Verfahren um die Auslieferung des WikiLeaks-Herausgebers Assange für Februar 2020 anberaumt

Die vorsitzende Richterin Emma Arbuthnot hat bekannt gegeben, dass die Anhörung zum Auslieferungsgesuch der USA gegen den WikiLeaks-Gründer Julian Assange am 25. Februar beginnen soll.

Für die britische Regierung und Justiz steht das Urteil bereits fest. Assange soll nach Washington ausgeliefert werden, wo ihm ein Prozess wegen 18 Anklagepunkten droht, 17 davon wegen Verstößen gegen das Anti-Spionage-Gesetz. Insgesamt drohen ihm bis zu 175 Jahre Gefängnis.

Im Vorfeld der Entscheidung des Amtsgerichts von Westminster hatte der konservative Innenminister und Bewerber um den Parteivorsitz der Torys, Sajid Javid, am Mittwoch dem Auslieferungsantrag der Trump-Regierung formell stattgegeben – nur 24 Stunden, nachdem er gestellt worden war.

Assange nahm an der Verhandlung per Videokonferenz teil. Er sah krank aus und hatte anfangs Schwierigkeiten, der Richterin seinen Namen und sein Geburtsdatum zu nennen. An seiner vorherigen Anhörung hatte er nicht einmal per Videokonferenz teilnehmen können, weil er wegen der deutlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes in die Krankenstation des Gefängnisses Belmarsh verlegt worden war.

Assange hatte vor dem Gerichtstermin nicht einmal die Möglichkeit, den Auslieferungsantrag der USA einzusehen.

Nachdem Ben Brandon als Vertreter der USA vor Gericht gesprochen hatte und Assanges Anwälte eine Erklärung verlesen hatten, ordnete Arbuthnot die Verhandlung zur Auslieferung an, die am 25. Februar beginnen und vermutlich fünf Tage dauern soll. Die gesamte Anhörung am Freitag dauerte weniger als eine halbe Stunde.

Da Arbuthnots Unparteilichkeit in Frage steht, hätte sie den Vorsitz über die Anhörung juristisch gesehen nicht führen dürfen. Sie ist die Frau des ehemaligen Tory-Abgeordneten und hochrangigen Mitarbeiters im Verteidigungsministerium Baron James Arbuthnot. Dieser war von 2005 bis 2014 Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des Parlaments und eine Zeitlang Direktor der Sicherheits- und Geheimdienstberatungsfirma SC Strategy Ltd. Zwei weitere Direktoren dieses privaten Beratungsunternehmens waren Sir John Scarlett, der ehemalige Chef des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6, und Lord Carlile.

Carlile ist ein parteiloser Abgeordneter und hat in der Vergangenheit „unabhängig“ die britischen Antiterrorgesetze geprüft. Er hat mehrfach die extrem weitgehenden undemokratischen Befugnisse der britischen Geheimdienste verteidigt. Im Jahr 2015 forderte er ein Ende der „Verteufelung“ der Geheimdienste. SC Strategy wurde 2012 gegründet, und bis zum Jahr 2015 verdienten Scarlett und Carlile mit privaten Beratungsleistungen hinsichtlich gesetzlicher Vorschriften und Regelungen in Großbritannien rund 800.000 Pfund.

(Bild 2)

Demonstration für Assanges Freilassung vor dem Gerichtsgebäude

Letzten Februar, als sich Assange noch in der ecuadorianischen Botschaft befand, hatte Richterin Arbuthnot den britischen Haftbefehl bestätigt. Dabei ignorierte sie die schlüssigen Begründungen von Assanges Anwälten, warum er 2012 gezwungen war, gegen Kautionsauflagen zu verstoßen. Assange hatte in der Botschaft politisches Asyl beantragt, wie es ihm nach internationalem Recht zusteht, weil er befürchtete, wegen einer fingierten Anklage an die USA ausgeliefert zu werden. Wer nicht selbst an der Verschwörung beteiligt ist, mit der Assange zum Schweigen gebracht werden soll, kann unmöglich leugnen, dass seine Angst berechtigt war.

Der Vertreter der US-Regierung Brandon schilderte vor Gericht, aus welchen Gründen die USA versuchen, Assange für immer wegzusperren. Er erklärte, es gehe „eine der größten Veröffentlichungen von vertraulichen Informationen in der Geschichte der Vereinigten Staaten“.

In Wirklichkeit hat Assange die Kriegsverbrechen des US-Imperialismus vor der ganzen Welt enthüllt.

Brandon fuhr fort, Assange habe „über WikiLeaks im Internet wichtige Aktivitätsberichte zum Afghanistan- und Irakkrieg veröffentlicht; außerdem Telegramme des Außenministeriums, die die Namen von Geheimdienstquellen enthalten, die den Streitkräften der USA und ihrer Verbündeten sowie US-Diplomaten Informationen geliefert haben“.

WikiLeaks habe „der Arbeit der Sicherheits- und Geheimdienste der Vereinigten Staaten von Amerika geschadet. Es hat die Fähigkeit der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika beeinträchtigt, ihre Aufgaben zu erfüllen, und die Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika im Ausland gefährdet.“

Brandon warf Assange außerdem vor, er habe versucht, zusammen mit der Whistleblowerin Chelsea Manning das Passwort eines Computernetzwerks des US-Verteidigungsministeriums zu hacken. Dieser Vorwurf spielt für die Auslieferung eine wichtige Rolle, da Assange damit nicht als Herausgeber und Journalist, sondern als „Hacker“ dargestellt wird. Denn die Anwendung des Anti-Spionage-Gesetzes gegen Personen, die über geleakte Informationen berichten oder sie veröffentlichen, ist ein beispielloser Angriff auf den ersten Zusatzartikel der US-Verfassung, der die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert.

Assanges Anwalt Mark Summers erklärte gegenüber Arbuthnot, das Verfahren gegen Assange sei ein „empörender Frontalangriff auf journalistische Rechte“. Der Verteidigung seien beträchtliche Hindernisse in den Weg gelegt worden, da sich Assange im Gefängnis befindet und keinen Zugang zu einem Computer hat. Er konnte die juristischen Dokumente nicht einsehen, da sie ihm per Mail zugeschickt wurden. Summers erklärte, die Planung der USA für einen Prozess im Februar seien vor diesem Hintergrund „optimistisch“.

Nachdem Arbuthnot die Forderungen der USA durchgewunken hatte, ohne in irgendeiner Form auf die von Summers erwähnten Schwierigkeiten einzugehen, forderte Assange Klarheit darüber, was genau ihm vorgeworfen werde. Er protestierte gegen die Ausführungen und erklärte, er habe noch keinerlei Unterlagen zum US-Verfahren gegen ihn gesehen. Arbuthnot unterbrach ihn sofort mit der Erklärung, sie seien „erst gestern eingetroffen“.

Assange erklärte: „Ich habe gehört, was dieser Gentleman, der die USA repräsentiert, gesagt hat. Und gestern wurde mir gesagt, die BBC würde berichten, ich werde in den USA wegen Computer-Hacking gesucht. Soweit ich weiß, ist das falsch. Die US-Regierung behauptet nicht, dass WikiLeaks irgendetwas gehackt hat ... Ich weiß, dass die Medien eine Menge falsche Dinge berichtet haben.“

Er bat das Gericht klarzustellen, dass weder er noch WikiLeaks irgendetwas gehackt haben. Brandon antwortete darauf, bei einem der Anklagepunkte gehe es um „Eindringen in Computer“, was das Äquivalent zu Hacking nach britischem Recht darstellt.

Auf dieses Stichwort der Anklage hin wies Arbuthnot alle juristischen Einwände mit der Erklärung zurück: „Nach meiner Einschätzung gibt es einen Vorwurf des Hacking.“ Sie erklärte Assange: „Ich glaube, das Problem ist, dass wir alle auf der Grundlage von Dokumenten arbeiten, die wir erst gestern erhalten haben. Sie sind zwar ziemlich wichtig, aber niemand, und schon gar nicht Ihre Vertreter, haben sie gründlich einsehen können.“

Assange wiederholte hartnäckig: „Es geht faktisch um 175 Jahre meines Lebens, und es gab erhebliche falsche Berichterstattungen.“

Er betonte: „Ich habe überhaupt kein Passwort geknackt. WikiLeaks veröffentlicht nur.“

Arbuthnot ließ keine weitere Diskussion über Assanges Stellungnahme mehr zu. Zum Schluss der Anhörung erklärte sie gegenüber Assange zynisch: „Die Presse wird zweifellos wahrheitsgemäß darüber berichten, was heute gesagt wurde. Ich bin sicher, dass sie das tun wird, und zu gegebener Zeit werden Sie die Anklage auch selbst einsehen können.“

(Bild 3)

Jennifer Robinson (Mitte) spricht nach der Anhörung mit der Presse; neben ihr stehen der Journalist und Assange-Verteidiger John Pilger und (links) Fidel Navaez, ein ehemaliger ecuadorianischer Konsul in Großbritannien.

Vor Gericht erklärte Assanges Anwältin Jennifer Robinson, wenn die Anklage der USA Erfolg habe, hätte dies „bedrohliche Folgen“ für den Journalismus und die Herausgeber „auf der ganzen Welt“. Assange wird verfolgt, weil er „wahrheitsgemäße Informationen über die USA“ veröffentlicht hat, u.a. „Beweise für Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und Korruption auf der ganzen Welt“.

Loading