Während die Vereinigten Staaten die Spannungen mit den russischen Truppen in Syrien eskalieren und dabei einen direkten Konflikt riskieren, erhöht ihre rücksichtslose Aggression auch an der russischen Westgrenze die Gefahr eines militärischen Zusammenstoßes zwischen den beiden Atommächten.
Am 21. Juni bedrängte ein F16-Kampfflugzeug der NATO im internationalen Luftraum über der Ostsee eine russische Maschine, in der sich der russische Verteidigungsminister befand. Nur drei Tage zuvor hatte ein US-Kampfflugzeug eine syrische Regierungsmaschine abgeschossen. Das war der erste Vorfall dieser Art seit dem Beginn des US-Kriegs für einen Regimewechsel im Jahr 2011.
Moskau, das das syrische Regime unterstützt, reagierte auf das Vorgehen der USA mit der Mitteilung, dass es von nun an US-Flugzeuge angreifen werde, die über den westlichen Teil Syriens fliegen. Russland kündigte außerdem an, den Kommunikationskanal zur „Konfliktvermeidung“ mit den USA zu kappen. Diese Verbindung hat eigentlich den Zweck, Zusammenstöße zwischen amerikanischen und russischen Flugzeugen über Syrien zu vermeiden.
Bei dem Vorfall vom Mittwoch näherte sich ein Kampfflugzeug des von den USA dominierten NATO-Bündnisses der russischen Maschine, die auf dem Weg nach Kaliningrad war. Kaliningrad ist eine russische Enklave zwischen Litauen und Polen an der Ostsee. Verteidigungsminister Sergei Schoigu sollte sich dort mit russischen Militärs treffen. Eines der Su-27-Begleitflugzeuge drängte die NATO-Maschine ab und wackelte dabei mit den Tragflächen, um seine Waffen zu zeigen. Daraufhin entfernte sich das NATO-Flugzeug.
Das in hohem Maße provokative Vorgehen der NATO war nur der jüngste von mehreren Zwischenfällen, an denen russische und NATO-Kampfjets in der Ostsee-Region beteiligt waren. Sie häufen sich speziell in der unmittelbaren Umgebung von Kaliningrad, wo Russland seinen westlichsten militärischen Außenposten unterhält. Am Montag, den 19. Juni, flog laut Moskau ein amerikanisches RC-135-Aufklärungsflugzeug, das in Richtung der russischen Grenze unterwegs war, eine „provokative Wende“ in Richtung eines Su-27-Bombers der baltischen Flotte. Der Su-27-Jet war aufgestiegen, um das US-Spionageflugzeug abzufangen.
In einer Erklärung von 21. Juni bestätigte die NATO den Vorfall mit Schoigus Flugzeug und auch die Tatsache, dass er in neutralem Luftraum stattgefunden hatte. Statt einer Entschuldigung erklärte das westliche Bündnis jedoch, es habe angemessen gehandelt, was nichts anderes bedeutet, als dass es sich auch für die Zukunft ein solches Vorgehen vorbehält.
Nach seiner Landung in Kaliningrad beschuldigte Schoigu den Westen, die globale Sicherheit zu gefährden. Er erklärte: „Einige Länder versuchen, mit militärischer Gewalt geopolitische Ziele durchzusetzen.“
Gefährliche Begegnungen zwischen Kampfflugzeugen der NATO und Russlands finden im Ostseeraum fast täglich statt. Das gesamte Gebiet wurde nach der US-NATO-Offensive an Russlands Westgrenze in ein Militärlager verwandelt. Diese Offensive hat begonnen, nachdem die USA und Deutschland 2014 einen Putsch in der Ukraine forciert hatten. Die gewählte pro-russische Regierung wurde damals gestürzt und durch eine extrem antirussische, ultrarechte Regierung ersetzt.
Am 19. Juni hatte Litauens Verteidigungsministerium verkündet, dass die NATO in der Vorwoche 32 Militärflugzeuge abgefangen habe, die sich dem Luftraum der Alliierten über der Ostsee genähert hätten. Das Ministerium erklärte, zwischen dem 12. und dem 18. Juni seien Kampfflugzeuge der Alliierten neun Mal aufgestiegen, um russische Kampfjets und Jagdbomber zu eskortieren. Das Ziel der Abfangflüge waren russische Militärflugzeuge auf dem Weg von und nach Kaliningrad.
Jeder dieser Vorfälle könnte absichtlich oder zufällig zu einem Gefecht oder zu einem Zusammenstoß führen, der sehr schnell einen umfassenden Krieg zwischen zwei Atommächten auslösen könnte, was die Gefahr eines Weltbrands heraufbeschwört.
Die amerikanische Regierung heizt die Konfrontation mit Russland an, weil sie Teil ihrer Strategie gegen Moskau ist. Sie betrachtet Russland als Hindernis bei der Vorherrschaft über den ölreichen Nahen Osten, Zentralasien und den eurasischen Kontinent. Diese Vormachtstellung streben die USA an, um es mit China, dem größten Rivalen um die globale Hegemonie, aufnehmen zu können.
Während sich die Beinahe-Zusammenstöße der NATO mit Russland im Luftraum über Osteuropa und den baltischen Staaten häufen, veranstaltet die NATO gleichzeitig an ihrer Ostflanke mehrere umfangreiche Manöver und Kriegsübungen. Zigtausende Soldaten des Militärbündnisses und seiner Verbündeten nehmen daran teil. Zum Einsatz kommen Kampfflugzeuge, Panzer, Schiffe und so gut wie alle Requisiten, die für einen Krieg erforderlich sind.
Fast den gesamten Juni über hält die US-Armee ihre jährlichen Sommermanöver, genannt „Saber Strike“ (Säbelstoß), mit lokalen Verbündeten im Baltikum ab.
Anfang des Monats hat die NATO ihr jährliches Manöver namens BALTOPS (Baltic Operations) in Polen und Deutschland veranstaltet. Dabei kamen 6000 Soldaten aus 14 Ländern zum Einsatz. Diese Länder sind Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Deutschland, Italien, Litauen, die Niederlande, Norwegen, Polen, Großbritannien, die USA, Finnland und Schweden. Zum Einsatz kamen 50 Schiffe und U-Boote und mehr als 50 Flugzeuge, darunter B1- und B52-Bomber.
Rupert Murdochs Sun brachte einen Bildbericht über die Übung zur Erstürmung eines Strands im polnischen Ustka an der Ostsee, über die es begeistert hieß: „Soldaten und Fahrzeuge stürmten den Strand, während Flugzeuge in einer Angst erregenden Machtdemonstration darüber hinweg donnerten.“ Der Artikel zitierte Admiral Christopher Grady, einen General der US-Navy, mit den Worten: „Es geht darum, die Kontrollfähigkeit über das Meer und den Zugang zum Meer einzuüben und zu demonstrieren.“
Eine weitere Übung, die sich gegen Russland richtet, trägt den Namen „Noble Jump 17“. Sie findet diesen Monat im rumänischen Circu statt. An dieser Übung, an der sich Einheiten der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) beteiligen, nehmen Soldaten aus Großbritannien, den USA, Rumänien, den Niederlanden, Albanien, Spanien, Polen und Norwegen teil.
Zusätzlich zu den endlosen Militärmanövern wurden insgesamt vier Kampfgruppen mit 6000 Soldaten in den baltischen Staaten und Polen stationiert. Das kommt einer dauerhaften Stationierung gleich und bedeutet faktisch eine Verletzung der NATO-Russland-Grundakte, die vor 20 Jahren unterzeichnet wurde. Zusätzlich stationieren die USA eine eigenständige, 10.000 Mann starke Brigade in Rumänien und eine Panzer-Brigade in Polen, die ebenfalls 10.000 Mann umfasst.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Auf die Offensive der imperialistischen Mächte unter Führung der USA hat die Regierung von Präsident Wladimir Putin keine praktikable oder fortschrittliche Antwort.
Die Putin-Regierung vertritt die kapitalistische Oligarchie, die ihren ursprünglichen Reichtum durch Plünderung des Staatseigentums erworben hat, nachdem die stalinistische Bürokratie die Sowjetunion aufgelöst hatte. Zur Verteidigung gegen die westliche Aggression unternimmt sie eigene Militärabenteuer und verbindet sie mit dem Versuch, ein Abkommen mit Washington und den europäischen Mächten zustande zu bringen. Das ist eine reaktionäre Mischung, die auf üblem russischem Nationalismus basiert. Jeden Schritt, der die Arbeiterklasse in Europa und weltweit vereinen könnte, lehnt sie kategorisch ab.
Im letzten Herbst hat Russland als Reaktion auf die Provokationen der USA und der NATO ballistische Raketen für nukleare Sprengköpfe in Kaliningrad stationiert. Am vergangenen Wochenende, inmitten des jüngsten NATO-Aufmarschs, hat Russland an seiner Grenze in der Ostsee das erste von zwei geplanten Militärmanövern mit chinesischen Marineschiffen abgehalten. Eine zweite Machtdemonstration ist für Ende Juli geplant, im Anschluss an den Besuch von Donald Trump in Polen vor dem G20-Gipfel in Hamburg.
Am Dienstag, einen Tag vor der NATO-Aggression gegen das Flugzeug, in dem sich Schoigu befand, traf sich Präsident Trump mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko im Weißen Haus. Wenige Stunden vor dem gemeinsamen Auftreten der beiden Führer hatte Finanzminister Steven Mnuchin neue Sanktionen von Washington gegen Russland bekanntgegeben. Begründet wurden sie mit der angeblichen russischen Aggression in der Ukraine.
Damit sind weitere 38 Individuen und Gremien auf die Liste derjenigen gesetzt worden, gegen die es bereits Vergeltungsmaßnahmen gibt. Insgesamt sind jetzt 160 Personen und 400 Firmen betroffen. Die Vermögen der neu Sanktionierten werden eingefroren, und es ist ihnen verboten, Geschäfte mit US-Bürgern und -Firmen zu machen oder Finanzmittel in den USA einzuwerben. Auf der Liste stehen 38 russische Regierungsvertreter der unteren Ebenen und mehrere Personen, die Putin nahestehen.
Trump spielte sein Treffen mit dem ukrainischen Regierungschef Petro Poroschenko im Weißen Haus herunter und äußerte sich nicht zur Rolle Russlands in der Ukraine. Im Pentagon wurde die US-Marionette aus Kiew jedoch wie ein Held empfangen.
Der Verteidigungsminister und ehemalige Marine-General James Mattis versprach ihm die volle Unterstützung der USA und verurteilte das Vorgehen Russlands, das die „Souveränität“ der Ukraine, das „internationale Recht“ und die „internationalen Ordnung“ gefährde. Ein Sprecher des Pentagons erklärte, die USA würden die Option nicht ausschließen, der Kiewer Regierung militärische Unterstützung zukommen zu lassen, damit diese sich gegen die pro-russischen Separatisten in der Ost-Ukraine wehren könne.
Der russische Vizeaußenminister Sergei Rjabkow reagierte auf die neuesten Sanktionen, indem er erklärte, er werde ein für heute geplantes Treffen mit US-Unterstaatssekretär Thomas Shannon Jr. in St. Petersburg absagen. Der Pressesprecher des Kremls, Dmitri Peskow, sagte, falls die USA weitere Sanktionen gegen Russland verhängen sollten, dann werde Moskau drauf reagieren, indem es ebenfalls Sanktionen gegen die USA verhänge. Eine „lange Liste möglicher Sanktionen“ sei in Vorbereitung.