Während sich die politische Krise in Washington weiter verschärft, forciert die Trump-Regierung ihre bösartigen Angriffe auf Immigranten, ihre Handelskriegsmaßnahmen und ihre Kriegsdrohungen gegen den Iran und Venezuela. Gleichzeitig verschärft die Arbeiterklasse in den USA ihren Kampf gegen Austerität, den Niedergang ihres Lebensstandards und soziale Ungleichheit.
Obwohl die offizielle Arbeitslosenquote so niedrig liegt wie zuletzt vor einem halben Jahrhundert, sind die Reallöhne im ersten Quartal 2019 laut dem PayScale Index im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,8 Prozent gesunken. Damit verzeichnen die Reallöhne im fünften Quartal in Folge ein Negativwachstum.
Die Nominallöhne, d.h. ohne Berücksichtigung der Inflation, sind im Vergleich zum ersten Quartal 2018 nur um 0,4 Prozent gestiegen. In acht von neunzehn Berufssparten sind die Löhne weniger gestiegen als der Durchschnittslohn, u.a. in den Bereichen Verkehr und Industrie. In der letzteren Sparte kam es zu einem Rückgang von 4,8 Prozent und beim Reallohn zu einem Minus von sieben Prozent.
Während die Nominallöhne in den Hightech-Zentren wie Seattle, San Francisco und San Jose um zwei bis drei Prozent stiegen, verzeichneten dreizehn der 32 Metropolregionen des Landes nur Erhöhungen unterhalb des nationalen Durchschnitts. Das niedrigste nominale Wachstum verzeichnete Charlotte (North Carolina) mit einem Lohnrückgang von 0,7 Prozent, gefolgt von Detroit mit –0,4 Prozent, Pittsburgh und Houston mit jeweils –0,3 Prozent.
Die Streiks von Lehrern und Beschäftigten im Gesundheitswesen nehmen zu, obwohl die AFL-CIO und ihre Gewerkschaften versuchen, den Klassenkampf einzudämmen. Zu diesem Zweck schließen sie Tarifverträge mit immer längeren Fristen ab oder organisieren wirkungslose eintägige Streiks und unterzeichnen danach Abkommen, in denen die Reallöhne eingefroren und die Eigenbeteiligung für Krankenversicherung und Renten erhöht werden.
Wie die World Socialist Web Site letzte Woche schrieb, wird die Zahl der größeren Arbeitsniederlegungen in den USA (d.h. mit mindestens 1.000 Teilnehmern) die Zahl von insgesamt zwanzig Streiks und Aussperrungen im letzten Jahr überholen. Laut inoffiziellen Schätzungen gab es im Jahr 2019 bisher mindestens siebzehn derartige Streiks, an denen insgesamt mindestens 229.000 Beschäftigte teilgenommen haben. Letztes Jahr beteiligten sich 485.000 Arbeiter an größeren Arbeitsniederlegungen; das ist die höchste Teilnehmerzahl seit 1986. Mehr als drei Viertel von ihnen waren Lehrer oder Schulpersonal, deren Revolte gegen niedrige Löhne und Schuletats sich im Jahr 2019 fortgesetzt hat.
Streiks von Lehrern und Schulpersonal
In der Region Las Vegas stimmten die Lehrer mit 78 Prozent für einen Streik von fast 20.000 Lehrkräften im Schuljahr 2019–2020, falls der Schulbezirk von Clark County weitere Etatkürzungen durchführt. Die Lehrer in Nevada haben seit zwei Jahren keine Gehaltserhöhung erhalten, und die von den Demokraten kontrollierte Bundesstaatsregierung weigert sich, die Mittel für sie zu erhöhen. In Nevada stellen die Demokraten den Gouverneur und verfügen in beiden Kammern des Parlaments über eine Mehrheit.
Am Donnerstag demonstrierten mehr als 1.000 Lehrer in Nashville (Tennessee) auf dem Public Square für höhere Gehälter. Die insgesamt 5.270 Lehrer der Stadt haben damit in diesem Monat bereits den zweiten Krankheitsstreik organisiert. Sie sind wütend über den Plan des demokratischen Bürgermeisters David Briley, die Gehälter nur um drei Prozent zu erhöhen, obwohl die Schulbehörde eine Erhöhung um zehn Prozent empfohlen hat.
In den kalifornischen Städten Union City und South Hayword, knapp 50 Kilometer südlich von Oakland, planen 600 Lehrer und andere Beschäftigte der Schulen einen Streik ab Montag, nachdem die Tarifverhandlungen am Mittwoch erneut gescheitert waren. Der New Haven Unified School District, der für die beiden Städte zuständig ist, bietet eine einmalige Bonuszahlung von drei Prozent und eine einprozentige Gehaltserhöhung ab dem nächsten Jahr an. Die Lehrergewerkschaft New Haven Teachers Association hat ihre Forderung von 20 Prozent über zwei Jahre auf zehn Prozent reduziert.
Am Donnerstagabend sagte die Lehrergewerkschaft von Sacramento einen eintägigen Streik ab, der für den 22. Mai geplant war. Am 11. April streikten die Lehrer in der Hauptstadt von Kalifornien zum ersten Mal seit 30 Jahren, um gegen Etatkürzungen und die angedrohte staatliche Übernahme zu protestieren. Nach der Kapitulation der Gewerkschaft werden sich diese Angriffe nur noch weiter verschärfen.
In diesem Jahr kam es mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Lehrern und dem politischen Establishment von Kalifornien, das von der Demokratischen Partei kontrolliert wird und gemeinsam mit den Lehrergewerkschaften die von der Wirtschaft unterstützte „Schulreform“ durchgesetzt hat. Anfang des Jahres streikten die Lehrer in Los Angeles, dem zweitgrößten Schulbezirk des Landes, und in Oakland. In beiden Fällen verhinderten die Gewerkschaften, dass sich die Kämpfe über den ganzen Bundesstaat und den Rest der USA ausbreiten konnten. Danach unterzeichneten sie Tarifabkommen, die den Weg für Entlassungen, Etatkürzungen und weitere Schulprivatisierungen ebneten.
In Detroit, wo es im Jahr 2016 zu einer der ersten Rebellionen von Lehrern gegen die Verschlechterung der Bedingungen an Schulen kam, stürmten am Dienstag Tausende von Lehrern, Eltern und Schülern ein Treffen der Schulbehörde. Sie protestierten damit gegen das schon zehn Jahre andauernde Einfrieren der Reallöhne, überfüllte Klassen und den Einsatz von standardisierten Tests zur Bewertung und Bestrafung von Lehrern.
In Chicago, wo es zum letzten Mal 2012 zu einem Lehrerstreik kam, läuft am 30. Juni der Tarifvertrag für 20.000 Lehrer aus. Die Lehrergewerkschaft von Chicago versucht, durch staatliche Vermittlung einen Streik zu verhindern.
Der eskalierende Kampf der Lehrer ist Teil einer internationalen Welle von Streiks der Lehrkräfte. Am Mittwoch demonstrierten Zehntausende von Studenten und Dozenten der Universitäten in ganz Brasilien gegen die Kürzungen und das Einfrieren von Etats, die der faschistische Präsident und Trump-Verbündete Jair Bolsonaro durchsetzt.
Streiks von Beschäftigten im Gesundheitswesen
Auch die Beschäftigten im Gesundheitswesen nehmen den Kampf auf. Am Mercy Health St. Vincent Medical Center in Toledo (Ohio) streiken 2.000 Pflegekräfte und andere Beschäftigte seit zwei Wochen. Das Management des Krankenhauses weigert sich, von seiner Forderung nach höherer Eigenbeteiligung bei Gesundheitsleistungen und erzwungenen Überstunden abzurücken und mehr Personal einzustellen. Die Gewerkschaft United Auto Workers, die als Verhandlungsvertreter agiert, hat die bedrängten Arbeiter isoliert gelassen, obwohl es in Toledo und dem benachbarten Südosten von Michigan Zehntausende UAW-Mitglieder gibt.
Etwa 4.000 Beschäftigte der psychiatrischen Kliniken des Gesundheitsunternehmens Kaiser Permanente in Kalifornien haben die National Union of Healthcare Workers ermächtigt, einen unbefristeten Streik ab Anfang Juni auszurufen, falls kein neuer Tarifvertrag zustande kommt.
Die California Nurses Association gab letzte Woche bekannt, dass die fest angestellten Pflegekräfte des Barton Memorial Hospital in South Lake Tahoe (Kalifornien) am 24. Mai einen eintägigen Streik gegen Unterbesetzung und zu niedrige Vergütungen planen.
In Hartford (Connecticut) ist laut der Zweigstelle der Service Employees International Union (SEIU) 1199 New England für den 3. Juni ein Streik von 2.400 Beschäftigten in zwanzig Pflegeheimen geplant, falls die Bundesstaatsregierung keine zusätzlichen Mittel für Gehaltserhöhungen bewilligt. Die SEIU wollte eigentlich am 1. Mai einen Streik organisieren, sagte diesen jedoch ab, da die Demokraten in der Regierung um mehr Zeit für Verhandlungen baten.
In New York City verhinderte die Transport Workers Union (TWU) einen Streik von 40.000 U-Bahn- und Busbeschäftigten und setzte die Verhandlungen fort, nachdem der Tarifvertrag am Mittwoch ausgelaufen war. Sie gab zu, dass sie einer Einigung mit der Metropolitan Transportation Authority keinen Schritt nähergekommen ist.
Die Gewerkschaft United Steelworkers (USW), die Trumps Handelskriegsmaßnahmen gegen China und andere Länder entschieden unterstützt, hat Streiks von Tausenden von Aluminiumarbeitern in Iowa, Indiana, New York, Tennessee und anderen Bundesstaaten verhindert, nachdem letzten Donnerstag ihr fünfjähriger Tarifvertrag abgelaufen war. Es handelt sich dabei um die erste Verhandlungsrunde, seit das Pittsburgher Unternehmen ALCOA im Jahr 2016 in die Unternehmen Arconic und Alcoa Corp. aufgespalten wurde.
Die USW hat zugegeben, dass Arconic für die Dauer des dreijährigen Tarifvertrags eine Nullrunde im leistungsorientierten Vorsorgesystem, beträchtliche Kürzungen der Zusatzleistungen für Krankenversicherung und Medikamente sowie eine Erhöhung des Arbeitnehmeranteils zur Krankenversicherung fordert, u.a. eine 60-prozentige Erhöhung der Prämien über drei Jahre. Gleichzeitig isolieren die USW und andere Gewerkschaften mehr als 1.000 Arbeiter, die seit sechzehn Monaten aus der ABI-Aluminiumschmelze im kanadischen Bécancour (Quebec) ausgesperrt sind.
Auch weitere kleinere Teile der Arbeiterklasse führen erbitterte Kämpfe gegen die gestiegenen Gesundheitskosten. Anfang letzter Woche streikten achtzig Beschäftigte in sieben Niederlassungen der Murphy Warehouse Company in der Region Minneapolis – St. Paul (Minnesota), um gegen die Forderungen des Unternehmens zu protestieren, den Arbeitnehmeranteil zur Krankenversicherung fast zu verdreifachen.
In Saline (Michigan) westlich von Detroit läuft am 31. Mai der Tarifvertrag mit dem französischen Mischkonzern Faurecia aus – ein ehemaliges Ford-Werk. Von den 1.100 Arbeitern stimmten 97 Prozent dafür, die UAW zu einem Streik zu autorisieren. Zudem werden Mitte September, in weniger als vier Monaten, die Tarifverträge bei GM, Ford und Fiat Chrysler auslaufen. Davon sind 155.000 Arbeiter betroffen, die entschlossen sind, die Zugeständnisse rückgängig zu machen, denen die UAW als Gegenleistung für Bestechungsgelder in Millionenhöhe und weitere Schmiergelder von den Autobauern zugestimmt hatte.
Das Wiederaufleben des Klassenkampfs unter amerikanischen Arbeitern und im Rest der Welt steigert das Interesse der Bevölkerung am Sozialismus. Die herrschende Klasse reagiert darauf mit Furcht. Genau wie die kapitalistischen Regierungen im Rest der Welt haben auch die Demokraten und Republikaner in den USA mit der Propagierung von Nationalismus, Militarismus und staatlicher Unterdrückung reagiert.
Um zu kämpfen, müssen die Arbeiter neue Organisationen aufbauen – Werks- und Aktionskomitees. Diese müssen unabhängig von den pro-kapitalistischen und nationalistischen Gewerkschaften Arbeitskämpfe organisieren und Bündnisse mit anderen Sektionen der Arbeiterklasse in den USA und der Welt schließen. Dies muss durch eine neue politische Perspektive ergänzt werden: Die getrennten Kämpfe der Arbeiter müssen vereint werden durch die Vorbereitung eines Generalstreiks zum Sturz der Trump-Regierung und ihre Ablösung durch eine Arbeiterregierung auf der Grundlage sozialistischer Politik.