Die Massenentlassungen bei General Motors haben am letzten Montag begonnen. Unter den Beschäftigten wächst der Widerstand gegen diesen Angriff auf ihre Arbeitsplätze.
Die Arbeiter im GM-Werk Detroit-Hamtramck, das am 1. Juni geschlossen werden soll, waren empört, als sie erfuhren, dass der Konzern im letzten Jahr 11,8 Milliarden Dollar Profit gemacht hat, davon 10,8 Milliarden Dollar allein in Nordamerika. Das Werk besteht seit 1985 und beschäftigt momentan noch 1.000 von ehemals 4.000 Arbeitern in einer Schicht.
Betty, die seit achtzehn Jahren bei GM arbeitet, bezeichnete es als empörend, dass das Unternehmen Arbeitsplätze und Menschenleben zerstört, während es Milliardenprofite macht: „Man sagt den Leuten, sie müssten ihre Familien entwurzeln und nach Missouri, Tennessee, Kentucky oder Flint (Michigan) umziehen, wenn sie ihre Jobs behalten wollten.“ Betty sagte auch, die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) tue nichts gegen die Werksschließungen.
Zwei Arbeiter, die ursprünglich von einer Leiharbeitsfirma für den Materialtransport eingestellt wurden, erklärten, dass sie ihre Arbeitsplätze verlieren würden und kein Recht auf Versetzung hätten, obwohl sie Beiträge an die UAW zahlten. Hunderte von befristeten Teilzeitarbeitern zahlen Gewerkschaftsbeiträge, aber haben kein Recht auf Weiterbeschäftigung in einem andern Werk. Die beiden Arbeiter kritisierten die UAW auch, weil Materialtransportkräfte und Teilzeitarbeiter bei GM keinen Anspruch auf die Gewinnbeteiligung von 10.700 Dollar haben.
Neben dem Werk Detroit-Hamtramck schließt GM auch die Werke in Lordstown (Ohio) und Oshawa (Ontario) sowie Getriebewerke in dem Detroiter Vorort Warren und in Baltimore (Maryland). In dem Batteriewerk in Brownstown (Michigan) sind Massenentlassungen geplant.
GM-Vorstandschefin Mary Barra versprach am Mittwoch in einem Telefonat mit Wall Street-Investoren, dass das Unternehmen die Kosten senken werde, um mehr Geld für Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe für die reichsten Aktionäre zur Verfügung zu stellen. Sie sagte, GM werde „mit der UAW die Probleme lösen“, um unausgelastete Werke zu schließen und bei den Tarifverhandlungen im Sommer weitere Zugeständnisse durchzusetzen.
Anfang der Woche begann GM mit der Entlassung von tausenden von Beschäftigten. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Ford in seinem Werk in Flat Rock, südlich von Detroit, die Streichung einer ganzen Schicht und damit den Abbau von 1.000 Stellen bis zum 1. April plant. GM, Ford und andere Autobauer betreiben eine Umstrukturierung ihrer globalen Tätigkeiten, die in Nordamerika, Europa, Südamerika und Asien zehntausende von Arbeitsplätzen bedroht.
Das Leitungskomitee der Aktionskomitees und der Autoworker Newsletter der WSWS veranstalten am heutigen Samstag, dem 9. Februar, um 14 Uhr eine Demonstration gegen die Werksschließungen und Entlassungen. Der Demonstrationszug wird zur globalen Konzernzentrale von GM in der Jefferson Avenue, Detroit, führen. Die Aktion wurde vollkommen unabhängig von den wirtschaftsfreundlichen Gewerkschaften organisiert.
Ein zentrales Element der Demonstration wird die Forderung nach Aktionskomitees in den Fabriken sein, um die amerikanischen, mexikanischen und kanadischen Autoarbeiter gegen die transnationalen Autokonzerne zu vereinen. Dieses Vorhaben ist das Gegenteil der anti-mexikanischen Kampagne, mit der die UAW und die kanadische Unifor die Wut der Arbeiter ablenken und die Zusammenarbeit zwischen den Gewerkschaftsführern und den Autobossen kaschieren wollen.
Kathy, eine GM-Arbeiterin aus Detroit, erklärte: „Ich rufe alle Betroffenen und alle entlassenen Arbeiter aus der Motor City und dem Umland auf, an einem echten Kampf der Arbeiterklasse in ganz Amerika, Kanada und Mexiko teilzunehmen!
Die Kollegen fangen an, Aktionskomitees aufzubauen, um sich mit anderen Arbeitern zusammen zu schließen. Für die Arbeiterklasse! Zeigt, dass auch ihr Teil der Lösung seid, und kommt her, um gemeinsam gegen die massiven Kürzungen bei GM zu kämpfen. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Familien und Kommunen aus reinem Profitstreben zerstört werden!“
Am Mittwoch gab Fiat Chrysler bekannt, dass es im Jahr 2018 einen Rekord-Nettoprofit von 4,08 Milliarden Dollar erzielt hat, drei Prozent mehr als im Jahr 2017. Das Unternehmen hat in Nordamerika 2,6 Millionen Fahrzeuge verkauft, was ebenfalls ein Rekord ist. Diese massiven Profite wurden aus dem Schweiß der Arbeiter herausgepresst, deren Bedingungen sich ständig weiter verschlechtern.
Angela, eine Fiat Chrysler-Arbeiterin aus Kokomo (Indiana), erklärte: „Das Arbeitsplatzmassaker bei Ford und GM ist rücksichtslos und abstoßend! Leider geht es in der Autoindustrie seit Jahrzehnten so zu. Die Frage ist, wann es sich ändern wird, und wer es ändern wird. Wie kann man die Lage so ändern, dass Riesenkonzerne nicht mehr die Macht haben, ganze Kommunen, Städte und Bundesstaaten zu zerstören und große Teile der Bevölkerung in den USA und auf der Welt ins Elend zu stürzen?
Das ist ein Klassenkampf, ein Kampf der Arbeiterklasse. Er wird weitergehen, bis wir den Eliten buchstäblich die Macht aus der Hand nehmen. Wir, die Arbeiterklasse, sind viel zahlreicher als die Eliten, aber wir müssen erkennen, dass wir ein gemeinsames Interesse haben und alle gleich sind. Wir müssen unsere kollektive Stärke benutzen, um dauerhafte und positive Änderungen zu bewirken, nicht nur für uns, sondern für alle Arbeiter.“
Eine Fiat Chrysler-Arbeiterin aus dem Raum Detroit erklärte: „Ich werde nach der Arbeit zu der Demonstration kommen. Ich habe die Gewerkschaft satt. Sie haben das alles zugelassen. Das ist ein Club alter Kumpel. In den Werken wird es unerträglich. Es gibt absolut keine Sicherheit. Die Arbeiter haben kein Leben. Man isst, man arbeitet – und fertig. Wenn ich heimkomme, ist mein Mann auf Arbeit, und wir können kaum je zusammen essen.“
Über den Streik in der Autozuliefererindustrie in Matamoros sagte sie: „Die Arbeiter müssen zusammenhalten, nur so können wir gewinnen. Sie haben uns gegeneinander aufgehetzt. Sie benutzen Glaube, Hautfarbe, Religion und alles andere, damit wir uns darauf konzentrieren, was uns trennt und sich der eine dem anderen überlegen fühlt. Diese Spaltungen werden vom Fernsehen verbreitet, und man behaupten, ‚die andern‘ würden uns die Arbeitsplätze wegnehmen. Aber es betrifft uns alle gleichermaßen.“
Über den erbitterten Streik bei American Axle, den die UAW verraten hatte, erklärte sie: „Wir haben acht Monate gestreikt. Dann sagte uns die Gewerkschaft, wir sollten wieder an die Arbeit gehen, zu den gleichen Bedingungen, die uns ursprünglich angeboten wurden. Dann wurde das Werk ganz geschlossen, und die Gewerkschaft hat nichts getan. Da habe ich allen Respekt vor der Gewerkschaft verloren. Bei ihnen geht es nicht um den Zusammenhalt.“
Auch ein Arbeiter aus dem Fiat Chrysler Jeep-Werk in Toledo unterstützte den Kampf gegen die Schließungen: „Die Werksschließungen bei GM tun den Arbeitern und vielen anderen Leuten weh. Ich weiß, wie es ist, entlassen zu werden. Vielen steht eine sehr harte Zeit bevor.“
Auf die Frage, warum er den Autoworker Newsletter der WSWS abonniert habe, erklärte er: „Bisher bekommen wir wenig Informationen von der Gewerkschaft und dem Unternehmen. Und die Gewerkschaft tut nichts für uns. Sie sacken unsere Beiträge ein und stellen sich auf die Seite des Unternehmens.“
Über den Streik der Arbeiter in Matamoros sagte er: „Wenn man sich den Streik in Mexiko ansieht, weiß man, dass wir wirklich alle zusammenhalten müssen.“
Ford gab letzte Woche Profite in Höhe von 3,7 Milliarden Dollar bekannt, was einen Rückgang gegenüber 2017 darstellt. Das Unternehmen erklärte dies mit Zöllen und rückläufigen Verkaufszahlen in China und Europa. Nordamerika ist aufgrund der endlosen Zugeständnisse, die die UAW macht, weiterhin der profitträchtigste Markt.
Das Unternehmen reagiert darauf mit seinem „Fitnessplan“, der zu massivem Stellenabbau führen wird, hauptsächlich in den europäischen Werken. Allerdings werden die Auswirkungen auch in Nordamerika zu spüren sein.
Arbeiter des Ford-Montagewerks Flat Rock südlich von Detroit reagieren empört auf die Ankündigung, dass das Unternehmen die zweite Schicht streichen und dabei 1.000 Stellen abbauen will. Ford versuchte, die Wut der Arbeiter mit der Behauptung abzulenken, mehr als die Hälfte der in Flat Rock entlassenen Arbeiter würden in das Getriebewerk in Livonia westlich von Detroit verlegt werden. Doch in Livonia werden befristete- und Teilzeitarbeiter und Arbeiter mit geringer Betriebszugehörigkeit entlassen, um Platz für die Arbeiter aus Flat Rock zu machen.
Ein Arbeiter aus dem Werk in Livonia erklärte gegenüber dem WSWS Autoworker Newsletter: „Die UAW taugt überhaupt nichts. Alle, die nicht lange genug im Betrieb arbeiten, werden entlassen. Es war falsch, dem Unternehmen überhaupt erst zu erlauben, befristete- und Teilzeitarbeiter einzustellen. Sie können sie benutzen und missbrauchen, wie es ihnen gefällt.“
Er fügte hinzu: „Ich unterstütze die Demonstration. Ich hoffe, es gibt einen Generalstreik. Bei uns hat es seit Ewigkeiten keinen mehr gegeben. Ich habe kein Vertrauen in die UAW, und ich bin nicht für einen Boykott von Fahrzeugen aus Mexiko. Ich kann zwischen den Zeilen lesen. Sie unterstützen Trump, um die Arbeiterklasse zu spalten. [Die Demokratin] Ocasio-Cortez kann ich auch nicht leiden. Sie ist bloß eine weitere Politikerin, die sich die eigene Tasche vollstopfen will.“
Shelly, die im kanadischen Ford Oakville-Werk nahe Toronto arbeitet, erzählte, das es aufgrund des Streiks der Autoarbeiter in Mexiko Engpässe bei Zubehörteilen gebe. Sie erklärte, sie habe auf der WSWS vom Streik in Matamoros gelesen und unterstütze die streikenden Arbeiter: „Ich bin in Südamerika geboren und als Kind hergekommen. Ich war bei vielen Zeitarbeitsfirmen, aber das ist nur Betrug. Ich habe in so vielen Firmen gearbeitet und endlich eine gute Stelle gefunden. Ich hatte großes Glück, aber die Dinge haben sich so stark geändert.
Während der Tarifverhandlungen 2016 waren wir das einzige Ford-Werk, in dem eine Mehrheit mit ‚Nein‘ gestimmt hat. Wir wollten kämpfen, weil sie noch mehr Lohnstufen einführten. Hier gibt es mindestens vier. Es gibt Studenten und Teilzeitkräfte. Den neuen Eingestellen finanziert man keine Rentenversicherung mehr. Unifor ist ein Witz, ihnen geht es nicht um Arbeiter, sondern nur um Profite und Aktien.“
Auch Arbeiter der japanischen Autokonzerne in den USA spüren die Auswirkungen des Drucks der Wall Street, die Kosten zu senken. Ein Nissan-Arbeiter in Mississippi erklärte dem WSWS Autoworker Newsletter, er unterstütze den Kampf der GM-Arbeiter: „Der Konzern hat sich wieder erholt, und jetzt will man Leute entlassen. Das wird eine Menge Städte und Gemeinden treffen, und nicht nur die Leute bei GM.“
Er berichtete, dass auch sein Werk von den Auswirkungen der Streiks in Matamoros betroffen sei: „Ich bin auf der Seite der mexikanischen Arbeiter. Wenn man unter schweren Bedingungen arbeitet, muss man das Notwendige tun, um etwas gegen die Bedingungen zu unternehmen. Weil das für Nissan so schwere Folgen hat, wird es hoffentlich etwas bewirken.“