgenschwere“ Wirtschaftssanktionen gegen den Iran verhängt. Damit reagierten sie auf den Abschuss einer hochmodernen US-Spionagedrohne über der strategisch wichtigen Straße von Hormus durch den Iran letzte Woche.

Im Vorfeld dieser wirtschaftlichen Maßnahmen hatte Trump nach eigenen Angaben Luftangriffe auf iranische Raketen- und Radarstellungen nur zehn Minuten vor dem geplanten Abschuss der Raketen abgesagt, obwohl die US-Kampfflugzeuge bereits in der Luft waren. Trump behauptet zwar, er habe die Angriffe aus Sorge um iranische Todesopfer abgebrochen, aber offensichtlich ging es ihm in Wirklichkeit darum, dass iranische Vergeltungsschläge schwere Verluste auf amerikanischer Seite fordern und eine Eskalationsspirale in Gang setzen würden, die zu einem offenen regionalen oder sogar globalen bewaffneten Konflikt führen könnte.

Obwohl die Sanktionen bereits angekündigt worden waren, ist ihre Anordnung durch Trumps Unterschrift am Montag größtenteils symbolischer Natur. Sie richten sich gegen den obersten Führer des Iran Ajatollah Ali Chamenei und seine Vertreter als Individuen und hindern sie daran, das amerikanische Finanzsystem zu benutzen oder auf ihre Vermögen in den USA zurückzugreifen.

Die US-Regierung deutete an, sie werde auch den iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif auf diese Liste setzen. Durch diese höchst provokante Maßnahme würden weltweit jeder Regierung, die den wichtigsten außenpolitischen Repräsentanten des Irans empfängt, theoretisch Sekundärsanktionen drohen.

Trump behauptete, seine Entscheidung für neue Sanktionen und gegen Luftangriffe auf Ziele im Iran beweise, „dass wir eine Menge Zurückhaltung gezeigt haben“. Er sagte außerdem: „Das heißt aber nicht, dass wir sie auch künftig zeigen werden.“ Zuvor hatte er am Sonntag in einem Interview mit NBC News erklärt, ein Krieg zwischen den USA und dem Iran bedeute „Vernichtung, wie man sie noch nie zuvor erlebt hat“.

Teheran tat die jüngsten Sanktionen ab. Der Sprecher des Außenministeriums Abbas Musawi erklärte bei einer Pressekonferenz in Teheran, der Iran „rechnet nicht damit, dass sie irgendwelche Auswirkungen haben werden. Gibt es überhaupt Sanktionen, die die USA in der letzten Zeit oder in den letzten 40 Jahren noch nicht gegen unser Land verhängt haben?“

Tatsächlich kommt das Sanktionsregime, das von der Trump-Regierung seit Mai 2018 gegen den Iran wieder eingeführt und verschärft wurde, einem Kriegszustand gleich. Zuvor hatte Trump einseitig das Atomabkommen aufgekündigt, das der Iran 2015 mit den USA, China, Russland, Großbritannien, Frankreich und Deutschland geschlossen hatte.

Washington versucht mit dieser „Kampagne des maximalen Drucks“, die iranischen Energieexporte, d.h. die wichtigste Einkommensquelle des Landes, auf null zu reduzieren. Letzten Monat setzte es den Sanktionsverzicht für mehrere große Importeure von iranischem Öl aus. Reuters zitierte Quellen aus der Energiebranche, laut denen die Exporte von iranischem Rohöl diesen Monat auf nur 300.000 Barrel pro Tag gesunken sind. Das ist nur ein Bruchteil der 2,5 Millionen Barrel pro Tag, die der Iran im April 2018, vor der Wiedereinführung der Sanktionen, exportiert hatte.

Die Hauptlast dieser Sanktionen die ganz normale, zig Millionen zählende Bevölkerung im Iran: Die Realeinkommen der Arbeiter sind gesunken und viele Arbeitsplätze sind verlorengegangen.

Die iranische Währung Rial hat 60 Prozent an Wert verloren, die Inflationsrate ist von neun Prozent im Jahr 2017 auf 31 Prozent im letzten Jahr gestiegen und wird dieses Jahr vermutlich auf 37 Prozent oder mehr weitersteigen. Die Folge ist ein drastischer Anstieg der Preise für Grundgüter. Laut den Statistiken der Regierung sind die Preise für Fleisch und Geflügel in dem Jahr seit Wiedereinführung der Sanktionen um 57 Prozent gestiegen, die Preise für Milch, Käse und Eier um 37 Prozent, die Preise für Gemüse um 47 Prozent. Die tatsächlichen Preiserhöhungen sind zweifellos noch wesentlich höher.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist auf 27 Prozent gestiegen, unter Universitätsabsolventen beträgt sie sogar 40 Prozent. Da die Regierung jeden, der auch nur eine Stunde pro Woche arbeitet, als berufstätig einstuft, liegt die tatsächliche Arbeitslosigkeit jedoch noch deutlich höher.

Medikamente sind zwar theoretisch von den US-Sanktionen ausgenommen, doch in der Praxis können Millionen von Iranern aufgrund von Washingtons verheerenden Sanktionen dringend benötigte Medikamente nicht erhalten, was zweifellos viele Todesfälle verursacht.

Die europäischen und andere internationale Banken und Konzerne verweigern Finanztransaktionen, die Pharmakonzernen den Import von Medikamenten in den Iran erlauben würden, weil sie Sekundärsanktionen der USA befürchten. Auch wenn der Iran einen Großteil der im Land benutzten Medikamente selbst herstellt, müssen die meisten Rohstoffe dafür importiert werden.

Das Pentagon hat das US-Militäraufgebot im Persischen Golf noch ausgeweitet, während hohe Regierungsvertreter durch den Nahen Osten reisen, um eine von den USA unterstützte anti-iranische „Koalition“ zu stärken.

Das US Central Command (CENTCOM) kündigte am Montag an, dass die USS Boxer, ein amphibisches Angriffsschiff der Wasp-Klasse mit Tausenden von US-Marines, einer Staffel Kampfhubschrauber und Schlachtflugzeugen vom Typ AV-8B Harrier II in der Region eingetroffen ist. Die Boxer ist Teil einer Angriffsgruppe, zu der außerdem das amphibische Transportschiff für Landeeinheiten USS John P. Murtha und das amphibische Docklandungsschiff USS Harpers Ferry gehören.

Neben der amphibischen Kampfgruppe wurden seit Anfang Mai die Flugzeugträgerkampfgruppe USS Abraham Lincoln, eine Staffel von atomwaffenfähigen B-52-Bombern und weiter 2.500 US-Soldaten in die Region entsandt, offiziell um den Iran von angeblichen Bedrohungen „amerikanischer Interessen“ in der Region „abzuhalten“.

Während die Trump-Regierung noch für sich in Anspruch nimmt, auf eine katastrophale Eskalation ihres Angriffs auf den Iran wegen des Abschusses der Spionagedrohne verzichtet zu haben, zitieren die New York Times und die Washington Post anonyme Vertreter des Pentagons, laut denen die Abteilung für Cyberkrieg des US-Militärs Cyberangriffe auf iranische Raketensysteme und eine iranische Geheimdiensteinheit durchgeführt hat.

Der Iran wies diese Behauptungen zurück und erklärte, er habe die Angriffe der USA abgewehrt. Der iranische Informations- und Kommunikationstechnologie-Minister Mohammad Javad Azari Jahromi gab auf Twitter bekannt: „Sie strengen sich zwar an, aber sie haben noch keinen erfolgreichen Angriff durchgeführt. Letztes Jahr haben wir mit der nationalen Firewall 33 Millionen Angriffe neutralisiert.“

Auch eine Eskalation des Cyberkriegs zwischen den beiden Ländern könnte katastrophale Folgen haben, beispielsweise durch einen Ausfall des Stromnetzes oder eine Kernschmelze in einem Atomreaktor, und könnte zu einem offenen Krieg führen.

Gleichzeitig waren die beiden wichtigsten Befürworter eines Kriegs und eines Regimewechsels, US-Außenminister Mike Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton, im Nahen Osten unterwegs, um für eine aggressive Haltung gegenüber dem Iran zu werben. Pompeo besuchte Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate und sprach mit den Herrschern der beiden absolutistischen sunnitischen Ölmonarchien über den Aufbau einer „globalen Koalition“. Die Herrscherfamilien der beiden Staaten drängen die USA schon seit langem zu einem Krieg, um den Iran als regionalen Rivalen auszuschalten.

Nur eine Woche vor Pompeos Reise nach Riad hatten die Vereinten Nationen einen Bericht veröffentlicht, in dem die UN Sanktionen gegen Kronprinz Mohammad bin Salman, den faktischen Herrscher Saudi-Arabiens, wegen dessen Verantwortung für die brutale Ermordung von Jamal Khashoggi fordern. Der abtrünnige Journalist, der in den USA lebte, wurde letzten Oktober in der saudischen Botschaft in Istanbul getötet.

Der Bericht beruft sich auf Tonbandaufzeichnungen, in denen Mitglieder des Killerkommandos, das von der Monarchie geschickt wurde, Khashoggi als „Opfertier“ bezeichneten und darüber diskutierten, wie sie seine Leiche zerstückeln und entsorgen sollten.

Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte, die Ermordung Khashoggis, der als Kolumnist für die Washington Post tätig war, sei in Pompeos Gesprächen mit bin Salman kein einziges Mal erwähnt worden. Zuvor hatte Trump selbst sein Schweigen über die Angelegenheit in seinem Telefonat mit dem Kronprinz am letzten Freitag verteidigt. Mit Blick auf die milliardenschweren Waffenkäufe des Landes erklärte er: „Saudi-Arabien ist ein wichtiger Käufer unserer Produkte. Das bedeutet mir etwas.“

Bolton traf sich derweil in Israel mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der ebenfalls einen Krieg gegen den Iran befürwortet. Am Dienstag traf er sich in Jerusalem mit dem israelischen und dem russischen nationalen Sicherheitsberater, um über den Nahen Osten zu diskutieren. Washington will Moskau dazu drängen, sich gegen den Iran zu stellen, vor allem in Syrien. Russland und der Iran waren bisher die wichtigsten Verbündeten der syrischen Regierung von Präsident Baschar al-Assad im Krieg für einen Regimewechsel, der von den USA angeführt wird.

Der russische Präsident Wladimir Putin antwortete letzten Donnerstag auf die Frage, ob sich Washington und Moskau auf einen Deal hinsichtlich Syriens einigen könnten: „Was bedeutet ,Deal‘? Das hat etwas mit Handel und Aktien zu tun. Wir handeln weder mit unseren Verbündeten, noch mit unseren Interessen oder unseren Prinzipien. Es ist möglich, dass wir uns mit unseren Partnern über die Lösung verschiedener dringlicher Probleme einigen.“

Die US-Kriegsdrohungen gegen den Iran verschärfen im Vorfeld des G20-Gipfels in Japan Ende der Woche die Spannungen zwischen Washington und den amerikanischen Großmachtrivalen Russland und China. Am Montag bezeichnete der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow die neuen US-Sanktionen als illegal und „Ausdruck einer Politik der bewussten und vorsätzlichen Eskalation“.

Die chinesische Zeitung Global Times veröffentlichte am Montag einen Artikel, laut dem es „nur eine Frage der Zeit ist, bis in der Region ein neuer Krieg ausbricht“. Sie zitiert den malaysischen Premierminister Mahatir Mohamad, der Washington vorwirft, Amerika „provoziere“ den Iran. Mohamad warnt davor, dass Fehleinschätzungen einen „Weltkrieg“ auslösen könnten.

Washingtons Forderung an den Iran, Teheran solle das ziviles Atomprogramm vollständig einstellen, die ballistischen Raketen aufgeben und den iranischen Einfluss im ganzen Nahen Osten verringern, lassen sich laut Einschätzung der Zeitung sich nicht alleine mit Wirtschaftssanktionen durchsetzen: „Die Forderungen sind unrealistisch, wenn die USA das iranische Regime nicht zerstören und den Iran kulturell unterwandern.“

Zum Schluss heißt es in dem Artikel: „Es ist beunruhigend ist, dass Washington nicht erkennt, wie das gieriges Hegemoniestreben Amerikas eine inhärente Gefahr für die Welt und die USA selbst birgt.“

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