Hunderte von türkischen Bauarbeitern, die auf dem Gelände eines neuen Flughafens in Istanbul arbeiten, wurden am vergangenen Samstag von der Polizei festgenommen und angegriffen, nachdem sie am Vortag legitime Massenproteste durchgeführt hatten. Die Proteste begannen nach einem Shuttle-Bus-Unfall, bei dem 17 ihrer Kollegen verletzt wurden. Sie waren aber Ausdruck langjähriger Wut über Arbeitsunfälle, prekäre und bedrückende Arbeitsbedingungen und die Verletzung von Grundrechten.
Ein Gericht in Istanbul entschied am Mittwoch, 24 Arbeiter, darunter vier Vertreter der Bauarbeitergewerkschaft (İnşaat-İş), zu inhaftieren. Das Gericht ordnete die Freilassung der verbleibenden 19 Arbeiter an, die aber einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen.
Diese Verhaftungen sind ein Angriff auf alle Arbeiter nicht nur in der Türkei, sondern weltweit. Sie zeigen, wie Arbeiter, die für die Verteidigung ihrer Rechte kämpfen, angesichts der wachsenden Polizeistaatsmaßnahmen mit politischen Fragen konfrontiert sind.
Das einzige "Verbrechen" der Arbeiter – die wegen "Beschädigung des öffentlichen Eigentums", "Verletzung von Versammlungs- und Kundgebungsgesetzen", "Widerstand gegen die Polizei" und "Verletzung der Arbeitsfreiheit" angeklagt sind – bestand darin, sich der wütenden Ausbeutung und den Arbeitsplänen, die die Regierung für den Bau des Flughafens bis zum 29. Oktober beschlossen hatte, entgegenzustellen.
Die Arbeiter erklären, dass sie unter militärischen Bedingungen arbeiten. Sie werden unter der Leitung der Polizei in Busse gesetzt und arbeiten umgeben von Hunderten von Polizisten in Zivil.
Die Medienpropaganda, dass der Protest der Bauarbeiter eine von außen gesteuerte Handlung ist, um die Eröffnung des Flughafens am 29. Oktober zu verhindern, ist eine Lüge. Die Beschwerden der Flughafenbauarbeiter sind bekannt. Sie müssen wegen des Mangels an Bussen stundenlang warten; Speisesäle und Toiletten werden nicht regelmäßig gereinigt; Wohnheime sind von Flöhen und Bettwanzen befallen; die Gesundheitsversorgung wird nicht ordnungsgemäß gewährleistet; Gehälter werden nicht bezahlt und Arbeitsunfälle werden gedeckt.
Von der Regierung eingesperrten Bauarbeiter müssen sofort freigelassen und ihre Forderungen nach humanen und menschenwürdigen Arbeitsbedingungen erfüllt werden.
Dies ist die am weitesten verbreitete und militanteste Aktion in der Türkei seit den Metallarbeiterstreiks von 2015; sie hat die herrschende Klasse und ihre Regierung sehr nervös gemacht. Sie verhafteten 24 Arbeiter in dem Versuch, die gesamte Arbeiterklasse einzuschüchtern.
Die Regierung und die von ihr gesteuerten Medien behaupten, dass "Provokateure" oder gar "Terroristen" die Arbeiter provoziert hätten. Die Verleumdungen der Regierung, der Medien und der Justiz zeigen nur ihre Angst und ihre Ohnmacht.
Explosionen der Opposition in der Arbeiterklasse sind unter den Bedingungen einer tiefen Wirtschaftskrise unvermeidlich, die sich angesichts der Finanzpanik un den Handelskriegsdrohungen der USA weiter verschärft. Soziale Ungleichheit und Armut nehmen im Zuge der Kriegsvorbereitungen in der gesamten Region zu. Die politischen Vertreter der herrschenden Klasse versuchen deshalb, die Arbeiter einzuschüchtern. Im Mai 2015 schrieben wir in einem Artikel mit dem Titel "Erste politische Lehren aus den Metallstreiks":
Inmitten einer sich verschärfenden Wirtschaftskrise und der wachsenden Gefahr eines totalen Krieges im Nahen Osten haben die Massenaktionen im Renault-Werk gezeigt, dass die soziale Wut der Arbeiterklasse, die sich jahrzehntelang aufgestaut hat, jederzeit explodieren kann. Die Ziele eines solchen Kampfes sind nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Fortschritte.
Wie beim jüngsten Streik der amerikanischen Ölarbeiter ist dieser Streik als der Beginn einer Wiederbelebung des militanten Kampfes der Arbeiterklasse in der Türkei zu sehen, der nach einer langen Pause wieder aufbricht.
Seitdem haben sich die imperialistischen Kriege im nahen Syrien und Irak auch aufgrund der Kriegspolitik der türkischen Regierung verschärft, und die Türkei ist unbestreitbar in eine explosive Finanzkrise geraten. Der Zusammenbruch der türkischen Lira nach den Handelskriegsdrohungen von Trump, staatliche Sparmaßnahmen, steigende Inflation – insbesondere bei den Preisen für Grundnahrungsmittel – und wachsende Arbeitslosigkeit und Armut verschlechtern die ohnehin schon unerträglichen Bedingungen für die Arbeiterklasse.
Dieser Aufschwung des Klassenkampfes im Jahr 2018 ist ein internationales Phänomen. Überall auf der Welt, von Massenprotesten der Arbeiter im Iran und im Irak, über Streiks in europäischen Ländern bis hin zu Lehrerstreiks in den Vereinigten Staaten, unternehmen die Arbeiter erste Schritte zu einem Wiederaufleben des Klassenkampfes.
Die herrschende Klasse, die sich dieser Realität bewusst ist, bereitet sich seit langem mit diktatorischen Plänen auf eine Konfrontation mit der Arbeiterklasse vor. In der Türkei stehen der Übergang zum Präsidialregime und die Schaffung eines permanenten Ausnahmezustands in direktem Zusammenhang mit den Vorbereitungen für Krieg im Ausland und den Versuchen, Massenkämpfe der Arbeiterklasse im eigenen Land zu unterdrücken.
Die Rolle der bürgerlichen Oppositionsparteien und Gewerkschaften beim Angriff der Regierung auf die Arbeiterklasse sollte klar sein. Ihre Erklärungen in der Presse und den sozialen Medien gegen die Inhaftierung und Verhaftung der Bauarbeiter sollen die Arbeiter nur innerhalb der Grenzen der Ordnung halten und die Komplizenschaft dieser prokapitalistischen Organisationen verbergen.
Organisationen, die seit Jahren soziale Angriffe gegen die Arbeiterklasse zulassen oder sogar offen unterstützen und nur leere öffentliche Erklärungen abgeben, können sich der Auferlegung von Sklavenarbeitsbedingungen und Unterdrückung durch die herrschende Klasse nicht widersetzen. Diese Probleme erfordern eine sozialistische Bewegung und ein auf der internationalen Arbeiterklasse basierendes Programm, das direkt auf das kapitalistische System abzielt, auf dem diese Organisationen aufbauen.
Massen von Arbeitern, die gegen soziale Konterrevolution, Diktatur und Krieg sind, unterstützen die Bauarbeiter und sind verärgert über ihre Verhaftung. Die Massen von Arbeitern und Jugendlichen sollten die verhafteten Arbeiter verteidigen und ihre Freilassung fordern.
Der Kampf sollte mit der Kampagne des Internationalen Komitees der Vierten Internationale kombiniert werden, die die Freilassung der Arbeiter von Maruti Suzuki India fordert, die wegen des Komplotts, das die Suzuki Corporation unter voller Mittäterschaft der wichtigsten politischen Parteien und Gewerkschaften Indiens aufgestellt hat, grausam zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Auf diese Weise kann die Bewegung ein wichtiger Bestandteil der Revolte der internationalen Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus und seine Produkte – Krieg, Unterdrückung und Ungleichheit – und des Kampfes für den Aufbau einer sozialistischen Weltwirtschaft sein, in deren Zentrum nicht die Profite einiger weniger Parasiten, sondern die Bedürfnisse aller Menschen stehen.
Wie die zunehmende Gefahr von Weltkrieg und Diktatur und wachsende Arbeiterkämpfe in der Türkei und international zeigen, ist eine sozialistische Antikriegsbewegung der internationalen Arbeiterklasse, unabhängig von den Gewerkschaften und so genannten linken bürgerlichen Parteien, dringend erforderlich. Diese Bewegung ist im Internationale Komitee der Vierten Internationale und seinen Sektionen verkörpert.