Bei einer eilig abgehaltenen Zeremonie im Weißen Haus unterzeichnete US-Präsident Donald Trump ein Dekret, in dem die USA die illegale Annexion der syrischen Golanhöhen durch Israel offiziell anerkennen. Oberflächlich betrachtet scheint sich durch den Akt wenig an den Fakten vor Ort im Nahen Osten zu ändern. Man sollte jedoch die globalen Auswirkungen nicht unterschätzen.
Bei einer kurzen Erklärung in Anwesenheit des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu sagte Trump, dass „die Vereinigten Staaten die Golanhöhen als Teil des Staates Israel anerkennen“.
Israels illegale Besetzung der Golanhöhen im Jahr 1967, die einseitige Annexion des Territoriums 14 Jahre später und die fortgesetzte militärische Kontrolle zusammen mit dem aggressiven Ausbau jüdischer Siedlungen und einer intensiven wirtschaftlichen Ausbeutung des Territorium durch Israel, sind laut Trump gerechtfertigt durch „Israels Notwendigkeit, sich vor Syrien und anderen regionalen Gefahren zu schützen“ - gemeint ist hier vor allem der Iran.
Was für ein Unsinn. Trump stellt die Realität auf den Kopf. Israel hat die Golanhöhen als Startrampe für eigene fortgesetzte Angriffe auf Syrien genutzt, zu denen auch die israelische Bewaffnung und Unterstützung von islamistischen Milizen, einschließlich ISIS, gehörten. Dies war Israels Anteil am Krieg für einen Regimewechsel in Syrien gegen die Regierung von Baschar al-Assad, genau so wie tausende Luftangriffe, die der Stabschef des israelischen Militärs selbst Anfang des Jahres bestätigte.
Washingtons Anerkennung der „israelischen Souveränität über die Golanhöhen“ fällt zusammen mit Berichten, wonach das US-Militär die permanente Besetzung Ostsyriens, einschließlich der wichtigsten Öl- und Gasfördergebiete des Landes, konsolidiert – auch wenn Trump Ende letzten Jahres angekündigt hatte, dass er die Truppen aus Syrien „nach Hause bringen“ werde. In den letzten Wochen erschienen Berichte, dass etwa 1.000 US-Soldaten - unterstützt von einer noch größeren Zahl jenseits der syrisch-irakischen Grenze - auf syrischem Boden bleiben werden. Gleichzeitig wurde das US-Militär beobachtet, als es große Mengen an Waffen und Material in die von den USA besetzte Zone zu transportierte.
Mit anderen Worten: Trump erkennt Israels Annexion der Golanhöhen an, während Washington das syrische Territorium östlich des Euphrat besetzt und effektiv annektiert.
Kurzfristig zielte Trumps Aktion zweifellos darauf ab, seinen rechten Verbündeten Netanyahu zu unterstützen, der einer schwierigen Wahl am 9. April entgegensieht. Netanhayu ist mit einer Reihe von Korruptionsvorwürfen konfrontiert und könnte bei der Wahl der Liste „Blau und Weiß“ unter Führung des ehemaligen Generalstabschefs Benny Gantz unterliegen.
Netanyahu, der sowohl Israels Ministerpräsident als auch Verteidigungsminister ist, verkürzte seinen Besuch in Washington, um nach Israel zurückzukehren. Dort wollte er sich beim Vergeltungsangriff auf Gaza zeigen – dieser erfolgte nach dem Abschuss einer einzelnen Rakete, die niemanden tötete und für die weder Hamas, die das besetzte Gebiet verwaltet, noch Islamischer Dschihad, die andere große bewaffnete Gruppe im Gazastreifen, sich verantwortlich erklären.
Israelische Kampfflugzeuge führten Bombenangriffe auf den Gazastreifen durch, auch in der dicht besiedelten Stadt Gaza. Als Kollektivstrafe blockierten israelischen Soldaten die beiden einzigen Grenzübergänge in das verarmte Gebiet, das de facto ein Freiluftgefängnis für zwei Millionen Palästinenser ist, und drängten palästinensische Fischer gewaltsam ab, die vor der fischten.
Hamas-Vertreter gaben am Montagabend bekannt, dass sie eine von Ägypten vermittelte Waffenstillstandsvereinbarung gezeichnet hätten, aber Tel Aviv schwieg zu dieser Frage. Die Wahlgegner von Netanyahu greifen ihn alle von rechts an und werfen ihm vor, nicht ausreichend drastische Maßnahmen ergriffen zu haben, um den Widerstand in Gaza zu brechen. Der Vorsitzende der Arbeitspartei, die als Israels bürgerliche „Linke“ gilt, verurteilte Netanyahu als einen Mann, der „spricht und nicht handelt“. Die israelischen Streitkräfte haben ihre Gaza-Division mit weiteren 1.000 Soldaten, zusätzlicher Infanterie und einer gepanzerten Brigade verstärkt. Hochrangige Vertreter warnen, dass „alle Optionen auf dem Tisch liegen“.
Dass die Annexion der Golanhöhen durch Israel von Trump anerkannt wird, heizt in erster Linie die israelische Militäraggression in den besetzten Gebieten und in der gesamten Region an. Israel befindet sich ohnehin auf einer politischen Bahn, die den Staat immer weiter nach rechts treibt, und nun geht es in Richtung des offenen Faschismus.
Im Zuge der gegenwärtigen Wahl hat sich Netanyahu mit der faschistischen Partei Otzma Yehudit verbündet, ein Ableger der Kach-Partei von Meir Kahane, welche vom US-Außenministerium als terroristische Organisation eingestuft wurde. Gemeinsam mit den religiösen Zionisten der Partei Jüdisches Haus steht Netanyahus Koalition für ethnische Säuberung und die Entfernung der palästinensischen Bevölkerung aus Israel und den besetzten Gebieten. Er vertritt das Ziel eines „Groß-Israels“, eines imperialistisches und kolonialistisches Projekt, das die Unterwerfung des Nahen Ostens unter die imperialistischen Interessen der USA meint und mit der Vorbereitung auf den Krieg gegen den Iran verbunden ist.
Die Hinwendung zu einer offen faschistischen Politik, verbunden mit einer Stärkung des Militarismus in Israel und international, ist bei den aktuellen israelischen Wahlen unverkennbar. Ein Wahlkampfspot, der im Fernsehen lieft, zeigt die rechtsextreme Justizministerin Ayelet Shaked, die sich mit einer Flasche Parfüm mit der Aufschrift „Faschismus“ besprühte und dann in die Kamera sagt: „Für mich riecht es nach Demokratie.“ Ein anderer Spot zeigt das rechte Knesset-Mitglied Oren Hazan in einer Parodie auf einen Clint Eastwood-Film, der Jamal Zahalka, einen palästinensischen Bürger Israels und führenden Vertreter der Balad-Partei in der Knesset, erschießt.
Für die Golanhöhen bedeutet das Edikt von Trump zweifellos, dass Israel die Reste der ursprünglichen Bevölkerung auf dem Territorium beseitigen wird. Etwa 130.000 Syrer flohen um ihr Leben, als das israelische Militär 1967 in den Golan einmarschierte. Die verbleibenden 25.000 drusischen Araber haben sich in ihrer überwältigenden Mehrheit den Versuchen Tel Avivs widersetzt, sie zur Annahme der israelischen Staatsbürgerschaft zu zwingen, und bestehen darauf, dass sie Syrer sind.
Am Samstag marschierten Hunderte in der Golanhöhenstadt Majdal Shams aus Protest gegen Trumps erwartete Erklärung. Einer sagte den Medien: „Wir sagen hier, dass die Golanhöhe arabisch und syrisch ist und weder Trump noch eine andere Person über ihr Schicksal entscheiden kann.“ Ein anderer sagte: „Wenn er Israel Land geben will, kann er ihnen ein oder zwei seiner Staaten in Amerika geben.“
US-Außenminister Mike Pompeo wurde während einer Nahostreise, die ihn letzte Woche sowohl nach Israel als auch in den Libanon führte, von einem Reporter gefragt, ob die USA eine „Politik des Doppelstandards“ verfolgten, wenn sie eine israelische Souveränität über die von Syrien beschlagnahmten Gebiete anerkennen, während sie Russland wegen der Annexion der Krim verurteilen und dies zum Anlass nehmen, Sanktionen zu verhängen und militärische Drohungen des NATO zu eskalieren. Und das obwohl die Bevölkerung der Golanhöhen die israelische Besetzung seit über 50 Jahren ablehnt, während die Menschen auf der Krim die russische Staatsbürgerschaft mit großer Mehrheit angenommen haben.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
„Nein, überhaupt nicht“, antwortete Pompeo stupide. „Was der Präsident mit den Golanhöhen gemacht hat, ist die Anerkennung der Realität vor Ort und der Sicherheitslage, die für den Schutz des israelischen Staates notwendig ist. So ist es, ganz einfach.“
Die „Realität vor Ort“ und die „Sicherheitslage“ der Staaten waren exakt die Begründungen für die Annexionen, die im Laufe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Tod Hunderter Millionen Menschen nach sich zogen.
Die Annexion Bosnien-Herzegowinas durch das österreichisch-ungarische Kaiserreich im Jahr 1909 wird von Historikern als Auftakt zum Ersten Weltkrieg angesehen, während die Reihe der Annexionen des deutschen NS-Regimes die Weichen für den Zweiten Weltkrieg stellte.
In Anerkennung dieser historischen „Realitäten“ haben die Großmächte nach dem Zweiten Weltkrieg die Genfer Konventionen geändert und die Gründungsurkunde der Vereinten Nationen angenommen. Das erklärte Ziel lautete, solche Annexionen zu ächten und die territoriale Integrität bestehender Staaten zu schützen.
In Vorbereitung auf einen Dritten Weltkrieg wurden diese nach dem Zweiten Weltkrieg formell akzeptierten Prinzipien auf den Schrotthaufen geworfen. Der Segen der Trump-Regierung zu Israels Landnahme im Golan schafft die Voraussetzungen für neue und weitaus blutigere Invasionen, Annexionen und die Wiederbelebung des Kolonialismus im 21. Jahrhundert.
Der US-Imperialismus versucht, dieses 50 Jahre alte Verbrechen zu legitimieren, um den Weg für weitaus größere Kriege im Nahen Osten zu ebnen. Diese Aktion findet jedoch inmitten einer stetigen Eskalation des Klassenkampfes in der gesamten Region statt, von den Massenprotesten und Streiks, die Algerien erschüttern, über den Kampf von Lehrern und anderen Arbeitern, die das monarchische Regime in Marokko herausfordern, bis hin zu Arbeiterkämpfen im Iran, Protesten gegen die abartigen Lebensbedingungen in Gaza und Streiks von Eisenbahnarbeitern in Israel selbst, die trotz einer zwischen Staat und der offiziellen Gewerkschaft Histadrut ausgehandelten Vereinbarungen ausbrechen.
Die einzige Antwort auf die Bedrohung durch Krieg und Faschismus liegt in der unabhängigen politischen Mobilisierung der Arbeiterklasse. Als Reaktion auf den Rechtskurs von Washington und Tel Aviv müssen jüdische und arabische Arbeiter sich vereinen und gemeinsam kämpfen für eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens als Teil des Kampfes gegen den Kapitalismus auf der ganzen Welt.