Am Donnerstag verabschiedete das Studierendenparlament der Humboldt-Universität mit überwältigender Mehrheit eine Erklärung, die die Universitätsleitung scharf kritisiert, weil sie den rechtsradikalen Professor Jörg Baberowski verteidigt und Kritik an ihm für „inakzeptabel“ erklärt hat.
Die Fraktion der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) hatte den Antrag „Für Meinungsfreiheit an der Humboldt-Universität“ in die konstituierende Sitzung des Parlaments eingebracht. Sven Wurm, der Sprecher der IYSSE an der HU, begründete den Antrag. Er berichtete, dass StuPa-Abgeordnete der IYSSE vom Sicherheitsdienst der Universität daran gehindert worden waren, die Resolution an Studierende auszuteilen.
Wurm ging dann ausführlich auf die rechten Positionen Baberowskis ein. So stelle Baberowski den Vernichtungskrieg der Nazis als Resultat der Kriegsführung der Roten Armee dar. Im Spiegel habe er erklärt: „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“
Als Wurm diese Zitate verlas, wurde es still im Sitzungssaal. Viele Abgeordnete waren schockiert darüber, was an der Universität nicht mehr kritisiert werden darf. Dies verstärkte sich noch, als Wurm Baberowskis rechtsradikale Kommentare über Flüchtlinge, seine Aufforderung, die Grenzen zu schließen, und seine Beschwörung eines deutschen Überlieferungszusammenhangs aufzeigte. All das seien Positionen, „die man der AfD zuordnen würde“, so Wurm. Das StuPa müsse sich klar dagegen positionieren.
Die IYSSE-Abgeordnete Katja erklärte, dass es um alle Studierenden und die grundlegende Ausrichtung der Universität gehe: „Es geht nicht nur um die IYSSE, sondern um alle, die Kritik an den rechten Positionen üben.“ Sie zitierte aus zahlreichen Statements von Gremien und Gruppen der Universität, die Baberowskis Aussagen scharf kritisieren. „Wir dürfen nicht zulassen, dass diese rechten Positionen zum neuen Konsens der Universität werden.“
Stefan, der ebenfalls für die IYSSE im StuPa sitzt, machte deutlich, dass die Ablehnung von Baberowskis rechten Positionen nicht nur die Humboldt-Universität angehe. Baberowski nutze alle medialen Kanäle, um seine Ansichten zu verbreiten. Auch die Opposition gegen ihn nehme an vielen Universitäten zu, erklärte er und zitierte aus Statements von ASten aus Bremen, Hamburg, Lüneburg, Heidelberg und anderen Städten, die Baberowskis Aussagen verurteilen.
Die umfassenden Zitate Baberowskis hinterließen einen starken Eindruck. Viele Abgeordnete sprachen sich in der Folge dafür aus, den Antrag zu verschärfen und sich deutlich gegen die rechtsextremen Positionen Baberowskis auszusprechen.
Eine Abgeordnete der Queer-feministischen LGBT*I*Q- Liste erklärte: „Ich halte Baberowski auch für rechtsradikal.“ Deshalb sei sie nicht nur dafür, dass Studierende Kritik daran zur Diskussion stellen dürfen. Rechte Positionen müssten auch klar und deutlich abgelehnt und die Universitätsleitung aufgefordert werden, dasselbe zu tun. Sie brachte dann einen Änderungsantrag ein, der schließlich auch verabschiedet wurde.
„Das Studierendenparlament fordert die Universitätsleitung dazu auf, rechte und geflüchtetenfeindliche Positionen klar zu verurteilen. In eklatantem Widerspruch zu ihrer vermeintlichen Refugees-Welcome-Politik versteckt sie sich hinter Wissenschaftsfreiheit und toleriert damit rechte Stimmungsmache. Die Universitätsleitung wird dazu aufgefordert, von ihren Solidaritätsbekundungen mit Professor Baberowski öffentlich wieder abzurücken.“
Der geänderte Antrag wurde von vielen Sprechern unterstützt. Ein Abgeordneter der Linken Liste sagte ebenfalls unmissverständlich „Baberowski ist rechtsradikal.“ Das StuPa solle nicht nur die eine Stellungnahme der Universitätsleitung verurteilen, sondern einen globalen Punkt gegen Baberowskis Positionen machen, weil sie einfach unmenschlich seien.
Ein Vertreter der Säkular-humanistischen Liste erklärte, dass Aufrufe, die Grenzen dicht zu machen und Flüchtlinge aufzuhalten, nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt seien, weil sie darauf abzielten, andere Menschen auszuschließen.
Im Anschluss an die Debatte nahm die Fraktion der IYSSE den Änderungsantrag an und brachte ihn zur Abstimmung. Der Antrag wurde mit rund 40 Ja-Stimmen, vier Gegenstimmen und sechs Enthaltungen mit überwältigender Mehrheit angenommen. Außer dem CDU-nahen RCDS und der Liste Power of Science stimmten sämtliche anwesenden Listen für den Antrag.
Damit positionierte sich das Studierendenparlament als höchste Vertretung der Studierendenschaft der HU eindeutig gegen die Stellungnahme der HU-Leitung und verteidigt die Arbeit der IYSSE, die in Flugblättern und Veranstaltungen die rechten Standpunkte Baberowskis kritisiert hatte. Das Studierendenparlament lehnte explizit die absurde Behauptung der Universitätsleitung ab, die Unterdrückung der Kritik von Studierenden diene der Wissenschaftsfreiheit.
Das Parlament wandte sich implizit auch gegen die heftige Medienkampagne, die in den letzten Wochen gegen die IYSSE und zur Verteidigung des rechtsextremen Professors Baberowski entfaltet worden war. In der F.A.Z., der Welt, dem Cicero und der Süddeutschen Zeitung erschienen Artikel, die mit üblen Lügen und Verleumdungen arbeiteten, um kritische Studierende zu denunzieren. Das klare Votum des Parlaments zeigt, dass die große Mehrheit der Studierenden gegen flüchtlingsfeindliche Positionen und die Relativierung der Nazi-Verbrechen einsteht.