Laut einem offiziellen Bericht der Bundeswehr begann am Montag mit „Swift Response“ „eine der größten multinationalen Übungen seit Jahren auf deutschem Territorium“. „Groß, bedeutsam und herausfordernd“ seien „die Schlagwörter“, die das bis zum 29. August andauernde Manöver beschreiben. Insgesamt nehmen 5.000 Soldaten aus elf unterschiedlichen Nationen teil, darunter die Niederlande, Großbritannien, Italien, Spanien, Frankreich, Polen, Portugal und Griechenland. Die Bundeswehr stellt nach der US-Armee das zweitgrößte Truppenkontingent.
Die offizielle Beschreibung lässt kaum einen Zweifel daran, gegen wen sich die Übung vor allem richtet. Das Ziel sei „die Aufstellung schlagkräftiger, multinationaler Eingreifkräfte, die innerhalb weniger Stunden und Tage verlegbar sind, um mit ihrer schnellen Reaktionsfähigkeit die Bündnispartner in Krisensituationen zu unterstützen“, schreibt die Bundeswehr.
Im Falle der Ende September beginnenden Übung „Trident Juncture 2015“ ist die Stoßrichtung noch klarer. Der massive Truppenaufmarsch in mehreren europäischen Ländern kommt einer Kriegsvorbereitung gegen Russland gleich. Offiziellen Angaben zu Folge handelt es sich um „eine Volltruppenübung“, an der rund 36.000 Soldaten aus mehr als 30 Nationen teilnehmen. Dazu kommen etwa 160 Flugzeuge, 60 Schiffe und U-Boote und tausende Panzer und andere Militärfahrzeuge.
Laut dem offiziellen Skript der Nato geht es bei dem mehrwöchigen Manöver darum, „einen Grenzkonflikt“ in der fiktiven Region „Cerasien“ „unter Kontrolle zu bringen, bevor er sich auf die gesamte Region ausweitet“. Der „Aggressor ‘Kamon’ lehnt internationale Vermittlungsversuche ab und marschiert in das südlich gelegene Nachbarland ‘Lakuta’ ein, um die dortigen zentralen Staudämme einzunehmen“, heißt es. „Lakuta“ sei dabei nicht auf die Invasion vorbereitet gewesen.
Das Szenario mit dem Namen „Sorotan“ sehe ein militärisches „Patt in ‘Ost-Cerasien’ vor, das eine ganze Reihe von Probleme nach sich zieht, darunter wachsende regionale Instabilität, die Verletzung territorialer Integrität und eine sich verschlechternde humanitäre Situation“.
Auch wenn das Szenario laut Nato-Angaben in Afrika spielt, liest es sich wie eine Vorbereitung auf eine mögliche Intervention des westlichen Militärbündnisses gegen Russland in der Ukraine.
In der jüngsten Ausgabe von Bundeswehr aktuell, der Wochenzeitung der deutschen Armee, stellt der Befehlshaber des Multinationalen Kommandos Operative Führung in Ulm, Generalleutnant Richard Roßmanith, einen direkten Zusammenhang zwischen „Trident Juncture“ und der Nato-Aggression gegen die Ukraine und Russland her.
Auf die „veränderte sicherheitspolitische Lage in Osteuropa“ angesprochen, erklärt Roßmanith, die „ganze Bandbreite“ der Übung ermögliche es, „klassische hoch intensive Gefechtssituationen zu üben, die natürlich in vielen Zusammenhängen denkbar sind“. Dann fügt er hinzu: „Es ist kein Geheimnis, dass Russland schon jetzt die Vorbereitungen auf Trident Juncture intensiv beobachtet und sich damit in seinen Medien befasst – auch unter Aspekten der Propaganda. Aber gewiss auch im Blick auf unsere Fähigkeiten.“
Er sei „stolz“ darauf, dass er als Befehlshaber des Multinationalen Kommandos Operative Führung seine „Erfahrung“ in die Übung einbringen könne. Das „intensive Übungsgeschehen“ im Osten werde „die kommenden Jahre prägen“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Es ist atemberaubend mit welcher Arroganz und Selbstverständlichkeit die deutsche Generalität 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder gegen Russland auftritt. Das letzte Mal kämpften deutsche Generäle während Hitlers Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion „stolz“ im Osten, der 27 Millionen Sowjetbürgern das Leben kostete. Nach der Niederlage der Wehrmacht und Nazi-Deutschlands waren sie gezwungen, sich einige Jahrzehnte zurückzuhalten.
Nun scheinen Roßmanith und Co. zu meinen, dass sich niemand mehr an die schrecklichen Verbrechen erinnert und sie wieder an ihre größenwahnsinnigen Pläne anknüpfen können, die Europa im vergangenen Jahrhundert bereits zweimal in den Abgrund gestürzt haben.
So erklärt Roßmanith ernsthaft, dass es bei „Trident Juncture“ nicht „nur“ um Russland gehe. Vielmehr wolle er deutlich sagen: „Die NATO blickt mit diesem Manöver natürlich auch nach Süden, aufs Mittelmeer, nach Afrika und in den Nahen Osten. Die Allianz ist nach wie vor auf 360 Grad orientiert.“ Man demonstriere „Handlungsfähigkeit und damit Stärke“. Ganz am Ende des Interviews droht er: „Wir beherrschen unser militärisches Handwerk. Wir senden auch die Botschaft aus: Die NATO ist das stärkste Militärbündnis der Welt… Jeder sollte sich gut überlegen, wie er mit uns umgeht.“
Es ist ein erneutes Spiel mit dem Feuer, das die Arbeiterklasse beenden muss, bevor es zu spät ist. Erst in der vergangenen Woche warnte der Thinktank European Leadership Network (ELN) in einer Studie mit dem Titel „Preparing for the worst“ (Vorbereiten auf das Schlimmste), dass die ständigen und größer werdenden Militärübungen die Gefahr eines militärischen Flächenbrands vergrößern.