Neonazis attackieren jüdisches Restaurant bei rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz

Während der rechtsextremen Ausschreitungen im sächsischen Chemnitz am 27. August attackierten etwa zwölf Neonazis das jüdische Restaurant Schalom. Die maskierten, schwarz gekleideten Täter warfen Steine, Flaschen und Stahlrohre auf das Lokal und riefen dabei „Hau ab aus Deutschland, du Judensau“.

Der Besitzer, Uwe Dziuballa, filmte den Anschlag, bei dem er selbst an der Schulter verletzt und die Schaufenster seines Restaurants beschädigt wurden. Später erstattete er Anzeige bei der Polizei.

Der Anlass für die zweitägigen Neonazi-Ausschreitungen war der noch immer ungeklärte Tod eines 35-jährigen Deutschen kubanischer Herkunft, der in sozialen Medien Anti-Nazi-Posts „geliked“ und sich kritisch über die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) geäußert hatte.

Die sächsische Polizei verheimlichte den Anschlag auf das Schalom. Erst am Wochenende wurde er durch Berichte in der Zeitung Die Welt bekannt. Das sächsische Innenministerium dementierte die Presseberichte über den Anschlag nicht, sondern bestätigte, dass „derzeit eine politisch motivierte Tat mit einem antisemitischen Hintergrund naheliege“.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, zog eine Parallele zur Verfolgung der Juden durch das Naziregime in den 1930er Jahren – bevor der faschistische Massenmord an den europäischen Juden stattfand: „Dass sich vermummte Neonazis zusammenrotten und kaltblütig eine Institution angreifen, die als jüdisch wahrgenommen wird – so etwas hatten wir in den letzten Jahren nicht. Das ist eine neue Qualität antisemitischer Straftaten. Wenn in jüdischen Restaurants oder Geschäften die Schaufenster mit Steinen eingeschlagen werden sollen, dann sind das Bilder, die an die 30er Jahre erinnern.“

Auf die Frage nach der Entscheidung der Polizei, den rechtsradikalen Anschlag nicht öffentlich zu machen, fügte Klein hinzu: „Es ist gravierend, wenn die Polizei nicht sofort die Brisanz einer solchen antisemitischen Tat erkennt.“

Der rassistische Angriff zeigt ohne Zweifel, dass die Förderung von Nationalismus und rechtsextremen Parteien in Deutschland und ganz Europa faschistische Kräfte stärkt. Jüdische Organisationen verurteilten den Anschlag. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte: „Die rassistischen Ausschreitungen und der Anschlag auf das koschere Restaurant in Chemnitz zeigen, wie stark der Rechtsextremismus in der Region verwurzelt ist.“

Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sagte: „Gewalttätige Gruppen, die durch die Straßen marodieren und Menschen terrorisieren, die sie für minderwertig halten, darf ein Rechtsstaat, der sich ernst nimmt, nicht hinnehmen.“

Schuster wies auf die Verantwortung führender staatlicher Vertreter hin, die die Ausschreitungen in Chemnitz herunterspielen: „Wir müssen das Problem beim Namen nennen. Das erwarte ich vor allem von denen, die für die innere Sicherheit in Deutschland verantwortlich sind. Es ist fünf nach zwölf!“

Er warnte: „Für die Versuche einiger Politiker und Vertreter der Sicherheitsbehörden, die Lage in Chemnitz schönzureden, habe ich kein Verständnis. Die Bestrebungen der Verfassungsbehörden, die Vorfälle offensichtlich zu bagatellisieren, lassen mich ernsthaft an der Arbeit dieser Behörden zweifeln.“

Der Anschlag auf das Schalom enthüllt auf verheerende Weise, welche Rolle der Verfassungsschutz und staatliche Vertreter jeder Couleur in Deutschland spielen. Die herrschende Elite versucht, ihre unpopuläre Politik der Remilitarisierung ihrer Außenpolitik und der Erhöhung der Militärausgaben gemäß den Forderungen der Nato zu rechtfertigen, indem sie die Geschichte revidiert. Führende Vertreter in Politik und Universitäten plädieren dafür, dass Deutschland die Verbrechen des Faschismus im zwanzigsten Jahrhundert endlich hinter sich lassen müsse. Nato-Beamte bezeichneten Deutschland als „verlorene Nation“, weil der Widerstand der Bevölkerung gegen höhere Militärausgaben so groß ist. Akademiker wie Jörg Baberowski behaupten, Hitler sei „kein Psychopath“ und er sei „nicht grausam“ gewesen, weil er nicht wollte, „dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird“.

Diese endlose reaktionäre und militaristische Propaganda hat in Deutschland und anderen Ländern eine abstoßende politische Atmosphäre geschaffen, in der rechtsextreme Kräfte antisemitische Gewalttaten verüben können und dabei von höchsten Staatsbeamten gedeckt werden.

Vor den Berichten in der Welt hatte der Präsident des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen Zweifel an den rechtsextremen Attacken in Chemnitz geäußert: „Die Skepsis gegenüber den Medienberichten zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz werden von mir geteilt. Es liegen dem Verfassungsschutz keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben.“

Videos von Angriffen rechtsextremer Demonstranten auf afghanische Flüchtlinge wies er mit den Worten zurück: „Es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist.“

Während Maaßen behauptete, es gäbe keine Beweise für rechtsextreme Angriffe in Chemnitz, vertuschte die Polizei einen dokumentierten antisemitischen Angriff von Neonazis.

Millionen Menschen reagierten mit Schock und Empörung auf den neofaschistischen Terror in Chemnitz, doch Innenminister Horst Seehofer (CSU) stellte sich hinter den braunen Mob. Er forderte, „dass man eine solche Empörung nach einem so brutalen Verbrechen [der Ermordung des 35-jährigen Deutschen] versteht“. Er erklärte unmissverständlich seine Unterstützung für die Randalierer in Chemnitz: „Ich wäre, wenn ich nicht Minister wäre, als Staatsbürger auch auf die Straße gegangen.“

Sahra Wagenknecht von der Linkspartei bezeichnete die rechtsextremen Demonstranten in Chemnitz als „besorgte Bürger“ und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte, er sei sich mit der Bürgermeisterin von Chemnitz, Barbara Ludwig, einig, dass man die Vorfälle in Chemnitz „aufarbeiten“ müsse. Er schlug vor, diejenigen „nicht an den Pranger zu stellen“, die „aus Wut, die aus Enttäuschung, aus Mitleid mit auf die Straße gegangen sind und die sich artikulieren wollen. Die sind nicht rechtsextrem und vor die stellen wir uns, meine Damen und Herren.“

Ob Kretschmer wusste, als er dieses Statement abgab, dass er sich hinter Randalierer stellte, zu denen auch Neonazis gehörten, die jüdische Geschäfte angriffen, ist völlig zweitrangig. Seine Äußerung ist eine Warnung – vor dem faschistischen Kurs, den das gesamte politische Establishment eingeschlagen hat.

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